Treppenstraße

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Das EAM-Hochhaus am oberen Ende der Straße
Deutschlands erste Fußgängerzone, die Treppenstraße im Jahr 1969
Die Straße mit saisonaler Begrünung 2002
Erhaltene historische Leuchtreklame

Die Treppenstraße in Kassel ist die erste geplante und ausgeführte Fußgängerzone Deutschlands.

Geschichte

Sie verbindet als Achse den Kasseler Hauptbahnhof mit dem Friedrichsplatz von der Kurfürstenstraße zur Königsstraße. Durch die weitgehende Zerstörung der Kasseler Innenstadt im Zweiten Weltkrieg konnte relativ frei durch ehemalige städtebauliche Strukturen hindurch geplant werden. Das Nahl'sche Haus mit seiner Rokokofassade, dessen Wiederaufbau bereits begonnen hatte, musste dem Bau der Treppenstraße weichen und wurde abgebrochen. Erste Planungen für eine solche Achse durch die Altstadt bestanden bereits im 19. Jahrhundert sowie in den 1930er Jahren, als Kassel zur Gauhauptstadt ausgebaut werden sollte.

Nach einem städtebaulichen Wettbewerb 1947 begannen die Planungen für die Treppenstraße durch Werner Hasper. Die Bauarbeiten konnten 1953 beendet werden. Eingeweiht wurde die Straße am 9. November 1953. Hintergrund der Baumaßnahme war, dass erst 1964 Fußgängern in der Straßenverkehrsordnung Vorrang im Straßenverkehr eingeräumt wurde.[1] Inmitten der Nachkriegsaufbauzeit, bei der die autogerechte Stadt im Vordergrund stand, stellte die Treppenstraße daher eine bauliche Ausnahme dar.

Die Straße diente 1956 als Kulisse für den Film Ohne dich wird es Nacht mit Curd Jürgens, 1959 folgte der Film Rosen für den Staatsanwalt mit Walter Giller und Martin Held[2], auch war sie im 1960 erschienenen Film Der letzte Fußgänger mit Heinz Erhardt zu sehen.

Die Verlegung des Fernverkehrbahnhofs nach Wilhelmshöhe, der Rückgang der Fachgeschäfte in der Innenstadt, und die Konzentration des filialisierten Einzelhandels auf die Hauptachse Königsstraße und einige Einkaufszentren haben die Bedeutung der Straße wesentlich geschmälert. Die neonbeleuchteten Ladenfronten und die üppigen Schaufensterdekorationen der Nachkriegszeit sind nicht mehr oder kaum zu erleben. Zahlreiche Geschäfte leiden unter dem häufigen Wechsel der Pächter.[3]

Gestaltung

Die Treppenstraße folgt dem Hanggefälle und gliedert sich abwechselnd in Podeste und Treppenabschnitte. Sie überwindet mit 104 Stufen einen Höhenunterschied von ca. 15 m[4]. In ihrer Mitte befinden sich kaskadenartige Grünflächen und zwei Springbrunnen. Die Randbebauung, mit überwiegend zweigeschossigen langgestreckten Gebäuden in Kammform, folgt der nüchternen, formalen Gliederung der Straße im zeittypischen Stil der 1950er Jahre. Städtebauliche Dominante war die Hauptverwaltung der damaligen Elektrizitäts-Aktiengesellschaft Mitteldeutschland (EAM). Das Gebäude wird heute von Behörden genutzt.

Einige wenige Umbauten der letzten Jahre stören das ansonsten geschlossene Erscheinungsbild der denkmalgeschützten Anlage. Ein Zugang zu der mittlerweile geschlossenen Tunnelstation der Straßenbahn Kassel wurde zugeschüttet.

Aus kommerzieller Sicht gilt die Gestaltung mit Treppen heute als hinderlich, denn ein Zugang mit Rollstuhl oder Rollator ist nicht möglich, da die mittigen Rampen zu steil sind.

Andere Treppenstraßen

Treppenstraße im Bielefelder Stadtteil Brackwede

Das Konzept der Kasseler Treppenstraße war grundsätzlich eine städtebauliche Prämisse der deutschen Nachkriegszeit.[5] So wurde ab 1965 im heutigen Bielefelder Stadtteil Brackwede ebenfalls die Treppenstraße gebaut. [6]

Weblinks

Commons: Treppenstraße (Kassel) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 51° 18′ 55″ N, 9° 29′ 40″ O

Einzelnachweise

  1. Roland König: Verkehrsräume, Verkehrsanlagen und Verkehrsmittel barrierefrei gestalten
  2. http://www.kassel.de/kultur/film/filme/infos/12463/index_print.html
  3. http://www.hna.de/nachrichten/stadt-kassel/kassel/goldene-zeiten-sind-vorbei-treppenstrasse-leidet-unter-haeufigen-geschaeftswechseln-1336361.html Bericht der HNA
  4. http://www.wz-newsline.de/home/panorama/die-aelteste-deutsche-fussgaengerzone-wird-60-1.1473908
  5. Günther, Anna: 60 Jahre und ein bisschen öde. Süddeutsche Zeitung, abgerufen am 27. Dezember 2015.
  6. Beckmann, Karl / Künnemeyer, Rolf: 1151-2001 Brackwede - Stationen einer 850-jährigen Geschichte. Verlag Thomas P. Kiper, Bielefeld 2001, S. 284