Benutzerin:Ktiv/Salbungsstein

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Salbungsstein mit darüber aufgehängten Ampeln, heutiger Zustand (seit 1808)
Brauchtum: Abwischen des Salbungssteins mit weißen Tüchern

Der Salbungsstein ist ein besonders verehrter Ort innerhalb der Grabeskirche von Jerusalem. Hier, direkt hinter dem Eingang, gedenken die Pilger der Salbung des Leichnams Jesu nach seiner Abnahme vom Kreuz, Joh 19,39-40 LUT. Er ist unter folgenden Namen bekannt: petra unctionis (lateinisch), ἡ ἁγὶα Ἀποκαθήλωσις i aghia Apokathilosis (griechisch), Muchta’sal (arabisch).[1] Er ist heute gemeinsamer Besitz der in der Grabeskirche vertretenen Konfessionen.

Ausgestaltung der Salbungstradition

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Der Bereich des Salbungssteins befand sich ursprünglich außerhalb des Kirchengebäudes.

Die Architekten der Kreuzfahrerzeit verwandelten das offene Atrium der spätantiken Basilika in einen spätromanischen, kathedralartigen Bau, dessen Fassade den Eingangsbereich der heiligen Stätte bis heute prägt.[2] Jedoch sahen die ersten Besucher der am 15. Juli 1149 neu geweihten Grabeskirche an der heutigen Stelle keinen Salbungsstein. Nach dem Durchschreiten des Hauptportals bemerkte man rechter Hand die mit einer Umschrankung hervorgehobenen Grabmäler der Könige Gottfried von Bouillon und Balduin I., dahinter die Adamskapelle und den Aufstieg zum Golgathafelsen.

Der Pilger Saewulf schrieb, dass es vor den Umbaumaßnahmen der Kreuzfahrer nahe beim Kalvarienberg eine Marienkapelle gab, wo der Salbung des Leichnams Jesu und seiner Einhüllung in Leintücher gedacht wurde. In der neu konzipierten Kreuzfahrerkirche war diese Kapelle nicht mehr vorhanden, und der Ort (locus) der Salbung wurde den Pilgern (unter anderem) mitten im Domherrenchor (Katholikon) gezeigt[3] – ohne einen Salbungsstein.

13. Jahrhundert

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Ende des 13. Jahrhunderts – Jerusalem stand unter sarazenischer Herrschaft – zeigte man den Pilgern im Eingangsbereich der Grabeskirche einen Salbungsstein. Der erste Zeuge hierfür[4] ist Ricoldus, der 1288 nach Jerusalem pilgerte: „Sie zeigten einen Stein, wo sie den Körper ablegten, um ihn in Leinwand zu wickeln und mit Spezereien zu versehen, damit sie ihn begrüben.“[5] Ricoldus hatte zwar die Möglichkeit, in der Grabeskirche Messen zu feiern, jedoch gab es in der Kirche keine franziskanische oder überhaupt römisch-katholische Präsenz. Dies änderte sich erst nach der Ansiedlung der Franziskaner auf dem Berg Sion (bestätigt 1342). Im gleichen Jahr stellte eine Bulle von Papst Clemens VI. fest, dass Robert von Sizilien beim Sultan erwirkt hatte, dass die Franziskaner stets in der Grabeskirche verweilen und dort zelebrieren durften.[6] Die eigentlichen „Wächter“ des Heiligtums blieben aber weiterhin die Georgier, wie auch Felix Fabri (1484) bezeugte.[7]

15. Jahrhundert

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Es gelang den Franziskanern im Verlauf des 15. Jahrhunderts, ihre Präsenz in der Grabeskirche auszuweiten. Das manifestierte sich dadurch, dass sie an den jeweiligen Orten eigene Ampeln aufhängen durften. Eine solche Stätte war der Stein, wo Jesus seiner Mutter nach der Kreuzabnahme in den Schoß gelegt wurde.[8] Für 5000 Piaster erwarben sie von den Georgiern die Erlaubnis, über dem Salbungsstein zwei Ampeln aufzuhängen; andere Konfessionen hatten dort aber ebenfalls ihre Lichter.[9]

Der Pilgerbericht Fabris zeigt, wie die biblische Tradition der Salbung mit der marianischen Tradition der trauernden Maria verbunden wurde: Josef von Arimathäa habe bei seinem Grab einen polierten Marmortisch anfertigen lassen, der bei seiner eigenen Beerdigung zur Waschung und Salbung des Leichnams hätte dienen sollen. Dieser stand nun, ebenso wie Josefs Grabkammer für den Leichnam Jesu zur Verfügung. Josef von Arimathäa und Nikodemus richteten den Leichnam für die Beisetzung her. Dabei habe Maria den Kopf Jesu in ihren Schoß gebettet, Maria Magdalena aber am Fußende Platz genommen.[10]

16. Jahrhundert

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Die Tradition, wonach der sichtbare Salbungsstein nicht der eigentliche Salbungsstein sei, sondern ihn schützend überdecke, ist seit der Mitte des 16. Jahrhunderts belegt.

Im Jahr 1588 stiftete Ferdinand III. einen kastenförmigen, reich verzierten Aufsatz für den Salbungsstein, der es gestattet hätte, an dieser Stelle die Eucharistie zu feiern. Jedoch verhinderten die griechischen Kleriker der Grabeskirche auf dem Rechtsweg, dass dieser Aufsatz über den Salbungsstein gesetzt wurde. Sie argumentierten, dass schwangere Jerusalemerinnen nicht mehr nach altem Brauch den Stein küssen könnten, was womöglich eine Zunahme der Fehlgeburten zur Folge hätte.[11]

17./18. Jahrhundert

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Cornelis de Bruyn schrieb, der Salbungsstein sei ein länglicher Stein, etwa einen Fuß über dem Bodenniveau erhöht und, damit man nicht darüber laufe, mit einem eisernen Gitter eingefasst. Seit dem Jahr 1550 sei er mit einer grauen Marmorplatte abgedeckt, damit die Pilger keine Stücke mehr davon abbrechen könnten.[12]

Der sichtbare graue Stein, welcher nach allgemeiner Ansicht eine Deckplatte über dem eigentlichen Salbungsstein war, zeigte zwei Wappen: das Wappen des Königreichs Jerusalem und das Wappen des Seraphischen Ordens.[13]

19. Jahrhundert

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Nach dem Brand von 1808 wurde dieser Bereich der Grabeskirche bei der Renovierung neu gestaltet, und es gab nun einen Salbungsstein, der sich von dem bisherigen grauen Marmor deutlich unterschied. Titus Tobler zufolge war der Salbungsstein eine frei zugängliche, 7 3/4 Fuß lange und über 2 Fuß breite Platte aus gelblichem, rot geädertem Marmor, an derem Rand eine umlaufende griechische Inschrift angebracht war.[14]

Orthodoxe Karfreitags-Liturgie am Salbungsstein

Der Salbungsstein war in die Liturgie des Karfreitags einbezogen. Im 16. Jahrhundert hatte sich passend zu den Gegebenheiten innerhalb der Grabeskirche bei den Lateinern ein eigenes Passionsspiel herausgebildet.[15] Tobler beschrieb diese Station des von ihm sogenannten „Puppenspiels“ folgendermaßen:

Zuvor war eine bewegliche Figur, die Jesus Christus darstellte, vom Kreuz abgenommen und in ein Totentuch gehüllt worden. Die Prozession der Franziskaner näherte sich unter dem Gesang von Pange lingua mit dieser Figur dem Salbungsstein, der mit einem weißen Leinentuch abgedeckt war; an den Ecken des Steins standen Gefäße mit Aromata. Die Figur wurde auf den Stein gelegt und ein Kissen unter ihren Kopf geschoben. Der Zelebrant sprengte Essenzen auf die Figur und zündete Räucherwerk an. Nach einem stillen Gebet und einer kurzen Ansprache wurde die Christusfigur wieder aufgenommen, und die Prozession zog mit ihr zur Heilig-Grab-Ädikula.[16]

Der Salbungsstein wurde von den Gläubigen durch Küssen verehrt und mit Rosenwasser gesalbt. Man brachte Tuch mit, um den Salbungsstein damit auszumessen und ließ nach diesen Maßen sein eigenes Totenhemd anfertigen.[17]

Salbhaus in Görlitz

Seit der Kreuzfahrerzeit entstanden in Europa Nachbauten des Heiligen Grabes, die nach damaligem Empfinden die Heilig-Grab-Ädikula in Jerusalem authentisch abbildeten. Diese konnten sich zu Meditationslandschaften, sogenannten Jerusalemanlagen, ausweiten.

Das bekannteste Beispiel einer Jerusalemanlage in Deutschland ist das Heilige Grab in Görlitz. Da sich die verehrten Stätten dort in einem Garten befanden, baute man für den Salbungsstein ein Salbhaus. „Es ist ein schlichtes Gehäuse mit Vordach, dessen nischenartiger Raum die steinerne Skulptur einer Marienklage birgt.“[18]

Einzelnachweise

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  1. Titus Tobler: Golgatha. S. 344.
  2. Max Küchler: Jerusalem. S. 450.
  3. Titus Tobler: Golgatha. S. 346.
  4. Passion, crucifixion and anointing. Abgerufen am 22. Juli 2018.
  5. Ricoldus de monte Crucis: Liber Peregrinacionis. In: Peregrinatores medii aevi quatuor. S. 112, abgerufen am 22. Juli 2018.
  6. Leonhard Lemmens: Die Franziskaner im Hl. Lande. S. 43, abgerufen am 22. Juli 2018.
  7. Leonhard Lemmens: Die Franziskaner im Hl. Lande. S. 52, abgerufen am 22. Juli 2018.
  8. Leonhard Lemmens: Die Franziskaner im Hl. Lande. S. 150, abgerufen am 22. Juli 2018 (Tucher und Fabri sahen um 1480 in der Grabeskirche 19 Ampeln, davon drei von den Franziskanern aufgehängte. in der Folge stieg die Zahl der Lampen auf 300, wovon 27 den Lateinern gehörten. (ebd., 151)).
  9. Titus Tobler: Golgatha. S. 352.
  10. Felix Fabri: Evagatorium in Terrae Sanctae. De loco illo, ubi corpus Christi inunctum fuit et linteamine vel sindone involutum.
  11. Titus Tobler: Golgatha. S. 348.
  12. Cornelis de Bruyn: Reizen van Cornelis de Bruyn door de vermaardste deelen van Klein Asia, de eylanden Scio, Rhodus, Cyprus, Metelino, Stanchio, &c., mitsgaders de voornaamste steden van Aegypten, Syrien en Palestina. Den Haag 1698, S. 288–289.
  13. Angelicus Maria Myller: Peregrinus in Jerusalem. Wien / Nürnberg 1735, S. 163.
  14. Titus Tobler: Golgatha. S. 345.
  15. Titus Tobler: Golgatha. S. 458.
  16. Titus Tobler: Golgatha. S. 457.
  17. Titus Tobler: Golgatha. S. 351.
  18. Michael Rüdiger: Nachbauten. S. 121.