Staatsschuldenquote in Deutschland

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Die Staatsschuldenquote Deutschlands ist eine Kennzahl, die das Verhältnis zwischen den Staatsschulden Deutschlands auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene sowie in der Sozialversicherung einerseits und dem nominalen Bruttoinlandsprodukt Deutschlands andererseits angibt.

Entwicklung in den letzten Jahren

Die Staatsschuldenquote Deutschlands stieg aufgrund der Finanzkrise zwischen 2008 und 2010 deutlich an, da die Verschuldung des Staates stark wuchs, während die volkswirtschaftliche Gesamtleistung 2009 um 5,1 % zurückging: Entsprach die Staatsverschuldung von 1.660,2 Mrd. Euro Ende 2008 noch einer Staatsschuldenquote von 64,9 %, so erreichte die Staatsschuldenquote Ende 2010 angesichts eines Schuldenstandes von dann inzwischen 2.067,4 Mrd. Euro den historischen Höchstwert von 80,3 %.[1]

Von diesem Höchststand Ende 2010 ging die Staatsschuldenquote bis heute signifikant zurück. Ende 2012 betrug sie 79,0 % bei einem in absoluten Zahlen weiter steigenden Schuldenstand von 2.173,6 Mrd. Euro[1]; Ende 2014 betrug sie gemäß Eurostat 74,7 % bei einem Schuldenstand von 2.170,0 Mrd. Euro[2] bzw. nach Berechnung des IWF 73,1 %[1] bei einem Schuldenstand von 2.123,0 Mrd. Euro[1]. Es zeigt sich, dass aufgrund des relativ stabilen positiven Wirtschaftswachstums (1,6 % in 2014) die Quote (minus 7,2 Prozentpunkte nach IWF-Fortschreibung ausgehend vom Höchststand 2010) stärker als der absolute Schuldenstand (minus 2,3 Prozentpunkte vom Höchststand 2012) zurückgeht.

Die deutsche Staatsschuldenquote von 74,7 % (Ende 2014) liegt deutlich unterhalb der durchschnittlichen Quoten für die Eurozone (91,9 %) und für die Europäische Union (86,8 %, jeweils Ende 2014).[2]

Für das Gesamtjahr 2014 verbuchte Deutschland zwar einen Überschuss des Gesamtstaatshaushaltes von 19,4 Mrd. Euro oder 0,7 % des BIP.[2] Jedoch stiegen die Schulden leicht um 4 Mrd. Euro auf 2.170 Mrd. Euro an, da etliche Milliarden in Hilfsmaßnahmen wie die deutsche Beteiligung am Euro-Rettungsfonds ESM flossen.[2][3] Bei der positiven Entwicklung der letzten Jahre spielen die historisch niedrigen Zinsen eine große Rolle, welche die Staatsausgaben deutlich senkten.[4]

Zum Ende des 1. Quartals 2016 betrug die deutsche Staatsschuldenquote gemäß Eurostat lediglich noch 71,1 % bei einem Schuldenstand von 2.167,8 Mrd. Euro.[5] Damit liegt sie weiterhin deutlich unterhalb der durchschnittlichen Quoten für die Eurozone (91,7 %) und für die Europäische Union (84,8 %, jeweils zum 31. März 2016).[5]

Prognostizierte Entwicklung

Der Internationale Währungsfonds prognostizierte im April 2015, die Staatsschuldenquote Deutschlands werde bis Ende 2020 bei einem Schuldenstand von dann noch 1.956,1 Mrd. Euro auf 56,9 % zurückgehen.[1] Damit würde Deutschland wieder das Maastricht-Kriterium von höchstens 60 % erreichen. Die Einführung einer Schuldenbremse für den Bund ab 2016 und für die Länder ab 2020 soll die Staatsschuldenquote weiter senken.

Die Bundesrepublik hat im Zuge der Eurokrise und speziell der griechischen Staatsschuldenkrise Haftungsrisiken in Milliardenhöhe auf sich genommen. Wenn ein Haftungsfall eintritt (z.B. im Zuge eines Grexit), würde dies Staatsschulden und Staatsschuldenquote der Bundesrepublik erhöhen. Die Europäische Zentralbank (EZB) warnt inzwischen vor den Folgen der Schattenverschuldung in den Euroländern. Die Garantien für andere EU-Mitgliedstaaten und eigene Kreditinstitute könnten die Schulden Deutschlands um 11,2 % auf eine Staatsschuldenquote von rund 90 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) anwachsen lassen.[6] Zu den offiziellen deutschen Staatsschulden von 1,7 Billionen Euro (Stand Dezember 2011) sind rund 5 Billionen Euro verdeckte Schulden hinzuzurechnen. Um beide Schuldenarten zu tilgen, müssten entweder die Steuereinnahmen um 12 % erhöht oder die Transferleistungen um 11 % gesenkt werden.[7]

Graphische Darstellung

Historische Staatsschuldenquote Deutschlands von 2002 bis 2015 inkl. Schätzung bis 2021 des IWF

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b c d e Internationaler Währungsfonds: World Economic Outlook Database, April 2015, General government gross debt (National currency, Percent of GDP)
  2. a b c d Eurostat: Öffentliches Defizit im Euroraum und in der EU28 bei 2,4 % bzw. 2,9 % des BIP Pressemitteilung vom 21. April 2015, abgerufen am 21. April 2015.
  3. FAZ.net 1. April 2015: Wegen der Euro-Rettung: Deutsche Schulden steigen trotz Milliarden-Überschuss
  4. Der Spiegel - Bundesbank: Staat spart 120 Milliarden Euro durch Niedrigzinsen 11. August 2014. Abgerufen am 1. Februar 2015
  5. a b Eurostat: Öffentlicher Schuldenstand im Euroraum auf 91,7 % des BIP gestiegen Pressemitteilung vom 22. Juli 2016, abgerufen am 24. Juli 2016.
  6. Franz Schuster, Europa im Wandel, 2013, S. 89
  7. Bernd Raffelhüschen/Stefan Moog, Ehrbare Staaten?, Die deutsche Generationenbilanz im internationalen Vergleich, Argumente zu Marktwirtschaft und Politik Nr. 110, Mai 2012, S. 4