Bildungspflicht

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Als Bildungspflicht (je nach konkreter Umsetzung und Land auch Unterrichts-[1] oder Lernpflicht[2] genannt) wird die Verpflichtung der Eltern, dafür zu sorgen, dass ihre Kinder bestimmte Bildungsanforderungen erreichen, verstanden, z. B. durch eine Schule, Hausunterricht oder andere Bildungsformen.[3][4] Je nach Land und Regelung können dafür entsprechende Nachweise verlangt werden, in der Regel durch Leistungsnachweise in Form einer Prüfung. Sie unterscheidet sich von einer Schulpflicht dahingehend, dass nicht zwingend eine Schule besucht werden muss, an denen gewährleistet ist, dass die geforderten Leistungsnachweise dort erbracht werden. Stattdessen können Leistungsnachweise auch außerhalb einer Schule in Form von Externisten-Prüfungen erbracht werden.[4] In einigen Ländern, wie z. B. Kanada, erhalten Familien, deren Kinder außerhalb einer Schule lernen, Zuschuss vom Staat.[4]

Eine Schulpflicht kann wie eine Bildungspflicht wirken. Allerdings gewährleistet ein Schulbesuch nicht unbedingt die für dort vorgesehene Bildung.[5] In den meisten Ländern Europas herrscht eine Bildungspflicht (siehe Hausunterricht#Ländervergleiche). In Deutschland hingegen besteht für Minderjährige eine gesetzliche Schulpflicht (siehe Schulpflicht (Deutschland)). Nach dem Ende der Altersgrenze für Schulpflichtige ist allerdings ein Schulabgang ohne Bildungsabschluss möglich, wenn die in der Schule geforderten Leistungsnachweise nicht erbracht wurden.

Ziele und Gründe

In Deutschland setzt sich seit 2006 die Initiative Netzwerk Bildungsfreiheit für eine Bildungspflicht für Kinder und Jugendliche anstelle der Schulpflicht ein.[6] Diesem Netzwerk sind z. B. der Bundesverband Natürlich Lernen! e. V.,[7] die Stiftung Netzwerk Hochbegabung, das Europäische Forum für Freiheit im Bildungswesen (effe), der Verein Schulbildung in Familieninitiative e. V., die Initiative Deutschhilfe für Ausländer und andere angeschlossen, sowie Universitätsprofessoren, Pädagogen, Ärzte, Juristen, Psychologen, Therapeuten sowie Eltern und Schüler aus dem religiösen bis alternativen Lager der Homeschooler.

Die Partei der Vernunft (PDV) plädiert dafür, die Schulpflicht in Deutschland durch eine Bildungspflicht zu ersetzen.[8] Der Staat habe nur eine Rolle beim Zutritt zu Bildung, Erziehung hingegen gehe ihn nichts an, da diese dem reinem Elternrecht unterliege.[8] Insbesondere die Monopolstellung der Schule als einzig mögliche Form der Bildung in Deutschland wird von der Partei kritisisch gesehen, nicht zuletzt, da sie der Meinung ist, dass bestimmte Lehrinhalte dadurch nicht ganz neutral vermittelt würden.[8] Des Weiteren wird kritisiert, dass der Staat mit der Schulpflicht vorgibt, wie das Erlangen von Bildung zu sein hat, obwohl die Schule möglicherweise nicht für jeden Menschen als Form der Bildung optimal geeignet sei.[8]

Auch die Piratenpartei Deutschland setzt sich dafür ein, die Schulpflicht in Deutschland durch eine Bildungspflicht zu ersetzen.[9] Als Argument wird angeführt, dass „[...] Bildung auch außerhalb von Institutionen erworben werden kann.“[9] Nach Meinung der Partei hindert die Schulpflicht Menschen daran, „alternative Bildungswege [zu] beschreiten“.[9] Des Weiteren habe „Jeder Mensch [...] das Recht auf freien und selbstbestimmten Zugang zu Wissen und Bildung.“[9] Außerdem müsse „Der Erwerb von Abschlüssen [...] unabhängig davon möglich sein, wie und wo gelernt wurde [...]“.[9] Durch Besuche solle schließlich sichergestellt werden, dass „[...] die Lernenden sich tatsächlich und mit hinreichendem Erfolg bilden.“[9]

Befürworter der Bildungspflicht berufen sich insbesondere auf den Artikel 26 (3) der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, in dem festgeschrieben ist: „Die Eltern haben ein vorrangiges Recht, die Art der Bildung zu wählen, die ihren Kindern zuteil werden soll.“[8][10] sowie auf die Versammlungsfreiheit.[11] Die Initiative hat im Februar 2006 dem UN-Bildungskommissar Vernor Muñoz auf seiner Reise durch Deutschland berichtet.

Ein weiterer Aspekt der Befürworter der Bildungspflicht ist die Auswahl des sozialen Umfelds für ihr Kind. Ohne diese Wahlmöglichkeit wäre eine Erziehung als aktives Verhalten der Eltern nicht möglich.

Siehe auch

Portal: Bildung – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Bildung

Literatur

  • Dagmar Neubronner: Die Freilerner – Unser Leben ohne Schule. Genius Verlag, 2008, ISBN 978-3934719347
  • Ralph Fischer und Volker Ladenthin (Hg.): Homeschooling. Tradition und Perspektive. Ergon, Würzburg, 2006. ISBN 3-89913-482-6
  • Stefanie Mohsennia: Schulfrei: Lernen ohne Grenzen. Anahita-Verlag, 2004, ISBN 3-937797-03-3
  • Olivier Keller: Denn mein Leben ist lernen. Arbor-Verlag, 1999, ISBN 3-933020-06-9
  • Raimund Pousset: Schafft die Schulpflicht ab! VTR, Nürnberg, 2011 (2. überarbeitete und ergänzte Aufl.). ISBN 978-3-941750-47-0
  • Ulrich Klemm: Lernen ohne Schule. Argumente gegen Verschulung und Verstaatlichung von Bildung. SPAK-Bücher, München 2001, ISBN 3-930830-22-1
  • Johannes Heimrath: Tilman geht nicht zur Schule. Eine erfolgreiche Schulverweigerung. Drachen Verlag, Wolfratshausen 1991, ISBN 3-927369-02-0
  • Thomas Schirrmacher: Bildungspflicht statt Schulzwang – Staatsrecht und Elternrecht angesichts der Diskussion um den Hausunterricht. VKW, Bonn/VTR, Nürnberg, 2005, ISBN 3-937965-27-0
  • Bertrand Stern: Bildungsfreiheit statt Bildungspflicht. In: Jahrbuch Kinder-Recht und Jugendpolitik. Wiss. Verlag Wilde, Fürth 1992, ISBN 3-926810-23-8.

Einzelnachweise

  1. Heinz-Elmar Tenorth: Kurze Geschichte der allgemeinen Schulpflicht | bpb. Abgerufen am 11. April 2021.
  2. Bernd Gieseking: Das kuriose Finnland Buch. Was Reiseführer verschweigen. S. Fischer, Frankfurt/Main 2014, ISBN 978-3-596-52043-5, S. 49.
  3. Bildungspflicht statt Schulpflicht. In: www.deutschlandfunk.de. Abgerufen am 11. April 2021.
  4. a b c Rainer Hank: Erklär mir die Welt (73) Warum ist die staatliche Schulpflicht unnötig? 9. November 2007, abgerufen am 11. April 2021.
  5. Kurz will "Bildungspflicht" bis 18 Jahre. In: www.kurier.at. 13. September 2017, abgerufen am 8. Januar 2021.
  6. Netzwerk Bildungsfreiheit - Dachverband der Homeschooler
  7. Bundesverband Natürlich Lernen! e. V.
  8. a b c d e Position der Partei der Vernunft zum Thema Bildung und Wissenschaft. In: parteidervernunft.de. Abgerufen am 5. April 2020 (deutsch).
  9. a b c d e f Peter Amende: Positionspapier – Bildungsrecht und Bildungspflicht statt Schulbesuchspflicht. In: Piratenpartei Berlin. Abgerufen am 11. April 2021 (deutsch).
  10. Homeschooling & Co. als Alternative? Abgerufen am 24. Februar 2020 (deutsch).
  11. #FridaysforFuture - Ein Argument gegen die Schulpflicht. In: deutschlandfunkkultur.de. Abgerufen am 5. Juli 2020 (deutsch).