St. Oswald (Regensburg)

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Evangelisch-lutherische Kirche St. Oswald, Regensburg

Die Kirche St. Oswald ist eine evangelisch-lutherische Kirche in Regensburg.

Geschichte und Baubeschreibung

Östlicher Chorabschluss
Nordseite an der Donau

Die Regensburger Patrizier Karl Prager und Friedrich Auer begründeten im späten 13. Jahrhundert die Kirche und ein angeschlossenes Spital. Ihre Wappen sind an den Strebepfeilern der Chornordseite, zu Straßenseite und Donau weithin sichtbar. Nach dem Erlöschen der Prager 1307 übernahmen die Gumprecht die Spitalpflege, die Verwaltung des Spitals. Das „Reiche Spital“ diente zur Versorgung frommer Frauen aus den Familien der Stifter. Das Wappen der Gumprecht befindet sich im Innern der Kirche am Schlussstein im Chorjoch. Nach dem Aussterben der Auer 1483 beanspruchte der Rat der Stadt die Patronatsrechte, die ihm nach jahrzehntelangem Rechtsstreit 1514 zugesprochen wurden. So ging 1537 die Spitalpflege an das wenige Jahre zuvor neu eingerichtete reichsstädtische Almosenamt über. Das Wappen der Stadt befindet sich am Schlussstein im Chorschluss.

Die Kirche wird seit 1553 für den protestantischen Gottesdienst genutzt. Damit ist sie neben der Bruderhauskapelle am heutigen Emmeramsplatz, dem Gotteshaus der zweiten Spitalstiftung, die im späten Mittelalter in rein patrizischer Trägerschaft entstanden war, und der unvollendeten Neupfarrkirche als der eigentlichen Pfarrkirche der seit 1542 evangelischen Reichsstadt, eine der drei evangelischen Kirchen der Stadt bis zum Bau der Dreieinigkeitskirche 1627–1631. Zudem gab es bis 1627 mit dem Dominikanerorden eine umstrittene Doppelnutzung der Dominikanerkirche.

1604 wurde die Kirche zu ihrer heutigen Größe erweitert, mit einer Wendeltreppe im Westen, und die Spitalgebäude entlang des Weißgerbergrabens neu errichtet. Die Erweiterung nimmt im Außenbau den bis zum ersten Langhaus-Strebepfeiler bestehenden mittelalterlichen Bau genau auf: im Bauvolumen, in der Fortführung der Dachgestalt, mit Strebepfeiler und Fensterformen, bis hin zur detaillierten Nachbildung der Maßwerkformen. Damit stellt die Kirche in ihrer heutigen Form ein bemerkenswertes Beispiel nachgotischer Architektur dar. Im Inneren erhielt sie neben den ebenerdig eingebauten Gestühl 1626 eine Emporenanlage mit weiteren Plätzen. Die Kirche diente seit 1610 der auch in Regensburg seit der Frühzeit der Reformation gehaltenen Katechismusgottesdienste, Predigtgottesdienste zu Lehre und Vertiefung von Glaubenswissen, die zuvor in der Neupfarrkirche gehalten worden waren. Im frühen 18. Jahrhundert wurde das Kircheninnere barockisiert, das Chorgewölbe ausgemalt und der Altar unter Verwendung der vorhandenen Bilder mit einem neuen Aufbau versehen. Das Langhaus wurde stuckiert und mit einem reichen Bildprogramm ausgestattet.

1750 wurde eine neue, im Orgelprospekt auf das barocke Kircheninnere abgestimmte Orgel eingebaut. Dafür musste im Westen die obere Empore weichen; die untere wurde erweitert und erhielt ihre geschwungene, in den Raum ausgreifende Form. In dieser Zeit entstand im Winkel zwischen Chor und Langhaus an der Nordseite, der Straßenseite, ein zweites Treppenhaus mit einfacher, gegenläufiger Treppe.

Letzte Baumaßnahmen gab es zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit dem Bau einer neuen Vorhalle nach Entwürfen von German Bestelmeyer sowie der Erneuerung des Dachreiters.

In den 1950er und den 1980er Jahren fanden umfangreiche Sanierungen statt, 1953–1955 mit Umbau und bis 1991 mit Wiederherstellung der barocken Orgel.

Ausstattung

Die Innenausstattung präsentiert sich im barocken Stil. Das Altargemälde stammt aus dem frühen 17. Jahrhundert. Der Altaraufbau ist in der Art der insbesondere aus der nördlichen Oberpfalz bekannten Akantusaltäre gestaltet und datiert auf 1724/ 26. Er wurde von örtlichen Handwerkern, dem Schreiner Johann Wolfgang Lincken und dem Dekorationsmaler Balthasar Hueber geschaffen. Auf Wunsch des Stifters Johann Zacharias Seidel wurden die Gemälde von Isaac Schwendter (gest.1609) wiederverwendet. Schwendter ist ein später Vertreter der Donauschule mit ihren tiefen, emotional aufgeladenen Landschaftsräumen. So stellt das große Gemälde die Kreuzigung vor dem verfinsterten Himmel der neunten Stunde dar. Im Unterbau des Altaraufsatzes sind mit dem brennenden Dornbusch, der von Moses aufgerichteten ehernen Schlange, und dem Meerungeheuer, das den Propheten Jona nach drei Tagen wieder an Land spuckt, typologische, vorbildhafte Motive aus dem Alten Testament wiedergegeben. Sie deuten auf die Berichte von Geburt, Kreuzigung und Auferstehung Jesu im Neuen Testament hin. Die Kanzel am Chorbogen stammt ebenfalls aus dem frühen 17. Jahrhundert und wurde in die Neuausstattung der Kirche in den ersten beiden Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts mit einbezogen. (Ergänzung mit einer Stuckdraperie mit Bibelspruch und Jahresangabe 1709 an der Rückseite) Die Kircheneinrichtung zeichnet sich durch Emporen und Gestühl der 1620er Jahre sowie durch mehrere Oratorien, gesonderte, abgeschlossene Plätze für vornehme und reiche Gottesdienstbesucher des 17. und des 18. Jahrhunderts aus.

Die Kirche wurde 1708/09 im Langhaus an Decke und Emporen mit einem umfangreichen Bildprogramm und mit reichem Wessobrunner Stuckdekor überformt. In dieser Zeit kam auch der mächtige Engel am Chorbogen gegenüber der Kanzel in den Kirchenraum, der mit ausgreifender Geste auf das aufgeschlagene Buch in seiner Hand, auf die Bibel, deutet. Die Dekorationsmalerei in den gotischen Chorgewölben stammt von Balthasar Huber. Die Meister der Stuckaturen sowie der Bilder sind unbekannt.

Vieles deutet darauf hin, dass die Neuausstattung der Kirche, in der seit 1610 die „Kinderlehr“ der Katechismusgottesdienst gehalten wurde, in Zusammenhang mit den Bemühungen des 15. Regensburger Superintendenten (eine Art Regionalbischof) Georg Serpilius steht, ebendiesen Gottesdienst mit der Unterweisung in das Glaubenswissen evangelisch-lutherischer Prägung erneut zu vertiefen.

Zwei Charakteristika zeichnen die Bildfolge aus: Immer wieder erkennt man typologische Gegenüberstellungen, wie das Meerungeheuer, das den Jona wieder ausspuckt, gefolgt von einer Darstellung der Auferstehung Christi an der oberen Empore, und die Zuordnung der beiden Teile der Bibel mit dem Alten und dem Neuen Testament generell, wie mit den beiden großen Deckenbildern mit Moses mit den Gesetzestafeln und dem Jesus der Bergpredigt. Ein kleines geschwungenes Bildfeld an der Decke in der Nähe des Chorbogens scheint in seiner Form das aufgeschlagene Buch aufzunehmen, das ein gemalter Engel präsentiert: Es enthält mit VT und NT Altes und Neues Testament. Eine Inschrift am unteren Bildrand QVAM BENE CONVENIVNT - Wie gut sie zusammenpassen betont die Zusammengehörigkeit der beiden Teile als Ganzes.

Am Chorbogen selbst erscheint in stuckiertem Rahmen, von stuckierten Putten gehalten, das Regensburger Stadtwappen: Es ist hier, wie schon am Außenbau im Bogen des Kircheneingangs von 1604, als Zeichen der kirchlichen Obrigkeit der reichsstädtischen Zeit zu verstehen.

Große stuckierte Engel halten in der Mitte der Decke ein von einem aufwendig-durchbrochenen Rahmen eingefaßtes Bildfeld mit einer Inschrift nach Jes. 40, 8 VERBVM DOMINI MANET IN ÆTERNVM Das Wort des Herrn bleibt ewig. Während ebenso die vier Evangelisten an den vier Ecken des Deckenspiegels in plastischem Stuck erscheinen, jeder mit seinem Evangelium, mit einem Buch in Händen.

Orgel

Orgel in der Kirche St. Oswald, Regensburg

Die Orgel wurde 1750 vom Regensburger Orgelbaumeister Franz Jakob Späth eingebaut. Als nicht gelungen gilt ein Umbau im Stil des Neobarock im Jahr 1955 durch den Orgelbauer Paul Ott. Nach der Renovierung 1986–1991 durch die Bonner Orgelbaufirma Klais und einer nochmaligen Generalüberholung durch die Orgelbaufirma Ziegltrum aus Mallersdorf-Pfaffenberg/ Ndby. 2005 verfügt das Schleifladen-Instrument nun wieder über die originale Disposition mit 18 Registern auf zwei Manualen und Pedal.[1]

I Hauptwerk C–c3
1. Regula primaria (Prinzipal) 8′
2. Plineata major (Gedackt) 8′
3. Quintitenens (Quintadena) 8′
4. Gamba con traverso 8′
5. Fugare 8′
6. Diapason 4′
7. Sesquialtera 22/3
8. Cornetti II 2′ + 11/3
9. Miscella acuta V (Mixtur) 2′
(vakant)
II Positiv C–c3
10. Bourdon 8′
11. Tibia vulgaris (Blockflöte) 4′
12. Salicet 4′
13. Diapente (Quinte) 22/3
14. Flageolet 2′
Pedal C–a0
15. Pileata Maxima (Subbass) 16′
16. Basso di Violone (Violonbass) 16′
17. Violone 8′
18. Basset (Prinzipal) 4′

Gemeinde

Die Kirche St. Oswald gehört heute zur Kirchengemeinde der Dreieinigkeitskirche im Kirchenkreis Regensburg. Sie ist in den Sommermonaten an den Wochenenden im Rahmen regelmäßiger Öffnungszeiten zu besichtigen. Neben den Gottesdiensten finden ganzjährig Konzerte statt. Hervorzuheben sind die so genannten Späth-Sommer-Konzerte, die seit 2010 jedes Jahr im Spätsommer rund um die Orgel von Franz Jakob Späth stattfinden.

Literatur

  • Hubel Borgmeyer, Wellnhofer Tillmann: Stadt Regensburg. Ensembles-Baudenkmäler-Archäologische Denkmäler. (= Denkmäler in Bayern. Bd. III. 37). 2. Auflage. Schnell & Steiner, Regensburg 1997, ISBN 3-927529-92-3.
  • Artur Dirmeier: Armenfürsorge, Totengedenken und Machtpolitik im mittelalterlichen Regensburg. Vom hospitale pauperum zum Almosenamt. In: Martin Angerer, Heinrich Wanderwitz (Hrsg.): Regensburg im Mittelalter. Beiträge zur Stadtgeschichte vom frühen Mittelalter bis zum Beginn der Neuzeit. Bd. 1: Beiträge. Universitätsverlag, Regensburg 1995, ISBN 3-930480-05-0, S. 217–236.
  • Rosa Micus: Das Bildprogramm in Regensburg, St. Oswald. Ein katechetischer Bildzyklus regensburgisch-lutherischer Prägung. In: Das Münster. 63. Jg. Heft 3, 2010, S. 188–198.
  • Peter Morsbach: Evangelische Kirchen in Regensburg. (= Großer Kunstführer. Nr. 176). Schnell & Steiner, Regensburg 1991, ISBN 3-7954-0855-5.
  • Peter Morsbach: Evang.-Luth. St.-Oswald-Kirche Regensburg (= Schauplätze. Unterwegs in Bayerns Geschichte. Kunstführer). Morsbach, Regensburg 2007, ISBN 978-3-937527-12-3.

Einzelnachweise

  1. Nähere Informationen zur Orgel, abgerufen am 30. Juli 2015.

Weblinks

Commons: St. Oswald – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 49° 1′ 17″ N, 12° 5′ 26″ O