Shiatsu

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Shiatsu (jap. 指圧, dt. „Fingerdruck“) ist eine in Japan entwickelte Form der Körpertherapie, die aus der traditionellen chinesischen Massage Tuina hervorgegangen ist. Am Anfang des 20. Jahrhunderts wurden in Japan verschiedene Formen der energetischen Körperarbeit und manuellen Behandlungsmethoden kombiniert und unter dem Namen Shiatsu vereint, um sich von den reinen Entspannungsmassagen abzugrenzen. Wörtlich übersetzt bedeutet Shiatsu „Fingerdruck“, die Behandlung umfasst jedoch weit mehr: Zur Berührung wird der ganze Körper eingesetzt. Dabei arbeitet der Therapeut weniger mit Muskelkraft als mit seinem Körpergewicht und versucht, während der Behandlung eine „energetische Beziehung“ zum Patienten herzustellen (Energie hier im Sinne von Qi). Vom Behandelnden ist Achtsamkeit, Sensibilität und Offenheit gefragt.

Grundlagen

Shiatsu entstand aus im chinesischen Mittelalter entwickelten Behandlungsweisen und basiert auf den wissenschaftlich unbelegten Vorstellungen traditioneller ostasiatischer Medizin, insbesondere dem aus der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) stammenden Meridiansystem und dem System der „Fünf Wandlungsphasen“ (Fünf-Elemente-Lehre). Die in Japan am stärksten verbreitete Form von Shiatsu ist das sogenannte Namikoshi-Shiatsu.[1] Außerhalb Japan dominiert das von dem Japaner Shizuto Masunaga begründete sogenannte Zen-Shiatsu, in welchem mit einem im Vergleich zur Akupunktur erweiterten Meridiansystem gearbeitet wird.

Shiatsu wird in Europa vielfach als Entspannungsmethode z.B. im Wellnessbereich angewandt. Für interessierte medizinische Laien werden in Anlehnung an die Methode Kurse zur Verbesserung des Wohlbefindens und der Gesundheitsvorsorge angeboten. In gleicher Weise hat sich entsprechend dem japanischen Vorbild in vielen europäischen Ländern ein therapeutisches Shiatsu etabliert.

Nationale Berufsverbände vertreten Shiatsu in Deutschland (GSD), Österreich (ÖDS) und der Schweiz (SGS). Diese sind europaweit im Internationalen Shiatsu-Netzwerk (ISN) oder in der europäischen Shiatsu-Föderation (ESF) zusammengeschlossen.

Bedeutende Vertreter

Zwei der für das weltweite Shiatsu bedeutendsten Vertreter des Shiatsu sind Tokujiro Namikoshi und Shizuto Masunaga. Namikoshi war der Gründer der einflussreichsten Shiatsuschule in Japan. Sein Vermächtnis war unter anderem die staatliche Anerkennung von Shiatsu als eigenständige Behandlungsmethode in Japan. Masunaga war einer von Namikoshis Schülern. Er begründete seinen eigenen Stil (Zen Shiatsu). Durch ihn fand Shiatsu Anerkennung im Westen.

Masunaga erweiterte, im Rahmen seines eigenen Stils, das klassische Meridiansystem und entwickelte seine eigenen Theorien zur energetischen Struktur des menschlichen Körpers. Im Gegensatz zur Akupunktur spielen im Zen Shiatsu die einzelnen Punkte keine sehr große Rolle, es wird der gesamte Meridian behandelt. Masunaga studierte an der Universität von Kyōto Psychologie, was in seine Arbeit einfloss, und lernte bzw. lehrte Shiatsu am Nippon Shiatsu Institut. Zudem entwickelte er traditionelle Methoden der energetischen Einschätzung weiter (Hara-Diagnose, Rückendiagnose) und propagierte spezielle Meridian-Stimulierungsübungen (Makko Ho). Sein Buch Zen Shiatsu wurde 1977 veröffentlicht, seine Lehre von zahlreichen Schülern auch in den Westen weitergetragen. Shizuto Masunaga starb 1981.

Akinobu Kishi war ein Schüler von Masunaga. Kishi entwickelte Zen-Shiatsu weiter über Shinto-Shiatsu bis hin zu seiner eigenen Behandlungsmethode Seiki.

Weitere bekannte Schüler Masunagas sind Kazunori Sasaki, Tetsuro Saito, Ryokio Endo.

Zu erwähnen ist zudem Wataru Ohashi, durch den Shiatsu in der westlichen Welt bekannt wurde. Viele der heute im Westen bekannten Shiatsu Lehrer haben in den 1970er und 1980er Jahren bei Ohashi gelernt und das Gelernte in eigene Schulen weiter verbreitet. Bekannt wurde W.Ohashi mit der Übersetzung von Masunagas Buch Zen Shiatsu und durch einige eigene Bücher. Auf seine Ohashi-Institute gehen viele der heutigen Shiatsu-Schulen (auch in Europa) zurück.

Shiatsu im Westen im Vergleich zu Japan

Heutzutage wird im asiatischen Raum fast ausschließlich das am Körper orientierte Shiatsu nach Namikoshi praktiziert und gelehrt, wohingegen im Westen der meridianbezogene Masunaga-Stil bevorzugt wird.

Die wichtigsten Vertreter von Shiatsu leben heute zum größten Teil außerhalb Japans. Dies ist einer der Gründe weshalb die Weiterentwicklung von Shiatsu zurzeit hauptsächlich im Westen erfolgt und nicht in seinem Ursprungsland Japan bzw. China. 1997 hat die EU-Kommission Shiatsu als eine von insgesamt acht Methoden der Komplementärmedizin aufgeführt (Entschließung der Europäischen Union vom 29. Mai 1997 zur Rechtsstellung der nichtkonventionellen Medizinrichtungen (A4-0075/97) ). In der Schweiz befindet sich Shiatsu kurz vor der eidgenössischen Anerkennung als ein Komplementärmedizinisches Verfahren.[2] In Australien ist Shiatsu staatlich anerkannt.[3]

Typischer Ablauf einer Shiatsu-Sitzung

Shiatsu wird meistens auf einer Matte oder einem speziellen Futon auf dem Boden praktiziert. Daneben existieren Behandlungsformen auf der Behandlungsliege bzw. auf speziellen Massagestühlen. Behandelt wird mit den Händen (Finger und Handballen), aber auch mit den Ellbogen und Knien.

Neben sanften rhythmischen, werden auch tiefergehende physische wie energetische Techniken sowie Dehnungen und Rotationen eingesetzt. Der Praktiker nutzt dabei sein eigenes Körpergewicht und arbeitet vor allem aus der Körpermitte (Hara, jap. ) heraus.

An Shiatsu angelehnte Methoden

Seiki
(übersetzt: geordnete Seele) ist eine intuitive Energiebehandlung. Die Einheit Seele, Geist und Körper wird gesucht. „Gyoki“ und „Katsugen“ sind „Reinigungsübungen“ (Hara-Atemübungen) aus dieser Praktik.[4]
Ohashiatsu
so bezeichnet W.Ohashi selber die von ihm propagierte Weise, Shiatsu auszuüben. Schüler sehen es als eine Art meditativer Tanz, der von Wataru Ohashi auf Grundlagen des Shiatsu entwickelt wurde. Er soll die Selbstheilungskräfte des Körpers unterstützen, das allgemeine Wohlbefinden steigern und bei der seelischen, körperlichen und geistigen Entwicklung, sowohl des Behandelten als auch des Behandlers, hilfreich sein.[5]
ShinTai
ist eine von Saul Goodman begründete Form, die er aus Shiatsu, craniosacralen und osteopathischen Elementen entwickelt hat.[6]
Wasser-Shiatsu
(Watsu) ist eine an Shiatsu angelehnte Technik, die im Wellness-Bereich und zu therapeutischen Zwecken eingesetzt wird. Die Behandlung wird im Wasser ausgeführt, wobei die Auftriebskräfte, die Wärme (ca. 35 °C) und die sanften Bewegungen zu einer tiefen Entspannung führen.[7]
Tiershiatsu
Shiatsu wird auch bei Tieren, insbesondere Pferden und Hunden angewendet.[8]
Kiatsu
Zusätzlich zu den Methoden des Shiatsu wird bei der Behandlung die "Universelle Energie", auch Ki genannt, an den Behandelten zugeführt.[9]
Quantum Shiatsu
arbeitet mit dem erweiterten energetischen Feld im Feinstofflichen. Dabei arbeitet der Gebende aus dem eigenen Konzeptions- und Lenkergefäß. Bei dieser Methode ist die Körperberührung zwischen Gebenden und Nehmenden nicht zwingend erforderlich.[10]

Literatur

  • Masunaga Shizuto, Wataru Ohashi: Das große Buch der Heilung durch Shiatsu. O.W. Barth, Bern/ München/ Wien 2002, ISBN 3-502-67452-3.
  • Carola Beresford-Cook: Shiatsu: Grundlagen und Praxis. Urban & Fischer, Elsevier, 2012, ISBN 978-3-437-55803-0.
  • Meike Kockrick, Wilfried Rappenecker: Atlas Shiatsu - die Meridiane des Zen-Shiatsu. Urban & Fischer, Elsevier, 2011, ISBN 978-3-437-57341-5.
  • W. Ohashi: Körperdeutung: Östliche Diagnose und Therapie. Schirner Verlag, Darmstadt 2004, ISBN 3-89767-213-8.
  • Peter Itin: Shiatsu als Therapie. Books on Demand, 2007, ISBN 978-3-8334-8319-6.
  • Wilfried Rappenecker (Hrsg.): Fälle aus der therapeutischen Shiatsu-Praxis. Urban & Fischer, Elsevier, 2013, ISBN 978-3-437-58280-6.
  • Wilfried Rappenecker: Yu Sen - Sprudelnder Quell - Shiatsu für Anfänger. Felicitas Hübner Verlag, Lehrte 1990, ISBN 3-927359-05-X.
  • Yukiko Irwin: Shiatsu - Die japanische Heilmassage. O.W. Barth Verlag, Bern/ München/ Wien 1976, ISBN 3-502-67334-9.

Studien

  • L. H. Brady, K. Henry, J. F. Luth, K. K. Casper-Bruett: The effects of shiatsu on lower back pain. Drake University, USA 2001.
  • Ergebnisse 14. Shiatsu Weltkongress 2001: http://www.shiatsu.ac.jp/english/congress.html
  • C. Rackeseder, R. Drabek: Kann Shiatsu als Zusatztherapie Heilungsprozesse positiv beeinflussen? Wien 2005.
  • J. Ingram u. a.: The effects of Shiatsu in postterm pregnancy 2005.
  • A. F. Long: The Effects and Experience of Shiatsu: A Cross-European Study. Universität Salford, England 2007.
  • D. Chevalier: Shiatsu and sideeffects of Chemotherapy 2007.
  • S. Lewicka: Wirkung von Shiatsu auf menopausale Symptome,Universität Heidelberg, 2005/2009
  • Maria Gryllaki u. a.: Wirkungen von Shiatsu auf die Schmerzbewältigung. University Aretaieion Hospital Athens, 2011.

Einzelnachweise

  1. siehe hierzu auch die Website des Japan Shiatsu College
  2. www.oda-kt.ch
  3. www.staa.org.au/rebates
  4. Alice Whieldon, Sei-Ki: Life in Resonance - The Secret Art of Shiatsu, Singing Dragon, London 2011, ISBN 978-1-84819-042-9.
  5. Wataru Ohashi, Ohashi Bodywork Book - Beyond Shiatsu with the Ohashiastu(r) Method, Kodansha America Inc, New York 1997, ISBN 1-56836-096-7.
  6. Saul Goodman: Shiatsu - Shin Tai: The Evolution and Synthesis of Traditional Bodywork. Infi Tech Pubns, 1996, ISBN 0-940843-01-3.
  7. Claudia Tichy: Der Beitrag von Wassershiatsu für Beratung und Therapie. Trainerverlag, Saarbrücken 2011, ISBN 978-3-8417-5005-1.
  8. Cathy Tindall, Jaki Bell: Shiatsu für Pferde – Hilfe bei Muskelproblemen und Verspannungen. Cadmos Verlag, Schwarzenbek 2006, ISBN 3-86127-415-9.
  9. Kôichi Tôhei: Kiatsu - Heilung mit Ki. Werner Kristkeitz Verlag, Heidelberg-Leimen 1985, ISBN 3-921508-21-5.
  10. Die Entwicklung der Berührung im Shiatsu - shiatsu-austria.at Gesichtet am 27. April 2015.

Weblinks