Alte Komische Oper Berlin
Die alte Komische Oper war ein privatwirtschaftlich betriebenes Opernhaus in Berlin-Mitte, Friedrichstraße 104, an der Weidendammer Brücke. Sie ist nicht zu verwechseln mit der heutigen Komischen Oper, Behrenstraße 55–57. Die Namensgebung Komische Oper bezog sich auf die Pariser Opéra-Comique.
Geschichte
Das Haus wurde in rund elf Monaten Bauzeit von Dezember 1904 bis November 1905 errichtet. Mit Planung und Bauausführung war das Berliner Baugeschäft Lachmann & Zauber beauftragt, als Entwurfsurheber für die Fassadengestaltung wird der dort angestellte Architekt Arthur Biberfeld (1874–1959) genannt.[1]
In der Umgebung befanden sich außer dem Bahnhof Friedrichstraße als Verkehrsknoten auch der Admiralspalast, in den 1920er Jahren eines der bekanntesten Revuetheater Berlins, weitere Theater und diverse bekannte Hotels. Aus dieser zentralen Lage resultierte schon zur Bauzeit ein hoher Grundstückspreis, aus dem sich wiederum die Notwendigkeit ergab, das Gebäude auf einem relativ kleinen, mit 1.370 m² für ein Musiktheater eigentlich zu beengten Grundstück zu errichten. Der Bauherr und erste Intendant des Hauses (bis 1911), Hans Gregor, bezeichnete den Zuschauerraum als „dilettantisch verpfuscht“, der im Parkett und auf drei frei auskragenden Rängen 1.254 Sitzplätze hatte. Vor der 9,20 m breiten Bühnenöffnung bot der Orchestergraben Platz für bis zu 60 Musiker. Zuschauerraum, Wandelgänge und Foyer waren aufwändig dekoriert, der von der Berliner Bildhauerwerkstatt für Stuck- und Antragearbeiten Albert Kretzschmar ausgeführte plastische Schmuck ließ sich stilistisch zwischen Neobarock und Jugendstil einordnen. Im äußeren Erscheinungsbild des Theaters traten durch die Kolossal-Pilaster und die Rundungen (Dach, Gebäudekanten und Giebelfeld) die neobarocken Züge in den Vordergrund, die Fassaden bestanden dabei aus hellem Cottaer Sandstein.
Nach dem Weggang des Intendanten Hans Gregor wurden verstärkt Operetten gespielt. Die Sängerin Aurelie Révy (1879–1957) übernahm die Leitung der Komischen Oper.[2] Ein Höhepunkt in dieser Phase war 1917 die Uraufführung des Schwarzwaldmädels. In den 1920er Jahren verlagerte sich der Schwerpunkt – dem allgemeinen Zeitgeschmack folgend – hin zu Revuen. Das Haus gelangte Anfang der 1920er Jahre in das Eigentum der Internationalen Neuheiten-Vertriebs-Gesellschaft.
1929 nahm der Berliner Architekt Martin Punitzer eine den gewandelten Musikgeschmack widerspiegelnde gestalterische Modernisierung vor, bei der insbesondere im Inneren des Gebäudes das inzwischen als überladen und altmodisch empfundene plastische Dekor beseitigt wurde. An der Fassade wurden über dem Eingang Leuchtkästen aus Opakglas angebracht, womit man dem zeitgenössischen Trend zur gerade in den Abendstunden Aufmerksamkeit heischenden Lichtreklame folgte. Doch parallel dazu kam die Gesellschaft in Finanznot und bot das Haus bei einer Versteigerung zum Kauf an.[3]
Mitte der 1930er Jahre leitete Kurt Strickrodt das Haus.
Das Gebäude wurde im Zweiten Weltkrieg nur leicht beschädigt und blieb bis Anfang der 1950er Jahre in Nutzung. 1952 wurde das Gebäude dann abgerissen und das Grundstück bis zur Neubebauung in den 1980er Jahren frei. Heute befindet sich auf dem Gelände ein Hotel.
Uraufführungen in der Komischen Oper
- 21. Februar 1907: Romeo und Julia auf dem Dorfe (Oper von Frederick Delius)
- 25. August 1917: Schwarzwaldmädel (Operette, Libretto von August Neidhart, Musik von Leon Jessel)
- 1934: Die Frau im Spiegel (Musik von Will Meisel)
- 1935: Heirat nicht ausgeschlossen (Lustspiel mit Musik, Libretto von Richard Keßler, Musik von Walter Kollo)
- 24. Januar 1937: Juliane Kay: Der Schneider treibt den Teufel aus – Regie: Friedrich Hellmund
- Jeden Tag kann Hochzeit sein
Sänger und Schauspieler in der Komischen Oper
Hanns Bosenius, Paul Heidemann, Martin Hellberg, Erik Ode, Ewald Wenck, Blandine Ebinger, Hilde Gebühr, Ida Perry, Fee von Reichlin, Grete Weiser
Literatur
- Der Neubau der Komischen Oper. In: Berliner Architekturwelt, 8. Jahrgang 1905/1906, Heft 11 (vom Februar 1906), S. 406 f.
- Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin e.V. (Hrsg.): Bauten für die Kunst. (= Berlin und seine Bauten, Teil V Bauwerke für Kunst, Erziehung und Wissenschaft, Band A.) Wilhelm Ernst & Sohn, Berlin 1983, ISBN 3-433-00944-9, S. 112 f. (Bautenkatalog).
Weblinks
- Berlin: Komische Oper (an der Weidendammer Brücke) auf CARTHALIA - Theatres on Postcards
Einzelnachweise
- ↑ Berliner Architekturwelt, vgl. Literatur
Auf der CARTHALIA-Seite (vgl. Weblinks) wird stattdessen die Bauunternehmung Boswau & Knauer genannt; die im Artikel über diese Bauunternehmung genannte Literatur kennt jedoch nur vage Hinweise auf ein Umbau-Projekt „Komische Oper“, datiert um 1898 und anscheinend ohne Ortsangabe. - ↑ Berlins erster weiblicher Theaterdirektor (mit Foto), in Rhein und Düssel (No. 34) vom 19. August 1911
- ↑ Komische Oper unter dem Hammer. In: Vossische Zeitung, 8. April 1929.
Koordinaten: 52° 31′ 17,8″ N, 13° 23′ 18,2″ O