Tommaso Vincidor

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Tommaso di Andrea Vincidor (* 1493 in Bologna, Italien; † 1536 in Breda, Niederlande) war ein italienischer Maler und Architekt der Renaissance.

Namensschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Man trifft Tommaso di Andrea Vincidors Name in den seit 1517 zu ihm zu findenden Dokumenten auch als Tommaso Vincitore oder Tommaso da Bologna an.

Leben und Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es wird angenommen, dass er zuerst in Rom Schüler und Assistent von Raphael war[1] und diesem z. B. bei dessen Fresken im Vatikan zur Hand ging. Nach Raphaels Ableben war Vindicor dann ab 1520 in Flandern tätig und wird oft als Beispiel der Vermittlung der Neuerungen in der italienischen Kunst seiner Zeit in die Niederlande gesehen.[2] Diese Funktion kann man z. B. an seinem 1521 nachweisbaren Austausch von Drucken von Werken von Raphael sehen sowie an den ihm zugeschriebenen Bauten und Grabdenkmälern im Renaissance-Stil in Flandern.

Vincidors Bekanntschaft mit Dürer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vincidor soll Albrecht Dürer 1521 bei dessen Besuch Antwerpens porträtiert haben,[3][4] eine Geste die Dürer nach Tagebuchangaben erwiderte.[5][6] Dürer nennt ihn in seinem Tagebuch Thomas Polonier, also Thomas aus Bologna.

Der Brief Vincidors an Papst Leo[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Brief von 1520 eines Malers an Papst Leo X.[7][8] wird allgemein als von Vincidor geschrieben betrachtet und gibt einen interessanten Einblick in die Übermittlung von Bildern italienischer Meister auf Karton als Vorlagen für die in Flandern in Auftrag gegebenen Teppiche.[9]

Vincidor als Architekt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vincidor war um 1536 der Architekt eines der ersten Bauten im Stil der Renaissance in den Niederlanden, des Schlosses von Breda.[10][11]

Meister mit dem Würfel?[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der anonyme Meister mit dem Würfel, ein Kupferstecher der Renaissance, wird heute als vielleicht identisch mit Vincidor gesehen, diese Identifizierung ist jedoch nicht unbedingt gesichert.[12]

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vincidor werden z. B. folgende Werke zugeschrieben, die zuvor unter „Anonymer Meister aus Flandern“ geführt wurden.[13][14]

  • Anbetung des Kindes, Karton, Paris, Musée du Louvre Département des Arts Graphiques. INV 4269
  • Alexander und Roxanne, Karton, Paris, Musée du Louvre Département des Arts Graphiques. INV 3885
  • Bacchus. New York, Metropolitan Museum of Art
  • Beschneidung Christi (Circoncision), Paris, Musée du Louvre
  • Boughton House Kartons (nach Raphael), Kartons als Vorlage für die Wandteppich in Boughton House, Kettering (Northamptonshire)
  • Stationen des Lebens (Les Ages de la vie), Serie von fünf Kartons, Paris, Musée du Louvre Département des Arts Graphiques, INV 20710 bis INV 20714
  • Triumph der Silene (Le triomphe de Silène), Karton, Paris. Musée du Louvre Département des Arts Graphiques, INV INV 20715
  • Verkündigung, Karton, Oxford, Ashmolean Museum
  • Vision des Ezekiel, mit dem Wappen des Papstes Leo X., Karton nach Raphael, Madrid, Museo Nacional de Artes Decorativas

Vincidor werden weiter einige Kartons mit Kreidezeichnungen, heute in Privatbesitz, zugeschrieben.[15]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. nach G. Vasari: Le Vite de' più eccellenti architetti, pittori, et scultori italiani. Florenz, Torrentino 1550.
  2. G. Unverfehrt: Da sah ich viel köstliche Dinge: Albrecht Dürers Reise in die Niederlande. Vandenhoeck & Ruprecht 2006 S. 87.
  3. zu diesem Porträt siehe J. Heller: Das Leben und die Werke Albrecht Dürer's, Band 2. Bamberg, Kunz 1827 S. 324.
  4. Das Bild ist heute verloren, jedoch gibt es danach einen Kupferstich von A. Jacobsz: Bildnis Albrecht Dürers mit Barett, nach Tomaso Vincidor von 1629.
  5. zitiert bei O. Fischel: Ein Teppichentwurf des Thomas Vincidor. In: Jahrbuch der Preussischen Kunstsammlungen, 55. Bd., (1934), S. 89–96
  6. siehe auch F. Filippini: Tommaso Vincidor da Bologna scolaro di Raffaello e amico del Dürer. In: Bollettino d’arte del Ministero della Pubblica Istruzione. 22.1928/29 S. 309–324.
  7. Erstmals in Originalsprache veröffentlicht durch E. Müntz in The Athenarum, Juli 1896, S. 78.
  8. s. a. R. Klein, H. Zerner: Italian Art, 1500-1600: Sources and Documents. Evanston. Northwestern Univ. Press 1989 S. 47 (Englische Übersetzung).
  9. T. Campbell: Pope Leo X's consistorial 'letto de paramento' and the Boughton House cartoons. In: The Burlington magazine, 138.1996, S. 436–445.
  10. R. van Luttervelt, Renaissance Kunst te Breda. Vijf Studies. IV: Tomaso Vincidor en het kasteel van Breda. Nederlands Kunsthistorisch Jaarboek, 14.1963, S. 31–55.
  11. "Tommaso da Bologna Vincidor". In: Architecture and Landscaping. A Dictionary of Architecture and Landscape Architecture". Oxford, Oxford University Press 1999, 2006 (Online-Ausgabe)
  12. Die Zuschreibung stammt von Alfred Fischel in "Der Meister mit dem Würfel" in Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst Bänder 3–4, 1921. Fischels Theorie wurde u. a. aus Stilgründen in Raphael, Dürer and Marcantonio Raimondi von Lisa Pon (Yale University Press, 2004) abgelehnt.
  13. Vgl. z. B. Direction générale des patrimonies, Service des musées de France (Hrsg.): JOCONDE. Catalogue des Collections des musées de France, Paris, o. J., Online-Ausgabe culture.gouv.fr (Memento des Originals vom 11. Februar 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.culture.gouv.fr, aufgerufen Mai 2010
  14. British Museum. Dept. of Prints and Drawings (Hrsg.): Italian drawings in the Department of Prints and Drawings in the British Museum: Raphael and his circle: Giulio Romano, G.F. Penni, Perino del Vaga, Giovanni de Udine, Tommaso Vincidor. London. Trustees of the British Museum 1962
  15. S. z. B. Auktionshaus Sotheby’s New York, Verkauf : 23. Januar 2003, Los 55.