Benutzer:GerrietB/Spielwiese Curtius-Reaktion

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Die Curtius-Reaktion (auch Curtius-Abbau bzw. Curtius-Umlagerung) ist eine Reaktion aus dem Bereich der Organischen Chemie. Sie tritt beim Erhitzen von Carbonsäureaziden R–CO–N3 ein und ist eng verwandt mit dem Lossen-Abbau, dem Hofmann-Amid-Abbau bzw. der Schmidt-Reaktion. Die Reaktion wird vor allem verwendet, um Carbonsäuren zu primären Aminen abzubauen, es können jedoch auch je nach Reaktionsbedingungen Isocyanate, Carbamate oder Harnstoff-Derivate erhalten werden. Die Reaktion wurde benannt nach ihrem Entdecker, dem deutschen Chemiker Theodor Curtius (1857–1928).[1][2][3]

Übersicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Übersichtsreaktion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Durch die Curtius-Reaktion wird ein Carbonsäureazid, über die Zwischenstufe des Isocyanats, mit Wasser zum primären Amin umgesetzt. Das so dargestellte Amin ist um ein Kohlenstoff-Atom kürzer als das verwendete Carbonsäureazid, weshalb auch vom Curtius-Abbau gesprochen wird:[4]

Übersichtsreaktion des Curtius-Abbaus
Übersichtsreaktion des Curtius-Abbaus


Anstelle von Wasser kann die Curtius-Reaktion auch mit anderen Nukleophilen erfolgen. Durch Umsetzung mit einem Alkohol (R2OH) entsteht ein Carbamat, mit einem Amin (R2NH2) ein Derivat des Harnstoffs:

Curtius-Reaktion mit anderen Nukleophilen
Curtius-Reaktion mit anderen Nukleophilen

In Gegenwart von tert-Butanol bzw. Benzylalkohol lassen sich mittels Curtius-Reaktion Boc-geschützte Amine bzw. Cbz-geschützte Amine darstellen.[5]

Darstellung des Carbonsäureazids[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die für die Curtius-Reaktion als Edukt benötigten Carbonsäureazide werden meist aus Carbonsäuren bzw. Carbonsäure-Derivaten (Carbonsäurechloride oder Carbonsäurehydrazide) synthetisiert.[6]

Reaktionsmechanismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Durch Hitzezufuhr lagert sich das Carbonsäureazid 1 in einer konzertierten Reaktion zum Isocyanat 2 um.[4] Dabei wird molekularer Stickstoff freigesetzt. Bei Durchführung in einem inerten Lösungsmittel bleibt das Isocyanat 2 Endprodukt der Reaktion, während es in Gegenwart von Wasser zur entsprechenden Carbaminsäure 3 weiterreagiert. Diese decarboxyliert unmittelbar, wodurch als Endprodukt das primäre Amin 4 entsteht.[3]

Reaktionsmechanismus des Curtius-Abbaus
Reaktionsmechanismus des Curtius-Abbaus


Die Reaktion des Isocyanats 2 mit Alkoholen oder Aminen erfolgt analog zur Bildung der Carbaminsäure 3. Durch Umsetzung mit tert-Butanol entsteht ein Boc-geschütztes Amin 5:

Curtius-Reaktion zur Darstellung eines Boc-geschützten Amins
Curtius-Reaktion zur Darstellung eines Boc-geschützten Amins

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Peter A. S. Smith: The Curtius Reaction. In: Organic Reactions. 3, Nr. 9, 1946, S. 337–449, doi:10.1002/0471264180.or003.09.
  • Eric F. V. Scriven, Kenneth Turnbull: Azides: their preparation and synthetic uses. In: Chemical Reviews. 88, Nr. 2, 1988, S. 297–368, doi:10.1021/cr00084a001.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Th. Curtius: Ueber Stickstoffwasserstoffsäure (Azoimid) N3H. In: Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft. 23, Nr. 2, 1890, S. 3023–3033, doi:10.1002/cber.189002302232.
  2. Th. Curtius: 20. Hydrazide und Azide organischer Säuren I. Abhandlung. In: Journal für Praktische Chemie. 50, Nr. 1, 1894, S. 275–294, doi:10.1002/prac.18940500125.
  3. a b László Kürti, Barbara Czakó: Strategic Applications of Named Reactions in Organic Synthesis. Elsevier Academic Press, Burlington/San Diego/London 2005, S.116-117, ISBN 0-12-369483-3.
  4. a b Reinhard Brückner: Reaktionsmechanismen. 3. Auflage, Springer Spektrum, Berlin und Heidelberg 2004. S. 623-626, ISBN 978-3-662-45683-5
  5. Hélène Lebel, Olivier Leogane: Boc-Protected Amines via a Mild and Efficient One-Pot Curtius Rearrangement. In: Organic Letters. 7, Nr. 19, 2005, S. 4107–4110, doi:10.1021/ol051428b
  6. Siegfried Hauptmann: Organische Chemie, 2. durchgesehene Auflage, VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig, 1985, S. 416 und 426, ISBN 3-342-00280-8.