Benutzer:Lantus/Landauer Tischrede des Christian (II.) von Braunschweig-Wolfenbüttel

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Am 16. Junijul. / 26. Juni 1622greg. hielt Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel in der Festung Landau seine sogenannte Landauer Tischrede an der Tafel des Pfalzgrafen Friedrich V.

Vorgeschichte und Kontext[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der erste Abschnitt des dreißigjährigen Krieges, bekannt als der pfälzisch-böhmische Krieg, neigte sich im Sommer 1622 seinem Ende zu. Der Hauptprotagonist dieses Konfliktes, Friedrich V., Pfalzgraf, Kurfürst der Pfalz und gewählter König von Böhmen, hatte seinen Machtkampf mit Kaiser Ferdinand II im Wesentlichen bereits verloren. Der Machtkampf fand sowohl auf politisch-territorialer als auch auf religiöser Ebene statt. Territorial ging es darum, die Herrschaft über Böhmen zugunsten des Kaisers zu entscheiden. Außerdem war ausgemacht, dass der katholische und kaisertreue Maximilian I. von Bayern, nach erfolgreichem Ausgang des Konfliktes, Herr über die Kurpfalz werden sollte. Damit wäre dem Kaiserthron eine ausreichende Zahl von ihm loyalen Kurfürsten zur zukünftigen Herrschaftsfestigung sicher gewesen. Auf religiöser Ebene ging es darum, den Einfluss der nicht-katholischen Herrschaftsgebiete, die seit dem Augsburger Religionsfrieden 1555 entstanden waren, zurückzudrängen. Die nicht-katholischen Herrschaften im Reich waren, obwohl in der Regel als Protestanten zusammengefasst, sowohl lutherisch als auch calvinistisch geprägt und somit bereits religiös gespalten. Beide Gruppen hatten sich zu Bündnissen vereinigt, und zwar einerseits die protestantische Union und andererseits die katholische Liga. Die protestantische Union hatte allerdings mit dem Mainzer Akkord im April 1621 faktisch ihre Existenz beendet. Diesem Abkommen war im Juli 1620 mit dem Ulmer Akkord ein Neutralitätsabkommen zwischen Liga und Union vorangegangen, in dem Böhmen als Hoheitsgebiet des Kaisers de facto bestätigt wurde. Überhaupt hatte es sich gezeigt, dass immer mehr ursprünglich mit der Sache des Protestantischen Bewegung Verbündete sich im Konfliktfall entweder als unzuverlässig oder als neutral zeigten. Die eigentlich als Machtbasis gedachte Union hatte sich damit als politisch schwach und wankelmütig erwiesen. Damit stand derjenige umso isolierter und bedrohter da, der sich der protestantischen Sache am stärksten verschrieben hatte. Das war bei Christian von Braunschweig unbestritten der Fall.

Anfang 1622 war die militärische Basis Friedrichs nahezu verschwunden. Lediglich die Truppen des Ernst von Mansfeld und die Armee des Christian von Braunschweig waren, wenn auch geschwächt, einsatzfähig. Die Armee des Markgrafen Friedrich von Baden-Durlach war nach der Niederlage in Wimpfen aufgelöst worden. Dabei war der Herzog (Magnus) von Württemberg(-Neuenbürg) zu Tode gekommen. Dieser war als Kavallerie- Offizier bekannt und damit ein „Waffen-Bruder“ des ebenso kavalleriebegeisterten Herzogs Christian.

Überhaupt war Christian der Ansicht, dass er aufgrund der fehlenden Unterstützung durch Mansfeld bei der kurz zuvor stattgefundenen Schlacht bei Höchst am 20.Juni 1622 lediglich zu einem taktischen Rückzug über den Main gezwungen worden war. Von einer Niederlage konnte aus seiner Sicht keine Rede sein. Er war mit seinen 23 Jahren ein zur Cholerik neigender junger und agiler Heerführer, der für die protestantische Sache brannte.[1]

Ganz anders sein Dienstherr: Friedrich V von der Pfalz war ein gejagter Fürst auf der Flucht. Durch die Niederlage bei der Schlacht am Weißen Berg im November 1620 seines Königreiches Böhmen beraubt, war er nach Den Haag ins Exil gegangen und hatte seitdem erfolglos versucht, den Verlust seiner Erblande, der Kurpfalz, militärisch und politisch zu verhindern. Der letzte Versuch, mithilfe seines Schwiegervaters König Jakob I. von England, wenigstens die Kurpfalz weiter besitzen zu dürfen, war ebenfalls nicht erfolgreich verlaufen. Friedrich war bewusst, dass seine Sache verloren war, dementsprechend war er von Resignation und Verzweiflung erfüllt. Bei ihm befand sich der neutral-kaisertreue Landgraf Ludwig V. von Hessen-Darmstadt, der zuvor von Ernst von Mansfeld in Geiselhaft genommen worden war. Dieser eindeutige Bruch des Reichsrechts hatte Friedrich und seiner Sache die letzten Sympathien gekostet.

In diesem Kontext fand am 16. Junijul. / 26. Juni 1622greg. auf der Festung Landau ein Abendessen statt, dessen Tafel-Vorsitz der Pfalzgraf Friedrich hatte.

Die befestigte Stadt Landau 1665, nach einem Kupferstich von Merian.

Anwesende und deren kurze Charakterisierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Christian (II) von Braunschweig Wolfenbüttel; Gemälde von J.A. van Ravesteyn, um 1620

Friedrich V, Pfalzgraf und König von Böhmen

  • Regent auf der Flucht, ohne Herrschaft und militärische Erfolge, kriegsmüde, resigniert, sich der sinkenden politischen Sympathie im Reich bewusst.

Ludwig V, Landgraf von Hessen-Darmstadt

  • Kaisertreu, Geisel von Ernst von Mansfeld / Friedrich V., Profiteur von Friedrichs Niedergang

Herzog Christian II. von Braunschweig-Wolfenbüttel

  • Agiler Söldnerführer ohne bis dahin echte erlebte Niederlage
  • Glühender Verfechter der protestantischen Sache
  • Cholerisch

·Herzog Franz Karl von Lauenburg

  • Heerführer der Union, in Diensten von Ernst von Mansfeld, vermutlich zur Bewachung von Ludwig V.
  • Wankelmütig, „ein Wendehals“
Benjamin von Bouwinghausen, Grabmal-Figur in der Hospitalkirche Stuttgart

Benjamin von Bouwinghausen (Wallmerode)[2]

  • württembergischer Gesandter
  • Diplomat

Niedersol, engl. Resident (Person nicht näher bekannt)

Ein (unbekannter) Schottischer Obrist (aus Wittichau, Sachsen)

  • Vermutlich zur Bewachung von Ludwig V., abgestellt aus dem Heer Ernst von Mansfelds

Obrist Baltasar Jakob von Schlammersdorf

  • Begabter Heerführer der Union
  • Vermittler zwischen Friedrich V. und Opponent Maximilian von Bayern

Joachim von Brieß (Person nicht näher bekannt)

Hinweise zur Quelle und zur Darstellungsform[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Rede ist überliefert in einem Brief von Landgraf Ludwig V. an Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen , Brief vom 30. Juli 1622.[3]

Zwecks besserer Verständlich-Machung ist bei der nachfolgenden Wiedergabe der Rede der Konjunktiv entfernt und der Wortlaut in szenischer Form dargestellt. Den die Aussagen erläuternde Begriffe sind in (….) eingefügt.

Landauer Tischrede vom 16./26.Juni[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„Die (..protestantischen..) Unionisten und auch unsere (..ligistischen..) Bedränger sind gleichermaßen Hundsfotzen, genau so wie die Neutralen ! Denn wenn sie sich (..schon..) auf den Kaiser berufen, dann hätten sie ihm auch in der Not beistehen sollen. Daran sieht man, das sie feige Hunds-Klincken sind. Besonders Markgraf Joachim Ernst (von Ansbach) gehört bestraft, so wie er (..mit seiner Untreue zur Union..) die Pfalz im Stich gelassen hat. Der Mainzer Akkord und der Ulmer Akkord sind Schelmen (..Schand..)-Verträge.

Ich sollte den Markgrafen Joachim Ernst (v. Ansbach), den Landgrafen Ludwig (v.Hessen-Darmstadt) , den Landgrafen Moritz (v. Hessen-Kassel) , aber auch seinem Bruder (verm. Halbbruder Philip Wilhelm) und seinem Schwager (Ludwig II Nassau-Saarbrücken) , eine Lektion erteilen ! Auch Kur-Sachsen mit seinen nur 3.000 Mann hätte ich eine Lektion erteilt und sie geschlagen, und dann wäre ich durch Sachsen nach Böhmen gezogen, hätte man mich nicht hierher geholt. Nur um zu erleben, das man mir dann nicht entgegenkommt und mich im Stich lässt.

Ich hoffe ja das ich die pfälzischen Interessen gegen die Neutralen im Kampf durchsetzen soll. Ich will sengen und brennen und mit ein wenig Stroh und Pulver entweder alles zugrunde richten oder (..-ansonsten-…) damit Geld machen. Ich hoffe doch, noch etliche Kur- und Fürstentümer durchziehen zu können und mir Einnahmen zu verschaffen, und zwar vielmehr durch das Quälen der Leute (..Orte..) als durch gute Taten. Denn dann wird man sich meiner besser erinnern!

Im Stift Paderborn habe ich (..ja schon..) fein aufgeräumt. Meine Soldaten haben es besamt, und es dürften wohl auch einige junge Herzöge von Braunschweig mit dabei sein, das wird mir in einigen Jahren wieder neue Soldaten liefern. (Zwischenruf von Bouwinghausen: der Herrgott wird Dir einen anderen Sinn geben !) Wenn ich je meine Meinung ändere zu den Neutralen, soll der Teufel mir das Herz aus der Brust reißen!

Was den Krieg der Union (gegen die Liga) angeht, halte ich viel vom Herzog (Magnus) von Württemberg(-Neuenbürg). Er hat sich beklagt, das man sich (..ursprünglich..) nicht (mit den Liga Truppen) schlagen wollte, das ist die Schuld des Markgrafen (Friedrich von Baden- Durlach) gewesen. “

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Hans Wertheim: Christian von Braunschweig. Berlin 1929, Band 1, Seiten 193 ff.
  2. Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (HiKo, im Folgenden die Kurzform) Alfons-Goppel-Str. 11 , 80539 München: Bouwinghausen von Wallmerode, Benjamin von. In: Deutsche Biographie. Bayerische Staatsbibliothek Ludwigstraße 16 80539 München, Dezember 2023, abgerufen am 13. Dezember 2023 (deutsch).
  3. [1] Sächsisches Staatsarchiv, 9197 13.Band, Seite 303

Kategorie:Rede