Transparenz (Politik)
Transparenz ist in der Politik und im politischen Diskurs eine Forderung bzw. ein für erstrebenswert gehaltener Zustand frei zugänglicher Informationen und stetiger Rechenschaft über Abläufe, Sachverhalte, Vorhaben und Entscheidungsprozesse. Damit verbunden die Vorstellung einer offenen Kommunikation zwischen den Akteuren des politischen Systems (bzw. von Verwaltung) und den Bürgern und einer vermehrten Partizipation. In eine ähnliche Richtung zielen die Begriffe Verwaltungstransparenz und Öffentlichkeitsprinzip. Als Metapher dient die optische Transparenz: ein transparentes Objekt kann durchschaut werden (vgl. etwa „Gläserner Abgeordneter“).
Argumentation
Befürworter weitgehender Transparenz begründen ihre Forderung bzw. das Ideal wie folgt:
- Transparenz sei ein essenzieller Bestandteil der Demokratie und grundlegend für eine freie Willensbildung sowie eine fundierte Wahlentscheidung.
- Feedback-Funktion: Transparenz ermögliche den Bürgern, Probleme wahrzunehmen, Beschwerden zu äußern und Verbesserungsvorschläge zu erfahren und zu erörtern und diese den politischen Repräsentanten mitzuteilen. Dadurch könne der Repräsentant die drängenden Probleme wahrnehmen und folglich effizienter arbeiten.
- Transparenz dränge den Politiker dazu, die Wünsche der Bürger umzusetzen und sei somit ein Anreiz zur Loyalität und Bürgernähe (Disziplinierungseffekt)
- Transparenz verhindere Machtmissbrauch und Korruption, indem sich jeder über Vorgänge informieren könne, um dann ggf. dagegen zu agitieren und vorzugehen und dadurch, dass der Politiker zur Rechenschaft verpflichtet sei.
- Durch eine inhärente Offenheit politischer Vorgänge und Kommunikation werde das Vertrauen der Bürger in die Regierung(sform) gestärkt.
Gegenpositionen
In der Politikwissenschaft und in der Verhandlungstheorie wird Kritik am Prinzip der Transparenz geäußert. Durch zu viel Transparenz könnten Nebenwirkungen und Probleme auftreten, die die Regierungstätigkeit und schlussendlich die Regierungsform beeinträchtigen würden. Umgekehrt könne aus weniger Transparenz auch Vorteile erwachsen.
- In einem transparenten System seien Politiker versucht, sich selbst als die stärksten Interessenvertreter darzustellen (Profilierung). Dies berge die Gefahr, dass überzogene Verhandlungspositionen eingenommen würden, die jeden Kompromiss scheitern ließen und somit zu einer ineffizienten Politik führten.
- Politiker änderten möglicherweise aufgrund öffentlichen Drucks trotz besseren Wissens ihre Meinung.
- Heikle Diskussionen würden möglicherweise trotzdem in dann kaum noch zugänglichen, intransparenten Zirkeln geführt. Die dort getroffenen Übereinkünfte würden dann im transparenten Gremium ohne eingehende Diskussion verabschiedet.
- Weniger Transparenz biete Politikern einen Freiraum zur Diskussion und ermögliche zu öffentlich prekären Themen einen zunächst unbefangenen Austausch.
Gesetzliche Regelungen
Eine Reihe von Staaten haben politische Transparenz als Grundrecht in ihrer Verfassung verankert. In Schweden hat diese eine lange Tradition: 1766 wurde sie mit dem Gesetz über die Pressefreiheit (Tryckfrihetsförordningen) eingeführt und ist ein Teil der schwedischen Verfassung. In mehr als 65 Staaten gibt es Gesetze und Gesetzesinitiativen zur Informationsfreiheit.
In der Bundesrepublik Deutschland ist seit 2006 das Informationsfreiheitsgesetz in Kraft. Für Abgeordnete des Deutschen Bundestages und von Landesparlamenten gilt eine Offenlegungspflicht von Nebeneinkünften (siehe auch Abgeordnetenentschädigung und Abgeordnetenbestechung). In Hamburg garantiert ein Gesetz die Veröffentlichung von Dokumenten.[1]
Transparenz in der Privatwirtschaft
Auch in einigen Bereichen der Wirtschaft bestehen Verpflichtung der Transparenz (siehe auch Konzernabschluss, Publizitätspflicht). In einigen Bundesländern Deutschlands, so in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, besteht zudem ein Vergütungsoffenlegungsgesetz.[2]
Siehe auch
Literatur
- Fairbanks, Jenille et al.: Transparency in government communication. In: Journal of Public Affairs Nr. 7, 2007, S. 23–37.
- Kopits & Craig: Transparency in government operations. Washington, 1998, ISBN 1-55775-697-X (online).
- Kristin M. Lord: The Perils and Promise of Global Transparency. New York, 2006, ISBN 0-7914-6885-2.
- David Stasavage:[3] Does Transparency Make a Difference. London, 2005 (PDF; 140 kB).
- David Stasavage:Open-Door or Closed-Door? Transparency in Domestic and International Bargaining. In: International Organization Nr. 58, 2004 (PDF; 403 kB).
- Joseph E. Stiglitz: Transparency in Government. In: The Right to Tell. World Bank Publications, Washington 2002, ISBN 0-8213-5203-2. (online).
- Manfred Schneider: Transparenztraum. Literatur, Politik, Medien und das Unmögliche. Matthes & Seitz Berlin, 2013, ISBN 978-3-88221-082-8
Weblinks
- Weil Transparenz Vertrauen schafft. Auf: abgeordnetenwatch.de
- Website des National Institute on Money in State Politics.
Einzelnachweise
- ↑ http://www.abendblatt.de/hamburg/article2306773/Buergerschaft-verabschiedet-einzigartiges-Transparenzgesetz.html
- ↑ Sparkassen-Vorstände müssen Gehaltszettel zeigen, 17. Juni 2016, Der Spiegel
- ↑ CV (englisch)