Schwarzer Kiefernprachtkäfer

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Schwarzer Kiefernprachtkäfer

Schwarzer Kiefernprachtkäfer auf Rotföhrenrinde

Systematik
Ordnung: Käfer (Coleoptera)
Unterordnung: Polyphaga
Familie: Prachtkäfer (Buprestidae)
Unterfamilie: Buprestinae
Gattung: Melanophila
Art: Schwarzer Kiefernprachtkäfer
Wissenschaftlicher Name
Melanophila acuminata
(De Geer, 1774)

Der Schwarze Kiefernprachtkäfer (Melanophila acuminata) ist ein auch in Mitteleuropa vorkommender Vertreter der Gattung Melanophila, die 15 Arten[1] in der Holarktis umfasst. Neben Europa gehören auch Asien und Nordamerika (von Mexiko bis Alaska und Neufundland) und die Karibik (mit Kuba) zum Verbreitungsgebiet der Art.[2]

Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Kopf des etwa 8 bis 11 mm langen und einfarbig schwarzen Käfers ist recht groß und in Aufsicht superelliptisch. Die Stirn (Frons) trägt einen Längseindruck. Die Fühler reichen zurückgelegt etwas hinter die Hinterecken des Pronotum, die Fühlerglieder sind vom vierten Glied an schwach dreieckig und sägeförmig erweitert. Der Halsschild (Pronotum) ist fast rechteckig, die Seiten gleichmäßig schwach gerundet, nach vorne und hinten nur wenig verschmälert und fein netzartig skulpturiert sowie schwach punktiert. Die Flügeldecken (Elytren) sind unbehaart, etwas breiter als das Pronotum, sie sind matt schwarz, dicht und unregelmäßig punktiert, ohne Rippen, aber mit flachen Längseindrücken. Sie sind beiderseits in eine zahnförmige Spitze ausgezogen (Artname: acuminata, lateinisch "zugespitzt"[3]). Charakteristisch sind die mesothorakalen Infrarot-Sinnesorgane.

Lebensweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bekannt wurde diese Art durch ihre Pyrophilie („Feuerliebe“):[4] Die adulten Käfer sprechen auf Waldbrände an, da die Larven sich nur im Bast durch Feuer abgestorbener Bäume entwickeln können; sie sind nicht imstande, die natürliche Abwehrreaktion lebender Bäume v. a. durch Harz zu überwinden. Die Art ist in Bezug auf Holzarten nicht wählerisch, sie wurde in mehr als 30 Baumarten, darunter Laub- und Nadelbäume, nachgewiesen. Die meisten Nachweise liegen von Kiefern-Arten (Gattung Pinus) vor, vermutlich, weil diese besonders brandgefährdet sind. Der Käfer gilt bei allgemeiner Nachsuche als selten. Werden allerdings gezielt Brandstellen ausgewertet, tritt er sehr weit verbreitet und oft in enormen Individuendichten auf. So wurde 1998 in Ostdeutschland eine nahezu flächendeckende Verbreitung an allen untersuchten Waldbränden festgestellt.[5] Ähnlich Beobachtungen liegen aus Österreich vor.[6] In England soll die Art hingegen sehr selten, möglicherweise nur eingeschleppt,[7] und heute auf die Umgegend von Ascot beschränkt sein.[8]

Imagines der Art kommen von Juni bis Oktober vor. Nach der Paarung legen die Weibchen Eier an oft noch glimmende Bäume. Aber auch angebrannte Bäume des Vorjahres werden möglicherweise noch zur Eiablage genutzt. Die weißen Larven mit dickem Thorax, kleinem schwarzen Kopf und dünnem Hinterleib ("Buprestis-Typ") entwickeln sich unter der Rinde, verpuppen sich und werden meist erst im zweitfolgenden Frühjahr zur Imago. Sie kommen zusammen mit ähnlichen Larven der Prachtkäfergattungen Phaenops (vgl. Blauer Kiefernprachtkäfer) oder Anthaxia (vgl. Vierpunktiger Kiefernprachtkäfer) vor, die ebenfalls geschwächte Kiefern befallen, aber keinen Bezug zu Feuern haben.[9]

Sinnesphysiologische Details[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Angelockt werden die paarungsbereiten Käfer zunächst durch Guajacol und dessen Derivate im Rauch.[10] Sie nehmen dieses mit chemischen Sinnesrezeptoren in den Fühlern wahr; auch bei Feuern in mehreren Kilometern Entfernung. Die weitere Orientierung erfolgt mittels der infrarotempfindlichen Grubenorgane an den Hüften (Coxen) der mittleren Beine, die ebenfalls über beträchtliche Distanzen wirksam sind.[11] An der Grubenbasis sitzen jeweils etwa 50 bis 100 kuppelförmig vorgewölbte Sensillen. Diese sind begleitet von Wachsdrüsen, so dass die Grube beim lebenden Tier mit Wachs angefüllt ist.[12] Es ist aufgrund des Feinbaus der Sensillen anzunehmen, dass diese aus mechanorezeptorischen Haar-Sinnesorganen entstanden sind. Die Reizwahrnehmung erfolgt daher wohl mechanisch, durch hitzebedingte Volumenänderung der Kuppel, die einen Druckreiz erzeugt. Es konnte durch Elektrodenableitung nachgewiesen werden, dass Infrarotstrahlung allein (ohne Beteiligung von sichtbarem Licht) die Rezeptoren erregt.[13] Durch die Lage der Gruben wird Infrarotstrahlung überwiegend von unten und der Seite wahrgenommen, dies erscheint für Orientierung im Flug auch besonders günstig.[14] Der Sensor des Käfers funktioniert unabhängig von normalen und langsamen Temperaturschwankungen der Umgebung.

Technische Anwendbarkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Bionik wird das Funktionsprinzip des Sinnesorgans von Melanophila acuminata erforscht, um es in technische Anwendungen zu überführen. Die Idee ist, eine technische Nase zu entwickeln, die in der Lage ist, geringste Konzentrationen von Gasen zu bestimmen und zu orten, um beispielsweise eine Brandmeldung auszulösen.[15][16][17]

Gefährdung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im gesamten Verbreitungsgebiet kann die Art jahrelang beinahe verschwunden sein, um dann nach Waldbränden plötzlich wieder aufzutauchen. Die Einstufung in Rote Listen ist daher nur von beschränkter Aussagekraft. Melanophila acuminata wird in der Roten Liste für Deutschland in der Kategorie 2 („stark gefährdet“) geführt.[18]

Belege[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Coleopterists Society: Genus Melanophila (Memento des Originals vom 24. August 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/coleopsoc.org
  2. Donald E. Bright: The metallic wood-boring beetles of Canada and Alaska: Coleoptera: Buprestidae (The Insects and arachnids of Canada) Biosystematics Research Centre, Research Branch, Agriculture Canada, 1987. online: PDF (Memento des Originals vom 16. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.esc-sec.ca (18,9 MB)
  3. Sigmund Schenkling: Erklärung der wissenschaftlichen Käfernamen (Art)
  4. www.entomologie.de: Schwarzer Kiefernprachtkäfer - Melanophila acuminata (DEGEER)
  5. K.H. Apel (1998): Zur Verbreitung von Melanophila acuminata DEG. (Col., Buprestidae). Entomologische Nachrichten und Berichte 33: 278-279.
  6. Franz Ressl (1969): Über einige auf Brandstellen lebende Käferarten. Entomologisches Nachrichtenblatt, Band 16, S. 55–56 (zobodat.at [PDF]).
  7. Brian Levey: Coleoptera Buprestidae. Handbooks for the Identification of British Insects Vol. V, Part 1 (b). Published by the Royal Entomological Society of London, 1977.
  8. Keith N A Alexander (2002): The invertebrates of living and decaying timber in Britain & Ireland. English Nature Research Reports Number 467.
  9. Gretchen Jehle: Infrared detection in three pyrophilous beetles: Melanophila acuminata, Merimna atrata, and Acanthocnemus nigricans. (Memento vom 11. August 2011 im Internet Archive)
  10. Stefan Schütz, Bernhard Weissbecker, Hans E. Hummel, Karl-Heinz Apel, Helmut Schmitz, Horst Bleckmann (1999): Insect antenna as a smoke detector. Nature 398: 298-299. doi:10.1038/18585
  11. W.G. Evans: Perception of infrared radiation from forest fires by Melanophila acuminata de Geer (Buprestidae, Coleoptera). Ecology 47 (1966): 1061-1065.
  12. vgl. auch W.G. Evans: Infrared radiation sensors of Melanophila acuminata (Coleoptera: Buprestidae): A thermopneumatic model. Annals of the Entomological Society of America 98 (2005): 738-746
  13. H. Schmitz & H. Bleckmann: The photomechanic infrared receptor for the detection of forest fires in the beetle Melanophila acuminata (Coleoptera: Buprestidae). Journal of comparative physiology A: Neuroethology, sensory, neural, and behavioral physiology 182 (1998): 647-657
  14. W. G. Evans & J. E. Kuster (1998): The infrared receptive fields of Melanophila acuminata (Coleoptera: Buprestidae). The Canadian Entomologist, Volume 112, Issue 2: 211-216
  15. http://www.3sat.de: Käfer als Vorbild@1@2Vorlage:Toter Link/www.3sat.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Januar 2023. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  16. Helmut Schmitz, Volkmar Norkus, Norbert Hess, Herbert Bousack: The infrared sensilla in the beetle Melanophila acuminata as model for new infrared sensors doi:10.1117/12.821434
  17. M. Müller, M. Olek, M. Giersig & H. Schmitz: Micromechanical properties of consecutive layers in specialized insect cuticle: the gula of Pachnoda marginata (Coleoptera, Scarabaeidae) and the infrared sensilla of Melanophila acuminata (Coleoptera, Buprestidae). J. exp. biol. 211 (2008): 2576-2583
  18. R.Geiser: Rote Liste der Käfer. In: Bundesamt für Naturschutz (Herausgeber): Rote Liste gefährdeter Tiere Deutschlands. Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz Heft 55. Bonn-Bad Godesberg 1998.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • K. W. Harde: Familie Buprestidae. In: H. Freude, K.W. Harde, G.A. Lohse: Die Käfer Mitteleuropas. Band 6. Goecke & Evers Verlag, Krefeld 1979, ISBN 3-87263-027-X.
  • Donald E. Bright: The metallic wood-boring beetles of Canada and Alaska: Coleoptera: Buprestidae (The Insects and arachnids of Canada) Biosystematics Research Centre, Research Branch, Agriculture Canada, 1987.