Bösendorfer (Unternehmen)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 23. Februar 2007 um 23:39 Uhr durch Ich liebe ELKE (Diskussion | Beiträge) (BKL-Link verbogen). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Datei:Ignaz Bösendorfer.jpg
Gründer Ignaz Bösendorfer (1796–1859)

Die Wiener Klavierfabrik Bösendorfer gehört zu den bedeutendsten Klavierherstellern. Flügel von Bösendorfer haben im 19. und 20. Jahrhundert die Entwicklung der Klaviermusik maßgeblich begleitet.


Geschichte

Die Firma wurde am 25. Juli 1828 von Ignaz Bösendorfer in Wien gegründet, der als Lehrling bei Joseph Brodmann gelernt und dessen Werkstatt übernommen hatte. Innerhalb kürzester Zeit erwirbt er sich durch seine sauber verarbeiteten und klangschönen Instrumente einen hervorragenden Ruf und erhält 1839 als erster Klaviermacher überhaupt vom Kaiser den Titel eines k. u. k. Hof- und Kammerklavierverfertiger.

Als er 1859 stirbt, übernimmt sein erst 24-jähriger Sohn Ludwig Bösendorfer die Firma. Mit viel Geschick führt er die Firma weiter und die Instrumente werden bald in alle Welt exportiert. Franz Liszt, der Ausnahmepianist, dessen Klaviersspiel bislang noch fast jedes Klavier ruiniert hat, spielt vorwiegend auf Bösendorfer, da diese Instrumente seinem Spiel standhalten.

1870 bezieht die Firma das Fabriksgebäude in der Graf-Starhemberg-Gasse, wo noch heute die Endfertigung der Klaviere vorgenommen wird. Zwei Jahre später findet das erste Konzert in der ehemaligen Reitschule des Palais Liechtenstein in der Herrengasse statt, dem sogenannten Bösendorfer-Saal mit seiner legendärer Akustik.

Aufsehen erregte 1900 der Imperial-Flügel mit 8 Oktaven Tonumfang (vom Subkontra-C bis zum c5), der auf Anregung von Ferruccio Busoni gebaut wurde. Mit seinen 290 cm war der „Imperial“ bis zum Erscheinen des Modells „308“ der Firma Fazioli der längste in Serie hergestellte Flügel und ist bis heute das einzige Klavier mit 97 Tasten.

In diese Zeit fällt die Hochblüte des Klavierbaus, an der Bösendorfer wesentlichen Anteil hat. Die Instrumente sind technisch ausgereift, nur bestes Material findet Verwendung und in der Produktion ist der Faktor Zeit noch nicht der Entscheidende.

Ludwig Bösendorfer, der kinderlos bleibt, verkauft 1909 die Firma seinem Freund Carl Hutterstrasser. 1913 fällt trotz zahlreicher Proteste der Bösendorfer-Saal der Bauspekulation zum Opfer. Am Ende des Abschiedskonzertes verlässt das Publikum schweigend den akustisch besten Saal Wiens. Das Gebäude wird abgerissen und wie zum Hohn bleibt der Platz im Zentrum von Wien für viele Jahre unverbaut.

Der Erste Weltkrieg bringt für die Firma einen schweren Rückschlag, 1919 stirbt Ludwig Bösendorfer. Die Produktion läuft nur schleppend wieder an. 1931 trteten die Söhne Carl Hutterstrassers, Alexander und Wolfgang, in die Firma ein, die zur OHG (Offene Handelsgesellschaft) wird.

Der Zweite Weltkrieg bringt den nächsten großen Rückschlag, 1944 verbrennt nach einem Bombenangriff das Holzlager. Als nach dem Krieg die ersten Facharbeiter aus der Kriegsgefangenschaft zurückkommen, beginnt der mühevolle Wiederanfang. Langsam kann die Produktion wieder begonnen und gesteigert werden.

1966 wird Bösendorfer zur Aktiengesellschaft und wird zu 100% von der US-amerikanischen Firma Kimball-International in Jaspers, Indiana übernommen. Diese Firma beschäftigt sich mit Holzverarbeitung im weitesten Sinn und baut auch Klaviere. Auf Dauer tut das Engagement von Kimball Bösendorfer nicht gut, zwar kann die Produktion gesteigert werden und viele Instrumente in alle Welt exportiert werden, aber gravierende Managementfehler - zu viel Mitsprache der Marketingabteilung und der Betriebswirtschafter, zu wenig Mitsprache der Klaviermacher - führen in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zu einem deutlichen Qualitätsverlust bei gleichzeitig exorbitant steigenden Preisen für die Instrumente.

Im Jahre 1973 wird die Fertigung zum Großteil in die neue Fabrik in Wiener Neustadt verlegt, 1983 wird für Konzerte ein neuer Bösendorfer-Saal im Fabriksgebäude in der Graf-Starhemberg-Gasse eingeweiht.

2002 gerät Bösendorfer wieder in österreichische Hand, die Firma wird von der Bawag-Unternehmensgruppe übernommen. Nach den Turbulenzen der Bawag und deren Übernahme durch den US-Fonds Cerberus steht Bösendorfer wieder zum Verkauf an.

In den letzten zehn Jahren konnte die Qualität von Bösendorfer-Klavieren wieder stark gesteigert werden und es wäre zu hoffen, dass Bösendorfer einen Eigentümer bekommt, der nicht nur am Namen, sondern an der Fortführung der typisch wienerischen Klangkultur interessiert ist.

Bislang hat Bösendorfer seit seinem Bestehen etwas weniger als 50.000 Instrumente gebaut, weniger als ein Zehntel der Anzahl von Hauptkonkurrent Steinway.

Modelle

Zur Zeit werden Flügelmodelle in folgenden Längen gebaut: 170, 185, 200, 214, 225 (Tonumfang Subkontra F - c5), 280 und 290 cm (Tonumfang Subkontra C - c5).

Weiters ist ein Pianinomodell mit einer Höhe von 130 cm im Angebot.

Besonderheiten

Im Gegensatz zu anderen Herstellern bezieht Bösendorfer auch das Gehäuse in die Klangerzeugung ein, auch das Gehäuse besteht aus Klangholz. Der typische Bösendorferklang ist „gesanglich“, mit grundtonstarken Bässen. Ein guter Bösendorfer ist klanglich zu vielen Nuancen fähig und bietet sich besonders zu Kammermusik und Liedbegleitung an, sowohl im Bereiche Klassik als auch Jazz.

Bis zum Ersten Weltkrieg baute Bösendorfer auch Flügel mit Prellzungenmechanik (Wiener Mechanik), Ende des 19. Jahrhunderts auch mit verschiedenen Spielarten der Stoßzungenmechanik (Englische Mechanik).

Der Computerflügel SE290

1985 wurde ein Prototyp eines Computerflügels vorgestellt. Dieses Instrument wurde von dem amerikanischen Ingenieur Wayne Stahnke in Zusammenarbeit mit dem Massachusetts Institute of Technology und dem damaligen Eigentümer von Bösendorfer, der Kimball International, Inc., entwickelt. Es wurde in Lizenz von Stahnke seit 1986 als Bösendorfer SE290 angeboten. Das SE in der Typenbezeichnung steht für Stahnke Electronics, die 290 für die Länge des Flügels. Insgesamt wurden 33 dieser Instrumente hergestellt. Das Instrument ist mit Infrarot-Sensoren ausgestattet, die die Hammerendgeschwindigkeit der 97 Töne, den Zeitpunkt des Anschlags und des Loslassens einer Taste, sowie die Stellung der Pedale exakt aufnehmen.

Die dabei ermittelten Daten des Klavierspiels werden an ein externes Gerät, die sogenannte Blackbox, übermittelt. Diese Blackbox ist mit einem PC verbunden, die Daten lassen sich dort mit einem speziellen Editor bearbeiten. Die auf dem PC gespeicherten bzw. editierten Daten lassen sich auf dem Flügel über eine durch Magnetspulen gesteuerte Mechanik auch wiedergeben. Die Blackbox enthält zusätzlich eine MIDI-Schnittstelle. Das Instrument wird einerseits als Kompositionswerkzeug benutzt, andererseits als Reproduktionsklavier eingesetzt. Beispielsweise kann ein Pianist mit sich selber 4-händig spielen: Er spielt zuerst den einen Part ein, lässt ihn anschließend durch den Computer abspielen und spielt den zweiten Part dazu. Auch ist es möglich, dass ein Pianist irgendwo auf der Welt auf dem Computerflügel ein Konzert gibt und die Daten auf einen anderen Computerflügel an einem anderen Ort übertragen werden, wo dieser Flügel dann alleine spielt.

Mittlerweile wurde das System unter Mitarbeit der Technischen Universität Wien erheblich weiterentwickelt und ist unter der Bezeichnung „CEUS“ für alle Flügelmodelle, auch zum nachträglichen Einbau, erhältlich. Es ist zur Zeit das aufwendigste und beste System seiner Art.

Der typische Bösendorfer-Klang steht mittlerweile von verschiedenen Unternehmen auch als Sample (in digitalisierter Form) für die elektronische Musikproduktion zur Verfügung.

Schauraum von Bösendorfer
auf der Rückseite des Musikvereins

Bekannte Spieler auf Bösendorfer

Vorlage:Aeiou (Ignaz Bösendorfer) Vorlage:Aeiou (Ludwig Bösendorfer) Vorlage:Aeiou (Bösendorfer Saal)