Seeweg nach Indien

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Die Gewürzroute im 15. und 16. Jahrhundert

Der Seeweg nach Indien von Europa um Afrika herum zum Indischen Subkontinent und zu den Gewürzinseln Hinterindiens (Molukken), daher auch Gewürzroute genannt, wurde Ende des 15./Anfang des 16. Jahrhunderts von portugiesischen Entdeckern erschlossen und anschließend von den Indien-Armadas befahren. Es leitete (zusammen mit der Entdeckung Amerikas) das Zeitalter der Entdeckungen ein.

Die Route trat neben die bisherigen Handelswege, vor allem den Seehandel vom Indischen Ozean, Roten Meer und Mittelmeer einerseits sowie die Karawanenwege durch Asien andererseits, die von islamischen Herrschern kontrolliert wurden. Die Erschließung dieses Seeweges eröffnete mehreren christlichen Staaten Europas die Möglichkeit direkten Handels mit Asien (Indienhandel) und der Erzielung hoher Profite, die zum Antrieb für die koloniale Expansion Europas in den folgenden Jahrhunderten wurden.

Auf der Suche nach Seewegen nach Indien gab es verschiedene Varianten. Neben der Route um Afrika gab es vor der neuzeitlichen Entdeckung Amerikas durch die Europäer vor allem auch das Vorhaben, Indien und Ostasien von Europa aus westwärts fahrend zu erreichen. So hätte man sich Indien und Ostasien von Osten aus genähert. Die Umsetzung dessen durch Kolumbus scheiterte allerdings, denn dabei stellte sich heraus, dass der Kontinent Amerika den direkten Seeweg versperrt, dabei wurde also unbeabsichtigt Amerika entdeckt. Später wurde ein solcher Seeweg nach Ostasien durch den Bau des Panamakanals möglich.

Verlauf der Route

Die Route führte zunächst von Lissabon um das Kap der Guten Hoffnung nach Ostafrika und über das Arabische Meer bis nach Goa, Calicut und Cochin an der Malabarküste im Westen Indiens. Von dort aus führte sie um Indien und Ceylon herum über den Golf von Bengalen durch die Straße von Malakka, die Sunda- und die Bandasee zu den Gewürzinseln, vor allem nach Ambon, Tidore und Ternate.

Handelsgüter

Über den neuen Handelsweg wurden Gewürze wie Pfeffer, Gewürznelken, Muskat und Zimt eingeführt, die im Europa des Mittelalters und der frühen Neuzeit einen immensen Wert darstellten, weil sie nicht nur zum Würzen von Speisen, sondern auch als Konservierungsstoffe und Grundlage für Arzneimittel unverzichtbar waren. Weitere Rohstoffe waren Myrrhe und Weihrauch.

Folgen der Erkundung der Route

Im Jahr 1291 scheiterten die Brüder Vivaldi aus Genua bei ihrem Versuch, den Seeweg nach Indien zu finden.[1] Erfolg hatte mehr als 200 Jahre später die Initiative des portugiesischen Prinzen Heinrich des Seefahrers, die durch die Entdeckungsfahrt Vasco da Gamas 1498 abgeschlossen wurde. Die Portugiesen schalteten damit den Zwischenhandel von indischen, persischen, arabischen, türkischen und venezianischen Kaufleuten aus. Zusammen mit den hohen Zöllen, die das Osmanische Reich erhob, hatte dieser Zwischenhandel die Gewürze in Europa extrem verteuert. Das Brechen des Handelsmonopols der Venezianer, Türken und Araber im Gewürzhandel machte die Gewürze in Europa erschwinglicher und ließ Nachfrage und Angebot steigen.

Zwischen 1506 und 1570 setzte die portugiesische Krone mit Hilfe der Casa da Índia ihrerseits ein offizielles königliches Monopol für alle Einfuhren und Verkäufe von Gewürzen aus dem Gewürzhandel durch. Dieser Monopolhandel war profitabel und stärkte das Eigenkapital und die Kreditfähigkeit des portugiesischen Staates.

Die Entdeckung und Erschließung des wirtschaftlich günstigeren Seewegs ließ den Asien-Handel auf den alten Überlandrouten wie der Seidenstraße oder der Weihrauchstraße stark zurückgehen.

Die Gewürzroute und die europäische Expansion

Im Jahr 1580 wurde Portugal in Personalunion mit Spanien vereinigt. Zu dieser Zeit führten die Niederländer ihren 80-jährigen Unabhängigkeitskrieg gegen die spanische Krone. Ihre Angriffe richteten sich daher seit dem späten 16. Jahrhundert auch gegen Portugal. Nach und nach eroberten holländische Handelskompanien wie die Niederländische Ostindien-Kompanie die wichtigsten portugiesischen Niederlassungen (Faktoreien) in Ostasien und brachten die Gewürzroute unter ihre Kontrolle. Deren wichtigste Endpunkte waren Batavia (das heutige Jakarta) und Antwerpen, später Amsterdam.

Aufgrund der hohen Gewinnerwartungen aus dem Indienhandel gingen seit Anfang des 16. Jahrhunderts weitere europäische Staaten dazu über, Entdeckungsfahrten und Kolonialprojekte zu betreiben oder zu fördern. So wurde die zum Teil gewaltsame Erschließung der Gewürzroute zum Ausgangspunkt für die europäische Expansion und die Kolonisierung weiter Gebiete der Erde v. a. durch Portugiesen, Spanier, Engländer, Niederländer und Franzosen.

Literatur

  • Urs Bitterli (Hrsg.): Die Entdeckung und Eroberung der Welt. Dokumente und Berichte. 2 Bände. Beck, München 1980–1981, ISBN 3-406-07881-8 (Bd. 1), ISBN 3-406-07954-7 (Bd. 2).
  • Giancarlo Casale: The Ottoman Administration of the Spice Trade in the Sixteenth-century Red Sea and Persian Gulf. In: Journal of the Economic and Social History of the Orient. Bd. 49, Nr. 2, 2006, S. 170–198, doi:10.1163/156852006777502081, (JSTOR:25165138).
  • Peter Feldbauer: Estado da India. Die Portugiesen in Asien 1498–1620 (= Expansion, Interaktion, Akkulturation. Bd. 3). Mandelbaum, Wien 2003, ISBN 3-85476-091-4.
  • Gernot Giertz (Hrsg.): Vasco da Gama. Die Entdeckung des Seewegs nach Indien, 1497–1499. Edition Erdmann, Wiesbaden 2011, ISBN 978-3-86539-822-2.
  • Michael Kraus, Hans Ottomeyer (Hrsg.): Novos mundos. Neue Welten. Portugal und das Zeitalter der Entdeckungen. Sandstein Verlag, Dresden 2007.
  • Fernand Salentiny: Die Gewürzroute. Die Entdeckung des Seewegs nach Asien. Portugals Aufstieg zur ersten europäischen See- und Handelsmacht. DuMont, Köln 1991, ISBN 3-7701-2743-9.

Anmerkungen

  1. Richard Fletcher: Ein Elefant für Karl den Großen. Christen und Muslime im Mittelalter. Lizenzausgabe. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2005, ISBN 3-534-18516-1, S. 115.