Renatus Profuturus Frigeridus

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Renatus Profuturus Frigeridus war ein spätantiker römischer Historiker, der sehr wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts lebte.

Leben

Über das Leben des Renatus Profuturus Frigeridus ist außer der Tatsache, dass er anscheinend Ende des 5. Jahrhunderts lebte und ein Geschichtswerk verfasste, nichts Genaues bekannt. Eine Verwandtschaft mit ähnlichen Namensträgern (wie zwei Militärs namens Profuturus und/oder Frigeridus im späten 4. Jahrhundert) ist zwar möglich, aber keineswegs gesichert; ebenso ist eine Nachbenennung vorstellbar. Über seinen Hintergrund kann daher nur spekuliert werden. Naheliegend ist jedoch die Annahme, dass Frigeridus der zivilen oder militärischen spätrömischen Führungsschicht angehörte.[1]

Werk

Frigeridus verfasste ein Geschichtswerk in lateinischer Sprache, das mindestens zwölf Bücher umfasste und, wie der Name Historiae (Historien) bereits andeutet,[2] der Zeitgeschichte gewidmet war. Es endete wahrscheinlich mit dem Tod des Flavius Aëtius 454.[3]

Das Werk ist nicht erhalten, allerdings wurde es von dem im 6. Jahrhundert lebenden Bischof und Geschichtsschreiber Gregor von Tours benutzt, der zweimal relativ ausführlich daraus zitierte.[4] Das erste Zitat beinhaltet eine sehr vorteilhafte Charakterskizze des Aëtius, die Gregor offenbar wörtlich aus Frigeridus entnommen hat, da unter anderem die Divinisierung des weströmischen Kaisers Flavius Honorius erwähnt wird.[5] In der Forschung wird auf die Ähnlichkeit mit den Lobpreisungen des Flavius Merobaudes hingewiesen. Frigeridus orientierte sich hierbei an Musterbeispielen der klassischen lateinischen Literatur.[6]

Im zweiten Zitat geht Frigeridus auf den Rheinübergang von 406 ein und schilderte die Kämpfe zwischen Vandalen und fränkischen Foederaten, die sich den Angreifern entgegenstellten, bevor die Alanen unter Respendial den Vandalen zur Hilfe kamen.[7] Phillip Wynn hat vor einigen Jahren eine neue Interpretation dieser Stelle vorgeschlagen: Da Frigeridus diese Episode Gregor zufolge im Kontext der Plünderung Roms (410) erzählte, sei dieses Ereignis ebenfalls in das Jahr 410 und nicht an den Rhein, sondern nach Hispanien zu verlegen. Wynns Ansicht nach handelte es sich aufgrund der Namensform in manchen Handschriften bei den Alanen zudem um „Alamannen“ (bzw. möglicherweise Sueben).[8] In der Forschung ist Wynns These allerdings umstritten und wird oft eher abgelehnt.[9] Im selben Textabschnitt bei Gregor wird Frigeridus noch hinsichtlich der Usurpation Konstantins III. in dieser Zeit zitiert.

Frigeridus war wahrscheinlich ein christlicher Autor. Sein Werk diente Gregor anscheinend neben der ebenfalls nicht erhaltenen Historia des Sulpicius Alexander als eine wichtige Quelle für die Frühgeschichte der Franken und speziell für die Geschehnisse im Westen des Römischen Reichs. Es ist in diesem Zusammenhang möglich, dass Frigeridus das Werk des Sulpicius Alexander fortgesetzt hat.[10] Beide Werke standen offenbar in der Tradition der klassischen Geschichtsschreibung und weisen (wie das große Werk des Ammianus Marcellinus) auf eine letzte Phase der spätantiken Geschichtsliteratur hin, die bald darauf abbrach.[11] Sie dürften zudem in gewisser Weise Gregor beeinflusst haben, in dessen Historien Einflüsse der spätantiken Profangeschichtsschreibung erkennbar sind.[12]

Ausgaben

  • Gregor von Tours: Zehn Bücher Geschichten. Auf Grund der Übersetzung Wilhelm Giesebrechts neu bearbeitet von Rudolf Buchner. Band 1 (von 2). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1955/1956, S. 78–89 (mit den entsprechenden Textpassagen im zweiten Buch Gregors: 2, 8 und 2, 9).

Literatur

Anmerkungen

  1. Vgl. Castritius, Renatus Profuturus Frigeridus, in: RGA 24, S. 508.
  2. Siehe Aulus Gellius, Noctes Atticae, 5, 18, 1ff.
  3. Als Titel nennt Gregor von Tours Historia bzw. Historiae, zum vermutlichen Aufbau vgl. Castritius, Renatus Profuturus Frigeridus, in: RGA 24, S. 507.
  4. Gregor von Tours, Historiae, 2,8 und 2,9. Im ersten Zitat wird Frigeridus Renatus Frigeridus, im zweiten Renatus Profuturus Frigeridus genannt.
  5. Zitat: Er erzählt nämlich im zwölften Buche seiner Geschichten, wie nach dem Tode des göttlichen Honorius... – Gregor, Historiae, 2, 8 (Übersetzung Giesebrecht/Buchner, S. 79).
  6. Zecchini, Ricerche di storiografia latina tardoantica, S. 163ff.
  7. Gregor, Historiae, 2, 9.
  8. Wynn, Frigeridus, the British tyrants and the early fifth century barbarian invasions of Gaul and Spain S. 81ff.
  9. Vgl. etwa Walter A. Goffart: Barbarian tides. The migration age and the later Roman Empire. Philadelphia 2006, S. 301f., Anmerkung 95; Ralf Scharf: Der Dux Mogontiacensis und die Notitia Dignitatum. Eine Studie zur spätantiken Grenzverteidigung. Berlin u. a. 2005, S. 135–137.
  10. So etwa Seeck, Frigeridus, in: RE VII, Sp. 102.
  11. Unterschiedliche Positionen (Nachfolger Ammians bzw. gallo-römischer Lokalhistoriker) bei Paschoud, Les descendants d'Ammien Marcellin bzw. Zecchini, Ricerche di storiografia latina tardoantica, S. 241ff. Es spricht hierbei mehr für Paschouds Position.
  12. Vgl. Einleitung Rudolf Buchners in Zehn Bücher Geschichten, Band 1, S. XV und S. XXVIII.