Benutzer:HAG - Hamburger AssistenzGenossenschaft eG/Artikelentwurf: HAG

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Die HAG - Hamburger AssistenzGenossenschaft eG (HAG) ist ein Assitenzdienst mit Sitz in Hamburg. Mit über 200 Mitarbeitenden und knapp zwei Dutzend Assistenznehmenden zählt die HAG zu den größten Anbietern für Persönliche Assistenz. Die HAG ist im Jahr 1993 gegründet worden und aus der Independent living Bewegung hervorgegangen. Das heißt sie wurde von Menschen mit Behinderung für Menschen mit Behinderung gegründet um ein selbstbestimmstes Leben zu ermöglichen. Über die Generalversammlung der Genossenschaft lenken und bestimmen Betroffene die Arbeit der HAG. Die HAG und die Assistenzgenossenschaft Bremen sind die einzigen genossenschaftlich organisierten Assistenzdienste in Deutschland.[1]

HAG - Hamburger AssistenzGenossenschaft eG
(HAG)
Rechtsform Genossenschaft
Gründung 1993
Sitz Hamburg, Deutschland Deutschland
Zweck Selbstbestimmt leben mit Behinderung
Vorsitz Florian Erdwig
Geschäftsführung Roman Barth
Beschäftigte über 200
Website www.hag-eg.de

Die HAG wurde im Jahr 1993 von Menschen mit Behinderung gegründet. Die Gründergeneration der HAG bestand vor allem aus Engagierten von Autonom Leben e.V., einem Sammelbecken für Menschen mit Behinderung, die sich seit Anfang der Achtziger Jahre in Hamburg gegen Ableismus (die Diskriminierung von Menschen mit Behinderung) engagierten und für ein selbstbestimmtes Leben eintraten.[2]

Viele Gründungsmitglieder der HAG haben eine Zeit erfahren, in der die Inklusion und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung keine Selbstverständlichkeit in Deutschland war. So konnte beispielsweise einer der Mitbegründer der HAG Gerlef Gleiss keine Schule finden, die bereit war ihn nach seiner Querschnittslähmung zu unterrichten. Andere waren aufgrund ihrer Körperbehinderung in Heimen untergebracht, was die Selbstbestimmung stark einschränkte, sie in Abhängigkeit hielt und von der gesellschaftlichen Teilhabe exkludierte.

Vorbild für die Idee sich die Pflege über eine Genossenschaft selbst zu organisieren war die STIL in Schweden, die bereits 1984 die Arbeit aufnahm[3], sowie die Assistenzgenossenschaft Bremen, die vier Jahre vor der HAG gegründet wurde. Swantje Köbsell schrieb 1993 zur Motivation die Organisationsform der Genossenschaft zu wählen:

"Auf der Suche nach einer Organisationsform, die die größtmögliche Einflußnahme und Kontrolle seitens der Assistenznehmerinnen sicherstellen sollte, stießen wir auf die Organisationsform der Genossenschaft. In einer Genossenschaft haben alle Genossinnen dasselbe Stimmrecht, Genossin wird man/frau, indem ein Genossenschaftsanteil gezeichnet - und gezahlt wird. Indem die als Genossinnen organisierten Assistenznehmerinnen auch finanziell an der Genossenschaft beteiligt sind (wenn auch nur mit einer relativ geringen Summe), identifizieren sie sich noch stärker damit als bei einem Verein und sind da- rüber auch am Erfolg bzw. Werdegang der Assistenzgenossenschaft beteiligt. Daneben ist aber auch eine Beteiligung der Mitglieder an allen wichtigen Entscheidungen der Organisation der Genossenschaft von großer Bedeutung. Durch die Organe der Genossenschaft (Generalversammlung, Aufsichtsrat und Vorstand) kann von den als Genossinnen organisierten Assistenznehmerinnen ein entscheidender Einfluß auf die Tätigkeit der Genossenschaft ausgeübt werden. Im Statut ist festgelegt, daß bestimmte Entscheidungen über Art, Ausrichtung und Durchführung der Assistenzleistungen in einer Assistenznehmerlnnenversammlung beraten und dem Vorstand und Aufsichtsratvorgeschlägen werden. So ist die optimale Angebotskontrolle durch die Konsumentinnen sichergestellt."[4]

Am 1. Juli 1994 hat die HAG in den Räumlichkeiten in der Antonistraße 3 auf St. Pauli die Arbeit aufgenommen.[5] Aufgrund der großen Nachfrage zog die HAG im Oktober 1998 in größere Räumlichkeiten im Gebäude der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten in der Haubachstraße 76 in Altona-Nord. Seit 2018 befindet sich die Geschäftsstelle in der Stresemannstraße 23 zwischen Schanzenviertel und St. Pauli. Die Gründung und der Betrieb einer Assistenzgenossenschaft wird heute rückblickend von den Menschen aus der Behindertenbewegung bzw. Wissenschaftlern die sich mit der Geschichte der Behindertenbewegung beschäftigen als Teil eines "Prozesse der Institutionalisierung und Pragmatisierung"[6] beschrieben und zugleich als Erfolg der Bewegung auf dem Weg zur Selbstbestimmung interpretiert[7]. So schrieb der Behindertenaktivist, Jurist und MdL Dr. Andreas Jürgens 1994:

"Zurückblickend auf die über 10 Jahre meines Engagements entwickelte sich so manche Idee und Vorgehensweise weswegen wir anfangs als radikal und träumerisch gebrandmarkt wurden, zusehens zum breiten Konsens, so daß die Träumerinnen von früher mittlerweile zu wichtigen Gestalterinnen und Trendsettern der heutigen Behindertenpolitik geworden sind, deren Ideen und Begriffe sogar die traditionellen Kräfte der Behindertenhilfe Zusehens aufgreifen. Sei es die Zugänglichmachung des öffentlichen Nahverkehrs, für den wir mit Demonstrationen und Blockaden kämpfen, der Aufbau von Ambulanten Diensten und Assistenzgenossenschaften, die Entwicklung von Zentren für selbstbestimmtes Leben und das Modell der Persönlichen Assistenz oder die Forderung nach Gleichstellungsgesetzen, so sind dies Trends, deren Forderungen längst nicht alle aus der Bewegung erfüllt sind, die aber entscheidend von uns engagierten Behinderten vor Ort geprägt wurden."[8]

Aufgaben und Ziele

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Die HAG ist eine gemeinnützige Genossenschaft  und verfolgt ausschließlich und unmittelbar mildtätige Zwecke. Der Zweck der Genossenschaft ist die Unterstützung und Förderung einer selbstbestimmten Lebensgestaltung und -führung von Personen, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes auf die Hilfe anderer angewiesen sind. Diese Ziele werden insbesondere durch die Bereitstellung und Organisation von Persönlicher Assistenz erreicht.[9]

Die Organisationsform der Genossenschaft ist für Pflegedienste unüblich. In Sozialgenossenschaften wie der HAG sieht der Sozialwissenschaftler Prof. Dr. Timm Kunstreich jedoch eine besondere Form der Sicherung der Rechte behinderter Menschen und der "Normalisierung" von Behinderung:

"Weitere Praxisbeispiele derartiger Sozialgenossenschaften finden sich im Bereich des selbstbestimmten Lebens im Alter und in der Selbstorganisation von Behinderten. Bekannte Beispiele sind die Bremer Behindertengenossenschaft [sic] und die Hamburger Assistenzgenossenschaft. Entstanden aus der Kritik an der Anstalt - in großer wie in kleiner Form - läuft ihr Grundgedanke darauf hinaus das, was Behinderte für ihr alltägliches Leben brauche, gemeinschaftlich zu organisieren und ggf. kollektiv "einzukaufen". Diese Praxis der "Normalisierung" lässt sich als Praxis der Sicherung umfassender Bürgerrechte verstehen, geht es doch bei diesem Verständnis von "Normalisierung" nicht darum, den einzelnen behinderten Menschen an eine herrschende Normalität anzupassen (was vollständig nie gelingen kann und die Stigmatisierung verstärkt), sondern umgekehrt Behinderten die Möglichkeiten in die Hand zu geben, ihr leben so zu gestalten, wie das "alle tun"."[10]

Ziel der Assistenzgenossenschaften ist es Entscheidungsmacht umzuverteilen. Sie ist gleichzeitig unabhängiges Wirtschaftsunternehmen und politische Arena, da in ihr die gesellschaftlichen Entscheidungsprozesse umgekehrt werden. Da Menschen mit Behinderung als Genossenschaftsmitlglieder die Entscheidungsmacht haben schrieb Horst Frehe... (Entscheidungsmacht, Kompetenz, Nachfrage statt Angebotorientiert)[11]

Aufbau und Organisation

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Köbsell in Randschau zur Motivation warum Genossenschaft


Genosse  kann werden  

Um über die HAG Assistenz zu bekommen ist es nicht erforderlich Genossenschaftsmitglied zu werden.

Die Etablierung der Assistenzgenossenschaft hat nicht nur im Bereich der Behindertenbewegung und der disability studies für Beachtung gesorgt. Ausserhalb der "Szene" und regionaler Berichterstattung in Medien, wurde vor allem in Fachpublikationen rund um die Themen Genossenschaftswesen, Sozialstaatlichkeit und Pflegewissenschaften das Modell der Assistenzgenossenschaften mit Interesse verfolgt. [12][13]

Senator Neumann Preis

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Im Dezember 1999 erhielt die HAG den Senator-Neumann-Preis der Freien und Hansestadt Hamburg für „ihr Konzept der Persönlichen Assistenz, das behinderten Menschen ein weitgehend eigenständiges Leben in der Gesellschaft ermöglicht“.

40000 DM [14] 

Kontroversen und Kritik

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Assistenz im Krankenhaus

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Im Sommer 2017 setzte sich die HAG für das Recht der Menschen mit Behinderung auf Assistenz im Krankenhaus ein und wandte sich in Mahnwachen an die Öffentlichkeit und an die Presse.[15] Hintergrund war, dass einem Klienten der HAG die Persönliche Assistenz im Krankenhaus versagt wurde. Die HAG leistete weiterhin Persönliche Assistenz, blieb aber bis dato (Stand Mai 2022) auf den Kosten von knapp 40.000€ sitzen.

Im Juli 2021 hat der deutsche Bundestag diese Gesetzeslücke weitestgehend geschlossen. Kostenträger der Eingliederungshilfe sind ab November 2022 auch dann zur Übernahme der Kosten für die Persönlich Assistenz verpflichtet, wenn die Assistenz durch die Mitarbeitende des gewohnten Assistenzdienstes erfolgt,[16]

Assistenznemerinteressen vs. Interessen der Belegschaft

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Wie in vielen anderen Betrieben der persönlichen Assistenz kam es im Jahr 2010 zu einer öffentlich geführten Auseinandersetzung zwischen Assistenten in der Persönlichen Assistenz und Pflegediensten. Scheißstreik[17], Podcast die es dazu gibt nennen? Es gibt auch Gewerkschaftsarktikel zu dem Thema

Website der HAG  

Website Autonom Leben e.V.

online Archiv mit Zeitschriften der Behindertenbewegung

Einzelnachweise

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  1. Swantja Köbsell: Towards Self-Determination and Equalization: A Short History of the German Disability Rights Movement. In: Disability Studies Quarterly. Band 26, Nr. 2, 2006 (researchgate.net).
  2. Bärbel Mickler, Gerlef Gleiss: Das Salz in der Suppe. In: Die Randschau - Zeitschrift für Behindertenpolitik. Nr. 1/95, 1995, S. 15 (archiv-behindertenbewegung.org).
  3. Ratzka, Adolf. 2002-11. "Die Schwedische Assistenzreform von 1994, Beitrag zur Podiumsdiskussion in Würzburg, 21. November 2002." Abgerufen am 27. Mai 2022.
  4. Swantje Köbsell: Assistenzgenossenschaft Bremen - die etwas andere Art, Assistenz für Menschen mit Beeinträchtigung zu organisieren. In: Die Randschau - Zeitschrift für Behindertenpolitik. Nr. 1/´93, 1993, S. 8.
  5. Die Redaktion: Hamburger AssistenzGenossenschaft (HAG) gegründet. In: Die Randschau - Zeitschrift für Behindertenpolitik. Nr. 3/94, 1994, S. 3 (archiv-behindertenbewegung.org).
  6. Swantje Köbsell: 50 behindertenbewegte Jahre in Deutschland. Abgerufen am 12. Mai 2022.
  7. Christian Mürner, Udo Sierck: Der lange Weg zur Selbstbestimmung. Ein historischer Abriss. In: Theresia Degener, Elke Diehl (Hrsg.): Handbuch Behindertenrechtskonvention Teilhabe als Menschenrecht – Inklusion als gesellschaftliche Aufgabe. Bundeszentrale für politische Bildung, 2015, ISBN 978-3-8389-0506-8, S. 34 (bpb.de [PDF]).
  8. Andreas Jürgens: Behinderte in die Parlamente. In: Die Randschau - Zeitschrift für Behindertenhilfe. Nr. 2/94, 1994, S. Beilage Selbstbestimmt leben konkret -2-.
  9. Satzung der HAG. Abgerufen am 13. Mai 2022.
  10. Timm Kunstreich: Klientin - Kundin - Nutzerin - Genossin?! In: Die Produktivität des Sozialen - den sozialen Staat aktivieren. VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2006, ISBN 978-3-531-90442-9, S. 251.
  11. Horst Frehe: Thesen zur Assistenzgenossenschaft. In: LOS. Nr. 26. LInz 1990, S. 37 (uibk.ac.at [PDF]).
  12. Nicole Göler von Ravensburg, Michaela Röber: Bürgerengagement: Verbraucher und Patientengenossenschaften im Gesundheitswesen. In: Wolfgang George (Hrsg.): Regionales Zukunftsmanagement. Band 1: Gesundheitsversorgung, 2007, ISBN 978-3-89967-413-2, S. 167 (researchgate.net [PDF]).
  13. Elke Schlagintweit: Empowerment zwischen Markt und Staat - Genossenschaften als Instrument der Patientenautonomie. In: M. Algeier (Hrsg.): Solidarität, Flexibilität, Selbsthilfe. VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2011, ISBN 978-3-531-17598-0, S. 89.
  14. Sandra Wilsdorf: Der Preis des Preises. In: Die Tageszeitung: taz. 5. Mai 2000, ISSN 0931-9085, S. 22 (taz.de [abgerufen am 6. Mai 2022]).
  15. Marco Carini: Kliniken weisen Schwerbehinderte ab: Hilflos im Krankenhaus. In: Die Tageszeitung: taz. 25. Juli 2017, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 6. Mai 2022]).
  16. mnigbur: Finanzierung der Assistenz im Krankenhaus geregelt. Abgerufen am 11. Mai 2022 (deutsch).
  17. Gerlef Gleiss: Selbstbestimmung, Persönliche Assistenz und die Arbeiterrechte. In: Vortrag im Rahmen der Ringvorlesung „Behinderung ohne Behinderte?! Perspektiven der Disability Studies. 19. April 2010 (zedis-ev-hochschule-hh.de).