Benutzer:Bernhard.baumann99

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Die Kunststoffvergasung beruht auf dem chemisch-physikalischen Prozess des Vergasens. Es werden Teile von festen und flüssigen Medien in ein oder mehrere gasförmige Medien überführt.

In der Vergangenheit wurden insbesondere im deutschsprachigen Raum Holzvergaser zur Gaserzeugung genutzt und beispielsweise mit Ottomotoren kombiniert. Die Nutzung von mittels Biomassevergasung erzeugten Gases zur dezentralen und zentralen Stromerzeugung und Wärmenutzung ist seit einigen Jahren zunehmend vertreten.[1]

Neben der Vergasung von Biomassen können auch andere energiereiche Einsatzstoffe wie etwa hochkalorische Kunststofffraktionen eingesetzt werden. Der derzeit einzige funktionierende Prozess in diesem Bereich ist das patentierte Verfahren der ecoloop GmbH mit Sitz in Traunstein, Deutschland. Der Kaltgaswirkungsgrad der Vergasung liegt bei ca. 85% und ist damit hocheffizient.

Die Kunststoffvergasung ist ein Standbein des chemischen Recycelns und kann helfen offene Stoffkreisläufe zu schließen.

Verfahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Verfahren der Firma ecoloop beruht auf dem Gedanken der Co-Vergasung von Biomassen, in der Regel Holzhackschnitzel, und energiereichen Kunststoffabfallströmen.

Zunächst werden (Alt-) Holzhackschnitzel mit den Kunststofffraktionen in einem definierten Verhältnis vor Eintritt in eine Brennstoffschleuse gemischt und kontinuierlich  in das Reaktoroberteil eingebracht. Zusätzlich wird feiner Kalk zugemischt, der als Reaktionspartner für die im Prozess freigesetzten Schadstoffe wie etwa Schwefel oder Halogene fungiert. Die Holzhackschnitzel dienen als Stützgerüst im Prozess und gewährleisten eine gute Gasdurchlässigkeit des Reaktionswanderbetts.  Das Reaktionswanderbett strömt aufgrund der eigenen Schwerkraft durch den Reaktor. In der sogenannten Pyrolysezone findet die thermische Spaltung der Brennstoffe statt. Dabei entstehen Pyrolysegas und Pyrolysekoks als Reaktionsprodukte. Diese strömen zusammen weiter nach unten in die Oxidationszone (Gleichstromvergaser). In der Oxidationszone erfolgt die Umwandlung der Pyrolyseprodukte durch Zufuhr von Sauerstoff. Dabei findet mit der Luft und den brennbaren Reaktionspartnern eine Teilverbrennung statt, die für die Erzeugung der Reaktionstemperatur von über 1200 °C in der Oxidationszone sorgt. Man spricht hier auch von einem autothermen (energieautarken) Prozess. Die Brennstoffe werden bei einem Temperaturniveau von 1.200 – 1.400°C in Gegenwart von Kalk zur Bindung der Störstoffe in Gas umgewandelt. Dabei werden Schadstoffe in der Asche aufkonzentriert und unschädlich aus dem Prozess ausgeschleust.

Pyrolyse-Zone[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Pyrolysezone werden die Brennstoffe pyrolysiert, d.h. sie werden durch thermische Energie gespalten. Diese gelangt durch Abstrahlung der Oxidationszone nach oben. Das Ganze geschieht unter Ausschluss von Luft und Sauerstoff. Es entsteht Pyrolysegas. Der feste Rest der Pyrolyse wird als Pyrolysekoks bezeichnet. Das Gas besteht hauptsächlich aus langkettigen Kohlenwasserstoffen, Stickoxiden und Kohlenstoffoxiden.

Oxidationszone[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Oxidationszone wird das Oxidationsmittel oder -gemisch (Luft, Sauerstoff, Dampf) kontrolliert eingebracht. Durch die Anwesenheit oxidierender Gase kommt es zur Teilverbrennung der Pyrolyseprodukte und die Energie für ablaufende endotherme Prozesse wie zum Beispiel die thermische Spaltung (Pyrolysezone) wird freigesetzt. Hier herrschen Temperaturen zwischen 1200 und 1400°C. Es entsteht das ecoloop – Synthesegas. Die hohen Temperaturen stellen sicher, dass alle langkettigen Bestandteile der Pyrolyseprodukte vollständig aufgespalten werden und keine Teere und Öle im Synthesegas vorzufinden sind. Die wesentlichen Bestandteile sind hier Kohlenstoffmonoxid, Kohlenstoffdioxid, Methan und Wasserstoff (evtl. Stickstoff).

Reduktionszone[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der Oxidation erfolgt die Reduktion. In dieser Zone herrschen Temperaturen von 700 – 800°C. Hier laufen weitere exo- und endotherme Prozesse ab. Die wesentlichen sich hier die Bouduard-Reaktion, sowie die homogene und die heterogene Wasserdampfreaktion. Die Gasqualität verändert sich hier nicht mehr wesentlich. Am Ende der Reduktionszone strömt das Synthesegas zusammen mit dem Koks aus dem Reaktor und wird weiterbehandelt.

Synthesegasnutzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Synthesegas dient zum Beispiel als Rohstoff für chemische Synthesen wie z.B. die Methanolsynthese, Ammoniaksynthese, Oxosynthese oder Fischer-Tropsch-Synthese.

Für bestimmte Anwendung ist der im Synthesegas befindliche Stickstoff (Eintrag aus der Prozessluft) störend. In diesem Fall erlaubt der Prozess den Einsatz von technischem Sauerstoff als Ersatz für Luft. Um das gesteigerte Oxidationspotential abzufangen, wird das Vergasungsgemisch mit Dampf beaufschlagt. Die Synthesegaszusammensetzung ändert sich dann zu einem Brenngasanteil von bis zu 80%. Einsatzgebiete wären hier bspw. die Reduktion von Roheisen in der Stahlerzeugung. Auch hier ist das Verfahren der ecoloop GmbH das Einzige einsatzfähige.[2]

Für eine Breitstellung von Strom und Wärme wie etwa an Industrieanlagen, Recyclingfirmen und Wärmenetzen wird das erzeugte Synthesegas in einem Blockheizkraftwerk verstromt.[3]

Einsatzmaterialien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2,3,7,8-Tetrachlordibenzodioxin als Derivat der polychlorierten Dibenzodioxine

Die Biomasse, die im Reaktor zum Einsatz kommt, dient als Stützgerüst der anderen Brennstoffkomponenten, um eine gleichmäßige Durchgasung der Schüttung herzustellen. Hierfür eignen sich insbesondere Holz- bzw. Altholzhackschnitzel, da diese auch noch nach dem Ausgasen in der Pyrolysezone ihre mechanische Stabilität behalten. Andere Biomassen mit ähnlichen Eigenschaften können alternativ eingesetzt werden.

Die Einsatzmöglichkeiten bei Kunststoffen sind nahezu unbegrenzt. Bei fluffigen Materialströmen kann eine zusätzliche Aufbereitung notwendig sein, um das spezifische Gewicht zu erhöhen. Generell sind ähnliche physische Eigenschaften wie Form, Größe und Dichte im Vergleich zu Holzhackschnitzeln vorteilhaft. Dreidimensionale Materialien können nach einer Zerkleinerung oftmals direkt in der Vergasung eingesetzt werden.

Das ecoloop-Verfahren hat sich insbesondere auf halogenbelastete Kunststoffe mit hohem Heizwert spezialisiert und kann mit Halogengehalten jenseits der 2% arbeiten. Speziell Kunststofffraktionen die meist bromhaltige Flammschutzmittel beispielsweise HBCD oder Polymer-FR enthalten, können ideal in der Vergasung eingesetzt werden. Auch halogenfreie, hochkalorische Kunststoffe (wie PEX bzw. XPE) die ausschließlich in der Müllverbrennung verwertet werden können, können in der Vergasung deutlich effizienter recycelt und im Stoffkreislauf gehalten werden.[4]

Neben dem Einsatz von Holzhackschnitzeln und Kunststoff, wird zusätzlich hochfeines Kalkhydrat zudosiert. Kalk dient im ecoloop-Prozess als multifunktionaler Schlüssel:

  1. Katalytische Wirkung
  2. Binden von Schadstoffen[5]

Die zum Teil mit Halogenen wie oder Schwermetallen z.B. belasteten Kunststoffabfallfraktionen, setzten bei der Vergasung diese Elemente als Ionen frei. Insbesondere Halogene neigen dazu saure Gase wie zu bilden. Diese wandeln sich in Verbrennungsprozessen zu polyhalogenierten Dioxinen und Furanen um, besser bekannt als Seweso-Gift. Durch den Einsatz von Kalkhydrat werden die Halogenid-Ionen abgefangen, gebunden und als ungefährliche Salzverbindung ausgeschleust.

Die Schwermetalle verbleiben ebenfalls im Reststoffgemisch der Vergasung.

Referenzen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Funktionsfähigkeit des Prozesses wurde in den Jahren 2019- 2023 an einer Forschungsanlage im bayerischen Lauingen an der Donau verifiziert. Dies geschah in aller Regel in Zusammenarbeit zwischen ecoloop und der RWTH Aachen.

Die Effektivität des Kalkbindemechanismus ist auch vom TÜV-Süd mehrfach nachgewiesen.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Holzvergaser – alte Technik mit neuem Schwung - LWF-aktuell 103. Abgerufen am 15. März 2024.
  2. Ecoloop: Synthesegas aus Kunstoffabfällen ersetzt Erdgas. Abgerufen am 18. März 2024.
  3. recycle to gas - ecoloop. Abgerufen am 18. März 2024 (deutsch).
  4. Projektporträt: Ecoloop - Sauberes Synthesegas aus Kunststoffabfällen herstellen. Abgerufen am 18. März 2024.
  5. Tobias Hüser: Synthesegas aus Kunststoffabfällen. 12. Mai 2016, abgerufen am 18. März 2024.