Benutzer:Albrecht62/Kriegsfähigkeit

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Die (Neu-)Definition der Begriffs „Kriegstüchtigkeit“ erfolgte im Rahmen der Erarbeitung der „(vorläufigen) Operativen Leitlinien des Heeres - Zur Zukunft deutscher Landstreitkräfte 2030+“ (OpLL LaSK) im Frühjahr 2021 durch einen der Hauptautoren dieser aktuell höchstrangigen Regelung des Heeres (K1-9000/1111), Oberstleutnant i.G. Carsten Wilhelm Schrehardt.

Es handelt sich um die bewusst gesetzte Wiedereinführung eines bereits über die vergangenen rund 200 Jahre hinweg in preußischen und deutschen Truppenführungsvorschriften genutzten Begriffes. Der Begriff steht in engem Zusammenhang mit dem Begriff „Kriegstauglichkeit“. Ebenso wurden in den vorläufigen OpLL LaSK zum 1. Oktober 2021 die Begriffe „Zeitenwende“ (mit Bezug auf den russischen Angriff bereits im Jahre 2014), „siegfähig“ und „Kaltstartfähigkeit“ eingeführt. Im öffentlich zugänglichen „Erklärstück“ (siehe Dateiname) zu den OpLL LaSK (12. August 2021) wird aufgezeigt:

„Der Prägung der Angehörigen der deutschen Landstreitkräfte wird das gemeinsame Ziel der Kriegstüchtigkeit gegeben, um Geist, Können und Haltung danach auszurichten. Ohne kriegsnah ausgebildete, robuste und motivierte Soldatinnen und Soldaten und die notwendige Unterstützung der Politik genauso wie der Bevölkerung können die Operativen Leitlinien nicht mit Leben gefüllt werden. Unverändert gilt, dass – neben einer modernen, leistungsfähigen und kriegstauglichen materiellen Vollausstattung – unsere Soldatinnen und Soldaten das Rückgrat des Deutschen Heeres sind. Nur mit ihnen – professionell ausgebildet, verantwortungsbewusst geführt und von einem festen Zusammengehörigkeitsgefühl gestärkt – werden Leitgedanken in erfolgreiches militärisches Handeln umgesetzt.“ – Kommando Heer: Warum Operative Leitlinien?[2]

Kritische Infrastruktur

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Die kritische Infrastruktur wird bereits in Friedenszeiten von der Nato als „signifikanten Risiko“ eingeschätzt[1] und wurde wiederholt zum Ziel von Angriffen, deren Herkunft regelmäßig unerkannt bleibt. So ist im Oktober 2022 fast der gesamte Zugverkehr im Norden Deutschlands wegen zweier Anschläge auf Glasfaser-Netze zum Stillstand gekommen.[2] Und bei der Suche nach den Verursachern der Zerstörungen an den Ostsee-Gaspiplines Nordstream 1&2 gibt es nach wie vor lediglich Vermutungen.[1]

Das seit 2017 bestehende DLR-Instituts für den Schutz maritimer Infrastrukturen in Bremerhaven urteilt, dass „schon die Länge von Öl-, Gas- oder Stromleitungen unter Wasser“ deutlich macht, „dass eine lückenlose ständige Überwachung schwierig, wenn nicht sogar unmöglich ist“.[3] Vom norwegischen Botschafter in Deutschland ist zu hören: „Wenn jemand Europa lahmlegen will, dann ist die Gasinfrastruktur in der Nordsee sicher ein Ziel,“ denn die Pipeline „Europipe I … versorgt ganz Europa.“[4]

Zum Risiko bei der Stromversorgung haben Innenpolitiker aller im Bundestag vertretenen Parteien bereits im Jahr 2008 festgestellt, dass „wichtige technische Infrastrukturen … nachhaltig gestört werden [können, sodass] die Stromversorgung ... bis zu mehreren Monaten ausfällt.“ Die „Sicherheit und Grundversorgung der Bürger könnten von staatlichen Einrichtungen und privaten Hilfsorganisationen [dann] nicht mehr aufrechterhalten werden.“[5] Diese Aussagen wurden vor dem Hintergrund terroristischer Angriffe getroffen, haben also die effektiveren Möglichkeiten staatlicher Akteure nicht berücksichtigt.

Der Cyberangriffe von 2015 auf den Deutschen Bundestag gilt als der weltweit erste Fall der hybriden Kriegsführung.[6][7]

Um all diese Risiken zu reduzieren, soll bis Oktober 2024 das „Kritis-Dachgesetz“ verabschiedet werden, nach dem die Betreiber kritischer Infrastrukturen geeignete Maßnahmen ergreifen sollen.[8][9]

Die Bevölkerung „dafür“ aufstellen

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In totalitäre Regimen ist es möglich einen Propaganda- und Repressionsapparat aufzubauen, der in der Zivilbevölkerung eine wirksame Unterstützung beim Übergang vom Frieden zu Krise und Krieg sicherstellt.[10] In demokratischen Ländern, in denen Pressefreiheit herrscht, gilt es, Bilder von zerstörte eigene Landschaften und von getöteten Landsleuten weitgehend zu vermeiden.[10] Mit der Strategie der „Kaltstartfähigkeit“ soll deshalb jede zeitliche Lücke zwischen einem gegnerischen Angriff und einem hochintensiven Gefecht vermieden werden. Es braucht einen „verzugsloser Übergang von Verzögerungs- zu Verteidigungsoperationen“.[10] Diese zeitliche Lücke wird „operative Pause“ genannt und ist als „die verwundbarste Achillesferse der Allianz“ identifiziert.[10]

Während bei einem etwaigen Angriff von Litauen, die Ausrufung des nationalen Verteidigungsfalls auf wenig Widerstand der lokalen Bevölkerung stoßen dürfte, hat der Gesetzgeber vor Beginn von Verteidigungsoperationen durch Nato-Verbände die Feststellung des Bündnisfalls gemäß Nato-Vertrag, Paragraph 4 vorgesehen. Diese Feststellung braucht in Deutschland einen Mehrheits-Beschluss des Bundestages, es sei denn es ist „Gefahr im Verzug“. Dazu braucht es entsprechenden Rückhalt in der Bevölkerung. Durch „Lüge, Täuschung und Verschleierung“ könnte der Angreifer seine Absichten verbergen, so dass politische Entscheidungsprozesse verzögert werden könnten.[10]

Um bereits auf eine sich abzeichnende Krisenlage reagieren zu können, wäre eine militärisches Schengen-Abkommen notwendig, um Truppenverlegungen ohne administrative Verzögerungen (Zoll, Gefahrgut-Transportgenehmigung, etc.) durchführen zu können.[11] Dies ist im Nato-Projekt PESCO (englisch: Permanent Structured Cooperation) auch bereits vorgesehen. Solche Lockerungen müssen von der Zivilgesellschaft mitgetragen werden.

Da die vorgesehene Verteidigungslinie im kalten Krieg noch am Rhein vorgesehen war, braucht es für schnelle Truppenverlegungen den Ausbau von Autobahnen und Bahntrassen.[11] Auch dafür braucht es Akzeptanz in der Gesellschaft. Aus den Erfahrungen im Ukraine-Krieg kann abgeleitet werden, dass es einer Truppenstärke von 150.000 Mann bedarf, um einen etwaigen Aggressor erfolgreich abzuwehren.[10]

Da die USA erwartbar ihren Fokus auf die Expansionsziele Chinas verlagern,[12][10] wird der Bedarf bestehen, die Schnelle Eingreiftruppe der Nato, die derzeit aus 40.000 Mann besteht,[13] durch europäische Nato-Soldaten zu ergänzen.[10] Auch das braucht die Akzeptanz der Bevölkerung.

Neben militärischen Truppen ist auch der zivile Katastrophenschutz auszubauen.[14] Auf die gebräuchliche Praxis, dass bei größeren Naturkatastrophen die Bundeswehr gerufen werden kann, kann im Spannungsfall nicht mehr zurückgegriffen werden. Hier ist die Zivilbevölkerung direkt gefordert.

Kräftevergleich

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Grob gerechnet kamen die europäischen Nato-Länder im Jahr 2022 auf ein Verteidigungsbudget von zusammen gut 300 Mrd. US-Dollar. Die Effizienz-Verluste durch die unterentwickelte Koordination im Bereich Verteidigung und Sicherheit zwischen den EU-Mitgliedstaaten werden mit 25–100 Milliarden Euro pro Jahr beziffert.[15]

Damit stehen mehr als 200 Mrd. US-Dollar auf Seiten der europäischen Nato-Staaten einem Militärbudget von Russland in Höhe von 86 Mrd. US-Dollar gegenüber.

Grenzen des Vertrauens in einem Krieg erfolgreich zu sein

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Europa ist bereit, dauerhaft mindestens 2 % des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben. Damit werden auch hochwertiges Rüstungsgüter bestellt, die „dann zwanzig oder dreißig Jahre später in eine komplett andere Weltlage hinein geliefert“ werden.[16] Es besteht also die Gefahr, Kriegswaffen anzuschaffen, die durch lange Entwicklungs- und Beschaffungszeiträume ihren Zweck dann nicht erfüllen können.

Größer ist jedoch die Gefahr, dass heute noch gar nicht bekannte Schwachstellen dieser Waffen, von einem potentiellen Feind erkannt werden und dadurch die Wirkung dieser Waffen zunichte gemacht wird.

Noch größer ist die Gefahr durch Waffen, gegen die kein wirksamer Schutz möglich ist. So gibt es gegenüber Hyperschallwaffe kaum eine Abwehrmöglichkeit. Gegen IT-Systeme und die Stromversorgung gilt der sogenannte Elektromagnetische Impuls (EMP) als das effektivste Kampfmittel. Schäden an Stromerzeugungsanlagen und -übertragungssystemen können jahrelange Reparaturarbeiten erfordern.[17]

Der Vorsitzende der CSU, Markus Söder, differenzierte: „Wir finden es wirklich gut, wenn die Bundeswehr endlich verstärkt wird. Aber wir teilen ausdrücklich nicht die Zielrichtung der Bundesregierung, kriegstüchtig und kriegsbereit zu sein.“[13]

Carsten Schmiester (Deutschlandfunk) nannte es „das richtige Wort zur Unzeit“, um das Bewusstsein für den neuen Kalten Krieg zu schärfen und aus der „friedensbewegten Komfortzone“ herauszukommen.[14]

Ulrike Winkelmann (taz) merkte an, dass mit vagen geopolitischen Bedrohungen Ängste geschürt und Verteilungsmechanismen in den Budgets für Maßnahmen in Gang gesetzt werden, die, wenn sie mehrere Dekaden später wirksam werden, Defizite in anderen Bereichen bewirkt haben werden.[15] Kriegstüchtigkeit bezeichnet die auf Erkenntnisvermögen beruhende Überzeugung, im Vertrauen auf die eigene Kraft, Stärke, Rüstigkeit und Festigkeit, mit der Gesamtheit der eingesetzten personellen, materiellen, infrastrukturellen, organisatorischen sowie intellektuellen Fähigkeiten auch in den kritischsten Ausprägungen des gemeinsamen Kriegsbildes gegen den erwarteten Gegner erfolgreich zu sein.[1]

Einzelnachweise

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  1. a b Anschläge unter Wasser geplant? , ZDF, 8. Mai 2023
  2. Sabotage bei der Bahn: Viele vertrauliche Infos sind offen zugänglich, von Jan Mahn, heisse.de, 19. Oktober 2022
  3. Schutz auf und unter Wasser: Norwegen bittet Nato um Hilfe, von Wolfgang Heumer, VDI-Nachrichten, 8. Nov 2022
  4. Norwegen: „Eine Explosion in der Europipe I wäre ein riesiges Problem“, von Michael Maier, Berliner Zeitung, 6. März 2023
  5. Risiken und Herausforderungen für die öffentliche Sicherheit in Deutschland, Grünbuch des Zukunfsforum öffentliche Sicherheit, September 2008
  6. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Stephan Thomae, Grigorios Aggelidis, Renata Alt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP, Deutscher Bundestag, 11. Februar 2019
  7. Hackerangriff auf Bundestag, von Florian Flade und Georg Mascolo, SZ, 5. Mai 2020
  8. KRITIS-Dachgesetz: Schutzvorhaben mit eklatanten Lücken, von Falk Steiner, heise.de, 17. Juli 2023
  9. Warum die kritische Infrastruktur besser geschützt werden muss, von Falk Steiner, DLF, 17. September 2023
  10. a b c d e f g h Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen RMzF.
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