Benutzer:Christoph Ammann/Bernerhaus (Haus zur Gedult)2

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Bernerhaus "Haus zur Gedult" von Südwesten

Das Bernerhaus mit dem Hausnamen Haus zur Gedult ist Bestandteil einer Häuserzeile, die das ehemalige Stadtgeviert .[1] der alten Stadt von Frauenfeld gegen Nordwesten abschloss. Das Haus hat eine bewegte Geschichte hinter sich, war es doch einst das Gesandtschaftshaus der Alten Eidgenossenschaft und beherbergte die bernischen Standesvertreter zu Zeiten da der Kanton Thurgau Untertanenland der Eidgenossenschaft war. Heute beherbergt das Haus in seinem Erdgeschoss den Kunstverein mit seiner Gemäldesammlung[2], im ersten Stock wird wie zu alten Zeiten gewohnt und die übrigen zwei Stockwerke sind an diverse Institutionen vermietet.


Geschichte bis zum Ende der Alte Eidgenossenschaft

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Die Geschichte des Bernerhauses ist eng mit dem Schicksal jener Häuserzeile verflochten, die als Stadtmauer den Nordwestlichen Abschluss des innersten Stadtgevierts von Frauenfeld bildete, so wie sie bis zum Stadtbrand vom 9.Juli 1771 bestanden hat. Die Häuserzeile umfasste einstmals 10 Häuser die alle dem besagten Stadtbrand zum Opfer fielen. Den nordöstlichen Abschluss bildeten die beiden, der St.Nikolauskirche vorgelagerten Pfrundhäuser der St.Georgs- und der St.Michaelskaplanei. Nur getrennt durch die Zürcherstrasse, welche an dieser Stelle die Stadt Frauenfeld nach Osten durch das Obertor verlässt, reihten sich weiter daran das Wirtshaus «Zur Kronen», die schmalen und niedrigen Behausungen des Maurers Fehr und eine weites Gebäude, das dem Kronenwirt gehörte. Auf Firsthöhe der Krone schwang sich erst wieder das anschließende Haus zur «Palme», Eigentum des Ratsherrn Alberic Locher von Freudenberg, daran reihte sich das Berner Gesandtschaftshaus das «Haus zur Gedult». Seine Front war, wie das am heutigen Bernerhaus noch zu sehen ist, gegen die Obergasse hin abgewinkelt und hatte in diesem an sich fensterlosen Fassadenstück lediglich eine stattliche Rundbogentüre, als einzigem Zugang zur Berner Liegenschaft. Im Hinterhof schob sich gegen die Graben- und Gartenseite ein Rossstall zwischen Bernerhaus und das nächst folgenden Häuslein der Witwe Wüst, das sich an die abgewalmte freie Giebelseite des Bernerhauses lehnte. Den nordwestlichen Abschluss dieser ganzen ehemaligen Stadtmauer bildete ein Haus das der St.Katharinapfründe und der katholischen Schule diente. Von all diesen Häusern der Obergasse – heute Bankplatz genannt – wurde als einiges das katholische Schulhaus nicht mehr wieder aufgebaut, und das Grundstück bildet heute den Garten des Bernerhauses.

Frauenfelder Bankplatz CS Bankfiliale "Haus zur Palme" nach 1771
Frauenfelder Bankplatz ehemaliges "Gasthaus zum Kronen" nach 1771


Mit dem Brand und dem Wiederaufbau der Gebäude konnten sich die Liegenschaften «Kronen» und «Palme» die Brandplätze der zwischen ihnen eingeklemmten Liegenschaften sichern und das Bernerhaus übernahm die Brandplatz der Witwe Wüst, womit von 7 ehemaligen Liegenschaftsbesitzern 3 übrig blieben, die nun entsprechend gösser und stattlicher wieder aufgebaut werden konnten. Die Pfrundhäuser an der Nordwestecke am Obertor gelegen, wurden zwar wieder aufgebaut, mussten aber, schon 1840 vom Straßenbau angeschnitten, 1904 dem Neubau der katholischen Kirche weichen.


Den Namen hat das Bernerhaus aus jener Zeit, als es den Ehrengesandten, oder Syndikatsherren wie man sie auch nannte, als Unterkunft diente. 1460 wurde die Landgrafschaft Thurgau von den sieben eidgenössischen Orten Zürich, Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug und Glarus erobert. In der Folge wollte diese «Gemeine Herrschaft» verwaltet, regiert und gerichtet werden, was anfänglich durch eidgenössische Vögte, in denen sich die Stände abwechselten, sichergestellt wurde. Nach dem Zweiten Villmergerkrieg 1712 erzwangen die reformierte Kantone eine neue Zusammensetzung der regierenden Orte in den deutschen Gemeinen Vogteien, zu denen auch der mehrheitlich reformierte Thurgau gehörte. Damit oblag die Verwaltung innerhalb der Alten Eidgenossenschaft den «VIII Alten Orten» wozu auch der Stand Bern gehörte, obwohl er an der Eroberung nicht teilgenommen hatte. Von 1713 bis 1798 tagten die Vertreter der Eidgenössischen Stände regelmäßig in Frauenfeld. Für Unterkunft sorgten entweder für die Tagungszeit gemietete Privatunterkünfte, Gasthäuser oder dann auch ganzjährig angemietete Stockwerke oder ganze Häuser. Als mächtiger Stand mussten nun auch die Standesvertreter Berns entsprechend herrschaftlich hausen. Für die Dauer der Gesandtschaft pflegten die Vertreter eines Standes ja nicht allein anzureisen, sondern sie brachten ihre eigenen Sekretäre, oft auch Ross und Wagen mit. Die Berner hatten wahrscheinlich spätestens ab 1757 ihr Quartier im Haus «Zur Gedult» an der Obergasse bezogen, welches zur Zeit des Brandes Johann Peter, Magdalena und Dorothea Mörikofer selig und der Frau Cleopha Barbar, geborene Schobinger gehörte.

Mit den Wiederaufbau der neuen Häuserzeile kam es zu einem eigentlichen Konkurrenzkampf unter den Hausbesitzern einerseits, und der "Stadt Frauenfeld" andererseits. Es war allem Anschein nach ein lukratives Geschäft, die Standesherren zu beherbergen, denn nicht nur waren diese pünktlich zahlungsfähig, sondern sie kamen auch jedes Jahr auf die Tage um St.Peter und Paul-Tag am 29.Juni. Zudem zeigte es sich, dass nach dem Brand, der ja nicht nur die Bernerhaus-Häuserzeile getroffen hatte, viele Häuserbesitzer ihr Häuser lieber nicht mehr im engen alten Stadtgeviert aufbauen wollten, sondern es vorzogen in die Vorstädte zu ziehen. Hier war mehr Platz und Grund und Boden günstiger zu haben. So standen denn auf einmal mehrere Häuser leer, was die Situation für die Verbleibenden noch verschärfte.

So kam es denn zwischen den besser gestellten und nobleren Hausbesitzern, die wirtschaftlich dennoch nicht auf Rosen gebettet waren, zu regelrechten Preis- und Angebotskämpfen, wobei auch die Burgergemeinde, welche die Stadtverwaltung inne hatte, ihre Interessen wahrnahm. Die Eidgenossen hätten die Situation weidlich ausnützen können, was sie aber nicht taten. Vielmehr suchten sie eine für beide Seiten verträgliche Lösung. So boten die Zürcher der Stadt Hilfe für den geordneten Wiederaufbau an, was die Frauenfelder Bürgerschaft dankend gerne an nahm. Als das Bernerhaus 1774 wieder aufgebaut war, boten die Geschwister Mörikofer dem Stand Bern an, seine Ehrengesandten zu logieren und bewirten, was die Berner Obrigkeit am 31.März 1774 in vorläufig zustimmenden gnädig Sinne zur Kenntnis nahm. Den Mörikofern wurde sogar unterm 31.August desselben Jahres ein Baudarlehen von 5500 Gulden «verwilliget». Dies wohl nicht zuletzt deshalb, weil die Liegenschaft schon vor dem Brand dem Stande Bern verpfändet worden war. Man fürchtete nicht zu unrecht, dass der Schuldner Mörikofer wohl kaum je in der Lage sein würde, die Pfandschuld zu tilgen, würde man sich einem anderes Objekt, wenn auch günstigerem, zuwenden. Für alle Stände stellte sich dieselbe Frage, anmieten oder kaufen. Letztendlich entschieden sich die Wohlhabenderen unter den Standesgenossen für feste Bleiben, wodurch dann die einzelnen Häuser ihre Namen, wie Luzernerhaus oder Zürcherhaus, bekamen. Feste Bleibe hieß damals, dass die Räumlichkeiten speziell für die "Gesandten" hergerichtet und möbliert waren. Dazu konnten farbige Vorhänge, Tapeten und farbige Wände gehören. Waren dann auch noch die Stallungen im selben Mietobjekt, wie im Bernerhaus, dann war das alles sicher nicht ganz umsonst zu haben.

Allein, dass sie die „Herren“ im Untertanenland waren, erheischte eine gewisse Noblesse die man sich was kosten liess. Dieser Zustand dauerte aber nicht allzu lange, denn mit Beginn der französischen Revolution begannen auch für das Bernerhaus andere Zeiten. Als mit dem Herbst 1794 die ersten Flüchtlinge der Revolution, die Toleranten und Imtoleranten, mit Empfehlung der Stände Freiburg, Bern und Zürich nach Frauenfeld gereist kamen, legten sich die ersten Schatten auf die Herrlichkeit des ancien régime. Im Bernerhaus fanden die Präsidenten de Brévannes aus Paris mit den Grafen Henry de Brévannes (Château de Brévannes) und De Montbrian sowie ein Mensieur Marque Unterkunft. Was mit dem „Haus zur Gedult“ nach dem Zusammenbruch der alten Eidgenossenschaft und dem Aufrücken des Kantons Thurgau zu einem vollwertig, gleichberechtigten Stand der Eidgenossenschaft zunächst geschah, das harrt noch der Erforschung.

Neuere Geschichte bis 1965

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1820 ging die Liegenschaft familienintern von den Gebrüdern an den Statthalter Mörikofer und den Kaufmann Kaspar Mörikofer. Später belegte der zum Staatsschreiber aufgerückte Johann Peter Mörikofer den zweiten Stock, den Besitz mit seinem Schwager dem Oberrichter und Postdirektor J.J.Wüest teilend, der seine Hälfte 1843 von Georg Peter Mörikofer erkauft hatte und nach dem Tod von Regierungsrat Johann Peter Mörikofer 1859 auch noch dessen Anrechte übernahm. Damit war die Liegenschaft in den alleinigen Besitz der Wüest’s übergegangen. Bis zu seinem Tode 1919 lebte dann der Sohn des Käufers J.Wüest mit seiner Schwester Nette im Haus, er weit herum bekannt als Stadtoriginal „Herr Kanzler Wüest“. Irgendwann in den letzten Jahrzehnten des 19.Jahrhundert, schreibt Albert Knoepfli 1965 in seiner Festschrift, wurde ein Kolonialwarenladen eingebaut, was eine zweite Haustüre im Erdgeschoss notwendig machte. Damals wurde denn auch, nachdem in der „Krone“ die Thurgauische Hypothekarbank eingezogen war, die schlichte Obergasse in „Bankgasse“ umbenannt. 1920 ging die „Gedult“ samt Kolonialwarengeschäft an Otto Kappeler-Stierlin. Die Kolonialwarenfirma hieß Kappeler und Gubler; bevor der “Seiden-Weiß“ sich hier einrichtete, war auch einige Zeit die Drogerie Haas eingemietet. 1933 nahte das Verhängnis: die Ladenmodernisierung.

Datei:Bernerhaus Portalrahmung nach 1771.JPG
Am Ende des 19.Jht. ausgebaute Portalrahmung des Bernerhauses, als "Kunstobjekt" im Garten wieder aufgebaut. 1965 wurde sie im Rahmen einer denkmalpflegerischen Außenrenovation wieder ins Gebäude eingebaut.

Die Hausbesitzerin ließ sich von dem Schaufensterkult mit runden Verglasungen - der übrigens den erhofften Segen doch nicht brachte - ebenso mitreißen, wie der Heimatschutzobmann und Architekt Werner Kaufmann; die Glashütte war beschlossen, die Glashütte wurde gebaut. Die Werkstücke der schönen Portalrahmung lagen auf dem Bauplatz herum …... um gelegentlich zerschlagen zu werden. Zwei junge Kunstfreunde, Dr. René Wehrli, Dr. Heinz Keller und der Baumeister Hans Freyenmuth empörten sich ob solcher Barbarei. Sie alle erbettelten sich das Portal im Garten an der Wiesenstraße 8 wieder aufstellen. Baumeister Thalmann stellte sich sehr positiv zum Unterfangen, so daß wir diesen vier Herren die Rettung des Stückes und neben Plänen Architekt Brodbecks sowie photographischem Material die Voraussetzungen zu einer Rekonstruktion des Ganzen verdanken.

Der Schaufenster-abergläubische „Seiden-Weiß“ florierte nie recht; in den verlassenen Ladenlokalitäten installierte sich ein Schuhgeschäft, das 1946 durch die Firma Bitterli übernommen und bis ins vergangene Jahr geführt wurde. In den drei Parterreräumen gegen den Garten lagerte die Firma Huber von 1933 bis 1961 vornehmlich Rollenpapier ein, auf dem die „Thurgauer Zeitung“ gedruckt wird. Das Haus war inzwischen von Kappelers Erben an Herrn Paul Stierlin übergegangen. Unter großen Opfern haben dann die Erben Stierlin und vor allem Frau Ursula Sulzer-Stierlin den Plan ihres Vaters in die Tat umgesetzt, der schon zu Lebzeiten die Wunden, die dem Bau in jüngster Zeit geschlagen worden seien, zu heilen sich vorgenommen hatte. Es gehen keine hochwohledelgeborenen bernischen Syndikatsherren und Ehrengesandten mehr hier ein und aus, keine devoten Bedientesten, Gesuchsteller, berittene Boten und Kutscher, Die Federkiel- und Streusandromantik kehrt nicht wieder. Der Peruquier hat längst seinen letzten Poudre verstäubt; die Ställe und Remisen sucht man vergeblich. Durchs Erdgeschoß ziehen aber auch keine Geruchschwaden mehr von Zimt und Bärendreck, Spezereien und Kolonialware; die Seide hat ausgeraschelt und ausgerauscht, es riecht auch nicht mehr nach neuem Schuhwerk. Dem Haus ist der Charakter zurückgegeben worden, vom hellen, maßgebenden Sprossenwerk der Fenster bis zur einladenden Geste des Sandsteinportales. Unter dem Patronat des alten Berns entstand die „Gedult“, unter dem Schutze des heutigen eidgenössischen „Berns“ steht es wiederum; die bewahrende Hand des Bundes geleitet es in seinen neuen Lebensabschnitt.


  • Albert Knoepfli: Das Bernerhaus in Frauenfeld eine Festschrift aus Anlass seiner Außenrenovation von 1964/65; ²eben da entnommen
  • Albert Knoepfli: Die Denkmäler des Kantons Thurgau Band 1 Bezirk Frauenfeld, Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Basel 1950 (= Kunstdenkmäler der Schweiz, Band 23) DNB 750089156.

Einzelnachweise

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  1. Die Kunstdenkmäler des Kantons Thurgau, Band 1,Bezirk Frauenfeld S.46.
  2. Frauenfeld ist im Bild - St.Galler Tagblatt Online. In: tagblatt.ch. Abgerufen am 3. Juli 2015.

Koordinaten: 47° 33′ 24,8″ N, 8° 53′ 55,6″ O; CH1903: 709895 / 268374

Kategorie: Bauwerk in Frauenfeld Kategorie:Umgenutztes Bauwerk in der Schweiz