Benutzer:Hæggis/Genetische Information
Eine genetische Information ist eine Information, welche von DNA, bei manchen Viren von RNA getragen wird. Die Gesamtheit aller genetischen Informationen eines Lebewesens ist das Genom.
Mittels Proteinbiosynthese wirken genetische Informationen eines Lebewesens auf seinen Phänotyp, indem die hergestellten Proteine verschiedenste Vorgänge im Körper beeinflussen. Durch DNA-Replikation bzw. RNA-Replikation werden genetische Informationen an Nachkommen weitergegeben.
Wie genau der Begriff der genetischen Information expliziert werden kann, ist Gegenstand anhaltender Debatten. Einige zentrale Ansätze werden hier vorgestellt:
Rückgriff auf die Informationstheorie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Informationsgehalt nach Shannon und nach Hartley
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine genetische Information kann analog zum Informationsbegriff nach Claude Shannon als mathematische Größe aufgefasst werden. Der Informationsgehalt eines DNA- bzw. RNA-Abschnittes ist demnach umso höher, je unwahrscheinlicher sein stabiler Zustand ist. Selten auftretende Kombination aus den vier Nukleinbasen Adenin, Guanin, Cytosin und Thymin haben nach dieser Auffassung einen höheren Informationsgehalt als häufig auftretende Kombination.
Unter der Voraussetzung, dass die Auftretenswahrscheinlichkeit der vier Basen gleich ist, kann neben der Zahl der Zustände, die jedes Zeichen einnehmen kann (hierbei sind es entsprechend der vier Grundbasen auch 4 mögliche Zustände) auch die Länge des untersuchten DNA- bzw. RNA-Abschnittes zur Berechnung des Informationsgehaltes herangezogen werden.
Ein DNA-Abschnitt von insgesamt 100 Basen hat also bei Vorkommen aller vier Basen einen höheren Informationsgehalt, als der gleich lange Abschnitt mit dem Vorkommen von drei Basen hätte (wenn z.B. Adenin in diesem Abschnitt nicht vorkommt).
Die informationstheoretische Auffassung einer genetischen Information sieht ausdrücklich von der Bedeutung der Nachricht bzw. des Codes ab. Zwei gleichlange DNA- bzw. RNA-Abschnitte mit derselben Anzahl an Basen haben dementsprechend denselben Informationsgehalt, obwohl bereits minimale Änderungen in der Kombination der Basen stark verschiedene Auswirkungen haben können. Aus diesem Grund wird die informationstheoretischen Auffassung einer genetischen Information nach Shannon und Hartley häufig abgelehnt, insbesondere weil sich nicht dem biologischen Sprachgebrauch gerecht wird.[1]
Natürliche Information
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Fred Dretske unternahm auf Basis der Informationstheorie den Versuch, die Bedeutung einer Nachricht bzw. eines Codes in das Modell miteinzubeziehen. Hierfür entwickelte er eine Theorie der natürlichen Information. Die Ausgangsfrage für dieses Modell lautet:
- Unter welchen Bedingungen enthält ein Ereignis A die Information, dass ein Ereignis B der Fall ist?
Dretske beantwortet diese Frage mittels einer Regularität – A enthält nur dann die Information, dass B der Fall ist, wenn A regulär nur dann auftritt, wenn auch B der Fall ist. Wenn beispielsweise nur dann grüne Augenfarbe auftritt, wenn eine bestimmte Basenkombination vorliegt, enthält demnach diese Basenkombination die natürliche Information für grüne Augenfarbe.
Dieser Ansatz wurde hauptsächlich aus zwei Gründen kritisiert:
- Das Konzept der natürlichen Information enthält nicht die Möglichkeit, falsch zu sein bzw. funktional falsch ausgeführt zu werden. A enthält nur dann die Information für B, wenn B tatsächlich (fehlerfrei) auftritt. Im biologischen Sprachgebrauch ist jedoch häufig von ,Ablesefehlern‘ während Proteinbiosynthese u.ä. die Rede.
- Eine natürliche Information ist nicht auf die genetische Ebene begrenzt. Kim Sterelny et al. geben hierzu das Beispiel von Wüstensträuchern an: Unter ariden Bedingungen entwickeln Individuen eine andere Blattform und interne Blattstruktur als Individuen, die unter humiden Bedingungen wachsen. Die Information für die Gestalt der Blätter läge nach diesem Ansatz im Umweltfaktor Feuchtigkeit.[1]
Missverständnis durch fehlende sprachliche Unterscheidung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die generelle Verknüpfung von semantischen Informationen und Genen, die hierdurch auf phänotypische Merkmale einwirken, wird von manchen einschlägigen Autoren abgelehnt. Der Begriff wird herbei als Missverständnis aufgefasst, das nach Lenny Moss auf der Verwechslung zweier unterschiedlicher Genbegriffe beruht:
Einerseits gebe es Gene als molekulare Einheiten, die Matrizen zur Herstellung von Genprodukten enthalten, auch „Gene-für-Entwicklungsressourcen“ genannt. Ihre Konsequenzen für einen Phänotypen hängen vom Ort und Zeitpunkt ihrer Genexpression ab.
Andererseits gebe es „Gene-für-Phänotypen“. Der Besitz eines solchen bedeutet nicht, eine bestimmte DNA- bzw. RNA-Sequenz zu besitzen, vielmehr kann ein solches Gen mittels mehrerer, verschiedener DNA-Sequenzen repräsentiert sein.[1]
Metapher
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einige einschlägige Autoren halten den Begriff der ,genetischen Information‘ für eine kontigente Metapher ohne theoretische Bedeutung und erklärendes Gewicht. Lily Kay untersuchte die Begriffsgeschichte von ,Information‘ innerhalb der Genetik und kam zu dem Schluss, dass nach ersten fehlgeschlagenen Versuchen in den 1950er Jahren, den mathematisch-technischen Informationsbegriff auf biologische Strukturen anzuwenden, die spätere Bedeutung (im Jahr 2000) von ,genetische Information‘ zu einer Metapher für biologischen Spezifität wurde.[1]
“From information theorists´ standpoint, it [the information discourse] was merely a rhetorical shell; its technical content emptied out. But as such, information in molecular biology served as a potent metaphor for the century-old ideas of chemical and biological specificity and as a (re)validation of molecular nature as text (the Book of Life of the computer age).”
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Lenny Moss: What Genes Can´t Do, Cambridge 2003
- John Maynard Smith: The concept of information in biology (englisch), veröffentlicht in: Philosophy of Science, Nr. 76 (2000), S. 177–194