Klasse 201

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Flagge
Klasse 201
Übersicht
Typ Konventionelle U-Boote
Einheiten U 1
U 2
U 3 (KNM Kobben)
Bauwerft

HDW, Kiel

Bestellung 16. März 1959
Dienstzeit

1962–1967

Heimathafen Kiel
Verbleib Alle verschrottet
Technische Daten
Verdrängung

350 t aufgetaucht
450 t getaucht

Länge

42 m

Breite

4,6 m

Besatzung

21

Antrieb

1.200 PS Dieselgenerator
1.200 PS Elektromotor

Geschwindigkeit

10,7 kn Überwasser
17 kn Unterwasser

Reichweite

3.800 NM Überwasser
230 NM Unterwasser

Bewaffnung

8 × 533-mm-Torpedorohre mit

8 Torpedos oder
16 Seeminen

Die U-Boote der Klasse 201 waren die ersten U-Boote der Bundesmarine nach dem Zweiten Weltkrieg. Hauptaufgabe dieser U-Boote war die Bekämpfung gegnerischer Überwasser-Kriegsschiffe.

Geschichte

Rahmenbedingungen

Der Aufbau der Bundeswehr unterlag einer Anzahl von Rüstungsbeschränkungen, die in Protokoll Nr. III, Abschnitt V zu den Pariser Verträgen über die Westeuropäische Union von 1954 vereinbart waren. Darin war die Standardverdrängung für U-Boote auf 350 t festgelegt. Diese Grenze wurde mehrfach angehoben, so 1962 zunächst auf 450 t und im Oktober desselben Jahres auf Empfehlung der NATO auf 1000 t. Von 1973 bis zum Jahr 1980 1800 t. 1980 wurden die Schiffbaubeschränkungen nach Abschnitt V generell aufgehoben.[1]

Absicht der Bundesmarine und der Werftindustrie war es, aufbauend auf den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs das weltweit modernste U-Boot dieser Größenordnung zu bauen. Die wesentliche Neuerung war die Verwendung von nicht-magnetisierbarem Stahl. Dadurch sollte die Verwundbarkeit durch Minen und die Entdeckung durch Magnetsensoren von U-Jagdflugzeugen reduziert werden. Für Konstruktion und Entwicklung war das Ingenieurkontor Lübeck unter Ulrich Gabler verantwortlich. Der Auftrag für den Bau von zwölf Booten dieser Klasse wurde am 16. März 1959 an die Howaldtswerke AG in Kiel erteilt.[2]

Technische Weiterentwicklung

Bereits während des Baus ergaben sich neue militärische Forderungen, die zu umfangreichen Veränderungen des Entwurfs führten. Diese waren mit einer Verlängerung um bis zu 1,9 m und einer Erhöhung der Tonnage auf 450 t verbunden, die ab dem vierten Boot realisiert wurden. Im Rahmen dieser weiterführenden Planungen wurde auf U 1 zu Versuchszwecken zeitweise ein Hecktorpedorohr installiert, das jedoch auf späteren Booten nicht eingeführt wurde. Die Boote des geänderten Entwurfs erhielten die Bezeichnung Klasse 205.[3]

Korrosions- und Festigkeitsprobleme

Schon im Sommer 1962 zeigten sich kurz nach der Indienststellung des ersten Boots U 1 erste Risse in den Tauchzellen, die bald darauf auch an anderen Booten festgestellt wurden. Es wurde schnell offenbar, dass der verwendete Stahl mit der Bezeichnung AM 10 der österreichischen Schoeller-Bleckmann Stahlwerke für U-Boote ungeeignet war. Als dieses Problem öffentlich bekannt wurde, hatte die Bundesmarine einen als Stahlkrise bezeichneten ersten Rüstungsskandal, bei dem Fehler bei der Vorbereitung und Abwicklung dieses Bauauftrags offenbar wurden.[4] Insbesondere erwiesen sich die benutzten Testverfahren für U-Boot-Stahl als unzureichend.

Als das Problem erkannt wurde, waren alle drei Boote der Klasse 201 fertiggestellt, ebenso wie die ersten Boote der Klasse 205. Für diese Klasse wurde ein Baustopp verhängt, der die letzten vier Boote U 9 bis U 12 betraf, während U 4 bis U 8 fertiggebaut und in Dienst gestellt wurden. Ebenfalls von der Stahlkrise betroffen waren die beiden Versuchsboote der Klasse 202.

Als Konsequenz wurden mehrere Stähle auf Booten der Klasse 205 erprobt. Als Resultat wurde ein Stahl der Firma Phoenix-Rheinrohr mit der Bezeichnung PN 18 S2 ausgewählt, der sich seither auf allen späteren deutschen U-Booten einschließlich der Klasse 212 A bewährt hat.[2]

Einheiten & Verbleib

Deutschland – Bundesmarine

Die Boote der Klasse 201 waren die ersten U-Boot-Neubauten in Deutschland nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Bundesmarine plante in den frühen 1960er-Jahren die Beschaffung von zwölf Einheiten dieses Typs.[5] Allerdings wurden aufgrund von Änderungen in den taktischen Anforderungen (u. a. Möglichkeit zur Überwasserfahrt in Minengebieten) tatsächlich nur drei U-Boote der auf reine Unterwasserfahrt optimierten Klasse 201 gebaut. Die Dienstzeit dieser Einheiten wurde durch die oben erwähnten Korrosionsprobleme zusätzlich stark verkürzt. So taten U 1 und U 2 nur etwas über ein Jahr Dienst in der Bundesmarine. Das nach der Abnahme durch die Marine auf zwei Jahre an Norwegen verliehene U 3 blieb anschließend noch drei Jahre im Dienst und hatte so, mit etwas über fünf Jahren, die längste Dienstzeit der Klasse 201. Auch das bereits außer Dienst gestellte U 1 wurde nach einem Umbau zum Erprobungsträger für Heckablaufrohre und drahtgelenkte Torpedos nochmals für kurze Zeit in Fahrt genommen.[6] Alle Boote der Klasse 201 wurden verschrottet.

Kennung Name Kiellegung Stapellauf Indienststellung Einheit Außerdienststellung Verbleib
S180 U 1 8. Juni 1960 21. Oktober 1961 20. März 1962 1. Ubootgeschwader in Kiel 22. Juni 1963 zum Erprobungsträger für Hecktorpedorohre umgerüstet, später für Ersatzbau Klasse 205 ausgeschlachtet und verschrottet
S181 U 2 1. September 1960 25. Januar 1962 3. Mai 1962 1. Ubootgeschwader in Kiel 15. August 1963 für Ersatzbau Klasse 205 ausgeschlachtet und verschrottet
S182 U 3 12. Oktober 1960 7. Mai 1962 20. Juni 1964 Ubootlehrgruppe in Neustadt 15. September 1967 nach Teilabbruch Druckkörper im Druckdock zu Testzwecken zerstört und verschrottet

Norwegen – Königliche norwegische Marine

Die Ubootwaffe der Kongelige Norske Marine (Sjøforsvaret) bestand in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg aus Beute-U-Booten des deutschen Typs VII C sowie aus überlassenen britischen U-Booten der U- bzw. V-Klasse.[7] Norwegen war am Ersatz der Weltkriegsboote durch einen modernen Typ interessiert und lieh sich zu Erprobungs- und Ausbildungszwecken das eben erst fertiggestellte U 3 und stellte es für zwei Jahre unter dem Namen KNM Kobben S310 in Dienst.[6] KNM Kobben wurde nach der Rückgabe an Deutschland bei der Bundesmarine als U 3 S182 in Dienst gestellt. Die Test mit U 3 alias Kobben führten zur Bestellung eines modifizierten Entwurfs (Klasse 207) durch Norwegen und damit zum ersten U-Boot-Export der Bundesrepublik.[8]

Kennung Name Indienststellung Einheit Außerdienststellung Verbleib
S310 KNM Kobben 10. Juli 1962 Karljohansvern 16. Juni 1964 nach Dienstzeit an Deutschland zurückgegeben, siehe U 3 (S182), Deutschland

Geschichte der Boote

U 1 (S180)

U 1 wurde am 21. Oktober 1961 von der Frau des U-Boot-Kommandanten Otto Kretschmer getauft und am 20. März 1962 im 1. Unterseeboot-Geschwader in Dienst gestellt. Das Boot übernahm die Tradition von U 99, dem Boot Kretschmers. Sein Wappen war das nach oben geöffnete Hufeisen auf blauem Grund. Das Boot wurde im Juni 1963 wieder außer Dienst gestellt. Es wurde ersetzt durch einen weitgehenden Neubau der Klasse 205 mit dem gleichen Namen, der im Juni 1967 in Dienst gestellt wurde.[3]

U 2 (S181)

U 2 wurde am 25. Januar 1962 durch die Frau des U 98 Kommandanten Wilhelm Schulze getauft und am 3. Mai 1962 im 1. Unterseeboot-Geschwader in Dienst gestellt. Es erhielt auch den schwarzen Kater von U 98 als Wappen. Es wurde am 15. August 1963 außer Dienst gestellt und ebenfalls durch einen weitgehenden Neubau der Klasse 205 mit dem gleichen Namen ersetzt, der im Oktober 1966 in Dienst gestellt wurde.[3]

U 3 (S182)

U 3 wurde am 7. Mai 1962 getauft und erhielt als Patenstadt St. Georgen im Schwarzwald sowie dessen Wappen. Direkt nach der Fertigstellung wurde es von 1962 bis 1964 der norwegischen Marine leihweise unter dem Namen KNM Kobben (S310) für Erprobungen zur Verfügung gestellt. Dabei ist U 3 unter dem Namen Kobben nicht mit der später in Dienst gestellten KNM Kobben (S318) der Klasse 207 zu verwechseln. Nach der Rückkehr aus Norwegen wurde U 3 am 20. Juni 1964 bei der Bundesmarine in Dienst gestellt und bis zum 15. September 1967 als Schulboot bei der Unterseeboot-Lehrgruppe in Neustadt in Holstein eingesetzt. Danach wurde es außer Dienst gestellt und für Festigkeits- und Ansprengversuche benutzt. 1970 wurde es in einem abschließenden Belastungstest im Druckdock des Marinearsenals Kiel bis zur Zerstörung abgedrückt und anschließend zur Verschrottung verkauft.

Siehe auch

Weblinks

Literatur

  • Siegfried Breyer, Gerhard Koop: Die Schiffe und Fahrzeuge der deutschen Bundesmarine 1956–1976. München 1978, ISBN 3-7637-5155-6.
  • Heinrich Schütz: Nur Vergangenheit oder schon Geschichte? – Die Stahlkrise im deutschen U-Boot-Bau. In: Marineforum. 7/8-2009 S. 38 ff.

Einzelnachweise

  1. Beschluß des Rates der WEU vom 21. Juli 1980.
  2. a b Heinrich Schütz: Nur Vergangenheit oder schon Geschichte? – Die Stahlkrise im deutschen U-Boot-Bau. In: Marineforum. 7/8-2009 S. 38 ff.
  3. a b c Siegfried Breyer, Gerhard Koop: Die Schiffe und Fahrzeuge der deutschen Bundesmarine 1956–1976. München 1978, ISBN 3-7637-5155-6.
  4. Rüstung: U-Boote – Rostwärts. (Titelgeschichte). In: Der Spiegel. Nr. 22, 29. Mai 1963, S. 20–32 (online [abgerufen am 28. Mai 2013]).
  5. Alexander Bredt (Hrsg.): Weyers Flottentaschenbuch 1959. J. F. Lehmanns Verlag, München 1959, S. 60.
  6. a b Hans Knarr: Typenkompass Deutsche Uboote. Motorbuchverlag, Stuttgart 2014, S. 26–27.
  7. Alexander Bredt (Hrsg.): Weyers Flottentaschenbuch 1959. J. F. Lehmanns Verlag, München 1959, S. 106–107.
  8. Hans Knarr: Typenkompass Deutsche Uboote. Motorbuchverlag, Stuttgart 2014, S. 94.