„Maurice Béjart“ – Versionsunterschied

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'''Maurice Béjart''', ursprünglich: ''Maurice-Jean Berger'' (* [[1. Januar]] [[1927]] in [[Marseille]]; † [[22. November]] [[2007]] in [[Lausanne]]) war ein französischer [[Ballett]]tänzer und [[Choreografie|Choreograf]].
'''Maurice Béjart''', ursprünglich: ''Maurice-Jean Berger'' (* [[1. Januar]] [[1927]] in [[Marseille]]; † [[22. November]] [[2007]] in [[Lausanne]]) war ein französischer [[Ballett]]tänzer und [[Choreografie|Choreograf]]. Béjart galt als ein Erneuer des [[Neoklassizismus (Ballett)|neoklassizistischen]] Balletts. Er inszenierte es gegen Ende der 1960er Jahre als „spectacle total“ ("Totaltheater"), einem [[Gesamtkunstwerk]] aus unterschiedlicher Sprache, Musik, Tanz und Regie. Mit bildreichen und spektakulären Aufführungen erschloss er dem Ballett neue Zuschauer. Béjart emanzipierte die männlichen Tänzer von ihrer sekundären Rolle als Hebepartner von Ballerinen und erlaubte auch ihnen eine sensible Subjektivität auf der Bühne.


== Biografie ==
== Biografie ==
=== Ausbildung und frühe Jahre ===
=== Ausbildung und frühe Jahre ===
Béjart wird als Sohn des Philosophen [[Gaston Berger]] in Marseille geboren. Sein Vater kam aus armen Verhältnissen, er arbeitete erst als Düngemittel-Vertreter, brachte sich Chinesisch bei, wurde dann Lehrer und schließlich ein Beamter für das Universitätswesen.<ref>[http://www.nytimes.com/aponline/arts/AP-Obit-Bejart.html „Maurice Bejart, 80, Choreographer, Is Dead“], [[Associated Press]] / [[New York Times]], 23. November 2007</ref> Nach einem Unfall verschreibt ein Arzt dem jungen Maurice Übungen in klassischem Tanz zur medizinischen Rehabilitation.
Béjart wird als Sohn des Philosophen [[Gaston Berger]] in Marseille geboren. Sein öffentliches Debüt als Tänzer hat er im Alter von 14 Jahren an der [[Opéra National de Paris]], wo auch [[Roland Petit]] tanzt. Nach dem Lizenziat legt er den Familiennamen ab und nennt sich fortan Béjart, nach einer berühmten Schauspielerdynastie des 17. Jahrhunderts, die mit [[Molière]] aufgetreten ist. Er tritt zunächst in Frankreich in Kompanien von Janine Charrat und Roland Petit auf, später im „International Ballet London“ und im [[Cullberg Ballett]] in [[Stockholm]].

Sein öffentliches Debüt als Tänzer hat er im Alter von 14 Jahren an der [[Opéra National de Paris]], wo auch [[Roland Petit]] tanzt. Nach dem Lizenziat legt er den Familiennamen ab und nennt sich fortan Béjart, nach einer berühmten Schauspielerdynastie des 17. Jahrhunderts, die mit [[Molière]] aufgetreten ist. In einigen Berichten wird the Mädchenname der Mutter mit Béjart angegeben, sie starb, als er erst sieben Jahre alt war.<ref>[http://www.nytimes.com/2007/11/23/arts/dance/23bejart.html „Maurice Béjart, 80, Ballet Iconoclast, Dies“], New York Times, 23. November 2007</ref> Er tritt zunächst in Frankreich in Kompanien von Janine Charrat und Roland Petit auf, später im „International Ballet London“ und im [[Cullberg Ballett]] in [[Stockholm]].


1951 schafft er dort seine erste Choreografie, ''L'Inconnu'' ''(Der Unbekannte)''. 1955 choreografiert er ''Symphonie pour un homme seul'' ''(Symphonie für einen einsamen Menschen)'' für seine eigene Kompanie, die [[Ballets de l'Étoile]]. Das Stück, dessen Musik von [[Pierre Henry]] und [[Pierre Schaeffer]] komponiert wurde, trägt ihm öffentliche Anerkennung beim Publikum und der Kritik ein.
1951 schafft er dort seine erste Choreografie, ''L'Inconnu'' ''(Der Unbekannte)''. 1955 choreografiert er ''Symphonie pour un homme seul'' ''(Symphonie für einen einsamen Menschen)'' für seine eigene Kompanie, die [[Ballets de l'Étoile]]. Das Stück, dessen Musik von [[Pierre Henry]] und [[Pierre Schaeffer]] komponiert wurde, trägt ihm öffentliche Anerkennung beim Publikum und der Kritik ein.


=== Karriere in Brüssel ===
=== Karriere in Brüssel ===
1960 wird [[Maurice Huisman]], damals Direktor am [[La Monnaie|Théâtre Royal de la Monnaie]]/Koninklijke Muntschouwburg, für das Béjart die preisgekrönte Choreografie für [[Le sacre du printemps]] schafft, auf ihn aufmerksam. Der Choreograf erhält eine feste Anstellung am Haus und gründet mit Huismans Unterstützung in [[Brüssel]] das [[Ballet du XXe siècle]], mit dem er weltweit Tourneen unternimmt. Berühmte Inszenierungen aus dieser Zeit sind u.a. ''Boléro'', berühmt geworden mit [[Jorge Donn]] als Solist, ''Messe pour le temps présent'' und ''L'Oiseau de feu'' (1970). In den 1960er Jahren schaffte Béjart das traditionelle Tüll-[[Tutu]] ab und ließ die Tänzer in Jeans auftreten.
1960 wird [[Maurice Huisman]], damals Direktor am [[La Monnaie|Théâtre Royal de la Monnaie]]/Koninklijke Muntschouwburg, für das Béjart die preisgekrönte Choreografie für [[Le sacre du printemps]] schafft, auf ihn aufmerksam. Der Choreograf erhält eine feste Anstellung am Haus und gründet mit Huismans Unterstützung in [[Brüssel]] das [[Ballet du XXe siècle]], mit dem er weltweit Tourneen unternimmt. Berühmte Inszenierungen aus dieser Zeit sind u.a. ''Boléro'', berühmt geworden mit [[Jorge Donn]] als Solist, ''Messe pour le temps présent'' und ''L'Oiseau de feu'' (1970). In den 1960er Jahren schafft Béjart das traditionelle Tüll-[[Tutu]] ab und lässt die Tänzer in Jeans auftreten.


=== Umzug nach Lausanne ===
=== Umzug nach Lausanne ===
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=== Stil und Einfluss ===
=== Stil und Einfluss ===
Béjart hatte und hat einen starken, aber auch polarisierenden Einfluss auf das Ballett, die Kritik und das Publikum. Er pflegt einen eklektischen Stil, der sich aus vielen Richtungen zusammensetzt und neigt zu Pathos, Mystizismus und Heldenverehrung. Mythische Figuren, Götter, Künstler und fremde Kulturen sind Themen seiner Kunst. Einerseits trug er durch diese bildkräftigen, unmittelbar zugänglichen Themen maßgeblich dazu bei, dass das Ballett ein breiteres Publikum erreichte. Mit dem "Ballet du XXe siècle" überwand und erneuerte er den [[Neoklassizismus (Ballett)|neo-klassizistischen]] Stil, doch heute (2007) wird diese Formensprache von vielen Insidern der Tanzszene als nicht mehr zeitgemäß empfunden.
Béjart hatte und hat einen starken, aber auch polarisierenden Einfluss auf das Ballett, die Kritik und das Publikum. Er pflegt einen eklektischen Stil, der sich aus vielen Richtungen zusammensetzt und neigt zu Pathos, Mystizismus und Heldenverehrung. Mythische Figuren, Götter, Künstler und fremde Kulturen sind Themen seiner Kunst. Einerseits trug er durch diese bildkräftigen, unmittelbar zugänglichen Themen maßgeblich dazu bei, dass das Ballett ein breiteres Publikum erreichte. Mit dem "Ballet du XXe siècle" überwand und erneuerte er den [[Neoklassizismus (Ballett)|neoklassizistischen]] Stil, doch heute (2007) wird diese Formensprache von vielen Insidern der Tanzszene als nicht mehr zeitgemäß empfunden.


== Lehrtätigkeit ==
== Lehrtätigkeit ==
=== École Mudra ===
=== École Mudra ===
Béjart war sehr erfolg- und einflussreich als Lehrer. Schon [[Jorge Donn]] war durch die Zusammenarbeit mit ihm zum Star geworden. 1970 gründet Béjart die ''[[École Mudra]]'' in Brüssel, um junge Talente in der Tanzkunst zu unterrichten. Aus dieser Schule, die bis 1988 besteht, gehen eine ganze Reihe von Tänzern und Choreografen hervor, die die weitere Entwicklung des zeitgenössischen Tanzes in Europa beeinflussen, unter ihnen [[Maguy Marin]], [[Anne Teresa De Keersmaeker]] und [[Enzo Cosimi]]. 1977 gründet er in [[Dakar]] die ''École Mudra Afrique'', die bis 1985 besteht.
Béjart war sehr erfolg- und einflussreich als Lehrer. Sein Schüler und späterer Lebensgefährte [[Jorge Donn]] war durch die Zusammenarbeit mit ihm zum Star geworden. 1970 gründet Béjart die ''[[École Mudra]]'' in Brüssel, um junge Talente in der Tanzkunst zu unterrichten. Aus dieser Schule, die bis 1988 besteht, gehen eine ganze Reihe von Tänzern und Choreografen hervor, die die weitere Entwicklung des zeitgenössischen Tanzes in Europa beeinflussen, unter ihnen [[Maguy Marin]], [[Anne Teresa De Keersmaeker]] und [[Enzo Cosimi]]. 1977 gründet er in [[Dakar]] die ''École Mudra Afrique'', die bis 1985 besteht.


=== École Rudra ===
=== École Rudra ===
1992, nach seinem Umzug nach Lausanne, gründet Béjart dort das ''[[École-atelier Rudra]]'', das seitdem eine der angesehensten Ausbildungsstätten in der Welt des klassischen Tanzes ist. Sein Ensemble besteht zur Zeit aus etwa 40 Tänzern, die insgesamt 120 Aufführungen im Jahr bewältigen.
1992, nach seinem Umzug nach Lausanne, gründet Béjart dort das ''[[École-atelier Rudra]]'', das seitdem eine der angesehensten Ausbildungsstätten in der Welt des klassischen Tanzes ist. Sein Ensemble besteht zur Zeit aus etwa 40 Tänzern, die insgesamt 120 Aufführungen im Jahr bewältigen.

== Zitat ==
{{Zitat|''Béjart war unendlich wichtig für die Neudefinition des klassischen Tanzes.“'' Er habe ein ganz neues Publikum für den klassischen Tanz gewonnen, ''„weil er ihn in eine revolutionäre Richtung geführt hat, ohne die klassischen Wurzeln zu zerstören.''|[[John Neumeier]], Intendant des [[Hamburg Ballett]]s <ref>[http://www.faz.net/s/Rub4D7EDEFA6BB3438E85981C05ED63D788/Doc~EBB563B5D6562452E872E3B38A1AC5A4D~ATpl~Ecommon~Sspezial.html „Choreograph Maurice Béjart gestorben“], [[FAZ]], 22. November 2007</ref>}}


== Wichtige Werke ==
== Wichtige Werke ==
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* 2001: ''Tangos'' ([[Genua]])
* 2001: ''Tangos'' ([[Genua]])
* 2001: ''Manos'' (Lausanne)
* 2001: ''Manos'' (Lausanne)
* 2001: ''Lumière'' (römisches Theater von Lyon) <ref>Besprechung von «Lumière»: [http://www.nzz.ch/2001/06/22/fe/article7H2WJ.html Maurice Béjart sucht das Licht], [[NZZ]], 22. Juni 2001</ref>
* 2001: ''Lumière'' (römisches Theater von [[Lyon#Geschichte|Lyon]]) <ref>Besprechung von «Lumière»: [http://www.nzz.ch/2001/06/22/fe/article7H2WJ.html Maurice Béjart sucht das Licht], [[NZZ]], 22. Juni 2001</ref>
* 2002: ''Mère Teresa et les enfants du monde'' ''(Mutter Theresa und die Kinder der Welt)''
* 2002: ''Mère Teresa et les enfants du monde'' ''(Mutter Theresa und die Kinder der Welt)''
* 2003: ''Ciao Federico'', eine Hommage an [[Federico Fellini]]
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*1993: [[Praemium Imperiale]]
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*1999: [[Kyoto-Preis|Kyoto Prize]] der japanischen Inamori Stiftung
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*1994: Ehrenmitglied der Académie des Beaux Arts de l’Institut de France
*1994: Ehrenmitglied der [[Académie des Beaux-Arts]] de l’Institut de France
*1996: Ehrenbürger der Stadt Lausanne
*1996: Ehrenbürger der Stadt Lausanne
*2002: „Grand Siècle Laurent Perrier“
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*[http://www.wienerzeitung.at/DesktopDefault.aspx?TabID=4539 „Maurice Bejart gestorben“], [[Wiener Zeitung]], 22. November 2007
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*[http://www.welt.de/kultur/article1389530/Der_letzte_Schritt_des_tanzenden_Verfuehrers_.html „Der letzte Schritt des tanzenden Verführers“], [[Die Welt]], 22. November 2007
*[http://www.welt.de/kultur/article1389530/Der_letzte_Schritt_des_tanzenden_Verfuehrers_.html „Der letzte Schritt des tanzenden Verführers“], [[Die Welt]], 22. November 2007
*[http://www.tagesspiegel.de/kultur/Maurice-B%E9jart-Tanz;art772,2425197 „Ein Gott des Feuers“], [[Tagesspiegel]], 23. November 2007


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* [http://www.faz.net/s/Rub4D7EDEFA6BB3438E85981C05ED63D788/Doc~EBB563B5D6562452E872E3B38A1AC5A4D~ATpl~Ecommon~Sspezial.html Bilderstrecke], [[FAZ]], 22. November 2007
* [http://www.faz.net/s/Rub4D7EDEFA6BB3438E85981C05ED63D788/Doc~EBB563B5D6562452E872E3B38A1AC5A4D~ATpl~Ecommon~Sspezial.html Bilderstrecke], [[FAZ]], 22. November 2007
*[http://www.liberation.fr/multimedia/galeries/culture/293104.FR.media.inc.php?mediaType=photo 11 Fotos], [[Liberation]]
*[http://www.arte.tv/de/Video/184448,CmC=1479912.html Video], [[arte]], 2007, 3:30 Min. (frz.)
*[http://www.arte.tv/de/Video/184448,CmC=1479912.html Video], [[arte]], 2007, 3:30 Min. (frz.)



Version vom 23. November 2007, 22:08 Uhr

Datei:Bejart 1984.jpg
Maurice Béjart, 1984

Maurice Béjart, ursprünglich: Maurice-Jean Berger (* 1. Januar 1927 in Marseille; † 22. November 2007 in Lausanne) war ein französischer Balletttänzer und Choreograf. Béjart galt als ein Erneuer des neoklassizistischen Balletts. Er inszenierte es gegen Ende der 1960er Jahre als „spectacle total“ ("Totaltheater"), einem Gesamtkunstwerk aus unterschiedlicher Sprache, Musik, Tanz und Regie. Mit bildreichen und spektakulären Aufführungen erschloss er dem Ballett neue Zuschauer. Béjart emanzipierte die männlichen Tänzer von ihrer sekundären Rolle als Hebepartner von Ballerinen und erlaubte auch ihnen eine sensible Subjektivität auf der Bühne.

Biografie

Ausbildung und frühe Jahre

Béjart wird als Sohn des Philosophen Gaston Berger in Marseille geboren. Sein Vater kam aus armen Verhältnissen, er arbeitete erst als Düngemittel-Vertreter, brachte sich Chinesisch bei, wurde dann Lehrer und schließlich ein Beamter für das Universitätswesen.[1] Nach einem Unfall verschreibt ein Arzt dem jungen Maurice Übungen in klassischem Tanz zur medizinischen Rehabilitation.

Sein öffentliches Debüt als Tänzer hat er im Alter von 14 Jahren an der Opéra National de Paris, wo auch Roland Petit tanzt. Nach dem Lizenziat legt er den Familiennamen ab und nennt sich fortan Béjart, nach einer berühmten Schauspielerdynastie des 17. Jahrhunderts, die mit Molière aufgetreten ist. In einigen Berichten wird the Mädchenname der Mutter mit Béjart angegeben, sie starb, als er erst sieben Jahre alt war.[2] Er tritt zunächst in Frankreich in Kompanien von Janine Charrat und Roland Petit auf, später im „International Ballet London“ und im Cullberg Ballett in Stockholm.

1951 schafft er dort seine erste Choreografie, L'Inconnu (Der Unbekannte). 1955 choreografiert er Symphonie pour un homme seul (Symphonie für einen einsamen Menschen) für seine eigene Kompanie, die Ballets de l'Étoile. Das Stück, dessen Musik von Pierre Henry und Pierre Schaeffer komponiert wurde, trägt ihm öffentliche Anerkennung beim Publikum und der Kritik ein.

Karriere in Brüssel

1960 wird Maurice Huisman, damals Direktor am Théâtre Royal de la Monnaie/Koninklijke Muntschouwburg, für das Béjart die preisgekrönte Choreografie für Le sacre du printemps schafft, auf ihn aufmerksam. Der Choreograf erhält eine feste Anstellung am Haus und gründet mit Huismans Unterstützung in Brüssel das Ballet du XXe siècle, mit dem er weltweit Tourneen unternimmt. Berühmte Inszenierungen aus dieser Zeit sind u.a. Boléro, berühmt geworden mit Jorge Donn als Solist, Messe pour le temps présent und L'Oiseau de feu (1970). In den 1960er Jahren schafft Béjart das traditionelle Tüll-Tutu ab und lässt die Tänzer in Jeans auftreten.

Umzug nach Lausanne

Da die geforderten Mittel nicht bewilligt wurden, verlegt der inzwischen zum Islam konvertierte Choreograf im Jahre 1987 den Sitz seiner Kompanie nach Lausanne und benennt sie um in Béjart Ballet Lausanne. Sein Ensemble besteht zu der Zeit aus dreißig Tänzern, mit denen er jedes Jahr ein Stück herausbringt, u.a. Ring um den Ring (1990), Le Mandarin merveilleux (1992), À propos de Schéhérazade (1995), Le Presbytère… (1997) und Enfant-Roi/La Lumière des Eaux (2000).

1998 wird er wegen eines Plagiats gerichtlich verurteilt. Sein Stück Le Presbytère… enthält eine Szene, die La chute d'Icare (Der Absturz des Ikarus) des belgischen Choreografen Frédéric Flamand entnommen ist. Das Ballet bearbeitet und benennt Béjart um in Ballet for Life. Die Filmaufzeichnung dazu erhält 1998 beim Festival Rose d’Or die „Silberne Rose für Kunst & Specials“. 1999 wird Béjart mit dem Kyoto-Preis geehrt.

Stil und Einfluss

Béjart hatte und hat einen starken, aber auch polarisierenden Einfluss auf das Ballett, die Kritik und das Publikum. Er pflegt einen eklektischen Stil, der sich aus vielen Richtungen zusammensetzt und neigt zu Pathos, Mystizismus und Heldenverehrung. Mythische Figuren, Götter, Künstler und fremde Kulturen sind Themen seiner Kunst. Einerseits trug er durch diese bildkräftigen, unmittelbar zugänglichen Themen maßgeblich dazu bei, dass das Ballett ein breiteres Publikum erreichte. Mit dem "Ballet du XXe siècle" überwand und erneuerte er den neoklassizistischen Stil, doch heute (2007) wird diese Formensprache von vielen Insidern der Tanzszene als nicht mehr zeitgemäß empfunden.

Lehrtätigkeit

École Mudra

Béjart war sehr erfolg- und einflussreich als Lehrer. Sein Schüler und späterer Lebensgefährte Jorge Donn war durch die Zusammenarbeit mit ihm zum Star geworden. 1970 gründet Béjart die École Mudra in Brüssel, um junge Talente in der Tanzkunst zu unterrichten. Aus dieser Schule, die bis 1988 besteht, gehen eine ganze Reihe von Tänzern und Choreografen hervor, die die weitere Entwicklung des zeitgenössischen Tanzes in Europa beeinflussen, unter ihnen Maguy Marin, Anne Teresa De Keersmaeker und Enzo Cosimi. 1977 gründet er in Dakar die École Mudra Afrique, die bis 1985 besteht.

École Rudra

1992, nach seinem Umzug nach Lausanne, gründet Béjart dort das École-atelier Rudra, das seitdem eine der angesehensten Ausbildungsstätten in der Welt des klassischen Tanzes ist. Sein Ensemble besteht zur Zeit aus etwa 40 Tänzern, die insgesamt 120 Aufführungen im Jahr bewältigen.

Zitat

Béjart war unendlich wichtig für die Neudefinition des klassischen Tanzes.“ Er habe ein ganz neues Publikum für den klassischen Tanz gewonnen, „weil er ihn in eine revolutionäre Richtung geführt hat, ohne die klassischen Wurzeln zu zerstören.

John Neumeier, Intendant des Hamburg Balletts [3]

Wichtige Werke

  • 1955: Symphonie pour un homme seul (Symphonie für einen einsamen Menschen, Paris)
  • 1957: Sonate à trois (Triosonate, Essen)
  • 1958: Orphée (Orpheus, Lüttich)
  • 1959: Le sacre du printemps (Brüssel)
  • 1961: Boléro (Brüssel)
  • 1964: IXe Symphonie (Brüssel)
  • 1966: Roméo et Juliette (Romeo und Julia, Brüssel)
  • 1967: Messe pour le temps présent (Messe für die Gegenwart, Avignon)
  • 1968: Bhakti (Avignon)
  • 1972: Nijinski, clown de Dieu (Nijinsky, Clown Gottes, Brüssel)
  • 1975: Pli selon pli (Falte für Falte, Brüssel)
  • 1975: Notre Faust (Brüssel)
  • 1977: Petrouchka (Brüssel)
  • 1980: Eros Thanatos (Athen)
  • 1982: Wien, Wien, nur du allein (Brüssel)
  • 1983: Messe pour le temps futur (Messe für die Zukunft, Brüssel)
  • 1987: Souvenir de Léningrad (Lausanne)
  • 1988: Piaf (Tokio)
  • 1989: 1789… et nous (1789 … und wir, Paris)
  • 1990: Pyramide (Kairo)
  • 1991: Tod in Wien (Wien)
  • 1992: La Nuit (Die Nacht, Lausanne)
  • 1993: M (Tokio)
  • 1995: À propos de Shéhérazade (Über Scheherazade, Berlin)
  • 1997: Le Presbytère n'a rien perdu de son charme, ni le jardin de son éclat (Das Pfarrhaus, Paris)
  • 1999: La Route de la soie (Die Seidenstraße, Lausanne)
  • 2000: Enfant-roi (Kind-König, Versailles)
  • 2001: Tangos (Genua)
  • 2001: Manos (Lausanne)
  • 2001: Lumière (römisches Theater von Lyon) [4]
  • 2002: Mère Teresa et les enfants du monde (Mutter Theresa und die Kinder der Welt)
  • 2003: Ciao Federico, eine Hommage an Federico Fellini
  • 2006: L'amour de la danse (Die Liebe zum Tanz)
  • 2006: Zarathoustra

Ehrungen

  • 1986: „Orden der aufgehenden Sonne“ von Kaiser Hirohito
  • 1988: Ernennung zum „Grand Officier de l’Ordre de la Couronne Belgique“ durch König Baudouin
  • 1993: Praemium Imperiale
  • 1999: Kyoto Prize der japanischen Inamori Stiftung
  • 1994: Ehrenmitglied der Académie des Beaux-Arts de l’Institut de France
  • 1996: Ehrenbürger der Stadt Lausanne
  • 2002: „Grand Siècle Laurent Perrier“
  • 2003: „Commandeur de l’Ordre des Arts et des Lettres“ durch den französischen Botschafter in der Schweiz
  • 2004: Preis für sein Lebenswerk bei „Movimentos – Internationales Tanzfestival“ in Wolfsburg

Siehe auch

Weblinks

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Bilder

Belege

  1. „Maurice Bejart, 80, Choreographer, Is Dead“, Associated Press / New York Times, 23. November 2007
  2. „Maurice Béjart, 80, Ballet Iconoclast, Dies“, New York Times, 23. November 2007
  3. „Choreograph Maurice Béjart gestorben“, FAZ, 22. November 2007
  4. Besprechung von «Lumière»: Maurice Béjart sucht das Licht, NZZ, 22. Juni 2001