Überidentifikation

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Überidentifikation (auch Überidentifizierung) ist eine als Protestform angewandte Kommunikationsstrategie.

Sie wird genutzt, um die eigentlichen Ziele der Gegenseite zu entblößen oder zu verzerren. Dabei identifiziert man sich scheinbar mit den Zielen der Gegenseite, die aber durch die Darstellung in ihrer extremen Form als gänzlich unannehmbar, lächerlich oder absurd dargestellt werden. Der Vorteil von Überidentifikation liegt darin, dass der Anwender nicht direkt als Gegner erkannt wird. Er tarnt sich mit den Zielen der Gegenseite und bringt diese durch (legale) Übertreibung in Verruf.

Während Protestler und Provokateure sehr schnell isoliert und entfernt werden können oder als Gegner einfach überhört werden, kann jemand, der sich der Überidentifikation bedient, nur schwer erkannt werden und der von ihm verursachte Schaden kann im Endeffekt höher sein als der herkömmlichen Protests. Er wirkt sich in manchen Formen sogar auf das gesamte Bild der Gegenseite aus.

Überidentifikation findet u.a. als künstlerisches Mittel Anwendung (vgl. Yes Men, Laibach). Ein Beispiel für Überidentifikation ist die Solidaritätserklärung der Punkband WIZO mit dem Schauspieler Manfred Krug, der aufgrund einer Anzeige wegen Körperverletzung in Zusammenhang mit einem Verkehrsdelikt vor Gericht stand. Als weiteres Beispiel können die Arbeiten von Damien Hirst gesehen werden.[1]

Theoretisch setzte sich etwa Judith Butler oder Slavoj Žižek"[2] mit Überidentifikation auseinander. So schreibt Butler:

"Wo die Einheitlichkeit des Subjekts erwartet wird, wo die Verhaltenskonformität des Subjekts befohlen wird, könnte die Ablehnung des Gesetzes in Form einer parodistischen Ausfüllung der Konformität erzeugt werden, die die Legitimität des Befehls subtil fragwürdig macht, eine Wiederholung, die das Gesetz in die Übertreibung hineinzieht, eine Neuformulierung des Gesetzes gegen die Autorität desjenigen, der es hervorbringt."[3]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Kapitel Überidentifizierung mit dem Betrachter, in: Ulrich Blanché: Konsumkunst. Kultur und Kommerz bei Banksy und Damien Hirst. Bielefeld 2012, S.285ff.
  2. Slavoj Žižek: Why Laibach and NSK are not Fascists (1993). In: Inke Arns (Hg.): Irwinretroprinzip, 1983 -2003. Frankfurt/Main 2003, S. 21.
  3. Judith Butler. Körper von Gewicht. Die diskursiven Grenzen des Geschlechts. Berlin. 1995. S. 166.