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Der Codex Alexandrinus (von Rahlfs bezeichnet als A, von Gregory-Aland bezeichnet als A oder 01) ist eine koine-griechische Vollbibel aus dem 5. Jahrhundert. Sie befand sich im Besitz des Ökumenischen Patriarchen Kyrillos Loukaris, der sie 1627 dem englischen König Karl I. schenkte. Heute befindet sich das neuzeitlich in vier Volumen gebundene Manuskript in der British Library (MS Royal 1. D. V–VIII).

Der Codex Alexandrinus enthält zusätzlich zum Alten und Neuen Testament zwei frühchristliche Schriften: den ersten und zweiten Clemensbrief.

Provenienz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kyrillos Loukaris

Der Ökumenische Patriarch Kyrillos Loukaris schenkte den Codex Alexandrinus am Neujahrstag 1627 dem englischen König Karl I. Vermittelt wurde die Schenkungsaktion durch den englischen Botschafter in Konstantinopel, Thomas Roe. Als Gegenleistung für diplomatische Unterstützung wurde auf Loukaris Druck ausgeübt, alte Bücher und Kunstwerke nach England zu schicken.[1] Roe schätzte den Codex nicht besonders hoch ein. Im Februar 1626 schrieb er dem Erzbischof von Canterbury: „Welchen Wert er haben mag, geht über mein Verständnis, er [= Loukaris] hat eine hohe Meinung davon und hält ihn für die größte Antiquität der griechischen Kirche. Die Schrift ist sehr schön; die Buchstaben sind von einer Art, die ich noch nie gesehen habe. [Die Bibel] ist vollständig, abgesehen vom Anfang des Matthäusevangeliums. Er bestätigt eigenhändig, dass sie von der Jungfrau Thekla geschrieben worden sei …, einer frommen gelehrten jungen Frau, die in Asien Opfer der Verfolgung wurde, und der Gregor von Nazianz viele Briefe geschrieben hat. … Das Buch ist sehr groß und sieht wirklich alt aus. Ich zweifle nicht, dass Seine Majestät es wertschätzen wird wegen der Hand, die es geschenkt hat.“[2]

In London nahm der königliche Bibliothekar Patrick Young den Codex in Empfang; er veranlasste wahrscheinlich auch, dass er neu in vier Volumen gebunden wurde. Von Youngs Hand stammen die Paginierung, die Einfügung der modernen Kapitelzählung und weitere Anmerkungen. Im Englischen Bürgerkrieg legte Young sein Amt nieder und erhielt die Erlaubnis, einge Bücher in Verwahrung zu nehmen, darunter den Codex Alexandrinus. Nach Youngs Tod scheint der Alexandrinus gut ein Jahrzehnt in Familienbesitz geblieben zu sein; das Datum der Rückgabe an die Royal Library ist unbekannt.[3]

Der Klassische Philologe Richard Bentley wurde 1694 zum Königlichen Bibliothekar ernannt. Er befasste sich mit der Textkritik des Neuen Testaments und hielt den Codex Alexandrinus für dessen wertvollste Handschrift. Als die im Ashburnham House aufgestellte Privatbibliothek des Königs 1731 in Brand geriet, rettete der 96-jährige Bentley eigenhändig den Codex Alexandrinus aus den Flammen. Nach Gründung des Britischen Museums 1753 wurden die Bestände der Königlichen Bibliothek dorthin überführt. Der Codex Alexandrinus wurde in einem Schaukasten der dortigen Handschriftenabteilung ausgestellt, bis die British Library 1973 nach St. Pancras umzog.[4]

Arabische Glosse am Anfang des Buchs Genesis
(BL, MS Royal 1. D. V, fol. #)

Die Vorgeschichte des Codex Alexandrinus, bevor Loukaris ihn in seinem Besitz hatte, ist umstritten. Einer arabischen Marginalglosse auf der ersten Seite des Buchs Genesis zufolge gehörte der Codex als unveräußerliche Stiftung (waqf) „der Kammer des Patriarchen in der Festung Alexandria“, und es war verboten, ihn von dort zu entfernen. Der Glossator bezeichnete sich selbst als „der demütige Athanasios“ und wurde versuchsweise mit dem Patriarchen Athanasios III. von Alexandria identifiziert. A. S. Fulton datierte diese Glosse paläographisch ins 13./14. Jahrhundert. In der Bibliothek des orthodoxen Patriarchats von Alexandria befinden sich zwei Handschriften, in die ein griechischer Besitzvermerk „des demütigen Athanasios, des Erzbischofs von Alexandria“ eingetragen wurde. Das macht wahrscheinlich, dass Athanasios III. seine Bücher in dieser Weise zu signieren pflegte. Theodore C. Skeat wies auf die langen Aufenthalte des Athanasios in Konstantinopel hin und schloss daraus, dass der Codex Alexandrinus von Athanasios in Konstantinopel erworben und zwischen 1308 und 1316 nach Alexandria gebracht worden sei. Ein Besitzvermerk dieser Art spricht dafür, dass der Codex Anfang des 14. Jahrhunderts neu in die Bibliothek des alexandrinischen Patriarchen gelangte. Scot McKendrik fand einen vergleichbaren arabischen Besitzvermerk „des demütigen Athanasios“ in einem mittelalterlichen griechischen Psalmenkommentar, welcher der Bibliothek des alexandrinischen Patriarchats geschenkt worden war; Loukaris hatte diesen Psalmenkommentar an Roe ausgehändigt. Das stärkt die Wahrscheinlichkeit, dass Loukaris auf die Bestände der Alexandriner Bibliothek zugriff, um Roe alte Manuskripte aushändigen zu können.[5]

Kodikologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beschreibmaterial[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vom Codex Alexandrinus sind 773 Pergamentblätter erhalten (630 im alttestamentlichen und 143 im neutestamentlichen Teil). Sie sind etwa 32 cm hoch und 26 bis 26,4 cm breit.

Lagen und Linierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im ursprünglichen Codex bildeten vier Bögen (= 8 Blätter = 16 Seiten) eine Lage. Bei der neuzeitlichen Bindung des Codex wurden die Blätter neu in Sechsergruppen angeordnet.

Alle Lagen sind auf der jeweils ersten Seite mit griechischen Zahlzeichen nummeriert. Möglicherweise stammt diese Nummerierung aus der Spätantike und wurde nachträglich ergänzt. Außerdem wurden alle Blätter auf der Vorderseite in der oberen linken Ecke mit arabischen Ziffern nummeriert, was aber teilweise beim Buchbinden und durch nachträgliches Beschneiden der Blätter verloren ging. Von der Hand des Londoner Bibliothekars Young (17. Jahrhundert) stammt die Nummerierung mit Tinte auf der Vorderseite jedes Blattes mittig am oberen Rand; außerdem gibt es eine mit Bleistift eingetragene Blattnummerierung in der rechten oberen Ecke, die wohl aus dem 19. Jahrhundert stammt.

Tinte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bindung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schreiber und Korrektoren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Inhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die vier Bände, in denen der Codex heute vorliegt, haben folgenden Inhalt:

  1. Genesis, Exodus, Levitikus, Numeri, Deuteronomium, Josua, Richter, Ruth, vier Bücher der Königtümer, zwei Bücher der Chronik.
  2. Hosea, Amos, Micha, Joel, Obadja, Jona, Nahum, Habakuk, Zefanja, Haggai, Sacharja, Maleachi, Jesaja, Jeremia, Baruch, Klagelieder, Brief des Jeremia, Ezechial, Daniel (Susanna, Bel und der Drache), Esther, Tobit, Judith, 1. und 2. Buch Esdras, vier Makkabäerbücher.
  3. Athanasius: Brief an Marcellinus; Eusebius: Hypothesis zum Psalter, Periochae und Kanon der Psalmen. Psalter, Canticles, Ijob, Sprichwörter, Kohelet, Hoheslied, Weisheit, Jesus Sirach.
  4. Matthäus, Markus, Lukas, Johannes; Apostelgeschichte; Jakobusbrief, 1. und 2. Petrusbrief, 1.-3. Johannesbrief, Judasbrief, Römerbrief, 1. und 2. Korointherbrief, Galaterbrief, Epheserbrief, Philipperbrief, Kolosserbrief, 1. und 2. Thessalonicherbrief, Hebräerbrief, 1. und 2. Timotheusbrief, Titusbrief, Philemonbrief, Johannesoffenbarung, 1. und 2. Clemensbrief.

Altes Testament (Septuaginta)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Alte Testament ist nahezu vollständig erhalten. Zehn Blätter sind verloren. Infolgedessen gibt es eine kleinere Textlücke im 3. Buch der Königreiche (= 1 Kön 12,20 – 1 Kön 14,9) und eine größere Textlücke im Psalter (Psalm 49,20 – Psalm 79, 10). Als Einleitung zum Psalter bietet der Codex Alexandrinus AthanasiusBrief an Marcellinus.

Der im Alexandrinus gebotene Text des Alten Testaments ist uneinheitlich. Im Buch Levitikus steht er dem Codex Vaticanus nahe. Im Buch Ruth, den vier Büchern der Königreiche, Esther und Daniel ist der Text des Alexandrinus ein Zeuge für die hexaplarische Rezension, während der hexaplarische Einfluss bei den übrigen Prophetenbüchern geringer ist.

Neues Testament[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Neuen Testament fehlt ein Großteil des Matthäusevangeliums, dessen Text erst ab Mt 25,6 erhalten ist. Eine kleinere Textlücke weist das Johannesevangelium (Joh 6,50–8,52) auf. Vom Zweiten Brief des Paulus an die Korinther fehlen 2 Kor 4,13 – 2 Kor 12,6.

In den Evangelien kommt der Alexandrinus der byzantinischen Textform relativ nahe, weist aber viele individuelle Züge auf. In der Apostelgeschichte, den Paulusbriefen, Katholischen Briefen und der Offenbarung des Johannes bietet der Alexandrinus einen deutlich älteren Text, wieder mit vielen Eigenheiten. Die im Institut für Neutestamentliche Textforschung in Münster durchgeführten Testkollationen (1987–2005) ergaben, dass der Codex Alexandrinus mit keinem anderen Manuskript eng verwandt ist.

Für die Johannesoffenbarung ist der Codex Alexandrinus die wichtigste Handschrift.

Es fehlt die Pericope Adulterae (Johannes 7,53–8,11).[6]

Frühchristliche Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Inhaltsverzeichnis des Codex werden die Psalmen Salomos nach dem 2. Clemensbrief aufgeführt; ihr Text ist im Codex Alexandrinus nicht erhalten.


Provenienz und Publikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einer arabischen Marginalglosse auf der ersten Seite des Buchs Genesis zufolge gehörte der Codex als unveräußerliche Stiftung (waqf) „der Kammer des Patriarchen in der Festung Alexandria“, und es war verboten, ihn von dort zu entfernen. Der Glossator bezeichnete sich selbst als „der demütige Athanasios“ und wurde in der älteren Forschung mit dem Patriarchen Athanasios III. von Alexandria identifiziert. A. S. Fulton datierte diese Glosse paläographisch ins 13./14. Jahrhundert. In der Bibliothek des orthodoxen Patriarchats von Alexandria befinden sich zwei Handschriften, in die ein griechischer Besitzvermerk „des demütigen Athanasios, des Erzbischofs von Alexandria“ eingetragen wurde. Das macht wahrscheinlich, dass Athanasios III. seine Bücher in dieser Weise zu signieren pflegte. Theodore C. Skeat wies auf die langen Aufenthalte des Athanasios in Konstantinopel hin und schloss daraus, dass der Codex Alexandrinus von Athanasios in Konstantinopel erworben und zwischen 1308 und 1316 nach Alexandria gebracht worden sei.


Vor dem Umzug in die British Library in St. Pancras lag der Text neben dem Codex Sinaiticus in einem der berühmten Schaukästen in der Handschriftenabteilung des Britischen Museums.[7] Eine photographische Reproduktion des Kodex wurde 1879–1883 unter der Aufsicht von Edward Maunde Thompson veröffentlicht.

Forschungsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Textausgaben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Monographien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Michael Dormandy: Building a Book of Books. Textual Characteristics of the Early Greek Majuscule Pandects (= Arbeiten zur neutestamentlichen Textforschung, 54). De Gruyter, Berlin/Boston 2024. ISBN 978-3-11-099457-5.
  • Herbert J. M. Milne, Theodore C. Skeat: The Codex Sinaiticus and the Codex Alexandrinus. 2. Auflage. University Press, Oxford 1955.
  • William Andrew Smith: A Study of the Gospels in Codex Alexandrinus: Codicology, Palaeography and Scribal Hands (= New Testament Tools, Studies and Documents, 48). Brill, Leiden 2014. ISBN 978-90-04-26783-1.

Artikel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Patrick Andrist: La structure des codex Vaticanus, Alexandrinus et Sinaiticus. Questions ouvertes sur le canon, la fabrication et la circulation de ces Bibles. In: Chiara Ruzzier, Xavier Hermand (Hrsg.): Comment le Livre s’est fait livre. La fabrication des manuscrits bibliques (IVe–XVe siècle). Bilan, résultats, perspectives de recherche (= Bibliologia, 40). Brepols, Turnhout 2015, S. 11–37. (Online)
  • Patrick Andrist: Au croisement des contenus et de la matière: les structures des sept pandectes bibliques grecques du premier millénaire. Étude comparative sur les structures des contenus et de la matérialité des codex Vaticanus, Sinaiticus, Alexandrinus, Ephrem rescriptus, Basilianus, «Pariathoniensis» et de la Biblia Leonis. In: Scrineum Rivista 17/2 (2020), S. 3–106. (Online)
  • Dan Batovici: The Apostolic Fathers in Codex Sinaiticus and Codex Alexandrinus. In: Biblica 97 (2016), S. 581–605.
  • Gregory Goswell: Early Readers of the Gospels: The Kephalaia and Titloi of Codex Alexandrinus. In: Journal of Greco-Roman Christianity and Judaism 6 (2009), S. 134–174.
  • Silva Tipple Lake, David Ole Voss: Family Π and the Codex Alexandrinus. The Text according to Mark. Christophers, London 1937. Digitalisat im Internet Archivehttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3D~IA%3DMN41429ucmf_4~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3DDigitalisat%20im%20Internet%20Archive~PUR%3D
  • Scot McKendrik: The Codex Alexandrinus or the Danger of Being a Named Manuscript. In: Scot McKendrick, Orlaith O’Sullivan (Hrsg.) The Bible as Book: The Transmission of the Greek Text. The British Library, London 2003, S. 1–16.
  • Marcus Sigismund: Formen und Verwendung der Diplé im Codex Alexandrinus. In: Martin Karrer (Hrsg.): Von der Septuaginta zum Neuen Testament: textgeschichtliche Erörterungen (= Arbeiten zur neutestamentlichen Textforschung, 43). De Gruyter, Berlin/Boston 2010, S. 115–143.
  • Matthew Spinka: Acquisition of the Codex Alexandrinus by England. In: Journal of Religion 16 (1936), S. 10–29.
  • Theodore C. Skeat: The Provenance of the Codex Alexandrinus. In: The Journal of Theological Studies, New Series 6 (1955), S. 233–235.
  • Klaus Wachtel: Alexandrinus, Codex. In: Encyclopedia of the Bible and Its Reception (EBR). Band 1, De Gruyter, Berlin/Boston 2009, ISBN 978-3-11-018355-9, Sp. 767–769.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Codex Alexandrinus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. William Andrew Smith: A Study of the Gospels in Codex Alexandrinus: Codicology, Palaeography and Scribal Hands, Leiden 2014, S. 8.
  2. Hier zitiert nach: Matthew Spinka: Acquisition of the Codex Alexandrinus by England, 1936, S. 25 f.
  3. William Andrew Smith: A Study of the Gospels in Codex Alexandrinus: Codicology, Palaeography and Scribal Hands, Leiden 2014, S. 11.
  4. William Andrew Smith: A Study of the Gospels in Codex Alexandrinus: Codicology, Palaeography and Scribal Hands, Leiden 2014, S. 12.
  5. William Andrew Smith: A Study of the Gospels in Codex Alexandrinus: Codicology, Palaeography and Scribal Hands, Leiden 2014, S. 18–25.
  6. NA26, S. 273
  7. In der Liste der aktuellen Ausstellung in der Sir John Ritblat Gallery: Treasures of the British Library ist die Handschrift nicht mehr enthalten.