Škorpioni

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Škorpioni (serbisch-kyrillisch Шкорпиони; deutsch Skorpione) war eine serbische paramilitärische Spezialeinheit, die sich vornehmlich aus Krajina-Serben rekrutierte. Sie wurde während des Kroatienkrieges (1991 bis 1995) aufgestellt und hat sich im Laufe dieses Konfliktes sowie während des Kosovokriegs zahlreicher Kriegsverbrechen schuldig gemacht, die unter anderem 2005 während des Haager Tribunals zur Anklage gebracht wurden.

Die Einheit wurde zuletzt von Slobodan Medić („Boca“) kommandiert.

Morde an bosnischen Zivilisten in Trnovo

Im Jahre 2005 wurde vom Haager Tribunal ein von den Tätern der Einheit angefertigtes Video-Dokument veröffentlicht, das Mitgliedern dieser Einheit die Beteiligung an Kriegsverbrechen an Zivilisten in Trnovo am 17. Juli 1995 nachweisen soll.[1] Maßgeblichen Anteil an der Sicherstellung dieses Beweisstücks hatte Nataša Kandić, eine serbische Menschenrechtsaktivistin.

Das ehemalige Škorpioni-Mitglied Goran Stoparić sagte aus, dass Slobodan Medić die auf dem Video zu sehende Exekution von sechs bosnischen Zivilisten angeordnet habe. Laut Stoparić wurden diese Morde von den Škorpioni Pera Petrasevic, Aleksandar Medić, Branislav Medić, Milorad Momić und einem weiteren Mitglied der Einheit durchgeführt.[2] Das Belgrader Sondergericht für Kriegsverbrechen verurteilte Slobodan Medić und Branislav Medić zu 20 Jahren Haft. Pera Petrasevic erhielt durch sein Geständnis vor dem serbischen Gericht eine Haftstrafe von 13 Jahren und Aleksandar Medić wurde zu fünf Jahren Haft verurteilt.[3]

Milorad Momić befand sich während dieser Verhandlungen unter dem falschen Namen Guy Monier in Frankreich. 2011 wurde Milorad Momić durch Interpol gefasst.[4] Anschließend wurde er zunächst an Kroatien ausgeliefert[5] und dort wegen anderen Kriegsverbrechen im Dezember 2012 zu drei Jahren Haft verurteilt.[6] Ein Prozess wegen Momićs Beteiligung an den Škorpioni-Kriegsverbrechen in Trnovo kann erst nach einer weiteren Auslieferung an die bosnische oder serbische Justiz stattfinden.

Massaker von Podujeva

Die Škorpioni waren im März 1999 während des Kosovokriegs maßgeblich am Massaker von Podujeva beteiligt.[7] Das Škorpioni-Mitglied Saša Cvjetan wurde 2004 wegen der Beteiligung an dem Mord an 14 Kosovo-Albanern, unter denen sich Frauen und Kinder befanden, in Belgrad zu 20 Jahren Haft verurteilt.[8] 2009 erhielten die Škorpioni Dragan Medić, Željko Djukić und Dragan Borojević wegen ihrer Beteiligung an diesen Morden eine Haftstrafe über denselben Zeitraum, während der zum Zeitpunkt der Tat minderjährige Miodrag Šolaja zu 15 Jahren Haft verurteilt wurde.[9]

Anklage gegen Serbien und Montenegro vor dem Internationalen Gerichtshof

Das Video, das die Morde in Trnovo zeigt, war ein wichtiges Beweisstück im Prozess der Republik Bosnien und Herzegowina vor dem Internationalen Gerichtshof und sollte den zwischenstaatlichen Charakter des Konflikts belegen. Die Einreichung der Klage selber wurde allerdings verfassungsrechtlich innerhalb Bosnien-Herzegowinas angezweifelt, da sie ohne das Einverständnis der Entität Republika Srpska gegen den Staatenbund Serbien und Montenegro, später gegen die Republiken Republik Serbien als Rechtsnachfolger des Staatenbundes, aber auch gegen die neue Republik Montenegro erfolgte.

Der Schiedsspruch des internationalen Gerichtshofs entschied, dass diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit auf die einzelnen Täter in der Einheit zurückzuführen sind und widersprach der Anschuldigung der Bosniakisch-Kroatischen Föderation einer Beteiligung und staatlichen Planung von Völkermord der Republiken Serbien und Montenegro. Allerdings wurde beigefügt, obwohl rechtlich und offiziell irrelevant, dass die Staatsorgane die Verbrechen in Srebrenica hätten verhindern können. Ein Einspruch ist nicht möglich, obwohl er von der bosniakischen Seite geprüft wird.[10]

Weblinks

  • Verhaftungen nach Video über Srebrenica-Massaker. In: netzeitung.de. 3. Juni 2005, archiviert vom Original am 21. Mai 2007; abgerufen am 26. Oktober 2014.

Einzelnachweise

  1. Kriegsverbrechen: Vier Serben wegen Massaker in Srebrenica verurteilt. In: Spiegel Online. 10. April 2007 (spiegel.de [abgerufen am 13. Juli 2015]).
  2. SHIFTING THE BLAME ON A FAMILY CLAN IN THE ‘SCORPIONS’. In: sense-agency.com. 15. Dezember 2010, abgerufen am 13. Juli 2015 (englisch).
  3. Jail for Serb video death squad. In: BBC. 2007/04/10 (bbc.co.uk [abgerufen am 13. Juli 2015]).
  4. Guy Monier, la seconde vie du Scorpion serbe Milorad Momic. 7. April 2011, abgerufen am 13. Juli 2015 (französisch).
  5. La Verpillière : Milorad Momic extradé vers la Croatie pour crimes de guerre. 6. September 2011, abgerufen am 13. Juli 2015 (französisch).
  6. Zločin u Berku (opt. Milorad Momić). In: documenta.hr. Abgerufen am 13. Juli 2015 (englisch).
  7. Kosovo: Familienangehörige von Massakeropfern verklagen Serbien. 29. Januar 2007, abgerufen am 13. Juli 2015.
  8. Serb jailed for Kosovo killings. In: BBC. 2004/03/17 (bbc.co.uk [abgerufen am 13. Juli 2015]).
  9. Serbia jails ex-paramilitaries for killings. In: Reuters. 2009/6/18 (reuters.com [abgerufen am 13. Juli 2015]).
  10. Thomas Roser: Freispruch zweiter Klasse für Belgrad. In: Tagesspiegel. 17. Februar 2007, archiviert vom Original am 13. Juli 2007; abgerufen am 13. Juli 2015.