Saskatooner Erfrierungstode

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Die Saskatooner Erfrierungstode (englisch Saskatoon freezing deaths) waren eine Serie von Toden von mindestens drei indigenen Kanadiern in Saskatoon, Saskatchewan in den frühen 2000er Jahren. Ihre Tode wurden von Mitgliedern der Polizei von Saskatoon verursacht, die Indigene, üblicherweise Männer, für Trunkenheit und/oder Ordnungswidrigkeiten, teilweise auch ohne Gründe festnahmen, sie dann im Winter nachts aus der Stadt herausfuhren und dort zurückließen.[1]

Die Praxis war bekannt unter dem Euphemismus, Indigene mit auf „Sternenlichttouren“ zu nehmen[2] und geht mindestens bis ins Jahr 1976 zurück.[3] Nach dem Stand von 2020 wurde trotz Verurteilungen für mit den Vorfällen zusammenhängende Straftaten noch kein Mitglied der Polizei von Saskatoon spezifisch für das Verursachen von Erfrierungstoden verurteilt.

Vorfälle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Opfer sind unter anderem Rodney Naistus, Lawrence Wegner und Neil Stonechild. Naistus und Wegner starben im Jahr 2000, ihre Körper wurde in der Umgebung von Saskatoon gefunden. Leichenschauen in 2001 und 2002 stellten fest, dass sie an Hypothermie starben, und gaben Empfehlungen im Bezug auf Polizeipraktiken und das Verhältnis von Polizei und Indigenen.[4] Der Körper von Neil Stonechild wurde 1990 in einem Feld außerhalb von Saskatoon gefunden. Eine Leichenschau im Jahr 2003 konnte die Umstände, die zu seinem Tod führten, nicht feststellen.[5][6]

Im Januar 2000 wurde Darrell Night in den Vorstädten von Saskatoon ausgesetzt, konnte aber vom nahen Queen-Elizabeth-Kraftwerk ein Taxi rufen und erlitt keine gesundheitlichen Schäden. Die zwei beteiligten Polizisten, Dan Hatchen und Ken Munson, behaupteten, dass sie Night einfach nach Hause gebracht und auf sein Verlangen hin aus dem Wagen gelassen hatten, wurden aber im September 2001 wegen ungesetzlicher Gefangenhaltung zu acht Monaten Gefängnis verurteilt.[7][8]

Die Polizei von Saskatoon bestand zunächst darauf, dass es sich um Einzelfälle gehandelt hätte. 2003 musste Polizeichef Russell Sabo allerdings zugeben, dass die Polizei möglicherweise seit Jahren Indigene außerhalb der Stadt zurückgelassen hatte. Davor hatte er öffentlich gemacht, dass im Jahr 1976 ein Polizist dafür disziplinarisch bestraft worden war, dass er eine indigene Frau in die Außenbezirke der Stadt mitgenommen und dort zurückgelassen hatte.[3]

Zensurversuche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zwischen 2012 und 2016 wurde der Abschnitt Starlight tours des Artikels zur Polizei von Saskatoon in der englischen Wikipedia mehrere Male entfernt. Eine interne Untersuchung ergab, dass zwei der Bearbeitungen mit einem Computer innerhalb der Polizei durchgeführt worden waren. Eine Sprecherin der Polizei stritt ab, dass die Entfernung der Inhalte offiziell angeordnet worden war.[9] Am 31. März 2016 meldete die Saskatooner Tageszeitung Star Phoenix, dass die Polizei von Saskatoon bestätigt habe, dass jemand von innerhalb der Polizei die Erwähnungen der „Sternenlichttouren“ aus der Wikipedia-Webseite zur Polizei gelöscht hatte, aber nicht festgestellt werden konnte, wer es getan hatte.[10]

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Filme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Vorfälle wurden in zwei Filmen behandelt. Darrell Nights Erfahrungen wurden in Tasha Hubbards zusammen mit dem National Film Board of Canada 2004 erstellten Dokumentation Two Worlds Colliding aufgenommen, die den Canada Award für ethnische und kulturelle Diversität gewann.[6][11] Ein fiktiver Vorfall wurde im halbstündigen Drama Out in the Cold dargestellt, für das Colleen Murphy Regie führte und in dem Gordon Tootoosis,[2] Matthew Strongeagle und Erroll Kinistino mitspielten.

Musik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die kanadische Punk-Rock-Band Propagandhi veröffentlichte 2005 das Album Potemkin City Limits, auf dem der Song „The Bringer of Greater Things“ „Rodney Naistus, Neil Stonechild und Lawrence Wegner, ermordet von Mitgliedern der Polizei von Saskatoon“ gewidmet war. Der Song „One Shoe“ des kanadischen Musikers Kris Demeanor handelt von den Erfrierungstoden, besonders dem von Stonechild. Der Song „Starlight“ von The Wailin’ Jennys wurde ebenfalls von den Toden inspiriert.

2017 leitete die Mi'kmaq-Künstlerin Cathy Elliott einen fünfwöchigen Workshop mit Studenten des Sheridan College für ihr Musical Starlight Tour. Diese Arbeit war vom Grand Theatre in London (Ontario)[12] zusammen mit dem "Canadian Music Theatre Project" des Sheridan College in Auftrag gegeben worden.[13]

Podcasts[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Podcast Criminal behandelte die Tode in seiner Episode "Starlight Tours".[14][15]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • King, Thomas: The inconvenient indian. A curious account of native people in North America. The illustrated edition, 2017.
  • Razack, Sheren: Dying from Improvement. Inquests and Inquiries into Indigenous Deaths in Custody, 2015.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Meagan Campbell: New light on Saskatoon's 'starlight tours'. In: Macleans.ca. Abgerufen im Juni 2020 (englisch).
  2. a b New film renews community discussion about Aboriginal freezing deaths in Saskatoon. In: Dispatch. University of Regina, archiviert vom Original am 2. November 2008; abgerufen im Februar 2010 (englisch).
  3. a b Saskatoon police chief admits starlight cruises are not new. In: Windspeaker. Aboriginal Multimedia Society of Alberta, 1. Juni 2003, abgerufen im Februar 2010 (englisch).
  4. This report updates the information contained in the Third Report of Canada on the Convention against Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment. In: Canadian Heritage/Pátrimoine canadien. 23. März 2009, archiviert vom Original; abgerufen am 13. Juli 2020.
  5. Who was Neil Stonechild? In: CBC News. CBC, 3. November 2005, archiviert vom Original am 11. August 2018; abgerufen im Februar 2010 (englisch).
  6. a b Christopher Thrall: Justice of the police. In: Vue Weekly. 7. April 2005, archiviert vom Original am Februar 2013; abgerufen im Februar 2010 (englisch).
  7. DeNeen L. Brown: Left for dead in a Saskatchewan winter. In: MSN. 22. November 2003, archiviert vom Original am September 2005; abgerufen im November 2010.
  8. Neil Stonechild: Timeline. CBC News, 3. November 2005, archiviert vom Original am 5. Juni 2020; abgerufen im September 2012.
  9. Dan Zakraski: Student claims Saskatoon police removed 'starlight tours' section from Wikipedia page. CBC News, 31. März 2016, abgerufen im März 2016.
  10. Someone at city police headquarters deleted 'starlight tour' references on its Wikipedia page. In: Saskatoon StarPhoenix. 31. März 2016, archiviert vom Original am 1. April 2016; abgerufen am 13. Juli 2020 (englisch).
  11. Two Worlds Colliding. In: Online film. National Film Board of Canada, abgerufen im September 2011 (englisch).
  12. Canadian arts community mourns loss of Indigenous playwright. In: CBC News. Abgerufen im November 2017 (englisch).
  13. Nova Scotia Indigenous playwright, actor remembered as ‘a bright light’. In: National Post. 17. November 2017, abgerufen im November 2017 (amerikanisches Englisch).
  14. This Week in True-Crime Podcasts: The Case of Woody Harrelson’s Father. In: Vulture.com. 8. Mai 2020, abgerufen im April 2020 (englisch).
  15. Starlight Tours. In: Criminal. 17. April 2020, abgerufen am 13. Juli 2020.