Benutzer:Bernd Gaiser/Maldoror FlugSchriften

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

1 Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1.1. Geschichte der Schwulen Literarischen Werkstatt SchwuLit in Berlin[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die 1978 gegründete Vereinigung SchwuLit (Schwule Literarische Werkstatt) in Berlin war der Treffpunkt junger schwuler Autoren, die im Rahmen der schwulen Emanzipationsbewegung der 1970iger Jahre entschlossen waren, sich Gehör zu verschaffen, um vor dem Hintergrund der auch an ihnen nicht spurlos vorübergegangenen Aufbruchstimmung und unabhängig vom bürgerlichen Literaturbetrieb einen nicht kommerziell orientierten Beitrag zu leisten, um einer homophoben Umgebung ("Als Schwule hätte man euch alle vergasen sollen!") ihr schwules Selbstbewusstsein und ihren schwulen Stolz entgegenzusetzen. In der Absicht und im Sinne der Forderung: Mach dein Schwulsein öffentlich! Gipfelnd in Ende der 1970iger Jahre zu verzeichnenden ersten Veröffentlichungen und dem Höhepunkt der aktiven Teilnahme am ersten Berliner CSD am letzten Sonnabend im Juni 1979. Zu dem die Initiative von Andreas Pareik und Bernd Gaiser ausging.

1.2 SchwuZ, Berlin[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der 1977 erfolgten Gründung des ersten Berliner Schwulen-Zentrums (SchwuZ) war in dessen Rahmen nicht nur der bereits 1975 gegründete Verlag rosa Winkel untergebracht, sondern auch die Redaktion der Berliner Schwulen Zeitung (1978 - 1982). Die Einrichtung des SchwuZ diente auch der Gruppe junger Autoren von SchwuLit als Treffpunkt, zum Austausch ihrer Lese- und Schreibversuche. Einige der Teilnehmer (Bernd Gaiser und Eberhard Bechtle) haben damals auch den Schritt an eine schwule Öffentlichkeit gewagt und sind gemeinsam mit der befreundeten Travestiegruppe Carla Cadavres' "Les Chaud-Show-Sisters" in schwulen Vorstadtkneipen aufzutreten, wie der Schöneberger "Kleist-Quelle" oder dem Neuköllner Club "Trommel"

1.3 Drei Tage im November 1978[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Höhepunkt der Aktivitäten der Gruppe SchwuLit bestand in der Organisation eines bundesweiten Treffens schwuler Autoren im Berliner SchwuZ vom 17. bis 21. November 1978, zu dem ca. 20 - 25 Teilnehmer aus allen Teilen der Bundesrepublik angereist waren, um sich in Lesungen und Diskussionen einen gemeinsamen, aber nicht immer übereinstimmenden, gelegentlich also durchaus kontroversen Standpunkt zu erarbeiten, in der Frage der Notwendigkeit einer schwulen Ästhetik - als der besonderen Sicht schwuler Autoren, Künstler, Maler, Fotografen. Im Rahmen der damaligen Schwulenbewegung der 1970iger Jahre. Einer der Autoren, die damals auf sich aufmerksam machten, war Rolf Stürmer mit seiner in Tagebuchform formulierten Anklage an die "Väter" sowohl von Schwulen, als auch im allgemeinen. Rolf Stürmer war damals einer der jungen Stars der jungen literarisch motivierten Schwulenbewegung und Mitbegründer des schwulen Buchladens Sodom nahe dem Münchener Viktualienmarkt. Großes Aufsehen erregte ein weiterer junger schwuler Autor aus Wildbad im Schwarzwald, aber weniger durch seine Abwesenheit, als dank eines von Reinhard von der Marwitz (Anderes Ufer, Schwuchtel, Albino Verlag) stellvertretend für ihn vorgetragenen Gedichts Amerikanisches Lied, in dem es dem damals 17jährigen Autor gelungen war, ganz neue Töne anzuschlagen und Saiten zum Klingen zu bringen; Rolf Stürmer darin verwandt. Weshalb beide im Kreis der aus Anlass des Workshop Schreibende Schwule in Berlin versammelten Autoren besonderen Anklang fanden. Ein weiterer Teilnehmer Mario Wirz, der damals mit zahlreichen, ungestüm artikulierten und vorgetragenen Gedichten in Erscheinung trat, hat sich später, ab Anfang der 1990iger Jahren u.a. mit seinem nächtlichen Bericht Es ist spät ich kann nicht atmen, (1992 im Berliner Aufbau Verlag erschienen) einen Namen gemacht. Es handelt sich dabei um die Auseinandersetzung eines HIV-infizierten schwulen Mannes mit sich selbst in einer nicht abreißenden, monologisierenden und tief berührenden Selbstreflektion.

1.4 Edition Maldoror FlugSchriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ihre Herausgeber (Bernd Gaiser und Nico Würz) sind 1978 erstmals mit der "Dokumentation des Workshop Schreibende Schwule" (der Sammlung der aus diesem Anlass vorgetragenen Texte) in Erscheinung getreten. Und haben damit die Ermutigung verbunden, zur 1979 in Kooperation mit dem Verlag rosa Winkel erschienenen Anthologie Milchsilber. Wörtern und Bilder von Schwulen. Einem 220 Seiten starken Band mit Texten, Gedichten, Collagen, Zeichnungen und Fotografien über die schwulenorientierte Befindlichkeit ihrer Urheber und Verfasser. Die damit erstmals ungeachtet der bescheidenen Auflage von 2000 Expl. vor eine schwule Öffentlichkeit traten. In der Nachfolge des bereits 1977 von dem schwulen Publizisten Elmar Kraushaar herausgegebenen Vorläuferbands Schwule Lyrik Schwule Prosa

2 Veröffentlichungen der Edition Maldoror FlugSchriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Nico Würtz: Ich sind zwei mehr im Kreis, Berlin, 1980 Heft 1 der Reihe "Maldoror im Blauen Mond" einer losen, leporelloartigen Folge von lyrischen Texten und Illustrationen.
  • Eberhard Bechtle: ADA Teeblätter Comic, Berlin, 1980, ein vom Autor getextete und gezeichnete Folge von Gedichten, Illustrationen und Collagen autobiografischen Charakters
  • Jürgen Baldiga: Breitseite, Berlin, 1980, eine Folge lyrischer Texte und Collagen des damals gerade 20jährigen Autors, der sich später als bedeutender Fotograf und Chronist der queeren Community und Szene in Berlin einen Namen machte.
  • Peter Baschung: Sucking Boys, Berlin, 1980, eine Folge lyrischer Texte und Zeichnungen des Autors, in denen er vor allem und in erster Linie um das eigenen schwule Selbst-Verständnis eines jungen Schweitzer Autors kreist.
  • Manfred Semmelbauer: Michael, Berlin, Heft 2 der Reihe Maldoror im Blauen Mond, ein Poem und das Requiem auf den frühe Tod eines geliebten Menschen, um diesem damit ein Denkmal zu setzen.
  • Ebi Bechtle: Gedichte der Nacht , erschienen ohne Seiten- und Jahresangabe ca. 1981 in einer Kooperation zwischen des Autors Selbstverlag Wald und Welt und den Maldoror FlugSchriften.
  • Bernd Gaiser: Im Schatten des rosa Winkel oder Schwule erfinden das Glück, 240 S., Berlin, 2016

3 Rückblick[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Veröffentlichung der in der Edition Maldoror FlugSchriften erschienen Texte erfolgte (mit Ausnahme des Bands Bernd Gaisers) in dem überschaubaren Rahmen von anderthalb Jahren 1980/198, vor dem Hintergrund der sich spätestens ab 1982 abzeichnenden Aids-Krise der 1980iger Jahre. Es ist also nicht als Zufall zu erachten, dass die veröffentlichten Autoren in ihrer überwiegenden Zahl verstummten, weil sie mit einer Ausnahme (der von Nico Würz, der sich mittels an sich selbst vollzogenen Suizids für immer von uns verabschiedete) Opfer ihrer HIV-Infektion waren. Im Fall des 1986 verschiedenen jungen, damals 26jährigen Autors Eberhard Bechtle hat sicherlich eine bereits früh diagnostizierte Leukämie-Erkrankung zur Beschleunigung des Krankheitsbilds AIDS beigetragen. In ihm handelt es sich auch um denjenigen Autor, der es bei längerer Lebensdauer mit Sicherheit zu weiteren, zahlreichen bemerkenswerten Veröffentlichungen gebracht haben würde. Wie es anhand seiner 1992 posthum in der Marburger Basiliskenpresse erschienen und auszugsweise in der Zeitschrift Akzente des Hanser Verlag München nachgedruckten Texte des unter dem Titel Die Umgebung der Welt erschienener Bands von Mikrogeschichten unschwer nachzuvollziehen ist.

4 AIDSKRISE[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Diese hat im Verlauf der 1980iger Jahre eine Schneise der Verwüstung und Trauer um den Verlust zahlreicher davon betroffener Opfer geschlagen. Und ist auch an den Reihen damals künstlerisch Tätiger nicht spurlos vorübergegangen, die in dem Autor Mario Wirz über eine eindringliche, bewegende Stimme verfügen, bedauerlicherweise ebenfalls inzwischen an den Spätfolgen des Krankheitsbilds Aids verschieden. Während ihm der bedeutende Fotograf und visuelle Chronist der schwulen Szene und queeren Community Jürgen Baldiga bereits Anfang der 1990iger Jahre vorausging, dessen Selbstporträt, als das Abbild eines HIV-Infizierten mit AIDS-Vollbild aus Anlass eines Welt-Aids-Kongresses an allen Pariser Litfaßsäulen zu besichtigen war, um die Öffentlichkeit damit aufzurütteln. Dank Verlusts zahlreicher Betroffener war die Szene schwuler Autoren in dieser Zeit spürbar dezimiert, wenn nicht ganz verstummt. Ungeachtet bemerkenswerter Erfolge Einzelner, wie beispielsweise, im Fall des dieser Szene zugehörigen Malers Salomé, dem Mitbegründer der Malschule der sogenannten Jungen Wilden in Berlin. Muse und Inspirator des damals jungen Jürgen Baldiga dessen Laufbahn vom - bei seiner Ankunft 1979 in Berlin - 19 Jahre alten schwulen Strichers und Prinzen aus dem Ruhrpott - zum bedeutenden Fotografen und Chronisten der queeren Szene er wesentlich mitbestimmt und gefördert hat.

5 Gegenwart und Vorausschau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der gegenwärtige Zustand schwuler Literatur bewegt sich insgesamt auf dem Stand, sich vor allem um einen hohen Unterhaltungswert und kommerziellen Erfolg zu bemühen. Publizierende Verlage haben sich längst verabschiedet vom früher für sie charakteristischen Prinzip der Selbstausbeutung und erheben den Anspruch, von ihrer Arbeit leben zu wollen. Was jedoch nur den wenigsten gelingt. Weshalb ihre Zahl begrenzt ist und sich an einer Hand abzählen lässt. Als die bedeutendsten davon sind der Hamburger Männerschwarm Verlag und der Berliner Querverlag zu nennen, denen gegenüber der Hamburger Himmelstürmer Verlag vorzugsweise ein Unterhaltungsbedürfnis befriedigt. Mit dem Revival und der Wiederbelebung der Veröffentlichungsplattform Edition Maldoror FlugSchriften will ihr Herausgeber junge Autoren, unterwegs zu sich selbst, ermutigen, sich auf ihre eigenen Möglichkeiten zu besinnen und der des Internet - in Gestalt seiner Selbstspublishing-Formate - zu bedienen, ehe sie an übertriebenen Ansprüchen an sich selbst und ihrer potentiellen Verlage scheitern. Mit der Herausgabe des Bands "Im Schatten des Rosa Winkel oder Schwule erfinden das Glück" beabsichtigt sein Autor, einem interessierten Publikum, einen Überblick über das eigene Schaffen der vergangenen vierzig Jahre zu vermitteln. Im Rahmen seiner erzählerischen oder essayistischen, der Selbstreflektion dienenden Texte, als solchen eines Alchemisten des Glücks auf der Suche nach Orten schwuler Selbstverwirklichung und Konfusion.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bernd Gaiser Katalog der DNB: [1]

Eberhard Bechtle: [2]

Mario Wirz: [3]

CSD