Stadtarchiv Worms
Stadtarchiv Worms
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Das Stadtarchiv Worms im Raschi-Haus | |
Archivtyp | Kommunalarchiv |
Koordinaten | 49° 38′ 0,1″ N, 8° 21′ 58,6″ O |
Ort | Worms |
Besucheradresse | Hintere Judengasse 6 |
Gründung | 13. Jahrhundert bzw. 1880 |
Umfang | 3,5 km Akten, 2.800 Urkunden und ca. 620.000 Fotografien |
Alter des Archivguts | 11. Jahrhundert bis heute |
ISIL | DE-2202 (Institut für Stadtgeschichte Worms) |
Träger | Stadt Worms |
Organisationsform | Abteilung der Stadtverwaltung |
Website | https://www.worms.de/de/kultur/stadtarchiv/ |
Das Stadtarchiv Worms im Raschi-Haus ist das kommunale Archiv der Stadt Worms. Es verwahrt die schriftliche und bildliche Überlieferung aus mehr als 900 Jahren Stadtgeschichte und macht diese zugänglich und nutzbar. Das Stadtarchiv ist auch die Geschäftsstelle des Altertumsvereins Worms. Zusätzlich betreut es einen Teil der Gemeinden im ehemaligen Landkreis Worms archivarisch.
Geschichte
Die älteste erhaltene Urkunde ist die bekannte Zollbefreiung Kaiser Heinrichs IV. für die Wormser vom Januar 1074. Während der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts wird eine rechtlich handlungsfähige Stadtgemeinde erkennbar. Das Archiv war vermutlich zu dieser Zeit im Rathaus bzw. Bürgerhof an der Ecke Hagenstraße und Bürgerhofgasse untergebracht, das seit dem 13. Jahrhundert belegt ist.
Der tiefgreifendste und folgenreiche Einschnitt für die archivische Überlieferung war die Stadtzerstörung im Frühjahr 1689 infolge des Pfälzischen Erbfolgekriegs. Nur die wertvollsten Teile des Archivs konnten vom Rat in das Frankfurter Exil gerettet werden. Mit zahlreichen Gebäuden der Stadt sind die Registratur in der „Neuen Münze“, nahezu alle Rats- und Gerichtsprotokolle, umfangreiche Akten sowie sämtliche Unterlagen zur städtischen Finanzführung im Bürgerhof verbrannt. Auch im 18. Jahrhundert musste das Archiv aufgrund kriegerischer Auseinandersetzungen mehrfach ausgelagert werden, so 1703 nach Frankfurt am Main und 1734/36 nach Hanau, was zu merklichen Verlusten geführt hat. In den 1770er und 1780er Jahren unternahmen die Stadtschreiber Johann Christoph Lautz (1706–1776) und der bis 1804 amtierende Johann Ludwig Hallungius (1732–1812) immer wieder Ordnungsbemühungen. 1793/95, nach einer weiteren Flüchtung nach Frankfurt, wurde es völlig in Unordnung geraten wieder im Bürgerhof gelagert und nahm dort unbeachtet erheblichen Schaden. Erst im März 1838 beauftragte der Gemeinderat den Gymnasiallehrer Georg Lange mit der Ordnung der Unterlagen und der Anfertigung eines Inventars. Nachdem Lange, dem es zweifellos am nötigen archivarischen Sachverstand fehlte, bereits im März 1839 die Kompetenz für das Archiv wieder entzogen worden war, blieben die Bestände halbgeordnet liegen. Über dieses Desinteresse ging der Gemeinderat noch hinaus, als er im Oktober 1844 große Teile der Rechnungsbücher und Akten zur Vernichtung freigab.
Eine umfassende Neuordnung gelang erst in den Jahren nach 1880 durch den Basler Privatdozenten für Geschichte Heinrich Boos (1851–1917) mit Unterstützung durch den Lederindustriellen Cornelius Wilhelm von Heyl zu Herrnsheim. Die nun verzeichneten Urkunden und Akten erhielten einen neuen repräsentativen Platz im Archivgewölbe des Rathauses. Im Oktober 1898 erfolgte die Anstellung des Gymnasialprofessors August Weckerling (1846–1924) für das Archiv, die Bibliothek und das Paulusmuseum. Im Februar 1922 wurde Friedrich M. Illert (1892–1966) mit dem Titel „Direktor von Stadtbibliothek und Archiv“ eingestellt. Illert wies in seinen seit 1926 erschienen Tätigkeitsberichten wiederholt auf das massive Raumproblem und das Fehlen von dringend benötigtem Archivpersonal sowie auf den untragbaren Ordnungszustand der neueren Archivalien hin. 1934 wurden die Städtischen Kulturinstitute eingerichtet und die kulturellen Einrichtungen der Stadt – Stadtarchiv, Stadtbibliothek, Volksbücherei, Gemäldegalerie und Städtisches Museum – zusammengefasst. Trotz der bereits 1939 begonnenen Auslagerungen bis 1943 traf der Zweite Weltkrieg, besonders der Bombenangriff am 21. Februar 1945 die archivalische Überlieferung schwer. Verloren gingen neben der Archivverwaltung mit ihren Registern und Findmitteln besonders die jüngeren Akten der Stadtverwaltung, Zeitungen, Fotos und Filme sowie einige Nachlässe. Die Rückführung der geretteten Kulturgüter wurde 1950 abgeschlossen und die Archivbestände zunächst im Christophelturm des Andreasstiftes (heute Museum der Stadt Worms) neu aufgestellt.
Während der 1950er Jahre kam es allmählich zu einer Neuordnung der Bestände unter Festlegung der im Wesentlichen bis heute gültigen Tektonik. Die drängende Unterbringungsfrage konnte durch den Umzug in das Haus zur Münze am Marktplatz 1963 etwas entspannt werden, wobei die älteren Archivalien im Gewölbe des Reichsstädtischen Archivs im Rathaus blieben. In Nachfolge seines Vaters übernahm der Archäologe Georg Illert (1925–1991) 1959/60 die Leitung der Kulturinstitute und seit 1964 war Fritz Reuter (1929–2021) Leiter des Stadtarchivs. Im Zuge der Neugliederung zum 1. Januar 1980 wurde das Stadtarchiv als Amt verselbständigt. Im November 1982 konnte es in das wiederaufgebaute Raschi-Haus in der Hinteren Judengasse zusammen mit einem Jüdischen Museum und der Unteren Denkmalschutzbehörde einziehen. Seit Mai 1996 steht es unter der Leitung von Gerold Bönnen.
Tektonik und Bestände
- Stadt Worms
- Eingemeindete Vororte
- Schulen und Wohlfahrtseinrichtungen
- Vereine, Institutionen und Parteien
- Kirchliche Archive
- Herrnsheimer Dalberg-Archiv
- Nachlässe und Nachlass-Splitter
- Firmenarchive, Kammern, Körperschaften
- Familienarchive, Nachlässe von Heyl
- Musikernachlässe und -sammlungen
- Sammlungen und audiovisuelle Quellen
- Wormser Zeitungen
- Verbandsgemeinde Eich
- Verbandsgemeinde Monsheim
- Fotoabteilung
Insgesamt lagern im Raschi-Haus und den drei Außenstellen, dem alten Archivgewölbe im Rathaus, in der Ernst-Ludwig-Schule und im Verwaltungsgebäude Adenauerring 1, rund 3500 laufende Meter Archivgut.
Das Reichsstädtische Archiv umfasst etwa 2800 Urkunden aus dem 11. bis 19. Jahrhundert, Akten, Amtsbücher und Chroniken des 15. bis 19. Jahrhunderts. Die daran anschließenden städtischen Akten bestehen aus Schriftgut der Munizipalität 1792–1814 und der Stadtverwaltung Worms ab 1815. Insbesondere für Familienforscher wichtige Quellen sind die bis in das späte 16. Jahrhundert zurückreichenden Kirchenbücher und die Zivilstandsregister der Zeit bis 1875. In den Sammlungen des Stadtarchivs finden sich zahlreiche Plakate, Pläne und Karten, eine umfangreiche graphische Sammlung sowie audiovisuelles Material. Das Fotoarchiv verwahrt die reichhaltige fotografische Überlieferung der Stadt und ihrer Stadtteile seit dem 19. Jahrhundert mit etwa 500.000 Negativen und 120.000 aktuellen Digitalfotos.
Darüber hinaus steht den Benutzern eine auf die Wormser und die regionale Geschichte spezialisierte Dienstbibliothek zur Verfügung.
Literatur
- Gerold Bönnen (Hrsg.): Das Stadtarchiv Worms und seine Bestände. Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz, Koblenz 1998. ISBN 3-931014-40-1.
- Gerold Bönnen (Hrsg.): Geschichte der Stadt Worms. Theiss, Stuttgart 2005. ISBN 3-8062-1679-7.
- Der Wormsgau, wissenschaftliche Zeitschrift der Stadt Worms und des Altertumsvereins Worms e. V. Jährlich seit 1926. ISSN 0084-2613.