Wolfgang H. Zangemeister

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Wolfgang Hans Zangemeister

Wolfgang Hans Zangemeister (* 16. Juli 1945 in Hamburg) ist ein deutscher Neurologe. Er leitet eine Praxis und Labor für Schwindel, Seh- und Gleichgewichtsstörungen am Medizinischen Präventions-Centrum in Hamburg.[1]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wolfgang Zangemeister ist ein Sohn von Hans Zangemeister, Enkel von Wilhelm Zangemeister und Urenkel von Karl Zangemeister. Seine Brüder sind Christof Zangemeister (* 1939) (Nutzwertanalyse) und Eberhart Zangemeister (* 1941), Andrea Zangemeister (* 1942) ist seine Cousine.

Zangemeister bestand das Abitur 1964 an der Gelehrtenschule des Johanneums in Hamburg. Danach studierte er Humanmedizin in Berlin und München, wo er 1971 das medizinische Staatsexamen ablegte. Mit seiner Dissertation am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München bei Hermann Pohlmeier und Norbert Mattussek wurde er im August 1972 an der Ludwig-Maximilians-Universität München zum Dr. med. promoviert[2].

Zangemeister studierte außerdem von Oktober 1967 bis Juli 1971 an der Akademie der Bildenden Künste in München bei Mac Zimmermann Malerei und Kinetische Skulptur. Im Juli 1971 stellte er mit seiner Gruppe „Fiction München“ im Rahmen der „jungen deutschen Kunst: 14 mal 14“ Gruppenarbeiten unter der Leitung von Klaus Gallwitz in der Kunsthalle Baden-Baden ein kinetisches Environment aus[3]. In der Reihe „14 mal 14“ (1968–1973) wurde die Staatliche Kunsthalle Baden-Baden dem Publikum als offenes Atelier für jeweils zwei Wochen dargeboten[4].

Im Januar 1972 wurde Zangemeister wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neurologischen Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf bei Rudolf Janzen[5]. Im Sommer 1978 sowie von Anfang 1979 bis Ende 1980 arbeitete Zangemeister als Post-Doc u. a. mit einem Auslandsstipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft an der University of California, Berkeley, am Department of Physiological Optics, School of Optometry and Department of Biomedical Engineering bei Lawrence W. Stark[6], sowie an der University of California, San Francisco, am Department of Neurosurgery and Neuro-Ophthalmology bei William F. Hoyt[7].

1982 habilitierte er sich mit dem Thema „Aktive Kopfrotationen und Blickkoordination“[8] an der Universität Hamburg. 1987 wurde er dort zum außerplanmäßigen Professor ernannt[9]. Von 2000 bis zu seiner Pensionierung 2011 war er Leiter der Neurologischen Poliklinik der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf. In seinem Forschungslabor betreut er mit Carsten Buhmann[10] weiterhin Doktoranden für gemeinsame Forschungsprojekte gefördert durch die Rickertsen Stiftung Hamburg[11], die sich aus frueheren Studien mit C.Kennard ergaben[12].

Von 1981 bis 2004 arbeitete Zangemeister jeweils für ein bis zwei Monate als Visiting Professor an der University of California, Berkeley, in Kooperation mit dem Labor von Lawrence Stark zu Fragen von visual-vestibular interaction beim Menschen[13][14][15], Modell-Simulationen motorischer Systeme wie Kopf- und Augenbewegung, sowie dem calorisch induzierten Nystagmus[16][17][18].

Forschungsthemen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Ziel seiner Arbeiten ist es, die neuronalen Prozesse bei sogenannten höheren kognitiven Leistungen wie etwa bei der visuellen Wahrnehmung, beim bildlichen Vorstellen, oder bei anderen Denkleistungen aufzuklären. Zangemeister ist international u. a. bekannt für seine Forschungen und Überlegungen zu den klinisch neurophysiologischen Grundlagen von Aufmerksamkeits- und Identifizierungs-Vorgängen[19] der Bilderkennung und Bildbewertung.

Seine Forschungsschwerpunkte betreffen den Bereich Visuelles System, die Visuelle Wahrnehmung durch das Gehirn, sowie die neurobiologischen Grundlagen für Kunst und Ästhetik, speziell die Frage, was Neuroaesthetik[20] zum besseren Verständnis in diesem Zusammenhang beitragen kann. Die Bestätigung der Scanpath-Theorie für das aktive top-down Sehen unter normalen[21] und pathologischen[22] Bedingungen, d. h. realen und mittels virtual reality simulierten Gesichtsfeldstörungen[23], ist ebenso ein langfristiges Projekt der Studien von Zangemeister wie der Einfluss motorischer Defizite dabei[24]. In Korrespondenz dazu analysierte Zangemeister den Zusammenhang von strukturellen und synästhetischen Inhalten in der bildenden Kunst und ausgewählter Literatur der klassischen Moderne (siehe Werke).

Zangemeister zeigte wie das Zusammenwirken von synästhetischen Qualia mit verborgenen und mehrfachen Bedeutungen schon immer eine große Bedeutung für die innere Qualität von bildnerischen Kunstwerken gehabt haben. Synästhesie entsteht durch eine synchrone Verknüpfung einer Sinnesmodalität mit einer oder mehreren anderen Sinnesmodalitäten. In der Kunst bezeichnet Synästhesie Transfer und Integration von sensorischen Qualitäten und Bedeutungen innerhalb perzeptueller Modalitäten in der bildenden Kunst, Musik und Literatur. Letztere war für ihn Anlass zu strukturellen Analysen bei ausgewählten Schriften Gottfried Benns und Robert Musils (siehe Werke).

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • mit Gabriele Leidloff: log – in/locked out. Ein Forum zwischen Kunst und Neurowissenschaft. 1999.
  • mit W. Müller-Jensen, S. Brieler, J. Zippel: Gottfried Benn zum 100.Geburtstag. Schriften zu Werk und Persönlichkeit von Medizinern und Philologen. Königshausen und Neumann, 1988, ISBN 3-88479-365-9.
  • mit S. S. Stiehl, C. Freksa: Visual Attention and Cognition. Elsevier, Amsterdam/Oxford/New York 1996, ISBN 0-444-82291-7.
  • Sprache und Kultur: Robert Musil, Möglichkeit und Mathematische Mystik. Shaker, Aachen 1997, ISBN 3-8265-3044-6.
  • Gottfried Benn’s Absolute Prose. Koenigshausen & Neumann, Würzburg 1998, ISBN 3-8260-1676-9.
  • mit K. Poppensieker, H. Hoekendorf: Cognitive field of vision rehabilitation through coordinated gaze-motor strategies. Shaker, Aachen 1999, ISBN 3-8265-4547-8.
  • mit Gabriele Leidloff: log – in/locked out. Ein forum zwischen kunst und neurowissenschaft. 1999.
  • Synaesthesie und Bilderrätsel. BoD, Hamburg 2005, ISBN 3-8334-2212-2.
  • mit L. W. Stark: The Artistic Brain beyond the Eye. Author-House, London-Bloomington 2007, ISBN 978-1-4259-8899-9.
  • Robert Musil – Opportunity, Mathematics, Mysticism. Shaker, Aachen 2011, ISBN 978-3-8322-9720-6.
  • Synästhesie und Bilderrätsel. Hamburg 2013, ISBN 978-3-7386-8464-3.
  • The function of Synaesthetic Image Contents. Hamburg 2014, ISBN 978-3-7386-8466-7.
  • Eye-Vision-Mind-Neuroaesthetics: Naive and professional views of art and non-art. BoD, Hamburg 2016. ISBN 978-3-7412-2068-5

Mitgliedschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • American Neurology Association
  • New York Academy of Sciences
  • American Society for Neuroscience
  • European Academy of Neurology
  • Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN)
  • Deutsche Neurowissenschaftliche Gesellschaft
  • The Society for the Neural Control of Movement (NCM Society)

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Spezialpraxis für Schwindel, Seh- und Gleichgewichtsstörungen. Abgerufen am 15. Februar 2016.
  2. W.H.Zangemeister: "Untersuchungen der Unterarmruhedurchblutung bei neurotisch depressiven Patienten und Gesunden" Inauguraldissertation, LMU München 1972.
  3. Rumpelstilzchens Spiel. In: Der Spiegel. 1971, Nr. 22, 17. Mai 1971, S. 180–183. Abgerufen am 14. März 2016.
  4. Buchhandlung Walther König. Abgerufen am 3. Februar 2017 (englisch).
  5. Janzen, Rudolf (Prof. der Neurologie und Direktor der neurolog. Universitätsklinik, geb. in Bochum) - Deutsche Digitale Bibliothek. Abgerufen am 3. Februar 2017.
  6. 10.27.2004 - Lawrence Stark, professor emeritus of physiological optics and engineering, dies at 78. Abgerufen am 3. Februar 2017 (englisch).
  7. Otmar Meienberg, Wolfgang H. Zangemeister, Michael Rosenberg, William F. Hoyt, Lawrence Stark: Saccadic eye movement strategies in patients with homonymous hemianopia. In: Annals of Neurology. Band 9, Nr. 6, 1. Juni 1981, ISSN 1531-8249, S. 537–544, doi:10.1002/ana.410090605.
  8. W.H. Zangemeister: Aktive Kopfrotation und Blickkoordination. Habilitationsschrift, Universitaet Hamburg 1980. Besprechung-Abstract in Hamb. Ärztebl. 6: 216 217 (1982)
  9. Hamburger Ärzteblatt | Archiv - Ärztekammer Hamburg. Abgerufen am 3. Februar 2017.
  10. UKE - Ambulanzzentrum. Abgerufen am 3. Februar 2017.
  11. Carsten Buhmann, Lea Maintz, Jonas Hierling, Eik Vettorazzi, Christian K. E. Moll: Effect of subthalamic nucleus deep brain stimulation on driving in Parkinson disease. In: Neurology. Band 82, Nr. 1, 7. Januar 2014, S. 32–40, doi:10.1212/01.wnl.0000438223.17976.fb, PMID 24353336.
  12. H. C. Hansen, J. M. Gibson, W. H. Zangemeister, C. Kennard: The effect of treatment on eye-head coordination in Parkinson's disease. In: Journal of Vestibular Research: Equilibrium & Orientation. Band 1, Nr. 2, August 2012, ISSN 0957-4271, S. 181–186, PMID 1670151.
  13. 10.27.2004 - Lawrence Stark, professor emeritus of physiological optics and engineering, dies at 78. Abgerufen am 3. Februar 2017 (englisch).
  14. W. H. Zangemeister, O. Meienberg, L. Stark, W. F. Hoyt: Eye-head coordination in homonymous hemianopia. In: Journal of Neurology. Band 226, Nr. 4, 1. Januar 1982, ISSN 0340-5354, S. 243–254, PMID 6174705.
  15. W. H. Zangemeister, L. Stark: Active head rotations and eye-head coordination. In: Annals of the New York Academy of Sciences. Band 374, 1. Januar 1981, ISSN 0077-8923, S. 540–559, PMID 6951452.
  16. W. H. Zangemeister, S. Lehman, L. Stark: Sensitivity analysis and optimization for a head movement model. In: Biological Cybernetics. Band 41, Nr. 1, 1981, ISSN 0340-1200, S. 33–45, doi:10.1007/BF01836125.
  17. W. H. Zangemeister, S. Lehman, L. Stark: Simulation of head movement trajectories: model and fit to main sequence. In: Biological Cybernetics. Band 41, Nr. 1, 1981, ISSN 0340-1200, S. 19–32, doi:10.1007/BF01836124.
  18. UNDERSTANDING DYNAMICS AND CONTROL OF NORMAL AND ABNORMAL HEAD MOVEMENTS BY USE OF A PARAMETERIZED HEAD MOVEMENT MODEL. Abgerufen am 3. Februar 2017 (englisch).
  19. Pubmed. Abgerufen am 30. Januar 2017.
  20. Wolfgang H. Zangemeister: The Artistic Brain Beyond the Eye: Art and Communication Through the Visual Brain. 2007, ISBN 978-1-4259-8899-9.
  21. W. H. Zangemeister, K. Sherman, L. Stark: Evidence for a global scanpath strategy in viewing abstract compared with realistic images. In: Neuropsychologia. Band 33, Nr. 8, 1. August 1995, ISSN 0028-3932, S. 1009–1025, PMID 8524451.
  22. W. H. Zangemeister, O. Meienberg, L. Stark, W. F. Hoyt: Eye-head coordination in homonymous hemianopia. In: Journal of neurology. Band 226, Nummer 4, 1982, S. 243–254, PMID 6174705.
  23. J. Gbadamosi, W. H. Zangemeister: Visual imagery in hemianopic patients. In: Journal of Cognitive Neuroscience. Band 13, Nr. 7, 1. Oktober 2001, ISSN 0898-929X, S. 855–866, doi:10.1162/089892901753165782, PMID 11595090.
  24. Influence of STN-Stimulation on Parkinson Patients` Simulator Driving. / Zangemeister, Wolfgang; Maintz, Lea; Hierling, Jonas; Buhmann, Carsten. in: NCM (Neural Control of Movement Society), Nr. 14, 2011, S. 41. Publikation: Forschung › Konferenz-Abstract in Fachzeitschrift