Weißenseer Blätter

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Die Weißenseer Blätter (WBl) waren die von 1982 bis 2006 existierende Zeitschrift des linkssozialistischen und von der DDR-Staatssicherheit geförderten [1] Weißenseer Arbeitskreises der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg. Herausgeber war der Theologe und inoffizielle Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit Hanfried Müller.

Geschichte

Zu DDR-Zeiten erschienen die WBl in unregelmäßigen Abständen, da dies presserechtlich ohne Lizenznummer möglich war. In den letzten Jahren wurden jährlich drei Ausgaben gedruckt. Die WBl waren nicht im Handel erhältlich, sondern konnten kostenlos vom Herausgeber sowie über das Internet bezogen werden.

Der Weißenseer Arbeitskreis repräsentierte in der DDR einen staatsnahen Flügel der Evangelischen Kirche. Seine Mitgliederzahl schrumpfte in den 1980er Jahren, da auch unter links orientierten Theologen Kritik gegenüber dem Staat zunahm. Der verbliebene Kern um Hanfried Müller stellte sich 1989 gegen die vor allem in Kirchen wirkenden oppositionellen Bewegungen. In der Zeit des politischen Umbruchs boten die WBl Verfechtern eines harten Kurses wie Karl-Eduard von Schnitzler, die die Wende und friedliche Revolution in der DDR als „Konterrevolution“ bezeichneten, eine Plattform.

Seither betrieben die WBl eine Zusammenarbeit evangelischer Theologen mit Verfechtern eines orthodoxen Marxismus-Leninismus. Aufsehen erregte in der Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) das Erscheinen von Beiträgen des Historikers und inoffiziellen Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit Kurt Gossweiler und der Politikerin Sahra Wagenknecht mit positivem und wehmütigem Bezug auf den Stalinismus, von dem sich auch die Kommunistische Plattform distanzierte.[2] Der Untergang der sozialistischen Diktaturen des Ostblocks wurde in diesen Texten auf das Versagen und den Opportunismus seiner Nachfolger zurückgeführt. Zu den regelmäßigen Autoren gehörten auch der Theologe Walter Kreck und Mitglieder der DKP wie der Philosoph Hans Heinz Holz. Die meisten Beiträge befassten sich mit der Vergangenheit der kommunistischen Bewegung und der DDR.

Der Bürgerrechtler Gerold Hildebrand bezeichnete die Zeitschrift als pseudo-christliches Kampfblatt, in dem die Autoren Hanfried Müller (IM "Hans Meier"), Carl Ordnung (IM "Vogtländer"), Heinrich Fink (IM "Heiner") und Dieter Frielinghaus häufig gegen DDR-Oppositionelle hetzten.[3]

Literatur

  • Hanfried Müller: Vom "offiziellen Samisdat" zur "registrierten Zeitschrift". Die Weißenseer Blätter. In: Simone Barck, Martina Langermann, Siegfried Lokatis (Hrsg.): Zwischen "Mosaik" und "Einheit". Zeitschriften in der DDR. Ch. Links Verl., Berlin 1999, ISBN 3-86153-191-7, S. 648–653.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Gerhard Besier: Kirche, Politik und Gesellschaft im 20. Jahrhundert, S. 80
  2. Tim Spier: Die Linkspartei: Zeitgemässe Idee oder Bündnis ohne Zukunft?, S. 130
  3. Erzählwerkstatt Friedenswerkstatt. Wider die Militarisierung der Gesellschaft Horch und Guck Heft 57/2007