Benutzer:Maximilian Götzner/Arbeitsseite (EFW 2018)

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Gemeinwesen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Gemeinwesen werden alle Organisationsformen des menschlichen Zusammenlebens in einer allgemeinen, öffentlichen Gemeinschaft verstanden, die über den Familienverband hinausgehen.[1]

Herkunft und Entwicklung des Begriffes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Begriff "Gemeinwesen", aus der philosophischen Staatslehre stammend, wurde vor allem von Platon, Jean-Jacques Rousseau und Karl Marx geprägt. In der Schrift "De re publica" von Marcus Tullius Cicero, 54 v. Chr., wird der Begriff "res publica" als das gemeine Wesen, Gemeinwesen oder der Staat verwendet. Das Gemeinwesen ist für ihn eine Sache des Volkes.[2] In Anlehnnung an res publica entstand im antiken Griechenland der Begriff "polis", für Öffentlichkeit. Platon verwendete diesen Begriff als die Gesamtheit der Bürger, die sich zu einer Gemeinde zusammengeschlossen haben. Polis ist nach ihm eine besorgte Erzieherin, entstanden aus dem Willen aller Bürger, die alle Heranwachsenden zu besten Bürgern erziehen und allen Bürgern ein glückliches Leben ermöglichen möchte. Dadurch hat die Polis Rechte über Bürger und deren Besitz, welche jedoch nicht als Eingriff in den persönlichen Bereich gelten, da es als ein berechtigtes Opfer zur Sicherung der Gesamtheit gebracht wird. Daraus entwickelte Platon "Politeia", den Begriff "Staat".[3] Jean-Jacques Rousseau beschäftigte sich ebenfalls mit dem "idealen Staat" und stimmte mit Platons Idee überein, dass der einzelne Bürger seine Freiheit unter der Volkssouveränität des Gemeinwesens nicht aufgibt, wenn der individuelle Wille mit dem allgemeinen Willen übereinstimmt. Der Gemeinwille ist nicht etwa der Wille aller, sondern zielt auf das allgemein Beste ab. Rousseau zweifelt jedoch daran, dass dieser ideale Staat jemals existieren wird, da die Menschen ihre eigenen Interessen vor den Gemeinwillen stellen.[4] Karl Marx ordnete dem Gemeinwesen eine politische (äußere) und menschliche (innere) Rolle zu. Das äußere Gemeinwesen, erhält einen territorialen Gedanken, da es die bürgerliche Gesellschaft geographisch als räumliche Einheit betrachtet. Das menschliche Gemeinwesen erachtet Marx als das "wahre Gemeinwesen der Menschen", das in zwischenmenschlichen Verhältnissen von Bedeutung ist. Laut ihm sind gesellschaftliche Produktionsverhältnisse schuld daran, dass Arbeitende von einem menschlichen Gemeinwesen isoliert sind. Um diese Isolation aufzuheben benötigt es eine soziale Revolution.[5][6]

Differenzierung zwischen Staat und Gemeinwesen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während der Staat auf Subordination gegründet ist, ist es das Gemeinwesen auf Koordination und Kooperation. Im Staat dominiert der Befehls- und Machtgedanke, während es im Gemeinwesen die freiwillige Bereitschaft zu Zusammenarbeit ist. Folglich ist das Gemeinwesen eine Gegenmacht zum Staat, die aus der Kooperation von Bürgern entsteht. Ernst Maste ist der Meinung, dass divergierende Interessen der Bürger und Bürgerinnen kein Hindernis sind, da das allgemein Beste mitbedacht und in den Willen aufgenommen wird. Das private und das gemeinsame Interesse sind schließlich miteinander verbunden und ineinander bedacht.[7]

Differenzierung zwischen Gemeinschaft und Gesellschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gemeinschaft ist gekennzeichnet von einem sozialen Willen nach Eintracht, Sitte, Religion und kann als ein lebender Organismus bezeichnet werden, bestehend aus einer Einheit bzw. einem Ganzen. Der Zusammenhang zwischen Menschen, entwickelt sich unter bestimmten Umständen zum Gemeinwesen, das das organisierte Volk ist, welches im Zusammenleben eine natürliche Ordnung und Harmonie hat und jedes Mitglied weiß, was zu tun ist. Im Gegensatz dazu steht die Gesellschaft mit mit einem sozialen Willen als Konvention, Politik und öffentliche Meinung.[8]

Konzepte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gemeinwesen können prinzipiell als Personalverband oder als Gebietskörperschaft verfasst sein.

  1. Personalverbände: erfassen alle Personen, die durch eine oder mehrere bestimmte Eigenschaften, aber auch durch Verwandtschafts- oder Rechtsbeziehungen miteinander verbunden sind.
  2. Gebietskörperschaften: erfassen alle Personen, die in einem bestimmten Territorium leben.
  3. Historische Gemeinwesen: sind eine Mischform aus Personalverband und Gebietskörperschaft, die als verbindendes Element die Obrigkeit hat. [9]
Lokales Gemeinwesen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das lokale (auch benachteiligte) Gemeinwesen stellt sich als Meso-Ebene dar und liegt somit zwischen Mikro-Ebene (Familie, Freunde, primäre soziale Netze) und Makro-Ebene (Gesamtgesellschaft). [10]

Funktionales Gemeinwesen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das funktionale Gemeinwesen stellt für alle Menschen eines Gemeinwesens gemeinsame Bedürfnisse für die Reproduktion dar. Dazu gehören Wohnen, Verkehr, Bildung, usw.[11]

Kategoriales Gemeinwesen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das kategorische Gemeinwesen beschreibt gemeinsame Merkmale wie Alter, Geschlecht und ethnische Merkmale.[12]

Gemeinwesenarbeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verbreitet taucht der Begriff im Zusammenhang von Gemeinwesenarbeit auf, bezeichnet dort aber nur allgemein eine „Gemeinde oder einen Teil davon“.[13]

Gemeinwesen in Deutschland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im kodifizierten deutschen Recht wird Gemeinwesen als Rechtsbegriff vom Gesetzgeber verwendet, aber nicht legal definiert. Es gibt vier Fundstellen:

  • § 3 Abs. 1 AO
  • § 104Satz 2 PersVG
  • § 22a Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII
  • Anlage 2 der Einbürgerungstestverordnung [14]

Gemeinwesen in Österreich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Verfassungsrecht Österreichs enthält keinen Kulturauftrag für das staatliche Gemeinwesen. Es gibt weder eine Kulturstaatsklausel, eine Staatsbestimmung, noch Förderungsaufträge oder Erziehungsziele. Dennoch ist Österreich ein Sozialstaat. Zuständigkeitsbestimmungen die den Bund und die Länder betreffen, werden nur als Ermächtigungsnorm interpretiert.[15]

Im Rechtsinformationssystem des Bundes scheinen 356 Einträge auf. Darunter befinden sich drei Paragraphen.

  • § 1: Bundes-Ehrenzeichengesetz:

(1) Zur Anerkennung besonderer Verdienste um die Republik Österreich oder besonderer Verdienste um das Gemeinwesen, die durch ehrenamtliche, unentgeltliche Leistungen im Rahmen von Freiwilligen-Organisationen und Freiwilligen-Initiativen auf Gebieten erbracht werden, die Bundessache gemäß Artikel 10 B-VG in Gesetzgebung und Vollziehung sind, wird das Bundes-Ehrenzeichen geschaffen. (2) Das Bundes-Ehrenzeichen verleiht der Bundeskanzler oder ein anderes sachlich zuständiges Mitglied der Bundesregierung. [16]

  • § 14a: Veranstaltungsgesetz:

Die Nutzung bestimmter Gebäude, Gebäudeteile oder Gruppen von Gebäuden für Veranstaltungen gemäß § 1 Abs. 1 Z. 5 ist in der Nähe von Kirchen, Friedhöfen, Krankenanstalten, Schulen, Kindergärten, Kinder- und Jugendspielplätzen, Jugendheimen und dergleichen verboten. Überdies kann die Gemeinde die Nutzung bestimmter Gebäude, Gebäudeteile oder Gruppen von Gebäuden des Gemeindegebietes für Veranstaltungen gemäß § 1 Abs. 1 Z. 5 durch Verordnung untersagen, wenn

1. durch diese Veranstaltung die Nachbarschaft in unzumutbarer Weise belästigt wird oder

2. das örtliche Gemeinwesen gestört wird oder eine solche Störung zu erwarten ist oder

3. sonstige öffentliche Interessen, insbesondere solche der Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder des Jugendschutzes, verletzt werden oder eine solche Verletzung zu erwarten ist.[17]

  • § 2: Polizeistrafgesetz:

(1) Wer beabsichtigt, für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken (Prostitution) ein Gebäude, eine Wohnung oder einzelne Räumlichkeiten zu nutzen oder für solche Zwecke zur Verfügung zu stellen, hat dies, soweit es nicht nach Abs. 3 lit. c verboten ist, der Gemeinde mindestens zwei Monate vor Aufnahme der Prostitution anzuzeigen. Die Gemeinde hat die Verwendung zu diesem Zweck innerhalb von zwei Monaten ab Einlangen der Anzeige mit Bescheid zu untersagen, wenn auf Grund der örtlichen oder sachlichen Verhältnisse zu befürchten ist, daß dadurch die Nachbarschaft in unzumutbarer Weise belästigt oder das örtliche Gemeinwesen gestört wird oder sonstige öffentliche Interessen, insbesondere solche der Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder des Jugendschutzes verletzt werden.

(2) Die Nutzung bestimmter Gebäude, Gebäudeteile oder Gruppen von Gebäuden zum Zweck der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution ist in der Nähe von Kirchen, Friedhöfen, Krankenanstalten, Schulen, Kindergärten, Kinder- und Jugendspielplätzen, Jugendheimen und dergleichen verboten. Überdies kann die Gemeinde die Nutzung bestimmter Gebäude, Gebäudeteile oder Gruppen von Gebäuden des Gemeindegebietes zum Zweck der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution durch Verordnung untersagen, wenn durch diese Tätigkeit

1. die Nachbarschaft in unzumutbarer Weise belästigt wird oder

2. das örtliche Gemeinwesen gestört wird oder eine solche Störung zu erwarten ist oder

3. sonstige öffentliche Interessen, insbesondere solche der Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder des Jugendschutzes, verletzt werden oder eine solche Verletzung zu erwarten ist.[18]

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. https://educalingo.com/de/dic-de/gemeinwesen (aufgerufen am 09.09.2018)
  2. Michael May: Soziale Arbeit als Arbeit am Gemeinwesen. Ein theoretischer Begründungsrahmen. Budrich, Opladen/Berlin/Toronto 2017, S. 12 ff.
  3. Platon: Der Staat. Hrsg.: Karl Vretska. Reclam, Stuttgart 2010, S. 4 f.
  4. Jean-Jacques Rousseau: Vom Gesellschaftsvertrag oder Grundsätze des Staatsrechts. Hrsg.: Hans Brockard. Reclam, Stuttgart 2011, S. 18 ff.
  5. Christoph Stoik: Gemeinwesen und Parteilichkeit. In: Sabine Stövesand, Christoph Stoik, Ueli Troxler (Hrsg.): Aktuelle Leitbegriffe der Sozialen Arbeit. Ein kritisches Handbuch. Band 2. Löcker, Wien 2013, S. 94 ff.
  6. Michael May: Soziale Arbeit als Arbeit am Gemeinwesen. Ein theoretischer Begründungsrahmen. Budrich, Opladen/Berlin/Toronto 2017, S. 66 ff.
  7. Ernst Maste: Vom Staat zum Gemeinwesen. Stationen der Ideengeschichte. Nomos, Baden-Baden 1993, S. 178 ff.
  8. Ferdinand Tönnies: Gemeinschaft und Gesellschaft. Grundbegriffe der reinen Soziologie. Buste, Leipzig 1935, S. 221 ff.
  9. https://educalingo.com/de/dic-de/gemeinwesen (aufgerufen am 09.09.2018)
  10. Oliver Fehren: Wer organisiert das Gemeinwesen? Zivilgesellschaftliche Perspektiven Sozialer Arbeit als intermediärer Instanz. edition sigma, Berlin 2008, S. 135.
  11. Oliver Fehren: Wer organisiert das Gemeinwesen? Zivilgesellschaftliche Perspektiven Sozialer Arbeit als intermediärer Instanz. edition sigma, Berlin 2008, S. 136.
  12. Oliver Fehren: Wer organisiert das Gemeinwesen? Zivilgesellschaftliche Perspektiven Sozialer Arbeit als intermediärer Instanz. edition sigma, Berlin 2008, S. 136 f.
  13. Werner Fuchs-Heinritz: Lexikon zur Soziologie. 5. Auflage. Springer, Wiesbaden 2011, S. 231.
  14. https://www.gesetze-im-internet.de/einbtestv/anlage_2.html
  15. Norbert Wimmer: Kulturauftrag im staatlichen Gemeinwesen Österreichs. In: Udo Steiner, Dieter Grimm (Hrsg.): Veröffentlichung der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer. Heft 42. Walter de Gruyter, Berlin, New York 1984, S. 83.
  16. Bundes-Ehrenzeichengesetz. Abgerufen am 10. September 2018.
  17. Veranstaltungsgesetz. Abgerufen am 10. September 2018.
  18. Prostitution. Abgerufen am 10. September 2018.