Benutzer:Alecconnell/Magisches Viereck

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Magisches Viereck der Wirtschaftspolitik

Als Magisches Viereck bezeichnet man in der Volkswirtschaftslehre ein System von den vier wirtschaftspolitischen Zielen Angemessenes und stetiges Wirtschaftswachstum, Preisniveaustabilität, hoher Beschäftigungsstand und außenwirtschaftliches Gleichgewicht.

Bei einer Erreichung der vier Ziele spricht man von gesamtwirtschaftlichem Gleichgewicht. Die Ziele des Magischen Vierecks sind abgeleitet aus den "obersten" Zielen einer demokratischen und marktwirtschaftlichen Gesellschaftsordnung, wie z. B. Gerechtigkeit, Wohlstand und Sicherheit. Zudem sind die Ziele des Magischen Vierecks im Stabilitätsgesetz von 1967 verankert.

Probleme der Zielerreichung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Begriff magisch rührt daher, dass nicht alle Ziele gleichzeitig erreicht werden können, da zwischen den Zielen ein Zielkonflikt vorliegt. Einige der Ziele können zwar in manchen Situationen zueinander kongruent sein, das heißt sie können sich gegenseitig unterstützen, z. B. Wirtschaftswachstum und hohes Beschäftigungsniveau (Okunsches Gesetz), andere sich jedoch gegebenenfalls konkurrierend verhalten, z. B. kurzfristig Preisniveaustabilität und Wirtschaftswachstum oder Preisniveaustabilität und ein hoher Beschäftigungsstand (Phillips-Kurve). Darüber hinaus gibt es die situationsbezogene Zielkonkurrenz, z. B. in einer Rezession mögen die Ziele Preisniveaustabilität und Beschäftigung nicht im Widerspruch stehen, in einer Phase der Hochkonjunktur können es konkurrierende Ziele sein.

Messung der Zielerreichung / Indikatoren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beschäftigungsstand[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der öffentlichen Diskussion hat ein hoher Beschäftigungsstand ein sehr hohes Gewicht, denn Arbeitslosigkeit ist für jeden in der Bevölkerung unmittelbar greifbar. Ein hoher Beschäftigungstand wird anhand der Arbeitslosenquote gemessen.

Beträgt die statistisch erfasste Arbeitslosigkeit weniger als 4 % so spricht man von Vollbeschäftigung. Der Anteil darunter wird durch freiwillige, friktionelle (Übergangs-) und saisonale Arbeitslosigkeit erklärt.

Der Verlauf der Arbeitslosigkeit in Deutschland lag während der Großen Depression in den 1920er Jahren bei 14 %. Nach Gründung der Bundesrepublik bis Ende der 1960er Jahre herrschte Vollbeschäftigung und sogar Arbeitskräftemangel. Seit den 1970er Jahren zeigt die Arbeitslosenquote eine steigende Tendenz. [1]

Messung des Wirtschaftswachstums[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit einem angemessenen Wachstum wird die allgemeine Erhöhung des Wohlstandes eines Landes bezeichnet, die besondere Bedeutung für weniger wohlhabende Bevölkerungsgruppen hat. Ein stetiges Wachstum soll starke Ausschläge in der Entwicklung und Schwankungen in der Beschäftigung vermeiden. [2]

Wirtschaftswachstum liegt vor bei einer Zunahme des realen Bruttonationaleinkommens bzw. des realen Bruttoinlandprodukts (BIP). Von einer Wohlstandssteigerung kann man generell dann sprechen, wenn sich das Bruttonationaleinkommen pro Kopf erhöht. [3] Die prozentuale Veränderung im Wachstum der Volkswirtschaft wird rückwirkend jeweils einmal pro Quartal erfasst. In Deutschland gelten die Werte von zwei aufeinanderfolgenden Quartalen als Signalgeber. In den USA wird dagegen nur ein Quartalswert genommen und aufs Jahr hochgerechnet.

Phasen besonders starken Wachstums waren in Deutschland die sog. Gründerzeit von ca. 1870-1913 und die Zeit des Wirtschaftswunders nach dem 2. Weltkrieg. Phasen besonders starker Schwankungen waren die beiden Weltkriege und die Große Depression in den 1920er Jahren. In den letzten 100 Jahren war das Wachstum demzufolge nicht durchgängig stetig. Seit Gründung der Bundesrepublik zeigt das Wachstum einen Verlauf, den man eher mit dem Begriff stetig bezeichnen kann. Aber auch in dieser Zeit gab es Dellen (Erste Schwächephase 1966/67, Ölkrise 1973-75, Rezessionen 1981/82 und 1993/94). [4]

Messung der Preisniveaustabilität[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit Hilfe der Inflationsrate wird die Preisniveaustabilität gemessen. Es wird ein Warenkorb mit den üblicherweise konsumierten Gütern zusammengestellt, deren Preise monatlich erhoben werden. Vergleicht man das Preisniveau des Warenkorbs mit dem des Vorjahres, so erhält man die Veränderung, die bei positivem Vorzeichen als Inflation und bei negativem Vorzeichen als Deflation bezeichnet wird. Eine Inflationsrate von unter 2 % pro Jahr wird beispielsweise von der Europäischen Zentralbank als Preisniveaustabilität interpretiert.

Ein Preisniveaustabilität hat positive Auswirkungen auf eine Marktwirtschaft: Geld kann seine Funktion als Tauschmittel, Wertspeicher und Recheneinheit wahrnehmen. Negativbeispiel für eine Inflation in Deutschland ist die Preisentwicklung während der Großen Depression.

Messung des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Indikator hierfür ist die Außenbeitragsquote. Sie errechnet sich aus dem Außenbeitrag (= Exporte minus Importe von Waren und Dienstleistungen) dividiert durch das nominale Bruttoinlandsprodukt.

Während der Entstehung des Stabilitätsgesetzes in den 1960er Jahren war Deutschland noch in ein System fester Wechselkurse (Bretton-Woods-System) eingebunden. Das außenwirtschaftliche Gleichgewicht bedeutete unter dem damaligen Gesichtspunkt ein Zustand, der die Teilnahme an diesem System nicht gefährdet. 1973, als sich dann das System der freien Wechselkurse etablierte, wurde dieses Ziel allerdings nicht neu definiert. Das Ziel des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts wird deswegen auch oft aus dem Magischen Viereck herausgehalten. [5] Tatsächlich kann es aber als Vermeidung eines kontinuierlichen Handelsbilanzdefizites verstanden werden.

Situation in Deutschland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die vier Ziele des magischen Vierecks werden in § 1 des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes von 1967 genannt. Sie bilden zusammen das Staatsziel des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts (Art. 109 Abs. 2 GG).

Die Ziele sind eigentlich als gleichberechtigt gedacht gewesen; durch das Europarecht wird jedoch der Preisniveaustabilität eine herausragende Stellung eingeräumt (vgl. Art. 4 Abs. 2 und 105 EGV, Art. 88 Satz 2 GG)

Varianten der Ziele im magischen Viereck[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von einem magischen Dreieck spricht man bei der Beobachtung der drei Ziele Preisniveaustabilität, Vollbeschäftigung und außenwirtschaftliches Gleichgewicht. Bisweilen spricht man vom magischen Fünfeck, Sechseck, Siebeneck, Achteck und Neuneck, wobei das magische Viereck um einen oder mehrere der folgenden Punkte erweitert wird:

  • ausgeglichene öffentliche Haushalte
  • gerechte Einkommensverteilung
  • Erhaltung einer lebenswerten Umwelt
  • humane Arbeitsbedingungen
  • Sicherung von Ressourcen

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. vgl. BOFINGER (2003) S. 236f
  2. vgl. BOFINGER (2003) S. 232f.
  3. In Deutschland war die Menge der produzierten Güter und Dienstleistungen pro Kopf im Jahre 2000 achtundzwanzig Mal so hoch wie 1870. vgl. BOFINGER (2003) S. 233
  4. vgl. BOFINGER (2003) S. 234f.
  5. vgl. BOFINGER (2003), S. 242ff