Theorbe

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Theorbe

Die Theorbe (ital. tiorba, franz. théorbe, engl. theorbo) ist ein Musikinstrument und gehört zur Familie der Lauteninstrumente. Ihr bautechnisches Kennzeichen ist der zweite Wirbelkasten an einem verlängerten Hals. Typen der Theorbe sind der italienische chitarrone, die französische théorbe des pièces und die English theorbo.

Theorbe wird auch eine Reihe unterschiedlicher Basslauten genannt, deren gemeinsames Merkmal ein zweiter Wirbelkasten (zur Aufnahme von Basssaiten) ist, die aber nicht Theorben im engeren Sinne sind: Liuto attiorbato, Arciliuto, Archlute, deutsche Barocklaute, Angelica (Angélique).

Name

Die Etymologie des Namens Theorbe ist bisher nicht hinreichend geklärt. Laut Athanasius Kircher war der Name zunächst scherzhaft gemeint und bezeichnete eigentlich im neapolitanischen Dialekt das Mahlbrett, auf dem die duftenden Essenzen und Kräuter der Parfümeure und Apotheker zerrieben wurden.[1]

Das ältere Synonym chitarrone, in Anlehnung an die antike Kithara als Augmentativ von chitarra abgeleitet (einer fünfchörigen italienischen Laute), war bis ca. 1650 in Gebrauch. In Deutschland wird seit dem 18. Jahrhundert auch der neu erfundene Name Erzlaute verwendet. Die Theorbe im engeren Sinn unterscheidet sich jedoch grundsätzlich von der Laute durch ihre Stimmung.

Entwicklung

Normalstimmung einer Theorbe in A

Die neue Musik ab 1600 (Monodie) erforderte Instrumente mit einem tiefen Bassregister zur Begleitung. Damit Darmsaiten bei gleicher Spannung tiefer klingen, muss ihre Masse erhöht werden. Die Erhöhung der Masse erfolgt, indem die Saiten dicker oder länger hergestellt werden. Die bautechnische Lösung zur Aufnahme längerer Saiten war der zweite Wirbelkasten an einem verlängerten Hals.

Die meisten erhaltenen Theorben zeichnen sich durch ihre Größe und die damit verbundene lange Griffbrett-Mensur aus, die zwischen ca. 80 und 100 cm variieren kann.

Durch die lange Mensur des Griffbretts entstand ein Problem bei den hoch klingenden Saiten. Die erforderlichen Darmsaiten sind so dünn, dass sie sehr leicht reißen. Deswegen wird der erste und zweite Chor der Theorbe eine Oktave tiefer eingestimmt, so dass der dritte Chor der höchste klingende ist (reentrant tuning, rückläufige Stimmung). Durch diese Stimmung unterscheidet die Theorbe sich grundsätzlich von der Laute.

Im 17. und 18. Jahrhundert war die Theorbe unter den Zupfinstrumenten das bevorzugte Generalbass-Instrument.[2]

Die Kleinform der Theorbe ist das Tiorbino, das eine Oktave höher als die Theorbe in der gleichen rückläufigen Stimmung gestimmt ist. Zwei Autoren haben für dieses Instrument geschrieben: Bellerofonte Castaldi (Capricci a 2 stromenti cioè tiorba e tiorbino, Modena 1622) und Jean-Baptiste Besard (Novus Partus, 1617).

Komponisten

Die prominentesten Vertreter des Instrumentes in Italien waren Johann Hieronymus Kapsberger, Bellerofonte Castaldi und Alessandro Piccinini. Aus England ist vorläufig keine Solomusik für Theorbe bekannt, aber William Lawes u. a. setzte sie in seiner Kammermusik ein. In Frankreich wurden Theorben bis in das erste Drittel des 18. Jahrhunderts geschätzt und sowohl für kammermusikalische als auch orchestrale Musik eingesetzt (Nicolas Hotman, Robert de Visée). In den Hoforchestern von Wien, Bayreuth und Berlin waren Theorbisten bis weit nach 1750 beschäftigt (Ernst Gottlieb Baron, Francesco Bartolomeo Conti). Eine zeitgenössische Spielerin ist Christina Pluhar.

Solomusik für Theorbe wurde in Tabulatur notiert.

Siehe auch

Literatur

  • Christian Ahrens (Red.): Laute und Theorbe. Symposium im Rahmen der 31. Tage Alter Musik. In Herne: Stadt Herne, Fachbereich Kultur, 2006 ISBN 3-9807008-7-9.
  • Ekkard Schulze-Kurz: Die Laute und ihre Stimmungen in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. 1990, ISBN 3-927445-04-5, zugänglich und erhältlich beim Autor.
  • Douglas Alton Smith: On the Origin of the Chitarrone. In: Journal of the American Musicological Society, Vol. 32, No. 3, Herbst 1979, S. 440–462
  • Robert Spencer: Chitarrone, Theorbo and Archlute. In: Early Music, Vol. 4 No. 4, Oktober 1976, S. 408–422 (zugänglich bei David van Edwards).

Einzelnachweise

  1. Athanasius Kircher, Musurgia Universalis, Rom 1650, S. 476: „Tiorba nomen suum invenit a circumforaneo quoddam Neapolitano qui primus testudinis collum productius producavit; chordas diversas addidit cum primo non nisi barytono serviret. atque hoc instrumentum ioco quodam vocare solebat Tiorba . Vocant autem tiorbam id instrumentum, quo chirothecarij odorifera molere solent. estque mortarium quoddam prorsus simile molulis illis quibus amygdala, synapi aliaque grana in superaffuso liquore conveienti in lac dissolvere solent.“
  2. Dirk Möller: Zupfinstrumente in G. F. Händels dramatischen Werken. In: Gitarre & Laute 7, 1985, Heft 6, S. 24–27; hier: S. 25 f.

Weblinks

Commons: Theorbe – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Theorbe – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen