Sicherheitsüberprüfungsgesetz

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Basisdaten
Titel: Gesetz über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes
Kurztitel: Sicherheitsüberprüfungsgesetz
Abkürzung: SÜG
Art: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Rechtsmaterie: Staatsrecht, Staatsschutz
Fundstellennachweis: 12-10
Erlassen am: 20. April 1994
(BGBl. I S. 867)
Inkrafttreten am: 21. April 1994
Letzte Änderung durch: Art. 2 G vom 3. Dezember 2015
(BGBl. I S. 2161)
Inkrafttreten der
letzten Änderung:
10. Dezember 2015
(Art. 7 G vom 3. Dezember 2015)
GESTA: B043
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Das Sicherheitsüberprüfungsgesetz des Bundes regelt die Voraussetzungen und das Verfahren zur Sicherheitsüberprüfung von Personen, die mit bestimmten sicherheitsempfindlichen Tätigkeiten betraut werden sollen (Sicherheitsüberprüfung) oder bereits betraut worden sind (Aktualisierungs- bzw. Wiederholungsüberprüfung). Eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit übt beispielsweise aus, wer

  • Zugang zu Verschlusssachen hat oder ihn sich verschaffen kann, die als STRENG GEHEIM, GEHEIM oder VS-VERTRAULICH eingestuft sind oder
  • an einer sicherheitsempfindlichen Stelle innerhalb einer lebens- oder verteidigungswichtigen Einrichtung beschäftigt ist.[1]

Geltungsbereich

Das Sicherheitsüberprüfungsgesetz des Bundes ist insbesondere dann anzuwenden, wenn eine Behörde oder sonstige öffentliche Stelle des Bundes einer Person eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit zuweisen möchte oder eine Verschlusssache an eine nicht-öffentliche Stelle weitergeben will.

Die die Bundesrepublik Deutschland bildenden Länder haben jeweils für ihre Landesbehörden entsprechende Gesetze erlassen. Diese Gesetze entsprechen im Kern dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz des Bundes.

Sicherheitsüberprüfungen

Das SÜG kennt drei Stufen von Sicherheitsüberprüfungen:

  • Die einfache Sicherheitsüberprüfung („Ü1“) nach § 8 SÜG ist u. a. für Personen durchzuführen, die Zugang zu als VS-VERTRAULICH eingestuften Verschlusssachen erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, sowie für Personen, die an einer Stelle beschäftigt werden, die dem vorbeugenden personellen Sabotageschutz (§ 1 Abs. 4 SÜG) unterliegen.
  • Die erweiterte Sicherheitsüberprüfung („Ü2“) nach § 9 SÜG ist für Personen durchzuführen, die Zugang zu als GEHEIM eingestuften Verschlusssachen oder einer hohen Anzahl als VS-VERTRAULICH eingestuften Verschlusssachen erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können.
  • Die erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen („Ü3“) nach § 10 SÜG ist für Personen durchzuführen, die Zugang zu als STRENG GEHEIM eingestuften Verschlusssachen oder einer hohen Anzahl als GEHEIM eingestuften Verschlusssachen erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, sowie bei Personen, die bei einem Nachrichtendienst des Bundes oder einer Behörde Tätigkeiten mit vergleichbarer Sicherheitsempfindlichkeit wahrnehmen sollen.

In der Regel gilt das Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung für fünf Jahre. Nach dem Ablauf ist die Sicherheitsüberprüfung zu aktualisieren. Bei erweiterten Sicherheitsüberprüfungen mit Sicherheitsermittlungen (Ü3) ist in der Regel nach zehn Jahren eine Wiederholungsüberprüfung (Durchführung einer erneuten Erstüberprüfung) einzuleiten.[2]

Die Sicherheitsüberprüfung kann ohne Einschränkungen, mit Einschränkungen/Auflagen oder mit der Feststellung eines Sicherheitsrisikos abgeschlossen werden.[3]

Im Sinne des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes liegt ein Sicherheitsrisiko vor, wenn tatsächliche Anhaltspunkte

  1. Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit begründen oder
  2. eine besondere Gefährdung durch Anbahnungs- und Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste, insbesondere die Besorgnis der Erpressbarkeit, begründen oder
  3. Zweifel am Bekenntnis des Betroffenen zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes oder am jederzeitigen Eintreten für deren Erhaltung begründen.[4]

Bei Feststellung eines Sicherheitsrisikos darf die betroffene Person nicht mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut werden.

Die sicherheitserheblichen Erkenntnisse können sich sowohl über die zu überprüfende Person als auch den einzubeziehenden Partner (Ehe- oder Lebenspartner) ergeben.[5]

Nach Feststellung eines Sicherheitsrisikos kann eine erneute Sicherheitsüberprüfung in der Regel nach dem Ablauf von fünf Jahren erneut eingeleitet werden. Ein wichtiger Grundsatz des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes ist: Im Zweifel für die Sicherheit.[6] Dieser Grundsatz bedeutet, dass wenn Anzeichen für ein Sicherheitsrisiko bestehen, die Überprüfung mit der Feststellung eines Sicherheitsrisikos abgeschlossen wird.

Maßnahmen bei den einzelnen Überprüfungsarten

Die Maßnahmen bei den einzelnen Überprüfungsarten sind in § 12 SÜG festgelegt. Die drei Überprüfungsarten bauen aufeinander auf, d. h. die erweiterte Sicherheitsüberprüfung (Ü2) beinhaltet die Maßnahmen der einfachen Sicherheitsüberprüfung (Ü1).

Bei der einfachen Sicherheitsüberprüfung (Ü1) werden zunächst die Angaben der Sicherheitserklärung (s. u.) der zu überprüfenden Person unter Berücksichtigung der Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder bewertet. Bei Angehörigen der Bundeswehr (Soldaten wie auch Zivilpersonal) führt die Überprüfung der Militärische Abschirmdienst durch. Zudem wird eine unbeschränkte Auskunft aus dem Bundeszentralregister (BZR) eingeholt, und es gehen Anfragen an das Bundeskriminalamt (BKA), das Bundespolizeipräsidium, die zuständige Staatsanwaltschaft und die Nachrichtendienste des Bundes.

Bei der erweiterten Sicherheitsüberprüfung (Ü2) gehen zusätzlich Anfragen an die Polizeidienststellen der innegehabten Wohnsitze des Betroffenen (in der Regel beschränkt auf die letzten fünf Jahre), und auch seine Identität wird überprüft. Der Ehegatte oder Lebenspartner des Betroffenen wird generell in die Sicherheitsüberprüfung miteinbezogen und soll dieser Einbeziehung zustimmen. Die im Gesetz verwendete Formulierung „soll“ bedeutet praktisch jedoch ein „muss“, denn ohne die Zustimmung der einzubeziehenden Person kann die Sicherheitsüberprüfung der betroffenen Person nicht durchgeführt werden. Die nicht erteilte Zustimmung hemmt den Beginn oder – wird sie später zurückgezogen – den Fortgang der Überprüfung. In begründeten Ausnahmefällen kann jedoch beantragt werden, auf die Einbeziehung der einzubeziehenden Person zu verzichten. Zusätzlich können Auskunftspersonen, die angegeben werden müssen, zum Zwecke der Identitätsprüfung befragt werden, was in der Praxis eher selten vorkommt.

Bei der erweiterten Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen (Ü3) werden zusätzlich die von dem Betroffenen in seiner Sicherheitserklärung angegebene Referenzpersonen und weitere geeignete Auskunftspersonen befragt, um zu prüfen, ob die Angaben des Betroffenen zutreffen und ob tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die auf ein Sicherheitsrisiko schließen lassen. Eine erneute Sicherheitsüberprüfung erfolgt nach einer abgelaufenen Frist von 5 Jahren.

Zu überprüfende Personen, die aus der DDR stammen und vor dem 1. Januar 1970 geboren sind, müssen ein Auskunftsersuchen an den Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU) über eine eventuelle Mitarbeit für den Staatssicherheitsdienst der DDR stellen.[7] Bei der Ü2 und Ü3 muss auch die einzubeziehende Person (in der Regel der Lebensgefährte, Lebenspartner oder Ehegatte) diesen Antrag stellen. Der Versand des Antrages erfolgt von der einleitenden Behörde, diese wird auch über das Ergebnis informiert. Dieser Antrag wird auch bei der regelmäßigen Aktualisierung bzw. Wiederholung der Sicherheitsüberprüfung neu gestellt und an den Bundesbeauftragten übersandt.

In besonderen Fällen, insbesondere beim Aufdecken bestimmter Verdachtsfälle, kann die mitwirkende Behörde weitere geeignete Auskunftspersonen oder andere geeignete Stellen, insbesondere Staatsanwaltschaften oder Gerichte, befragen oder Einzelmaßnahmen der nächsthöheren Art der Sicherheitsüberprüfung durchführen.[8]

Die Sicherheitserklärung

Die zu überprüfende Person hat eine Sicherheitserklärung abzugeben. In ihr sind (je nach Überprüfungsart können einige Punkte wegfallen oder auf mit der Person in Beziehung stehende Personen ausgeweitet werden) anzugeben:

  1. Namen, auch frühere, Vornamen,
  2. Geburtsdatum, -ort,
  3. Staatsangehörigkeit, auch frühere und doppelte Staatsangehörigkeiten,
  4. Familienstand,
  5. Wohnsitze und Aufenthalte von längerer Dauer als zwei Monate, und zwar im Inland in den vergangenen fünf Jahren, im Ausland ab dem 18. Lebensjahr,
  6. ausgeübter Beruf,
  7. Arbeitgeber und dessen Anschrift,
  8. Anzahl der Kinder,
  9. im Haushalt lebende Personen über 18 Jahre (Namen, auch frühere, Vornamen, Geburtsdatum und Geburtsort und Verhältnis zu dieser Person),
  10. Eltern, Stief- oder Pflegeeltern (Namen, auch frühere, Vornamen, Geburtsdatum, Geburtsort, Staatsangehörigkeit und Wohnsitz),
  11. lückenlose Ausbildungs- und Beschäftigungszeiten, Wehr- oder Zivildienstzeiten mit Angabe der Ausbildungsstätten, Beschäftigungsstellen sowie deren Anschriften,
  12. Nummer des Personalausweises oder Reisepasses,
  13. Angaben über in den vergangenen fünf Jahren durchgeführte Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, und ob zurzeit die finanziellen Verpflichtungen erfüllt werden können,
  14. Kontakte zu ausländischen Nachrichtendiensten oder zu Nachrichtendiensten der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, die auf einen Anbahnungs- und Werbungsversuch hindeuten können,
  15. Beziehungen zu verfassungsfeindlichen Organisationen,
  16. anhängige Straf- und Disziplinarverfahren,
  17. Angaben zu Wohnsitzen, Aufenthalten, Reisen, nahen Angehörigen und sonstigen Beziehungen in und zu Staaten, in denen nach Feststellung des Bundesministeriums des Innern als Nationale Sicherheitsbehörde besondere Sicherheitsrisiken für die mit sicherheitsempfindlicher Tätigkeit befassten Personen zu besorgen sind,
  18. zwei Auskunftspersonen zur Identitätsprüfung des Betroffenen nur bei der Sicherheitsüberprüfung nach den §§ 9 und 10 (Namen, Vornamen, Anschrift und Verhältnis zur Person),
  19. drei Referenzpersonen (Namen, Vornamen, Beruf, berufliche und private Anschrift und Rufnummern sowie zeitlicher Beginn der Bekanntschaft) nur bei einer Sicherheitsüberprüfung nach § 10,
  20. Angaben zu früheren Sicherheitsüberprüfungen.

Gliederung des Gesetzes

Erster Abschnitt: Allgemeine Vorschriften

§ 1 Zweck und Anwendungsbereich des Gesetzes
§ 2 Betroffener Personenkreis
§ 3 Zuständigkeit
§ 4 Verschlusssachen
§ 5 Sicherheitsrisiken, sicherheitserhebliche Erkenntnisse
§ 6 Rechte des Betroffenen

Zweiter Abschnitt: Überprüfungsarten und Durchführungsmaßnahmen

§ 7 Arten der Sicherheitsüberprüfung
§ 8 Einfache Sicherheitsüberprüfung
§ 9 Erweiterte Sicherheitsüberprüfung
§ 10 Erweitere Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen
§ 11 Datenerhebung
§ 12 Maßnahmen bei den einzelnen Überprüfungsarten

Dritter Abschnitt: Verfahren

§ 13 Sicherheitserklärung
§ 14 Abschluss der Sicherheitsüberprüfung
§ 15 Vorläufige Zuweisung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit
§ 16 Sicherheitserhebliche Erkenntnisse nach Abschluss der Sicherheitsüberprüfung
§ 17 Ergänzung der Sicherheitserklärung und Wiederholungsüberprüfung

Vierter Abschnitt: Akten über die Sicherheitsüberprüfung; Datenverarbeitung

§ 18 Sicherheitsakte und Sicherheitsüberprüfungsakte
§ 19 Aufbewahrung und Vernichtung der Unterlagen
§ 20 Speichern, Verändern und Nutzen personenbezogener Daten in Dateien
§ 21 Übermittlung und Zweckbindung
§ 22 Berichtigen, Löschen und Sperren personenbezogener Daten
§ 23 Auskunft über gespeicherte personenbezogene Daten

Fünfter Abschnitt: Sonderregelungen bei Sicherheitsüberprüfungen für nicht-öffentliche Stellen

§ 24 Anwendungsbereich
§ 25 Zuständigkeit
§ 26 Sicherheitserklärung
§ 27 Abschluss der Sicherheitsüberprüfung, Weitergabe sicherheitserheblicher Erkenntnisse
§ 28 Aktualisierung der Sicherheitserklärung
§ 29 Übermittlung von Informationen über persönliche und arbeitsrechtliche Verhältnisse
§ 30 Sicherheitsakte der nicht-öffentlichen Stelle
§ 31 Datenverarbeitung, -nutzung und -berichtigung in automatisierten Dateien

Sechster Abschnitt: Reisebeschränkungen, Sicherheitsüberprüfungen auf Antrag ausländischer Dienststellen und Schlussvorschriften

§ 32 Reisebeschränkungen
§ 33 Sicherheitsüberprüfung auf Antrag ausländischer Dienststellen
§ 34 Ermächtigung zur Rechtsverordnung
§ 35 Allgemeine Verwaltungsvorschriften
§ 36 Anwendung des Bundesdatenschutzgesetzes, Bundesverfassungsschutzgesetzes, MAD-Gesetzes und BND-Gesetzes
§ 37 Strafvorschriften
§ 38 Änderung von Gesetzen
§ 39 Inkrafttreten

Sonstiges

Bei Verdacht auf Verstoß gegen bundesdatenschutzgesetzliche Vorschriften im Zusammenhang mit einer Sicherheitsüberprüfung kann man sich an den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) wenden.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat von 2008 bis 2009 bei einem einschlägig bekannten Rechtsextremisten und mutmaßlichen Unterstützer des Nationalsozialistischen Untergrunds eine Sicherheitsüberprüfung durchgeführt und ist dabei auf keinerlei Beanstandung gestoßen.[9]

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. s. § 1 Abs. 2 SÜG
  2. s. § 17, § 28 SÜG
  3. s. § 14 SÜG
  4. s. § 5 Abs. 1 SÜG
  5. § 5 Abs. 1 Satz 2 SÜG
  6. s. § 14 Abs. 3 SÜG
  7. s. § 12 Abs. 4 SÜG
  8. s. § 12 Abs. 5 SÜG
  9. Rechtsextremismus: V-Mann gab fünf Hinweise zu NSU-Aufenthaltsort, Zeit Online vom 16. September 2012.