„Islamistischer Terrorismus“ – Versionsunterschied

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Mit dem Begriff '''Islamistischer Terrorismus''' (fälschlich manchmal auch: ''Islamischer Terrorismus'') wird [[Terrorismus]] bezeichnet, der durch extremen religiösen [[Fanatismus]] vor dem Hintergrund [[Islamischer Fundamentalismus|fundamentalistisch-islamischer]] [[Ideologie]] motiviert ist. Islamistische Terroristen berufen sich zur Rechtfertigung ihrer Aktionen auf die Grundlagen des [[Islam]], den [[Koran]] und die [[Sunna]], wobei diese dem Zweck entsprechend interpretiert werden.
Mit dem Begriff '''Islamistischer Terrorismus''' (fälschlich manchmal auch: ''Islamischer Terrorismus'') wird [[Terrorismus]] bezeichnet, der durch extremen religiösen [[Fanatismus]] vor dem Hintergrund [[Islamischer Fundamentalismus|fundamentalistisch-islamischer]] [[Ideologie]] motiviert ist. Islamistische Terroristen berufen sich zur Rechtfertigung ihrer Aktionen auf die Grundlagen des [[Islam]], den [[Koran]] und die [[Sunna]], wobei diese dem Zweck entsprechend interpretiert werden.


== Theorie ==


Zentral in der Ideologie islamistisch-terroristischer Gruppierungen und Organisationen ist die kompromisslos kriegerische Interpretation des Begriffs [[Dschihad]], der als islamisch legitimierter militärischer Kampf zur Ausweitung und Verteidigung des Gebiets des Islam (Dar al-Islam) verstanden wird. Ein wichtiges Denkmuster ist dabei die Einteilung der Welt in den [[Dar al-Islam]] und den [[Dar al-Harb]]. Hinzu kommt nach der Lehre [[Ibn Taimiyya]]s der Kampf gegen Herrscher, die als [[Apostasie im Islam|vom Islam abgefallen]] gelten, weil sie die [[Scharia]] nicht anwenden. Wichtige Ideologen sind dabei [[Muhammad ibn Abd al-Wahhab]], [[Sayyid Qutb]] und [[Abdallah Azzam]].

Der Islamwissenschaftler Guido Steinberg untersucht in seinem Buch ''Der nahe und der ferne Feind – Das Netzwerk des islamistischen Terrorismus'' die Dynamik zwischen diesen beiden Formen des islamistischen Terrorismus, wobei der „nahe Feind“ aus der Sicht der Terroristen die Herrscher muslimischer Staaten sind, der „ferne Feind“ vor allem die [[USA]] und [[Israel]], die manchmal als der „große Satan“ und der „kleine Satan“ bezeichnet werden. Nach Steinberg ist der internationale islamistische Terrorismus ohne diese Dynamik kaum zu verstehen. Danach entstanden in einzelnen muslimischen Ländern Terrororganisationen, die zuerst die eigene Regierung stürzen wollten. Da dies nicht möglich war, suchten sich die sogenannten [[Dschihadist]]en ein anderes Betätigungsfeld, nämlich [[Afghanistan]], wo sie meist mit Unterstützung ihrer Heimatländer und sogar mit Unterstützung der [[USA]] in den 1980er Jahren die damalige [[Sowjetunion]] bekämpften. Erst nach dem Rückzug der Sowjetunion aus Afghanistan, der als Sieg der Muslime verstanden wurde, begannen die einzelnen Gruppen den Kampf gegen den „fernen Feind“ zu organisieren. Eine zentrale Figur war dabei [[Osama bin Laden]] und seine Organisation [[Al-Qaida]].

Charakteristisch für den Islamistischen Terrorismus ist seine Bereitschaft zur [[Asymmetrische Kriegführung|Asymmetrischen Kriegführung]], insbesondere durch [[Selbstmordattentat]]e. Dabei spielt die religiöse Vorstellung, dass sie als "[[Märtyrer]]" (''Schahid'', Pl. ''Schuhada'') direkt ins [[Paradies]] einziehen dürfen, eine wichtige Rolle bei der Bereitschaft der Terroristen, den eigenen Tod in Kauf zu nehmen. Aber auch Beweggründe wie gesellschaftliches Ansehen und finanzielle Unterstützung der Familie von Selbstmordattentätern tragen zur Motivation bei.


== Praxis ==
== Praxis ==
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In der öffentlichen Diskussion der westlichen Welt fand der Begriff verstärkt nach den [[Terroranschläge am 11. September 2001|Terroranschlägen am 11. September 2001]] in den USA Beachtung. Die Bekämpfung des islamistischen Terrorismus ist seither ein Schwerpunkt in dem von den [[USA]] propagierten [[Krieg der USA gegen den Terrorismus|Krieg gegen den Terror]].
In der öffentlichen Diskussion der westlichen Welt fand der Begriff verstärkt nach den [[Terroranschläge am 11. September 2001|Terroranschlägen am 11. September 2001]] in den USA Beachtung. Die Bekämpfung des islamistischen Terrorismus ist seither ein Schwerpunkt in dem von den [[USA]] propagierten [[Krieg der USA gegen den Terrorismus|Krieg gegen den Terror]].


== Verurteilung des Terrors durch Muslime ==


Trotz gegenteiliger Wahrnehmung im Westen werden Terroranschläge dieser Art von der großen Mehrheit aller Muslime auf der Welt verurteilt.<ref>siehe u.a. http://muslime-gegen-terror.de </ref><ref>http://www.islamfortoday.com/terrorism.htm</ref>
Beispielsweise haben in Bagdad am 10. Dezember 2003 schätzungsweise über 10.000 Iraker u.a. gegen islamistischen Terrorismus und [[Wahabismus]] demonstriert.<ref> http://medienkritik.typepad.com/blog/2003/12/demonstration_a.html</ref>
Am 21. November 2004 haben auf einer Großdemonstration in Köln 20.000 bis 25.000 Muslime gegen islamistischen Terrorismus demonstriert.<ref>http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,328990,00.html </ref>
In einer gemeinsamen Erklärung distanzierten sich die größten muslimischen Verbände in Deutschland am 25. August 2006 von den vereitelten Terroranschlägen auf zwei Regionalbahnen Nordrhein-Westfalens und betonten dabei, dass solche Taten durch den Islam nicht gerechtfertigt werden können.<ref> http://de.wikinews.org/wiki/Nach_Kofferbomben:_Muslimische_Verb%C3%A4nde_verurteilen_Terror </ref>
Im Oktober 2006 haben sunnitische und schiitische Religionsgelehrte in Mekka eine Erklärung verabschiedet, die Selbstmordattentate und Anschläge auf heilige Stätte zur Sünde erklärt.<ref> http://de.wikinews.org/wiki/Irakische_Geistliche:_Selbstmordattentate_sind_S%C3%BCnde </ref>
Zahlreiche islamische Organisationen und Verbände, sowie islamische Gelehrte haben sich des Öfteren wiederholt von jeglichem Terrorismus distanziert und diesen verurteilt.<ref> http://muslime-gegen-terror.de/erklaerungen.php </ref>


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Version vom 8. Februar 2008, 12:46 Uhr

Mit dem Begriff Islamistischer Terrorismus (fälschlich manchmal auch: Islamischer Terrorismus) wird Terrorismus bezeichnet, der durch extremen religiösen Fanatismus vor dem Hintergrund fundamentalistisch-islamischer Ideologie motiviert ist. Islamistische Terroristen berufen sich zur Rechtfertigung ihrer Aktionen auf die Grundlagen des Islam, den Koran und die Sunna, wobei diese dem Zweck entsprechend interpretiert werden.

Theorie

Zentral in der Ideologie islamistisch-terroristischer Gruppierungen und Organisationen ist die kompromisslos kriegerische Interpretation des Begriffs Dschihad, der als islamisch legitimierter militärischer Kampf zur Ausweitung und Verteidigung des Gebiets des Islam (Dar al-Islam) verstanden wird. Ein wichtiges Denkmuster ist dabei die Einteilung der Welt in den Dar al-Islam und den Dar al-Harb. Hinzu kommt nach der Lehre Ibn Taimiyyas der Kampf gegen Herrscher, die als vom Islam abgefallen gelten, weil sie die Scharia nicht anwenden. Wichtige Ideologen sind dabei Muhammad ibn Abd al-Wahhab, Sayyid Qutb und Abdallah Azzam.

Der Islamwissenschaftler Guido Steinberg untersucht in seinem Buch Der nahe und der ferne Feind – Das Netzwerk des islamistischen Terrorismus die Dynamik zwischen diesen beiden Formen des islamistischen Terrorismus, wobei der „nahe Feind“ aus der Sicht der Terroristen die Herrscher muslimischer Staaten sind, der „ferne Feind“ vor allem die USA und Israel, die manchmal als der „große Satan“ und der „kleine Satan“ bezeichnet werden. Nach Steinberg ist der internationale islamistische Terrorismus ohne diese Dynamik kaum zu verstehen. Danach entstanden in einzelnen muslimischen Ländern Terrororganisationen, die zuerst die eigene Regierung stürzen wollten. Da dies nicht möglich war, suchten sich die sogenannten Dschihadisten ein anderes Betätigungsfeld, nämlich Afghanistan, wo sie meist mit Unterstützung ihrer Heimatländer und sogar mit Unterstützung der USA in den 1980er Jahren die damalige Sowjetunion bekämpften. Erst nach dem Rückzug der Sowjetunion aus Afghanistan, der als Sieg der Muslime verstanden wurde, begannen die einzelnen Gruppen den Kampf gegen den „fernen Feind“ zu organisieren. Eine zentrale Figur war dabei Osama bin Laden und seine Organisation Al-Qaida.

Charakteristisch für den Islamistischen Terrorismus ist seine Bereitschaft zur Asymmetrischen Kriegführung, insbesondere durch Selbstmordattentate. Dabei spielt die religiöse Vorstellung, dass sie als "Märtyrer" (Schahid, Pl. Schuhada) direkt ins Paradies einziehen dürfen, eine wichtige Rolle bei der Bereitschaft der Terroristen, den eigenen Tod in Kauf zu nehmen. Aber auch Beweggründe wie gesellschaftliches Ansehen und finanzielle Unterstützung der Familie von Selbstmordattentätern tragen zur Motivation bei.

Praxis

Betroffen vom islamistischem Terrorismus sind in erster Linie die Menschen im muslimischen Kulturkreis selbst, wo die Terroristen versuchen, die aus ihrer Sicht nicht islamisch legitimierten und/oder zu pro-westlichen Regime gewalttätig zu destabilisieren und durch ihre Vorstellung eines fundamentalistischen Gottesstaates zu ersetzen. In der westlichen Weltöffentlichkeit finden dagegen hauptsächlich die Anschläge gegen die westliche Kultur Aufmerksamkeit während vergleichbare Ereignisse in Afrika und im fernen Osten kaum wahrgenommen werden. Weitere Brennpunkte des islamistischen Terrorismus sind die Südgrenze der ehemaligen Sowjetunion, Indien und Teile Ozeaniens.

Reaktionen im Westen

In der öffentlichen Diskussion der westlichen Welt fand der Begriff verstärkt nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 in den USA Beachtung. Die Bekämpfung des islamistischen Terrorismus ist seither ein Schwerpunkt in dem von den USA propagierten Krieg gegen den Terror.

Verurteilung des Terrors durch Muslime

Trotz gegenteiliger Wahrnehmung im Westen werden Terroranschläge dieser Art von der großen Mehrheit aller Muslime auf der Welt verurteilt.[1][2] Beispielsweise haben in Bagdad am 10. Dezember 2003 schätzungsweise über 10.000 Iraker u.a. gegen islamistischen Terrorismus und Wahabismus demonstriert.[3] Am 21. November 2004 haben auf einer Großdemonstration in Köln 20.000 bis 25.000 Muslime gegen islamistischen Terrorismus demonstriert.[4] In einer gemeinsamen Erklärung distanzierten sich die größten muslimischen Verbände in Deutschland am 25. August 2006 von den vereitelten Terroranschlägen auf zwei Regionalbahnen Nordrhein-Westfalens und betonten dabei, dass solche Taten durch den Islam nicht gerechtfertigt werden können.[5] Im Oktober 2006 haben sunnitische und schiitische Religionsgelehrte in Mekka eine Erklärung verabschiedet, die Selbstmordattentate und Anschläge auf heilige Stätte zur Sünde erklärt.[6] Zahlreiche islamische Organisationen und Verbände, sowie islamische Gelehrte haben sich des Öfteren wiederholt von jeglichem Terrorismus distanziert und diesen verurteilt.[7]

Einzelnachweise

  1. siehe u.a. http://muslime-gegen-terror.de
  2. http://www.islamfortoday.com/terrorism.htm
  3. http://medienkritik.typepad.com/blog/2003/12/demonstration_a.html
  4. http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,328990,00.html
  5. http://de.wikinews.org/wiki/Nach_Kofferbomben:_Muslimische_Verb%C3%A4nde_verurteilen_Terror
  6. http://de.wikinews.org/wiki/Irakische_Geistliche:_Selbstmordattentate_sind_S%C3%BCnde
  7. http://muslime-gegen-terror.de/erklaerungen.php

Siehe auch

Literatur

  • Egün Capan: Terror und Selbstmordattentate aus islamischer Perspektive. INID, Mai 2005. - ISBN 3-93552-110-3
  • Mark A. Gabriel, Ph.D.: Islam und Terrorismus: Was der Koran wirklich über Christentum, Gewalt und die Ziele des Djihad lehrt. Resch-Verlag, 2005. - 2. (unveränderte) Auflage. - ISBN 3-935197-39-X
  • Gilles Kepel: Das Schwarzbuch des Dschihad. Aufstieg und Niedergang des Islamismus. München: Piper, Oktober 2004. - 1. Auflage. - ISBN 3-49224-248-0
  • Reinhard Möller: Islamismus und terroristische Gewalt. Würzburg: Ergon, Januar 2004. - 1. Auflage. - ISBN 3-89913-365-X
  • Guido Steinberg: Der nahe und der ferne Feind. Das Netzwerk des islamistischen Terrorismus. Beck-Verlag November 2005. - ISBN 3406535151
  • Th. Kolnberger / C. Six (Hgg.): Fundamentalismus und Terrorismus. Zu Geschichte und Gegenwart radikalisierter Religion. Magnus Verlag November 2007. ISBN 978-3-88400-604-7

Weblinks