Armenischer Nationalkongress (1917)

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Der Armenische Nationalkongress (armenisch Հայոց ազգային կոնգրես), auch Kongress der Ostarmenier (armenisch Արևելահայերի կոնգրես)[1], war ein politisches Repräsentationsorgan der Armenier Russlands.[2][3] Er trat erstmals am 11. Oktober 1917 in einem Theater in Tiflis zusammen.[4] Seine Formierung geht auf die Russische Revolution zurück, die den Armeniern und anderen Minderheiten Russlands gegen Ende des Ersten Weltkrieges neue Möglichkeiten der politischen Partizipation eröffnete.[5]

Mitglieder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Kongress bestand aus 204 Mitgliedern, die aus verschiedensten Gebieten Russlands stammten.[1] Nur die armenischen Bolschewiki boykottierten ihn aus ideologischen Gründen.[6]

Unterschieden nach Parteizugehörigkeit setzte sich der Kongress zusammen aus:[1]

Funktion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Laut Richard Hovannisian, einem US-amerikanischen Historiker armenischer Abstammung, handelte es sich bei dem Kongress um "die umfassendste Versammlung der Ostarmenier seit der russischen Eroberung Transkaukasiens".[4] Die unmittelbaren Ziele des Nationalkongresses umfassten den Entwurf einer Strategie zur Unterstützung der Kriegsbemühungen der Provisorischen Regierung, das Bereitstellen von Flüchtlingshilfen und das Schaffen lokaler Autonomie für die verschiedenen armenischen Institutionen des Kaukasus.[5] Er sprach sich zudem für eine Neuordnung der Provinzen Russlands aus, welche sich nach ethnischen Grenzen richten sollten.[6] Da es dem russischen Gouvernement Eriwan an einer Regierung mangelte, nahm der Nationalkongress auch diese Funktion wahr.[7] Seine Bemühungen waren außerdem bedeutend für die Säkularisierung des armenischen Bildungswesens und die Nationalisierung armenischer Sekundarschulen.[8]

Der Kongress trat 18 mal zusammen, bevor er sich am 26. Oktober 1917 auflöste.[1]

Nachwirkung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vor seiner Auflösung rief der Kongress eine aus 35 Mitgliedern bestehende Nationalversammlung ins Leben, die als Legislativorgan der Armenier Russlands dienen sollte.[1] Außerdem schuf er ein aus 15 Mitgliedern bestehendes Exekutivorgan, den Armenischen Nationalrat unter dem Vorsitz von Avedis Aharonian, welcher im Mai 1918 die Unabhängigkeit der Demokratischen Republik Armenien ausrufen und so den ersten unabhängigen armenischen Staat seit Jahrhunderten etablieren würde.[2][3][5]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e Anahide Ter-Minassian: La République d'Arménie 1918-20. Éditions Complexe, 2006, ISBN 978-2-8048-0092-5, S. 30–34 (französisch).
  2. a b Rouben Paul Adalian: Historical Dictionary of Armenia. 2. Auflage. Scarecrow Press, 2010, ISBN 978-0-8108-6096-4, S. 76 (englisch).
  3. a b Jacques Derogy: Resistance and Revenge: The Armenian Assassination of Turkish Leaders Responsible for the 1915 Massacres and Deportations. 2016, ISBN 978-1-4128-6438-1 (englisch, google.de).
  4. a b Richard G. Hovannisian: Armenia on the Road to Independence, 1918. University of California Press, 1967, ISBN 978-0-520-00574-7, S. 87 (englisch).
  5. a b c Edmund Herzig, Marina Kurkchiyan: The Armenians: Past and Present in the Making of National Identity. Taylor & Francis Ltd., 2005, ISBN 978-0-7007-0639-6, S. 95 (englisch, google.de).
  6. a b Richard G. Hovanissian: The Republic of Armenia: The First Year, 1918-1919. University of California Press, 1971, ISBN 978-0-520-01984-3, S. 16 ff. (englisch).
  7. Oksen Teghtsoonian: From Van to Toronto: A Life in Two Worlds. Hrsg.: Robert Teghtsoonian. iUniverse, 2003, ISBN 978-0-595-27415-4 (englisch, google.de).
  8. Alex Marshall: The Caucasus Under Soviet Rule. Routledge, 2010, ISBN 978-0-415-41012-0, S. 86 (englisch, google.de).