Wilhelm Gustav Friedrich Bentinck

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 18. September 2015 um 16:50 Uhr durch Gugerell (Diskussion | Beiträge) (korrekter). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Wilhelm Gustav Friedrich Bentinck

Wilhelm Gustav Friedrich Reichsgraf (von) Bentinck (ndl. Willem Gustaaf Frederik rijksgraaf Bentinck) (* 21. Juli 1762 in Den Haag; † 22. Oktober 1835 in Varel) war Erb- und Landesherr der Herrschaft Kniphausen, Edler Herr zu Varel und Herr zu Doorwerth, Rhoon und Pendrecht.

Leben

Wilhelm Gustav Friedrich Bentinck war der älteste Sohn des Grafen Christian Friedrich Anton Bentinck, der bereits am 1. April 1768 verstarb. Danach erhielt Wilhelm den Besitz der großen Güter, die bis zu seiner Volljährigkeit 1787 vormundschaftlich verwaltet wurden. Seine Erziehung, die ein Schweizer, der nachmalige Legationsrat Thomann, leitete, wurde durch mehrjährige Studien in Leiden, Lausanne und Göttingen sowie durch größere Reisen in Deutschland, Frankreich und England vollendet.

Seine politische Laufbahn war nicht ohne Glanz, denn noch sehr jung war er in Holland als einer der Edeln der holländischen Ritterschaft Mitglied der Admiralität und Schout und Bailli der Stadt Den Haag. Als Anhänger der gemäßigten, dem Haus Oranien anhängigen Partei erhielt er nach der Dämpfung der Unruhen durch die Preußen 1788 den Auftrag, die alten Regierungen in den Städten der Provinz Holland wieder einzusetzen. Im Krieg der Franzosen gegen Holland befehligte er eine Flottille, welche zum Entsatz der Festung Willemstad dienen sollte, und vermittelte im Winter 1793–94 die Flucht des Erbstatthalters Wilhelm V. von Holland mit seiner Familie nach England, während er selbst in Holland blieb und für das Wohl der Oranier zu wirken suchte. Doch wurde er von der französischen Partei gefangen genommen und fast vier Jahre lang auf der Feste Woerde in enger Haft gehalten, bis er Ende des Jahres 1798 seine Freiheit erhielt.

Er eilte nun nach Varel, 1799, blieb dort jedoch nur wenige Monate, ging nach Berlin, um mit dem Erbprinzen Wilhelm Friedrich Rücksprache zu nehmen, und begab sich dann nach England, um sich an der Expedition nach Texel zu beteiligen. Die Expedition verfehlte ihren Zweck, und Graf Bentinck ging nach Varel zurück, machte aber bald mehrere Reisen nach den ihm befreundeten Höfen von Sachsen-Coburg und Sachsen-Meiningen, wo er zugleich die in der Familie Donop befindlichen, den Bentincks gehörigen Familienpapiere vergeblich zu erlangen suchte.

1806 unternahm er eine Reise nach St. Petersburg, um Reklamationen gegen einen zum Nachteil des Fideikommisses mit Anhalt-Zerbst, das die damals russische Erbherrschaft Jever früher besessen hatte, geschlossenen Vergleich zu erheben, konnte aber nichts erlangen, als eine lebenslange Pension von 5000 Rubel Banko und das Großkreuz des St. Annen-Ordens.

Am 1. November 1806 wurden Varel und Kniphausen für Louis Bonaparte, König von Holland, in Besitz genommen, jedoch bald wieder mit voller Souveränität zurückgegeben, dem Grafen der Unions-Orden verliehen, an dessen Stelle später Napoléon I. den französischen für die mit Frankreich vereinigten Länder gestifteten Reunions-Orden setzte.

Aber schon am 30. Januar 1808 wurden beide Herrschaften definitiv Holland einverleibt, Kniphausen jedoch nebst Holland am 9. Juli 1810 dem französischen Reich zugeschlagen. Varel war 1808, als der Herzog von Oldenburg dem Rheinbund beitrat, wieder unter dessen Oberbefehl gestellt, kam aber am 13. Dezember 1810 mit Oldenburg ebenfalls unter französische Botmäßigkeit. Da durch die französischen Gesetze das Aldenburg-Bentincksche Familienfideikommiss aufgehoben war, so suchte der Graf ein nach französischem Recht gültiges Majorat zu stiften, was bei längerer Dauer der französischen Herrschaft wohl auch gelungen wäre.

Im Jahre 1813, als es sich im Volk zu regen begann, suchte er sich durch eine Proklamation vom 20. März in seine alten Rechte wieder einzusetzen, damit er bei Wiederkehr der alten Ordnung im Besitz gefunden würde, aber vergeblich. Er selbst ging nach Bremen zu Vandamme, um sich zu rechtfertigen, wurde jedoch gefangen genommen, nach Wesel gebracht und vor ein Kriegsgericht gestellt, das Deportation und Vermögenskonfiskation gegen ihn aussprach; denn nur der Reunions-Orden soll ihn vom Tod gerettet haben.

Erst im März 1814 erlangte er seine Freiheit wieder, nicht aber seine Güter, denn der russische General Ferdinand von Wintzingerode hatte im November 1813 die Herrschaft Kniphausen für seinen Hof in Besitz genommen, und dieser hatte sie an Oldenburg abgetreten, das Kniphausen und Varel im provisorischen Besitz behielt, bis endlich nach vielen Verhandlungen am 9. März 1826 das so genannte Berliner Abkommen getroffen wurde, nach welchem dem Besitzer Kniphausens der Besitz und Genuss der Landeshoheit ganz in der früheren Weise zugesichert wurde, doch so, dass an die Stelle des vormaligen deutschen Kaisers und Reichs der Herzog von Oldenburg und an die Stelle des Reichsgerichts das oldenburgische Oberappellationsgericht trat. Infolge dieses Abkommens wurde Kniphausen am 31. Juli 1826 wieder übergeben. Über Varel dauerte der Besitz provisorisch von oldenburgischer Seite bis 1830 fort, wo eine besondere Vereinbarung getroffen wurde, welche dem Grafen die Verwaltung und niedere Gerichtsbarkeit, wie er sie früher besessen hatte, zurückgab. Außer einigen Reisen, darunter eine nach Den Haag, wo er sogar einer früher gemachten Anleihe halber verhaftet und nur durch List befreit wurde, verlebte er die übrige Zeit in Varel, wo er am 22. Oktober 1835 an einem Lungenschlage starb.

Nachkommen

Bentinck war zweimal verheiratet:

  1. mit Ottoline Friederike Luise von Reede, Frau zu Nederhemert (1773–1799), 1791, die ihm zwei Töchter und einen Sohn gebar, der aber schon im März 1813 starb;
  2. mit Sara Margaretha Gerdes (1776–1856), der Tochter eines Landmanns aus Bockhorn. Von dieser zweiten Frau, mit der er seit August 1800 in Gewissensehe zu leben behauptete, seit 8. September 1816 kirchlich verbunden war, stammen drei Söhne:
    1. Wilhelm Friedrich Bentinck (1801–1876)
    2. Gustav Adolf Bentinck (1809–1876)
    3. Friedrich Anton Bentinck (1812–1886)

An diese Söhne knüpft sich nun der in der Juristenwelt Aufsehen erregende so genannte Bentincksche Erbfolgestreit, dessen erste Fäden bis ins Jahr 1827 reichen, der aber erst nach dem Tode des Grafen Wilhelm 1835 zum Ausbruch kam und endlich 1854 durch Vergleich geschlichtet wurde.

Literatur