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Die Nassauische Verfassung von 1814
Die Nassauische Verfassung aus dem Jahre 1814 gilt als die erste moderne Verfassung in den Territorien des ehemaligen Reiches. Sie war von einem liberalen Geist geprägt, so ermöglichte sie es Bürgern teilhabe am politischen System im Herzogtum Nassau, auch wenn der Herrscher weiterhin der Souverän in Nassau war. Darüber hinaus sicherte sie den Bürgern auch Bürgerrechte zu. Der Herzog war nun nicht mehr frei in seinem Handeln, sondern war an den rechtlichen Rahmen der Verfassung gebunden.
Vorgeschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Beginn der Debatte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Herzogtum Nassau begann eine Debatte um eine Verfassung nach der Mediatisierung der geistlichen Gebiete im Deutschland. Hierbei gab es eine Tradition einer ständischen Vertretung im Gebiet des Kurfürstentum Trier, die die ehemaligen Teilstände des Bistums auch in der neuen Herrschaft erhalten wollten. Auch gab es bei den Mediatisierten kleinere Adelige, deren Gebiete an das Herzogtum gefallen sind, ein Interesse einer eigenen ständischen Vertretung. Hierbei trat zum Beispiel der leitende Minister im Herzogtum, von Gagen, für die Einführung einer ständischen Vertretung in Nassau ein.[1]. Neu in dem Fall war überhaupt der Gedanke an eine Verfassung, da Nassau selber keine ständische Tradition hatte, es war nur eine im ehemaligen Gebeit des Kurbistum Trier vorhanden gewesen, ein kleiner Teil im territorial neu aufgestellten Nassau. Darüber hinaus haben sich auch der Geheime Rat Peter Kalt massiv gegen die Verfassung ausgesprochen. Am Ende haben sich die Gegner einer Einführung einer Verfassung im Jahr 1803 durchgesetzt, begründet wird dies auch mit der fehlenden politischen Bildung der Bevölkerung in Nassau. Ein weiterer Punkt war die dadurch aufkommenden Probleme für den Staatshaushalt, da die Einrichtung von Ständen eine finanzielle Belastung für das Herzogtum bedeutet hätte. [2].
Französische Hegemonie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Erste Debatte in Nassau führte zum Scheitern das ersten des ersten konkreten Verfassungsprojekt, dadurch wurde aber im Herzogtum die Diskussion über eine Einführung einer Verfassung überhaupt erst voran getrieben .[2] So wurde von von Gagen und Marschal, zwei Minister in Nassau, im Jahr 1808 einen Bericht über ihre bisherigen Leistungen vorgelegt, der auch auf zukünftige Tätigkeiten einging. Bei diesem Bericht wurde auch die Frage einer Verfassung gegenüber dem Regenten wieder auf das Tableau gebracht. Hierbei traten immer mehr liberale Positionen in den Vordergrund und verdrängten die ständischen Ideen. Dabei spielte es eine Rolle, das Frankreich als außenpolitisches Ziel die Einführung des "Code Napoléon" in den Rheinbundstaaten hatte.[3] Dadurch kamen auch das Herzogtum Nassau mit egalitären und bürgerlichen Ideen in Berührung. Dieser außenpolitische Druck Frankreichs wiederum führte in der Regierung von Nassau dazu, das wiederum über eine Verfassung debattiert wurde. Hierbei war von Almendingen die treibende Kraft, der aber feststellen musste, das in Nassau nicht der Typ Bürger vorhanden ist, der für einen konstitutionellen Staat notwendig ist.
Sicherung des Teritoriums
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die dritte Welle der Debatte entstand dann wiederum unter dem Eindruck der Niederlage der französischen Truppen gegen die alliierten Streitkräfte. Kurz vor der Niederlage Frankreichs wechselte Nassau auf die Seite der Alliierten und konnte damit die eigene staatliche Souveränität erhalten. Dies war für die weitere Debatte um die Verfassung in Nassau in sofern von entscheidender Rolle, Es gab verschiedene Gründe, die 1814 für die Einführung einer Verfassung sprachen. Der Zentralste unter ihnen war die Sicherung der territorialen Integrität des Herzogtums, da sowohl Ansprüche der Kleinfürsten wie auch des Bistums Trier an das Herzogtum möglich waren, zum anderen bestand die Gefahr, dass Herzogtum selber unfreiwillig in Preußen aufging. Durch die Einführung einer Verfassung war das Herzogtum erstmal geschützt vor diesen Dingen, die einzige Ausnahme wäre ein Krieg gewesen.[4] Zum anderen konnte durch die Einführung einer Verfassung ein Ausgleich mit dem Freiherrn von Stein geschaffen werden, der zu dieser Zeit eine herausgehobene Stellung inne hatte. Diesem schwebte der Aufbau einer neuen Reichsordnung vor, bei dem die einzelnen Territorien eine ständische Verfassung erhalten sollten. Auf diese Pläne ging das Herzogtum Nassau ein, wenn auch in veränderter Form, so das die Verfassung in Nassau im Kern nicht nur ständische, sondern auch frühkonstitutionelle Berstandteile enthielt.[4] Neben diesen Aspekten muss aber hervorgehoben werden, das teile der nassauischen Beamtenschaft die Verfassung auch als Selbstzweck ansahen und damit das Herzogtum Zukunftsfest machen wollten sowie den Übergang von der ständischen zur bürgerlichen Gesellschaft beschleunigt.
Der Inhalt der Verfassung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Monarch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Monarch erhielt in der Verfassung weiterhin eine herausgehobene Stellung. So war es ihm überlassen, ob er den Landtag einberuft oder nicht, er war dazu nicht verpflichtet. Darüber hinaus war er weiterhin für den Großteil der Politik alleinverantwortlich zuständig und war dem Parlament auch keine Rechenschaft schuldig. So war er allein für das Militär und dessen Gerichtsbarkeit zuständig. Weiter fallen in seinen Zuständigkeitsbereich die Außenpolitik sowie die innere Exekutivgewalt.[4] Der Landtag hatte selber eine beschränkte Zuständigkeit, dort durfte er aber nur Tätig werden, wenn die Gesetze eine besonders zentrale Stellung einnehmen. Ansonsten oblagen die Gesetze dem Herzog. Er war auch weiterhin der Souverän des Staates und auch das bestehen des Staates hing weiterhin von der herrschenden Dynastie ab, da das Herzogtum an den nassauischen Erbvertrag gebunden ist. Des Weiteren war die Verfassung eine vom Monarch oktroyierte Verfassung und damit nahm der Monarch auch weiterhin eine zentrale Stellung im politischen Systems des Herzogtums ein. Eingeführt wurde sie sowohl von Friedrich August, Herzog zu Nassau sowie von Friedrich Wilhelm, Fürst zu Nassau.
Der Landtag
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Landtag besteht aus zwei Kammern, die in der Regel getrennt von einander tagen. Die erste dieser beiden Kammern ist die Herrenbank. In dieser sind zum einen die Prinzen der herzöglichen Familie vertreten, die das 21. Lebensjahr vollendet haben. Zum anderen sind in der Herrenbank hauptsächlich die lokalen Adeligen vertreten. Diese haben im Zuge der Mediatisierung ihre Herrschaften verloren, haben ihre Herrschaften als Eigentum aber wieder zurück erhalten. Daneben hatte der Herzog noch das Recht, weitere Adelige in die Herrenbank auf Lebenszeit zu berufen. Alle Mitglieder mussten dabei mindestens den Rang eines Freiherren, Grafen oder Fürsten inne haben. Eine Übertragung der Stimme ist nicht zulässig.[5]
Der Deputiertenausschuss wiederum besteht aus 22 Mitgliedern. Diese werden jeweils gewählt, wobei es keine allgemeine Wahl ist, sondern die jeweiligen Berufsgruppen aus ihrer Mitte ein oder mehrere Mitglieder in den Landtag wählten. So wählten die Inspektoren der evangelisch-lutherischen und der reformierten Geistlichkeit ein Vertreter, genauso wie die Landdechanten der katholischen Kirche. Die Mitglieder einer Lehranstalt wählen sich ein Vertreter und die alle, die in der Gewerbeklasse 12. bis 16. eingeteilt wurden. Das Landeigentümer wiederum wählten 15 Vertreter in den Landtag, wobei das passive Wahlrecht nur die wohlhabenderen dieser Gruppe inne hatten. Die Wahl der Vertreter der Landeigentümer fanden an den Hauptorten des Herzogtums statt, wobei in Wiesbaden vier, in Usingen, Limburg und Ehrenbreitstein drei und in Hachenburg zwei gewählt wurden. Bei diesen Wahlen konnte die Stimme nicht übertragen werden und die Stimme musste vor Ort abgegeben werden. Die Legislatur beträgt bei den Mitgliedern des Deputiertenausschusses 7 Jahre.[5] Beide Kammern tagten zusammen und am gleichem Ort. [5] Insgesamt durften nur die höheren Steuerklassen der jeweiligen Bereich wählen, das passive Wahlrecht hatten wiederum nur die höchsten Steuerklassen inne, das Wahlrecht war ein Zensuswahlrecht.[6]
Diese beiden Kammern hatten verschiedene Rechte, so konnte es Gesetze vorschlagen oder sie mussten die Abgaben an den Staat bewilligen. Dafür benötigte aber fast jeder Beschluss die Mehrheit in den jeweiligen Kammern. Sollte diese nicht hergestellt werden können, trat ein Vermittlungsausschuss zusammen, der sich paritätisch aus den beiden Kammern zusammen setzte. Die einzige Ausnahme war die Steuererhebung, bei der wurden die beiden Kammer wie eine betrachtet und es reichte die Mehrheit der Gesamtsitze der Addition der beiden Kammern.[4]
Insgesamt muss aber festgestellt werden, das die Verfassung ein klares Übergewicht beim Herzog hatte. Der Landtag war auf dessen Mitarbeit angewiesen und alleine nicht handlungsfähig im Sinne der Verfassung. Darüber hinaus lagen alle faktischen Kampfmittel, Militär oder Exekutive, komplett in der Hand des Souveräns, dem Monarchen.[7] Die
Bürgerrechte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Darüber hinaus legte die Verfassung einige Bürgerrechte fest, so stand das Eigentum, genauso so wie die persönliche Freiheit unter Schutz. Des Weiteren wurde die Bevölkerung vor willkürlichen Verhaftungen geschützt und erhielt das Recht auf einen fairen und freien Prozess vor einem ordentlichen Gericht. Hinzu kommen Grundrechte wie die Freizügigkeit, das Recht auf Pressefreiheit und ein Petitionsrecht für die Bevölkerung. Insgesamt also sehr weitreichende Rechte, die teilweise aber schon vorher gültig waren, so wurde die Leibeigenschaft schon 1806 abgeschafft.[6]
Wirkung und Rezeption der Verfassung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wirkung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Verfassung erlangte 1814 ihre Gültigkeit, der erste Landtag trat aber erst 1818 zusammen. Dies lag beispielsweise an weiteren territorialen Veränderungen im Herzogtum, so dass die neue Gemeindeordnung und Staatsverwaltung per Edikt vom Herzog erlassen wurde. Dies geschah ohne Mitwirkung des Landtages, da dieser erst 1818 das erste mal gewählt und eingerufen wurde. Die neue Verfassung sorgte auch am Anfang für größere Auseinandersetzung zwischen der Regierung und dem Landtag.[8] Dies geschah im Kontext der Karlsbader Beschlüsse, wobei die Verfassung hierbei nicht Auslöser war, sondern der Grund war, warum diese Auseinandersetzung geführt werden konnte. In der 1. Legislatur wurde die Verfassung auch um eine Geschäftsordnung des Landtages ergänzt. 1831 versuchte der Herzog, die Herrenbank personell zu erweitern, was ihm aber nicht gelang. Dies hätte ihn eine stärkere Position gegen den gewählten Teil des Parlamentes gebracht. Die Verfassung behielt ihr Gültigkeit bis das Herzogtum Nassau unfreiwillig an Preußen kam, wenn man von der Unterbrechung von 1848 bis 1851 absieht. Dort wurde ein gleiches, indirektes Wahlrecht festgelegt und die Erklärung der Grundrechte der Paulskirche fand Eingang in die Verfassung. Diese behielt dabei aber immer ihre Gültigkeit. 1851 wurden dann die Neuerungen ab 1848 wieder abgeschafft.[8]
Rezeption der Verfassung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Verfassung von Nassau gilt als die erste Verfassung in den deutschen Territorien. Sie wurde dabei noch vor dem Ende des Wiener Kongresses eingeführt und vier Jahre vor der Verfassung von Baden. Sie gilt dabei als eine Verfassung, die zwischen einem ständischen System und einer frühkonstitutionellen Verfassung steht, da sie Elemente von beiden Systemen in sich trägt. So hat sie ständische Elemente durch die Einführung der Herrenbank und einer sehr herausgehobenen Stellung des Monarchen, besitzt aber auch frühkonsitutionelle Elemente im Bereich der Steuererhebung und dem Petitionstrecht gegenüber dem Herzog. Darüber hinaus wurden bürgerliche Grundrechte formuliert, welches gegen eine rein ständische Verfassung spricht. Diese sind von einer Einschränkung der Macht des Souveräns gegenüber seiner Bevölkerung geprägt und tragen damit auch frühkonstitutionelle Züge. Diese werden in der Rezeption hervorgehoben.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Winfried Schäfer: Das Herzogtum Nassau 1806-1866, Wiesbaden 2006, S. 55.
- ↑ a b Winfried Schäfer: Das Herzogtum Nassau 1806-1866, Wiesbaden 2006, S. 75-76.
- ↑ Winfried Schäfer: Das Herzogtum Nassau 1806-1866, Wiesbaden 2006, S. 76.
- ↑ a b c d Winfried Schäfer: Das Herzogtum Nassau 1806-1866, Wiesbaden 2006, S. 86-88.
- ↑ a b c Friedrich August, Herzog von Nassau und Friedrich Wilhelm, Fürst zu Nassau: Edikt über die landesständische Verfassung des Herzogtum Nassau vom 1./2. September 1814, zitiert nach: Verfassungen in Hessen 1807-1946, hrsg. von Franz, Eckhart G. und Murk, Karl, Darmstadt 1998, S. 55-56.
- ↑ a b Schüler, Winfried: Das Herzogtum Nassau 1806-1866, Wiesbaden 2006, S.55-57.
- ↑ Jäger, Wolfgang: Staatsbildung und Reformpolitik, Wiesbaden 1993, S. 90.
- ↑ a b Franz, Eckhart G. und Murk, Karl: Verfassungen in Hessen 1807-1946, Darmstadt 1998, S. 46.
Quellen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Friedrich August, Herzog von Nassau und Friedrich Wilhelm, Fürst zu Nassau: Edikt über die landesständische Verfassung des Herzogtum Nassau vom 1./2. September 1814, zitiert nach: Verfassungen in Hessen 1807-1946, hrsg. von Franz, Eckhart G. und Murk, Karl, Darmstadt 1998.
Literaturverzeichnis
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Franz, Eckhart G. und Murk, Karl: Verfassungen in Hessen 1807-1946, Darmstadt 1998.
- Hessischer Landtag: 175 Jahre Nassauische Verfassung - Eine Ausstellung des hessischen Landtages, Wiesbaden 1991.
- Jäger, Wolfgang: Staatsbildung und Reformpolitik - politische Modernisierung im Herzogtum Nassau zwischen Französischer Revolution und Restauration, Wiesbaden 1993. ISBN 3-922244-93-9.
- Schüler, Winfried: Das Herzogtum Nassau 1806-1866, Wiesbaden 2003. ISBN 3-930221-16-0.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Hessischer Landtag: 175 Jahre Nassauische Verfassung - Eine Ausstellung des hessischen Landtages, Wiesbaden 1989, zuletzt eingesehen am 18.06.2014.
Kategorie:Verfassungsgeschichte (Deutschland) Kategorie:1814 Kategorie:Verfassung (Deutschland)