Benutzer:Ravalejo/Gaudí-Tod

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Tod nach Verkehrsunfall[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gaudí als alter Mann, zwei Jahre vor seinem Tod

Am Nachmittag des 7. Juni 1926 war Gaudí auf seinem täglichen Weg von der Sagrada Família zur Kirche des Heiligen Philipp Neri[A 1] im Barri Gòtic, um dort den Vesper-Gottesdienst zu besuchen.[1] Trotz seines hohen Alters ging er die fast drei Kilometer lange Strecke stets zu Fuß, um sich fit zu halten.[2] Beim Überqueren der Calle de las Cortes[1] [A 2] wurde er von einer Straßenbahn der Linie 30 erfasst.[3] Obwohl die Bahn nur etwa 10 km/h fuhr,[4] wurde Gaudí zu Boden geschleudert, blieb auf der Straße liegen und blutete aus dem rechten Ohr.[1]

Niemand bemerkte, dass es sich um den berühmten Architekten handelte. Der Verletzte war nicht ansprechbar, Ausweise hatte er nicht bei sich und wegen seiner ärmlichen Kleidung hielten die Zeugen ihn für einen Obdachlosen.[4] Mehrere Autofahrer fuhren an der Unfallstelle vorbei. Erst als ein Polizist sich einmischte und ein Taxi zum Anhalten zwang, konnte der Verletzte damit abtransportiert werden. Aufgrund seines verwahrlosten Aussehens wurde er zuerst ins Armenhospiz Casa de Socorro[3] in der Ronda de San Pedro [A 3] gefahren. Dort wurde er um 18.01 Uhr eingeliefert.[1] Die Diagnose lautete auf dreifachen Rippenbruch und schwere Gehirnerschütterung. Wenig später wurde er deshalb ins Zentralkrankenhaus Heiligkreuz im Stadtteil El Raval verlegt. Doch auch dort erkannte ihn niemand.[1] Er wurde als "Patient Y" registriert[5] und im Großraumkrankensaal für Trauma-Patienten im Bett Nummer 19 stationiert.[5]

Auf der Baustelle der Sagrada Família, wo Gaudí mittlerweile auch wohnte, begann man sich Sorgen zu machen, als Gaudí auch zu seiner üblichen Schlafenszeit noch nicht zurückgekehrt war. Gegen 22.30 Uhr[1] begab sich der Kaplan der Sagrada Família, Pater Gil Parés[A 4] , auf die Suche nach Gaudí. Mit der Befürchtung, dem Architekten könnte etwas zugestoßen sein, fuhr er auch ins Armenhospiz in der Ronda de San Pedro und erfuhr dort, dass einige Stunden zuvor ein alter Mann mit weißem Bart nach einem Straßenbahnunfall eingeliefert worden war, dessen Kleidung nur durch Sicherheitsnadeln zusammengehalten wurde.[1] Der Mann hatte nichts bei sich als ein Evangelien-Buch[4]. Der Verletzte sei aber schon im regulären Krankenhaus. Pater Parés ahnte, dass es sich um Gaudí handeln könnte. Er alarmierte Gaudís engsten Mitarbeiter, den Architekten Domenech Sugranyes, und eilte mit ihm zum Heiligkreuzkrankenhaus. Dort konnte noch in der Nacht geklärt werden, dass es sich bei "Patient Y" um Gaudí handelte.

Am nächsten Morgen (8. Juni) wurde Gaudí in ein Einzelzimmer verlegt und erfuhr dort umfassende medizinische Versorgung durch mehrere Ärzte.[3] Dabei stellte sich heraus, dass es über die bereits bekannten Verletzungen hinaus zu Hirnhautblutungen sowie zu Blutungen an der Wirbelsäule gekommen war.[3] Seitdem wurde Gaudí nicht mehr allein gelassen - jederzeit wachten Pfleger oder Vertraute über ihn. Die Überlegung, den Patienten in eine besser ausgestattete Privatklinik zu verlegen, wurde wegen seines schlechten Zustands in Kombination mit seinem hohen Alter verworfen.[3] Gegen Mittag kam Gaudí zu sich und bat um die Sterbesakramente ("letzte Ölung"). Die Prozedur wurde in Anwesenheit mehrerer Ärzte, Pfleger und Freunde vollzogen.[3] Im Laufe des Tages verbreitete sich die Nachricht vom Unfall Gaudís in Barcelona und zahlreiche Menschen kamen zum Krankenhaus. Für sie wurde ein Kondolenzbuch ausgelegt, in das sie ihre Genesungswünsche schreiben konnten. Gegen 17.00 Uhr erwachte Gaudí erneut und aß einen Joghurt.[3] Kurz vor Mitternacht erhielt er Besuch von mehreren Freunden, u.a. von Juan Antonio Güell y López[3], dem Sohn seines verstorbenen Förderers Eusebi Güell.

In der Nacht zum 9. Juni verschlechterte sich Gaudís Zustand erheblich, so dass sich die Ärzte äußerst pessimistisch zu den Überlebenschancen äußerten.[6] Vor allem wurde sein Herz immer schwächer.[7] Den ganzen Tag strömten große Menschenmengen zum Krankenhaus[7], um Anteilnahme am Schicksal Gaudís zum Ausdruck zu bringen. Auch hochrangige Politiker, Vertreter von Institutionen und Personen des öffentlichen Lebens erkundigten sich dort nach seinem Befinden, darunter Mitglieder der Hochschule der Architekten, der Volks-Chor "Orfeó Cátala", Pere Milà i Camps (Auftraggeber der Casa Milà), der Schriftsteller José Martí Folguera sowie mehrere Mitglieder der Familie Güell.[7] Barcelonas Bürgermeister und der Bischof meldeten sich mehrfach telefonisch, um nach dem Gesundheitszustand Gaudís zu fragen.[7] Auch der Abt des Klosters Montserrat rief an und teilte mit, dass man die Schutzheilige Kataloniens, die Schwarze Madonna, für seine Genesung anbeten werde.[7] Gegen Mittag war Gaudí bereits so schwach, dass er keine feste Nahrung mehr zu sich nehmen konnte. Außerdem war es zu einer Urämie gekommen.[7] Ihm wurde eine Sangría Blanca[7] eingeflößt, um die Dehydratation zu mildern. Außerdem wurde er mit Kampfer-Öl behandelt.[7] Am Abend kam es zu Durchblutungsstörungen im Gehirn und Gaudí fiel in einen komatösen Zustand.[7] In diesem Moment verloren die Mediziner jede Hoffnung, den Patienten retten zu können.[7]

Am nächsten Tag (10. Juni) erlebte Gaudí nur noch wenige klare Momente. Obwohl weiterhin zahllose Menschen zum Krankenhaus pilgerten, darunter auch wieder viele prominente Künstler und Politiker, wurden keine Besucher mehr zu ihm gelassen. Nur Bischof Josep Miralles durfte ihn gegen 11.00 Uhr besuchen, um gemeinsam mit Gaudí zu beten.[8] Der Patient konnte aber wegen eines chronischen Schluckaufs nicht mehr sprechen. Kurz nach 17.00 Uhr[A 5] starb Gaudí im Kreise seiner engsten Freunde und Kollegen, die ihn in den letzten Tagen betreut hatten - darunter sein Neffe Francisco Bonet und Pater Parés[8] sowie die Architekten Lluís Bonet[A 6], Josep Francesc Ràfols[A 7], Isidre Puig[A 8], Pelai Martínez, Àngel Truñó, Cèsar Martinell, Bonaventura Conill und Domenech Sugranyes.[9]

Post Mortem[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Trauer und Beerdigung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gaudís Totenmaske

Wenige Minuten nach Gaudís Tod wurde sein Sterbebett mit Kerzen und einem Bild des Heiligen Josef geschmückt.[8] Der Vorstand der Sagrada Família begann dann mit den Beratungen über die Trauerfeierlichkeiten und die Beerdigung. Um 19.30 Uhr wurde Gaudís Leiche in die große Krankenhaus-Kapelle überführt.[8] Die Totenwache übernahmen die Architekten Puig, Martinell, Martínez, Truñó und Bonet in der ersten Hälfte der Nacht sowie Conill, Sugranyes, Francesc Quintana[A 9] und Francesc Folguera[A 10] in der zweiten Hälfte.[8] Der Bildhauer Joan Matamala fertigte in der selben Nacht Gaudís Totenmaske.[8] Sie befindet sich heute im Casa-Museu Gaudí.

Um möglichst vielen Menschen die Möglichkeit zu geben, sich von Gaudí zu verabschieden, wurden am nächsten Morgen (11.6.) gleich drei Messen in der Krankenhaus-Kapelle abgehalten. Danach hatten die Trauernden, die aus Platzgründen nicht an den Messen teilnehmen konnten, die Möglichkeit, am aufgebahrten Leichnahm vorbeizudefilieren. Der Andrang war dabei so groß, dass das Krankenhausgelände von mehreren Polizisten abgesichert werden musste. Trotzdem entglitt den Polizisten mehrfach die Kontrolle über die Menschenmassen.[10] Am Nachmittag wurde Gaudís Leiche obduziert und anschließend einbalsamiert. Am Abend gab der Gouverneur von Barcelona bekannt, dass Gaudí auf königlichen Befehl in der Krypta der Sagrada Família bestattet werden soll.[10]

Nachlass[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahrzehntelang hielt sich die Legende, Gaudí sei völlig verarmt gestorben. Unterstützt wurde die These durch seinen asketischen Lebensstil: Er wohnte die letzten Monate vor seinem Tod in sehr schlichten Verhältnissen direkt auf der Baustelle der Sagrada Família, er nahm (abgesehen von religiösen Veranstaltungen) kaum am gesellschaftlichen Leben teil und war im Alltag in eine einfache Arbeitskluft gekleidet. Auch die fehlerhafte Beschreibung seiner Todesumstände (die man bis heute in zahllosen Reiseführern findet), er sei in einem Armenhospiz gestorben, trug zur Armutslegende bei. Sein Testament galt zudem als vernichtet.

Gaudí hatte sein Testament bereits im Frühsommer 1911 gemacht,[11] kurz vor seinem 59. Geburtstag. Er war damals am Malta-Fieber erkrankt und musste die Arbeiten an der Sagrada Família unterbrechen. Zur Erholung reiste er nach Puigcerdà - in der Bergluft der Pyrenäen erhoffte er sich bessere Heilungschancen als in der Großstadt. Begleitet wurde er von seinem Freund, dem Mediziner Pedro Santaló Castellví. Die Krankheit verschlimmerte sich aber auch dort, so dass Gaudí befürchtete, sterben zu müssen. Am 6. Juni 1911 konsultierte er deshalb den ortsansässigen Notar Ramón Cantó Figueras und ließ von ihm sein Testament aufsetzen.[11] Gaudí erholte sich aber kurz danach von der Krankheit und lebte noch weitere 15 Jahre. Nach seinem Tod wurde lediglich bekannt, dass er Pedro Santaló Castellví, einen Mann namens Pedro Berenguer sowie den Kaplan der Sagrada Família als Testamentsvollstrecker bestimmt hatte. Da Pedro Berenguer aber schon vor Gaudí gestorben war, wurde Gaudís engster Mitarbeiter Domenech Sugranyes als Ersatz bestimmt. Der aktuelle Kaplan der Sagrada Família zu Gaudís Todeszeitpunkt war immer noch Pater Gil Parés. Der letzte Wille des Verstorbenen war, dass sein gesamtes Vermögen für die Weiterführung der Arbeiten an der Sagrada Família verwendet wird. Wie hoch sein Vermögen war, blieb aber vertraulich. 1936 wurde Figueras' Kanzlei von Anarchisten geplündert und in Brand gesteckt. Dabei wurden sämtliche Akten vernichtet, auch Gaudís Testament.[11] Dass andernorts eine Abschrift existierte, war zu diesem Zeitpunkt längst in Vergessenheit geraten.

Gaudís Villa im Parc Güell

Erst im Jahre 2000 wurden im Finanzamt von Reus sowie im Erzbistum Tarragona mehrere Dokumente wiederentdeckt, die Aufschluss über die finanziellen Verhältnisse Gaudís geben - darunter war auch eine Kopie seines Testaments.[11] Demnach war Gaudí Eigentümer der Mustervilla im Parc Güell, die heute das Casa-Museu Gaudí beherbergt. Ihr Wert wurde nach Gaudís Tod auf 45.000 Peseten geschätzt. Außerdem besaß er ein Bankkonto mit 1.870,08 Peseten bei der Bank von Spanien sowie ein Konto bei einer Pensionskasse mit 1.121,54 Peseten.[11] Gaudí starb also als wohlhabender Mann, auch wenn er sein Vermögen nicht für einen luxuriösen Lebensstil nutzte. Darüber hinaus hatte Gaudí von seinem Vater das Elternhaus in Reus sowie mehrere Grundstücke in der näheren Umgebung geerbt. Diese hatte er aber bereits zu Lebzeiten der Kirche geschenkt.

Seligsprechungsverfahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bemerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Sitz der Oratorianer.
  2. heutiger katalanischer Name: Gran Via de les Corts Catalanes. Die Unfallstelle lag zwischen der Calle de Gerona und der Calle de Bailén (heutige katalanische Namen: Carrer de Girona, Carrer de Bailèn)
  3. damaliger spanischer Straßenname; heutiger katalanischer Name: Ronda de Sant Pere
  4. Gil Parés war ab 1907 der erste capellán der Sagrada Família und ein enger Freund Gaudís.
  5. In unterschiedlichen Quellen werden 17.05 Uhr, 17.10 Uhr und 17.30 Uhr angegeben.
  6. Bonet wurde später selbst zum Chefarchitekten der Sagrada Família: 1971 bis 1980.
  7. Ràfols katalogisierte nach Gaudís Tod dessen Privatarchiv und schrieb 1928 die erste Biografie über Gaudí.
  8. Puig wurde später selbst zum Chefarchitekten der Sagrada Família: 1966 bis 1974.
  9. Quintana wurde später selbst zum Chefarchitekten der Sagrada Família: 1939 bis 1966.
  10. Folguera schuf später u.a. das Poble Espanyol.

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g Online-Artikel auf ara.cat vom 30.06.2016 mit Zitaten aus Cèsar Martinells Buch "Gaudí i la Sagrada Família - comentada per ell mateix", Barcelona, 1951 (katalanisch)
  2. Artikel in der Zeitung Diario de Tarragona vom 12.06.1926 im Online-Archiv der Stadtverwaltung Tarragonas
  3. a b c d e f g h Artikel im Online-Archiv der Zeitung La Vanguardia vom 09.06.1926, Seite 8 (spanisch)
  4. a b c Online-Artikel der Zeitung El Periódico vom 09.06.2016 (spanisch)
  5. a b Online-Artikel des Krankenhausarchivs zur Veröffentlichung einer historischen Krankenakte mit den Daten Gaudís vom 10.06.2016 (katalanisch)
  6. Artikel im Online-Archiv der Zeitung La Vanguardia vom 09.06.1926, Seite 21 (spanisch)
  7. a b c d e f g h i j Artikel im Online-Archiv der Zeitung La Vanguardia vom 10.06.1926, Seite 8 (spanisch)
  8. a b c d e f Artikel im Online-Archiv der Zeitung La Vanguardia vom 11.06.1926, Seite 7 (spanisch)
  9. Artikel auf gaudiclub.com (spanisch)
  10. a b Artikel im Online-Archiv der Zeitung La Vanguardia vom 12.06.1926, Seite 9 (spanisch)
  11. a b c d e Artikel im Online-Archiv der Zeitung La Vanguardia vom 27.12.2000, Seite 35 (spanisch)