Benutzer:Kerbel/Wörterbuchartikel/Archiv

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Eines der lästigsten Themen bei der Beschäftigung mit der Wikipedia ist das Thema "Wörterbuchartikel".

Für mich liegt klar auf der Hand, dass es wirklich überzeugende Kriterien für die Unterscheidung zwischen Wörterbuch- und Enzyklopädie-Artikeln nicht gibt. Und erfreulicherweise heißt es ja auch in dem Artikel Wikipedia ist kein Wörterbuch dass die Übergänge zwischen Wörterbuch und Enzyklopädie fließend sind. Jawohl! So ist es nämlich tatsächlich. Wörterbücher und Enzyklopädien sind nicht Sachen, die vom Himmel gefallen sind. Dahinter stehen immer Redaktions-Kollektive, und die können sich bei den Redaktionsprinzipien auf Was-auch-immer-ihnen-in-den-Sinn-kommt einigen. Sie können Wörterbuch-ähnliche Enzyklopädien entwickeln oder Wörterbücher, die einen enzyklopädischen Dreh haben oder was auch immer die Fantasie da hergeben mag.

Wikipedia ist kein Wörterbuch ist ein Text, der für mich ganz gut zu verkraften ist. Scheußlicherweise heißt es dort aber unten auf der Seite: "Artikel, die Wörterbucheinträge sind, sollten ins Wiktionary verschoben werden." Das nun allerdings ist ein ziemliches Grauen. Damit wird alles, was es an Wohlausgewogenheit im vorhergehenden Text gibt, über den Haufen geschmissen. Plötzlich gibt es da eine absurde Entweder-Oder-Welt. Es soll möglich sein, beim Blick auf Definitionen zu bestimmen, ob diese Definitionen aus einem Wörterbuch oder aus einer Enzyklopädie stammen bzw. ob sie in ein Wörterbuch oder eine Enzyklopädie gehören. Das ist ein scheußlicher Blödsinn!

Mit dem "Verschiebeverfahren" wird so getan, als wenn es irgendwelche halbautomatisierten Verfahren geben könnte, mit denen sich bestimmen ließe, welche Artikel in die Wikipedia gehören und welche nicht. Umso schneller man sich von solchen Vorstellungen verabschiedet, umso besser ist es für die Wikipedia.

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Es gibt einige Prinzipien, auf die sich die Leute, die bei der Wikipedia mitarbeiten, ziemlich problemlos einigen können. Zu diesen Prinzipien gehören:

  • Wikipedia-Artikel sollten interessant sein, uninteressante Artikel sollte man löschen.
  • Sachen, die bereits in einem der Artikel erläutert worden sind, sollte man nicht in einem anderen Artikel wiederholen. Schließlich gibt es die Möglichkeit, die Artikel zu verlinken.

Nach meinem Eindruck sind durch die langen Diskussionen, die um das Verschiebeverfahren herum entstanden sind, zu diesen beiden Grundprinzipien keine wesentlichen neuen Ideen hinzugekommen. Man kann lange über die Formulierungen in einem Wikipedia-Artikel diskutieren und wird bei den Versuchen, den Wert der Formulierungen einzuschätzen, zuletzt doch immer bei der simplen Frage landen: "Finde ich das interessant und erwähnenswert, was da zu lesen ist, oder finde ich es eher banal und uninteressant?"

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Nach meinem Eindruck kann man die Suche nach Kriterien mit denen sich (irgendwie halbautomatisert) bestimmen ließe, was in die Wikipedia gehört und was nicht, einstellen. Natürlich kann man sich jede Menge Kriterien einfallen lassen, aber im Bereich Linguistik (und damit auch in der Lexikographie) hat man es dauernd mit Phänomenen zu tun, die sich den Kriterien, die man da entwickelt, immer wieder entziehen. Wenn man sich mit der Frage abplagt, welches Kriterium beim jeweiligen Einzelfall wohl anwendbar sein mag, landet man flugs wieder bei der Frage "Finde ich das interessant und erwähnenswert, was da zu lesen ist, oder finde ich es eher banal und uninteressant?" Die sehr intuitive Einschätzung über den Wert von Formulierungen wird sich als das einzig Zuverlässige erweisen.

Man darf sich von Leuten, die so tun, als wenn sie über wissenschaftliche Methoden verfügen, den Wert von Formulierungen zu bestimmen, nicht blöde machen lassen. Es gibt Leute, die breiten gerne ihre Privat-Linguistik aus, reden von "Wörterbuchartikel", "Glossar-Artikel", "sprachlichem Konstrukt" oder "Wörterbuchstil". Bei genauerem Hinschauen zeigt sich, dass alle diese Ausdrücke sehr unbedacht hingeworfen werden. Es ist meistens nicht viel dahinter.

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Es werden sicherlich noch Leute auftreten, die erklären werden, dass in die Wikipedia keine Artikel zu Adjektiv-Lemmata und zu Verb-Lemmata gehören. Diese Leute wird es stutzig machen, wenn sie entdecken, dass es zu elektronenarm, blond, supranational und vielen anderen Adjektiv-Lemmata durchaus interessante Artikel gibt und dass es ebenso auch brauchbare Artikel zu kürzen und zerquetschen und anderen Verben gibt.

Es sollten im Zusammenhang mit der Frage "Was gehört in eine Enzyklopädie?" auch besser keine Mythen zusammengebaut werden. Es ist albern, wenn Leute so tun, als wenn in einem Wörterbuch immer die Etymolgie erklärt wird, in Enzyklopädien dagegen nie. Die Redaktions-Kollektive, welche die Nachschlagewerke erstellen, nehmen sich in Hinsicht auf Angaben zur Etymologie alle möglichen Freiheiten, und das ist ja auch in Ordnung so. (Was man in ein Nachschlagewerk mit aufnehmen kann, das hängt ja immer auch von sehr pragmatischen Sachen ab - davon, was man an Personalressourcen zur Verfügung hat und was einem der Verlag an Platz zugestehen will.)

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Ich bin darauf gefasst, dass sich noch häufig Leute zu Wort melden werden, die so tun, als wenn vor einigen hundert Jahren ein Ur-Wörterbuch und eine Ur-Enzyklopädie vom Himmel gefallen wären und dass es nun darum gehen müsse, diese Urbilder nachzubauen.

Aus meiner Sicht setzt sich jeder, der das Unwort "Wörterbuchartikel" in den Mund nimmt, dem Verdacht aus, an die vom Himmel herabgefallenen Bücher zu glauben. Glücklicherweise melden sich aber immer wieder auch vernünftige Leute zu Wort. Denen ist klar, dass alle Leute, die Nachschlagewerke schaffen, sich die Redaktionsprinzipien so zurechtlegen werden, wie es ihnen in der jeweiligen Situation gerade in den Kram passt.

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Kann Wikipedia ein Wörterbuch sein? Nein. Es gibt eine Reihe sehr pragmatische Gründe dafür, dass aus Wikipedia kein Wörterbuch werden kann.

  • Der Ehrgeiz, sämtliche Wörter der deutschen Sprache zu erfassen, würde eine enorme Vermehrung der Zahl der Lemmata mit sich bringen. Wer sollte das bewältigen.
  • Die Vielzahl an Einzelangaben pro Artikel ließe sich wahrscheinlich nur bewältigen, wenn aus jedem Artikel eine Datenbank-Tabelle werden würde. Dafür gäbe es nicht die technischen Voraussetzungen.
  • Es fehlt auch schlichtweg das Personal, das sich so eine Aufgabe sinnvoll vornehmen könnte. Der durchschnittliche Artikel-Schreiber legt es darauf an, Texte zu schreiben, die von einer großen Zahl von Leuten als interessant und diskussionswürdig angesehen wird. Wörterbuch-Verfasser müssen sich dagegen an ein hochgradig systematisiertes und oft wenig interessant wirkendes Vorgehen gewöhnen. Sowas wäre für den normalen Wikipedia-Schreiber nicht zumutbar.
  • Von einem Rechtschreibwörterbuch würde man außerdem auch erwarten, dass es bei allen Wörtern, die unter Rechtschreibaspekten eine Besonderheit aufweisen, einen Link zu der betreffenden Rechtschreibregel gibt. Bei der Wikipedia wäre kaum jemand imstande, sowas zu leisten.

Man muss bei diesen Sachen allerdings ein bisschen differenzieren. Die Angaben, die man in Fremdwörter-Wörterbüchern findet, können auch gut in einer Enzyklopädie aufgehoben sein, ebenso auch die Angaben, die man in einem etymologischen Wörterbuch findet. Kritisch wird es bei den Angaben aus den Rechtschreib-Wörterbüchern und den Übersetzungs-Wörterbüchern. Man wird sich, wie schon angeführt, niemals zu einem sehr systematischen Vorgehen, wie es da gefordert wäre, entschließen können. Es würde für solche Vorhaben auch kein hinreichend geschultes Personal da sein.

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Es sollte den Artikel-Schreibern freistehen, so viele etymologische Angaben in die Artikel aufzunehmen, wie immer sie für erkenntnisfördernd ansehen. Es wird öfters erklärt, dass in den Wörtern einer Sprache Wissen gespeichert ist. Wer sich imstande sieht, dieses Wissen hervorzufördern, der sollte das tun.

Auch für die Wörterbuch-typische Gewohnheit, zu jedem Wort Verwendungsbeispiele anzuführen, kann es in der Wikipedia Platz geben. Jemand, der in einem Artikel zu Hommage auf eine Veranstaltung verweist, die den Titel "Hommage an Franz Schubert" trug, wird damit kaum was verkehrt machen.

Auf keinen Fall sollte der Grundsatz "Wikipedia ist kein Wörterbuch" dazu führen, dass die Wikipedia-Schreiber sich gegenseitig interessante neue Entwicklungen verbauen.

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Mein wichtigster Punkt bei all dem ist dieser: Der Grundsatz "Wikipedia ist kein Wörterbuch" sagt kaum etwas anderes als die beiden Grundsätze, die ich oben angeführt habe. Es geht darum, Langweiliges wegzulassen und Redundanzen zu vermeiden. Mein Eindruck ist, dass das den Leuten, die den Text "Wikipedia ist kein Wörterbuch" verfasst haben, klar war.

Später jedoch ist einer gekommen und wollte aus "Wikipedia ist kein Wörterbuch" eine große Sache machen. Vor dem Hintergrund von "Wikipedia ist kein Wörterbuch" sollten Rausschmeißaktionen für Artikel im großen Stil stattfinden.

Jederman war bis dahin klar, dass es nicht viel zu bedeuten hat, wenn jemand einen Artikel als "Wörterbuchartikel" bezeichnet. "Wörterbuchartikel" ist da immer in etwa gleichbedeutend mit "nur Definition" oder "zu wenig" oder "zu banal". Nun sollten die Sachen jedoch einen Anstrich von Wissenschaftlichkeit bekommen.

Früher waren sich die Leute darüber im Klaren, dass mit der Kennzeichnung eines Artikels als "Wörterbuchartikel" eine äußerst simple Argumentation geliefert wird. Nun jedoch sollte jeder, der "Wörterbuchartikel" sagt, die Chance haben, sich dabei wissenschaftlich und gedankenklar und abgesichert zu fühlen.

Es ist an der Zeit, dass das Verschiebeverfahren abgeschafft wird und zusammen mit dem Verschiebefahren auch die ganzen hölzernen Privatlinguistik-Sachen, die im Zusammenhang mit dem Verfahren als Relevanzkritereien für Artikel dienen sollen.

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Jeder, der sich an der Wikipedia beteiligt, kennt die vielen Diskussionen, die um Relevanzkriterien geführt werden. Es kann jemand als Regel aufstellen, dass Oberbürgermeister von Städten mit weniger als 100.000 Einwohnern keinen eigenen Artikel verdienen. Zum üblichen Ablauf gehört, dass man es bald darauf mit einer Situation zu tun bekommt, durch die das Kriterium wieder in Frage gestellt wird.

Duesentrieb nun hatte sich vorgenommen, einen Weg zu weisen, wie man aus dem ständig neu auftretenden Bedarf für Diskussionen um die Relevanzkriterien herausfinden kann. Er versucht, sich und seiner Umgebung einzureden, dass es sich bei dem Gebiet, auf dem er da unterwegs ist, um ein sehr viel besser abgesichertes Gebiet handelt. Der Grundsatz "Wikipedia ist kein Wörterbuch" sollte die Grundlage bilden für ein wunderbares Gebäude von prima zuverlässigen Relevanzkriterien. Man kann ihm nur empfehlen, sich mit diesen Bemühungen nicht noch mehr zu verkünsteln. Irgendwann wird er einsehen müssen, dass "Wikipedia ist kein Wörterbuch" nicht wesentlich aussagekräftiger ist als "Wikipedia ist kein Pferderennen" und nicht wesentlich mehr Sicherheit bietet als "Wikipedia ist kein Schnellrestaurant".

An sich ist "Wikipedia ist kein Wörterbuch" sogar als irreführend einzuschätzen. Angemessener wäre: "Wikipedia ist ein Nachschlagewerk, das zum Teil Angaben enthält, die auch in Wörterbüchern zu finden sind, daneben allerdings auch Angaben, die man im Wörterbuch-Rahmen als zu ausführlich ansehen würde."