Verband deutscher Schokoladenfabrikanten

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Der Verband deutscher Schokoladenfabrikanten wurde am 6. Januar 1877 in Frankfurt (am Main) gegründet. Es wurden Richtlinien im Bereich Qualität, Qualitätssicherung und Qualitätskontrolle festlegt (Reinheitsgebot für Schokolade). Diese Maßnahmen stärkten das Vertrauen der Kunden in gute Schokoladenprodukte und steigerte deren Absatz.[1]

Mitglieder

Schokoladen-Automat der Richard Selbmann Fabrik

Bei der Gründung waren 20 deutsche Unternehmen beteiligt, darunter fünf aus Dresden, dem damaligen Zentrum der deutschen Schokoladenherstellung. Die Dresdner Firmen waren Hartwig & Vogel, Petzold & Aulhorn, Otto Rüger, Lobeck & Co., Guth & Birnbaum. Die Mitgliederzahl erhöhte sich in den Jahren

  • 1881 auf 50 Mitglieder
  • 1901 auf 76 Mitglieder
  • 1926 auf 178 Mitglieder.

1934 wurde der Verband im Zuge der NS-Gleichschaltung aufgelöst.

Weitere „große“ Mitglieder waren Richard Selbmann, Jordan & Timaeus, Gerling & Rockstroh (Gero), Riedel & Engelmann.

Verbandssitz und Vorsitzender

Der Verbandssitz war am Wohnort des Vorsitzenden bzw. des Syndikus.

  • 1877–1879 Stuttgart (Wohnort des Vorsitzenden)
  • 1879–1891 Mannheim
  • seit 1891 Dresden

Dresdner Schokoladenfabrikanten hatten 1881–1897 (Otto Rüger), 1906–1911 (Heinrich Vogel) und seit 1922 (Max Rüger) den Vorsitz inne. Als Geschäftsführer bzw. deren Assistenten beim „Dresdner Verband“ fungierten Handelskammersekretär und Landtagsabgeordneter Paul Schulze (1891–1905), der Mitbegründer des „Verbandes sächsischer Industrieller“ und spätere Reichskanzler Gustav Stresemann (1901–1904) und der Geschäftsführer mehrerer Unternehmensverbände Carl Greiert (seit 1907).[2]

Inhalt der Kontrollen

Die Qualitätskontrolle betraf die Überprüfung der Inhaltsstoffe. Ein Produkt durfte nur dann Schokolade genannt werden, wenn es reinen Kakao und Zucker enthielt. Kakao durfte nicht durch Stärke, Mehl oder Zwieback ersetzt werden.[3]

Nachweis guter Qualität

Seit 1878 gab es eine Verbandmarke, welche die Reinheit der Produkte garantierte. Jeder Hersteller, der diese Marke auf seinen Produkten abbilden wollte, musste unangekündigte Qualitätskontrollen in seiner Fabrik zuzulassen. Die Marke war ein ovales Symbol mit dem Text „GARANTIRT REIN CACAO – VERBAND DEUTSCHER CHOKOLADE-FABRIKANTEN“ oder „GARANTIRT REIN CACAO & ZUCKER – VERBAND DEUTSCHER CHOKOLADE-FABRIKANTEN“. In der Mitte war ein Wappen.

Konsequenzen bei Minderqualität

Regelmäßig untersuchten professionelle Chemiker die Produkte der Mitglieder des Verbandes. Wenn vom Verband abgelehnte Stoffe verwendet wurden, gab es beim ersten Mal eine Verwarnung, beim zweiten Mal wurde einer Geldstrafe zwischen 50 und 100 Mark verhängt und beim dritten Mal wurde das Unternehmen aus dem Verband ausgeschlossen. Weiterhin wurde der Verstoß mit Angaben der Ausschlussgründe in mehreren Tageszeitungen publiziert.[4]

Selbstdarstellung des Verbandes

1897 war in Anzeigen zu lesen:

„Deutsche Industrie. Durch höchste Vollkommenheit der Betriebseinrichtungen und Ausnutzung der vorteilshaftesten Bezugsquellen ist die deutsche Cacao- und Chocolade-Industrie in der Lage, ihre Fabrikate in preiswürdiger und vorzüglicher Beschaffenheit herzustellen. Eine Gewähr für genaue Handhabung der Bestimmungen des Nahrungsmittel-Gesetzes, welche in solcher Strenge in keinem anderen Land bestehen, bieten die obigen Garantiemarken des unterzeichnenten Verbandes. Die Mitglieder des Verbandes deutscher Chocolade-Fabrikanten.“

Im Text waren die beiden oben beschriebenen Logos eingebettet.

Während seiner Dresdner Jahre heiratete der spätere deutsche Außenminister Stresemann (rechts) die Industriellentochter Käte Kleefeld.

Von 1901 bis 1904 arbeitete Gustav Stresemann (1878–1929) als Assistent, also als eine Art Geschäftsführer und Lobbyist, beim Verband. Ihm gelang es, unter den unterschiedlich strukturierten Mitgliedsunternehmen einen Interessenausgleich herbeizuführen. Es kam auf seine Initiative hin zu einer Verständigung über einen Mindestpreis für die Produkte. Erst nach Ausscheiden Stresemanns endete diese Absprache und führte 1906 zu einem langen Preiskampf. Um die Abhängigkeit von Zulieferern zu begrenzen, schlug er mit Erfolg den Bau einer eigenen Zuckerfabrik außerhalb des Zuckerkartells vor. Bemerkenswert ist, dass Stresemann als einer der ersten Verbandsvertreter systematische Pressearbeit betrieb.[5]

Zusammenschluss von Verbänden

Gemeinsam mit zwei anderen Verbände wurde in den 1930er Jahren die „Fachgruppe Süßwarenindustrie“ gebildet.[6]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Irina Krauter und Yvonne Höppner: Wie wurde aus dem Exklusivprodukt Schokolade ein Massenprodukt?, Seminarkursarbeit
  2. Sonderausstellung im Stadtmuseum Dresden: Schokoladenstadt Dresden – Süßigkeiten aus Elbflorenz, 30. November 2013 bis 2. März 2014
  3. Dr. A. Kreutz: Kakao und Schokolade; Verlag: Akademische Verlagsgesellschaft m.b.H.; Leipzig 1914
  4. Wie alles begann – Schokoladenfabrikanten fordern Reinheit. (PDF; 2,64 MB) Lindt & Imhoff-Schokoladenmuseum, 2. Februar 2012, S. 1, abgerufen am 22. Dezember 2013.
  5. Kurt Koszyk: Gustav Stresemann. Der kaisertreue Demokrat. Eine Biographie. Kiepenheuer & Witsch, Köln 1989, ISBN 3-462-02002-1, S. 86–91.
  6. Wie alles begann – Schokoladenfabrikanten fordern Reinheit. (PDF; 2,64 MB) Lindt & Imhoff-Schokoladenmuseum, 2. Februar 2012, S. 2, abgerufen am 22. Dezember 2013.