Sophiensäle

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Einfahrtsportal zu den Sophiensælen
Fassade der Sophiensæle 2014

Die Sophiensæle sind eine der wichtigsten Produktions- und Spielorte für freies Theater im deutschsprachigen Raum. Sie haben ihren Sitz im früheren Handwerkervereinshaus auf dem Hof der Sophienstraße 18 in Berlin-Mitte. Die Produktionsstätte wurde 1996 von Sasha Waltz, Jochen Sandig, Jo Fabian, Zebu Kluth und Dirk Cieslak gegründet. Mit dem Erfolg von Sasha Waltz’ Eröffnungsstück Allee der Kosmonauten (Theatertreffen 1997) wurden die Sophiensæle international bekannt.

Geschichte

Zur Geschichte des Gebäudes siehe Artikel Handwerkervereinshaus

1996 eröffnete sich für Sasha Waltz und Jochen Sandig die Möglichkeit im Gebäudekomplex der Sophienstraße 18 einen Proben- und Aufführungsort für ihre Arbeit zu schaffen. Gemeinsam mit den Künstlern Jo Fabian und Dirk Cieslak (Lubricat) gründeten sie im selben Jahr die Sophiensæle als GbR, die später dauerhaft zur Sophiensæle GmbH umgewandelt wurde. Die neu eingeführte Schreibweise mit "æ" war bewusst programmatisch gewählt als ein Wortspiel zwischen Saele und Seele.

Die ersten Aufführungen fanden im Sommer 1996 mit dem Stück Durchgehend geöffnet von Dirk Cieslak und Armin Dallapiccola im "Ballettsaal 314" statt. Die offizielle Eröffnung der Sophiensæle folgte am 26. September 1996 mit der Uraufführung von Sasha Waltz & Guests Allee der Kosmonauten, das im Jahr darauf zum Theatertreffen eingeladen wurde, und damals einen wesentlichen Beitrag zur Popularität der Sophiensæle leistete.

Bis zum Jahr 1999 führten Sasha Waltz & Guests alle produzierten Stücke in den Sophiensælen auf. Anschließend übernahmen Sasha Waltz und Jochen Sandig, gemeinsam mit Thomas Ostermeier und Jens Hillje, die künstlerische Leitung der Berliner Schaubühne. Die Geschäftsführung und künstlerische Leitung der Sophiensæle übertrugen sie Amelie Deuflhard, die zuvor für Produktionsleitung und Öffentlichkeitsarbeit der Sophiensæle verantwortlich war. Von 2007 - 2010 übernahm Heike Albrecht die Künstlerische Leitung sowie die Geschäftsführung der Sophiensaele, letzteres zusammen mit der Kaufmännischen Leitung Kerstin Müller. Seit 2011 ist Franziska Werner als künstlerische Leiterin der Sophiensæle tätig.

Ab Mitte 2011 wurde das Gebäude aus Mitteln der Stiftung Deutsche Klassenlotterie teilsaniert und am 2. Dezember 2011 feierlich wiedereröffnet. Bei der Sanierung wurde mit großer Genauigkeit darauf geachtet den Charme des alten Handwerkervereinshauses zu bewahren. Das Haus bietet nach der behutsamen Teilsanierung nun bessere Arbeitsbedingungen und mehr Komfort für Künstler und Publikum, während die historischen Spuren erhalten geblieben sind. Die Sophiensæle bespielen in dem Gebäude drei Räume: Bis 2011 waren das der Festsaal, der Hochzeits- und der Virchowsaal. Im Zuge der Sanierung gaben sie den Virchowsaal ab und ersetzten diesen mit der Kantine. Alle Räume werden auch für nicht-kulturelle Nutzungen vermietet.

Produktions- und Spielstätte

Die Sophiensæle haben sich seit ihrer Gründung 1996 als wichtiger Produktionsort für freies Theater in Deutschland etabliert. Künstler aus der Berliner, sowie aus der nationalen und internationalen Szene werden aufgrund ihrer künstlerischen Konzepte, Fragestellungen und Arbeitsansätze eingeladen, ihre Arbeiten hier zu produzieren und zu präsentieren. Die Sophiensæle bilden dabei nicht nur die Spielstätte, die Mitarbeiter unterstützen auch bei der Beantragung von Fördergeldern, der Suche von Koproduktionspartnern sowie der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. In einigen Fällen übernehmen sie auch das Produktionsmanagement.

Programm

Pro Jahr sind in den Sophiensælen circa 90 Produktionen und mehrere Festivals zu sehen. Theater, Tanz, Performance, Musik und diskursive Formate ergänzen sich gleichberechtigt im Programm.

Künstler

Neben immer wieder neuen Künstlern, arbeiten an den Sophiensælen eine Reihe von Künstlern und Kompanien in langjährigen Partnerschaften. Künstler, die regelmäßig in den Sophiensælen auftreten und produzieren sind unter anderem Thorsten Lensing, Vanessa Stern, Christoph Winkler, Monster Truck, Sebastian Matthias, Interrobang, Martin Nachbar und Turbo Pascal. In der Vergangenheit produzierten in den Sophienælen unter anderem Künstler wie Nico and the Navigators, Lubricat, Constanza Macras/Dorky Park, Two Fish, Novoflot, Laurent Chétouane und Gintersdorfer/Klaßen. Im April 2015 wurde bekannt, dass das in den Sophiensælen im Dezember 2014 uraufgeführte Stück Karamasow von Thorsten Lensing den Friedrich-Luft-Preis erhalten wird.[1]

Formate und Festivals

Die Entwicklung innovativer Formate, Reihen und Festivals spielt eine große Rolle in den Sophiensælen. Zentral für die Nachwuchsförderung sind die Festivals Tanztage Berlin und Freischwimmer – Neues aus Theater, Performance und Live Art. Verschiedene Hochschulkooperationen ergänzen den Nachwuchsschwerpunkt. In den kommenden Spielzeiten sollen weitere neue Formate, Festivals und Reihen erprobt werden. Gemeinsam mit dem HAU Berlin und seit 2014 dem Ballhaus Ost sind die Sophiensæle Austragungsstätte des jährlich stattfindenden Festivals 100° Berlin – Das lange Wochenende des Freien Theaters, einem Forum der Berliner Performance-Szene.

Netzwerk

Die Sophiensæle sind Teil eines Netzwerks international orientierter, freier Theaterhäuser, zu dem unter anderem Kampnagel Hamburg, Mousonturm Frankfurt/Main, FFT Düsseldorf, Theaterhaus Gessnerallee Zürich und brut Wien zählen. Darüber hinaus sind die Sophiensæle Spielstätte für renommierte Berliner Festivals wie „Ultraschall“, „MaerzMusik“, „Theatertreffen“, „Tanz im August“ und andere.

Vermittlung

Die Sophiensæle setzten sich sowohl durch eigene Initiativen, als auch durch Kooperationen mit verschiedenen Partnern für die kulturelle Vermittlungsarbeit ein.

Eigene Initiativen sind die Tischgesellschaften, bei der sich Künstler und Publikum bei Wein und Salzgebäck Zeit für Fragen und Antworten, Austausch und Kennenlernen, Beobachtungen, Beschimpfungen und Ausblicke nehmen. Des Weiteren bieten die Sophiensæle Stückeinführungen, Weiterbildungen für Theaterpädagogen, Hausführungen, sowie Vorstellungsbesuche mit Workshops für Gruppen oder Schulklassen an. 2012 entstand der Hauseigene Jugendclub „Kalte Sophies“ unter der Leitung der Schauspielerin und Regisseurin Judica Albrecht.

Seit 2005 sind die Sophiensæle Partnertheater von TUSCH Berlin. Außerdem initiieren sie regelmäßig Projekte mit Künstlern an Schulen. Förderpartner sind hierbei unter anderem der Projektfonds Kulturelle Bildung und Chance Tanz. 2014 realisierten sie zum ersten Mal ihre eigenen Jugendfestspiele.

Finanzierung

Waltz, Sandig und Deuflhard sind bis heute Gesellschafter der Sophiensæle GmbH. Im Sommer 2010 handelten sie einen neuen Mietvertrag mit dem Eigentümer des Gebäudes aus, der auf 15 Jahre festgelegt ist. Im Rahmen der Konzeptförderung der Berliner Senatskanzlei für Kulturelle Angelegenheiten werden die Sophiensæle von 2011 bis Ende 2014 mit einer jährlichen Summe von 750.000 Euro gefördert. 2014 wurde die Summe aufgrund der gestiegenen Wartungskosten nach der Sanierung auf 1 Millionen Euro erhöht. Für den Förderzeitraum 2015 bis 2018 wurde eine jährliche Förderung von 1.155.000 Euro beschlossen.

Zitat

„Die Sophiensäle haben sich unter neuer Leitung in den vergangenen Jahren in die Liga der wichtigsten freien Berliner Bühnen zurückgespielt. Sie sind derzeit das wichtigste Haus für die freie Szene der Stadt. Möglich war das durch den künstlerischen Ehrgeiz und Kampfgeist der neuen Leiterin Franziska Werner und ihrer Crew.“[2]

Literatur

  • Heike Albrecht, Matthias Dell (Hrsg.): Formen künstlerischer Zusammenarbeit – Sophiensæle 2007–2010. Verlag Theater der Zeit, 2010, ISBN 978-3-942449-12-0.
  • Amelie Deuflhard (Hrsg.): Spielräume produzieren – Sophiensæle 1996–2006. Verlag Theater der Zeit, 2006, ISBN 978-3-934344-78-5.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. "Karamasow" erhält den Friedrich-Luft-Preis der Morgenpost, Berliner Morgenpost, 2. April 2015.
  2. Michaela Schlagenwerth:Zwischen Pest und Cholera – Faule Kompromisse bei der Berliner Konzeptförderung. Berliner Zeitung vom 23. August 2013.

Koordinaten: 52° 31′ 32″ N, 13° 24′ 4″ O