Benutzer:Shark1989z/DIe Sklavin Maryam, die Gürtlerin, und Nur al-Din Ali

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Die Sklavin Maryam wird auf dem Markt verkauft. Fabio Fabbi (1861-1946).

Die Sklavin Maryam und Ali Nur al-Din ist eine Liebesgeschichte aus den Geschichten aus Tausendundeiner Nacht. In der Arabian Nights Encyclopedia wird sie als ANE 233 gelistet.[1]

Der Nil bei Kairo. Gemälde vion Peder Mønsted,1893

1. Eine Missetat in Kairo

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einst lebte in Ägyptens Hauptstadt Kairo ein reicher Kaufmann namens Tadsch al-Din. Dieser hatte einen äußerst gut aussehenden Sohn namens Ali Nur al-Din. Eines Tages luden Nur al-Dins Freunde ihn dazu ein, mit ihnen in einem Garten zu feiern. Schließlich reichte man ihm Wein, den er zuerst wegen des Alkoholverbot im Islam ablehnte, schließlich jedoch den Einflüsterungen seiner Freunde erlag. Schließlich brachten sie eine schöne, junge Frau herbei, die noch dazu ausgezeichnet singen und musizieren konnte. Die beiden wurden von Verlangen ergriffen und begannen sich zu umarmen und zu küssen; schließlich legte das Mädchen ihre Gewänder zur Gänze ab. Nur al-Din wurde jedoch von Gewissenbissen geplagt und entzog sich schließlich dem Mädchen und verließ unter den Protesten seiner Freunde den Garten und ging nach Hause.

Dort stellten seine Eltern entsetzt fest, dass er betrunken war. Sein Vater, ein strenggläubiger Muslim, wollte den im Halbschlaf liegenden Sohn zur Rede stellen, doch schlug Nur al-Din ihm dabei unbeabsichtigt ins Gesicht, wodurch der Vater ein Auge verlor. Wutentbrannt schwor dieser, seinem Sohn am nächsten Morgen die Hand abzuschlagen. Um ihren Sohn zu schützen, drängte die Mutter Nur al-Din zur Flucht und gab ihm einhundert Dinare mit. Zusätzlich entwendete Nur al-Din einen Beutel mit weiteren eintausend Dinar. Dann floh er aus Kairo zunächst nach Bulaq vor den Toren Kairos, wo er ein Schiff bestieg, das den Nil hinab nach Rosetta fuhr. Von dort reiste er weiter nach Alexandria, wo er Zuflucht bei einem alten Freund seines Vaters fand, der von dem Vorfall nichts wusste.

2. Eine Sklavin in Alexandria

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf dem Sklavenmarkt von Alexandria wurde Nur al-Din Zeuge, wie ein Perser dem Makler eine wunderschöne, europäische Sklavin namens Maryam übergab, die zum Verkauf ausgerufen wurde. Das Angebot stieg auf 950 Dinar, doch hatte der Perser dem Mädchen versprochen, dass er sie nur an einen neuen Besitzer verkauft werde, den sie auch für sich selbst erwählt. Doch das Sklavenmädchen begann alle Männer, die ihr vorgesetzt wurden abzulehnen, wobei sie diese zum Entsetzen des Händlers auch noch zutiefst verächtlich verspottete.

Schließlich schleifte der Händler zornig die "schamloseste Sklavin, die er je gesehen hatte", zu ihrem Herrn, dem Perser zurück. Dabei fiel der Blick der Sklavin auf Nur al-Din und ihr Verstand war sogleich von Liebe und Leidenschaft ergriffen. Daraufhin bat sie den Händler sie zu Nur al-Din zu führen, und diesen, dass er sie kaufen möge. Sie überzeugte ihn und Nur al-Din entschied, dass er das Mädchen für eintausend Dinar erwerben würde. Der Kaufvertrag wurde aufgesetzt und beglaubigt und die Sklavin Maryam in Nur al-Dins Besitz übergeben. Dieser führte sie nun zu dem Haus des Freundes seines Vater, wo er untergekommen war, jetzt, da er das Mädchen gekauft hatte, gänzlich mittellos dastand. Der Freund seines Vaters war entsetzt, als Nur al-Din erzählte, zu welchem Preis er das Mädchen gekauft hatte ("Die besten von den Töchtern der Franken kosten bei uns nicht mehr als einhundert Dinare") und empfahl ihm, seine Leidenschaft an ihr zu stillen und am sie am nächsten Morgen auf dem Sklavenmarkt wieder zu verkaufen. Er bot Nur al-Din zudem an, ihm fürs erste Geld zu leihen.

Maryam bat Nur al-Din nun auf dem Markt Essen und Trank - auch Wein - zu kaufen, damit sie gut speisen konnten. Zudem gab sie Nur al-Din von dem Wein, der ihn betrunken machte und einschlafen ließ. Dann griff das Mädchen zu Nadel und Leder und stellte einen schönen Gürtel her. Anschließend legte Maryam ihre Kleider ab und legte sich nackt auf Nur al-Din, der davon wach wurde. Die beiden gaben sich dem leidenschaftlichen Liebesspiel hin, bei dem Maryam ihre Jungfräulichkeit verlor. Am nächsten Morgen überreichte Maryam den Gürtel Nur al-Din und bat ihn diesen zu verkaufen. Nur al-Din war von der Arbeit seiner Sklavin Maryam sehr angetan, befolgte ihren Rat und kaufte sogleich neue Stoffe, aus denen sie weitere Gürtel herstellte. Die Liebe zwischen den beiden vertiefte sich. So verging ein halbes Jahr.

3. Eine Warnung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Nachts wachte Nur al-Din aus dem Schlaf auf und hörte wie seine Sklavin Maryam weinte und klagende Verse sprach. Als er sie nach dem Grund fragte, erwiderte sie, dass sie die Trennung von ihrem Herrn und Geliebten fürchtete. Auf die Frage, wer sie denn voneinander trennen sollte, warnte Maryam ihn vor einem alten, fränkischen (christlich-europäischen) Mann, der auf dem rechten Auge blind und dem linken Bein lahm war. Maryam erklärte, dass sie ihn in der Stadt entdeckt habe und sicher sei, dass er gekommen war, um nach ihr zu suchen. Sie warnte ihn, mit dem Mann noch nicht einmal ein Wort zu wechseln.

Am nächsten Tag ging Nur al-Din wie gewohnt auf den Markt, um den Gürtel zu verkaufen, den Maryam am Tag zuvor hergestellt hatte. Doch plötzlich stand genau jener Mann vor ihm, den die Sklavin ihm beschrieben hatte. Der Franke bat ihn, ihm den Gürtel zu verkaufen und nachdem er den Preis immer mehr erhöht hatte und andere Kaufleute ihn bedrängten schwand Nur al-Dins Entschlossenheit und schließlich verkaufte er ihm den Gürtel. Nun drängten der Franke und die Kaufleute ihn, an einem abendlichen Fest teilzunehmen, dass der Franke ausrichtete - und wieder ignorierte Nur al-Din die ausdrückliche Warnung seiner Sklavin und Geliebten Maryam. Als er am Abend schon völlig vom Alkohol berauscht war, bat der Franke nun darum, dass ihm Nur al-Din seine Sklavin doch verkaufen möge. Als der Franke ihm zehntausend Dinare bot, willigte Nur al-Din im Rausch ein. Als Nur al-Din wieder bei Sinnen war, war es zu spät. Die anwesenden Kaufleute bezeugten ihm, dass er seine Sklavin Maryam rechtmäßig an den Franken verkauft hatte. Am nächsten Morgen gingen sie zusammen zu Nur al-Dins Haus, wo die Maryam, besorgt und von böser Vorahnung erfüllt, erschüttert feststellen musste, dass Nur al-Din trotz ihrer Worte in die Falle des Franken getappt war und sie an den Franken verkauft hatte.

4. Die Geschichte einer Sklavin

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nun enthüllte der alte Franke vor Nur al-Din die wahre Identität der Sklavin Maryam. Sie war die Tochter des Königs der Franken. Sie war von ihren Eltern mit Liebe erzogen worden und unterrichtet worden in der Kunst des Redens, Schreibens und Rechnens, dazu im Reiten und den Tugenden der Ritter. Zudem beherrschte sie die Handwerkskunst des Sticken und Nähens, Webens, Gürtelmachens, Knüpfen, Vergolden von Gold und Silber und galt in ihrem Land als die herrlichste Frau des Jahrhunderts an Schönheit, Anmut, Charakter und Fähigkeiten. Entsprechend warben die Könige der Inseln um sie, doch weigerte sich ihr Vater sie zu vermählen. Als Maryam schwer erkrankte, legte sie das Gelübde ab, ein Kloster auf einer bestimmten Insel zu besuchen, und löste es ein, als sie wieder genesen war. Doch als sie und ihre Gesandtschaft sich der Insel näherten, auf dem das Kloster lag, wurden sie von muslimischen Piraten überfallen, die alles raubten und Maryam und ihre Gesandtschaft in die Stadt Kairouan nach Tunesien entführten. Dort wurde Maryam nun an einen persischen Kaufmann verkauft. Als sie diesen während einer schweren Krankheit umsorgte, schwor er ihren Wunsch zu befolgen, sie nur an einen Mann zu verkaufen, den sie für sich selbst ausgewählt hatte. In seinem Besitz als Sklavin nahm Maryam freiwillig den Islam an und lernte den Koran und die Überlieferungen des Propheten Muhammad. Schließlich kamen sie nach Alexandria, wo der Perser sie auf dem Markt zum Verkauf anbot und Maryam entschied, an Nur al-Din verkauft zu werden. Nun entsandte Maryams Vater, der König der Franken, Schiffe aus, um seine Tochter zu finden. Darunter war auch der alte Franke, der Großwesir des Königs war. Nach langer Suche fand er in Alexandria eine Spur zu der entführten Maryam und schließlich ihren Besitzer, den er überlistete und zu ihrem Verkauf bewegte.

5. Im Land der Franken

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nun nahm der alte Franke Maryam gegen ihren Willen mit, brachte sie auf sein Schiff und ließ die Segel setzen. Maryam konnte nicht aufhören zu weinen, sie war emotional völlig gebrochen, da sie nicht von Nur al-Din nicht getrennt werden wollte. Auch Nur al-Din war völlig am Boden zerstört, weil er durch seine eigene Dummheit nun seine Geliebte verloren hatte. Am nächsten Tag ging er zu der Anlegestelle am Hafen, wo ihm ein alter Mann anbot ihn mit auf sein Schiff zu nehmen, das genau jene Stadt anlaufen sollte, woher Maryam einst gekommen war. 51 Tage fuhr Nur al-Din mit dem Schiffe zur See, ehe es von Piraten überfallen wurde, die ihn und die Besatzung gefangen nahmen und zum Palast des Königs der Franken bringen ließ, der sie ins Gefängnis warf. Nun wollte es das Schicksal, dass kurz darauf auch das Schiff mit Maryam und dem alten Franken den Hafen der Stadt erreichte.

Der König und seine Gattin waren überglücklich mit ihrer Tochter wieder vereint zu sein, doch fürchteten sie, dass ihr in der Gefangenschaft der Muslime schlimmes widerfahren und sie etwa vergewaltigt worden. Maryam erzählte ihren Eltern entgegen der Wahrheit – dass sie ihre Jungfräulichkeit an Nur al-Din freiwillig verloren hatte – dass sie mehrfach vergewaltigt worden sei. Ihr Vater, der König, erzählte den Fürsten des Reiches vom Schicksal seiner Tochter und viele trachteten nach einer Rache an den Muslimen. Daraufhin ließ der König Nur al-Din und die anderen muslimischen Gefangenen holen und sie alle nacheinander enthaupten, bis nur noch Nur al-Din übrig war. Durch das beherzte Eingreifen einer alten Frau wurde er jedoch verschont um stattdessen als Sklave in einer Kirche zu arbeiten. Nun wollte es das Schicksal, dass Maryam genau in dieser Kirche mit anderen Frauen zur Andacht kam. Als sie dort Nur al-Din traf, schickte sie die anderen Frauen fort und die beiden gaben sich dem Liebesspiel hin. Dann beschwor sie Nur al-Din später zum Ankerplatz eines Schiffes zu kommen, wo ein alter Kapitän auf ihn wartete. Der alte Kapitän entpuppte sich als die verkleidete Maryam, die die zehnköpfige Besatzung mit dem Schwert tötete und - erfahren in der Seefahrt - mit Nur al-Din nun nach Alexandria fuhr.

6. Ein neues Unglück

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dort angekommen bat Nur al-Din seine Geliebte, dass sie im Schiff zurückblieb, bis er mit Schleier und sittlicher Kleidung einer alexandrinischen Frau zurückkehrten würde und Maryam folgte seiner Bitte. Kurz nach ihrer Flucht aus dem Reich der Franken hatte der König jedoch ein Schiff zu ihrer Verfolgung entsandt. Als sie in Alexandria ankamen, entdeckten sie das angelegte Schiff und einhundert bewaffnete Franken überfielen es und raubten die an Bord zurückgebliebene Maryam. Daraufhin setzten sie sofort wieder Segel und kehrten ins Land der Franken zurück. Maryams Vater, der König, hatte begriffen, dass seine Tochter ihn hintergangen hatte und noch dazu zum Islam übergetreten war. Wutentbrannt wollte er sie töten lassen, doch da bat sein einäugiger Wesir, der das Mädchen begehrte, dass er der König sie mit ihm vermählen möge. Der König stimmte zu und um Maryam in Gefangenschaft zu halten, wurde eine Schloss mit hohen Mauern gebaut, auf dass sie nicht würde entkommen können.

In der Zwischenzeit musste Nur al-Din feststellen, dass er durch seine eigene Dummheit und Leichtsinnigkeit seine Geliebte schon wieder verloren hatte.

In Nur al-Dins Abwesenheit


[2]

Die Geschichte findet sich in der Breslauer, Bulaq I- und Kalkutta II-Ausgabe.[3] Richard Francis Burton[1] und Enno Littmann[4] griffen für ihre Sammlungen auf die Kalkutta-II-Edition zurück.

Die Erzählung umfasst dutzende von Gedichten, die in die Erzählung eingewoben sind und der literarischen Ausschmückung dienen.

In der Geschichte wird die Sklavin Maryam als "Frankin" beschrieben. "Franke" war im islamischen Mittelalter der allgemeine Ausdruck für die christlichen Europäer, die im Verlauf der Kreuzzüge in den Nahen Osten kamen.

Die Figur der Maryam weist inhaltlich teils große Gemeinsamkeiten mit jener der Sumurrud in Die Sklavin Sumurrud und Alischar (ANE 82) auf. Beide sind handwerklich äußerst begabt (Sumurrud als Schleier- und Vorhangmacherin, Maryam als Gürtelherstellerin), beide dürfen auf dem Sklavenmarkt entscheiden, an wen sie verkauft werden wollen, wobei sie beide äußerst vorlaut sind und ihre potenziellen Käufer verspotten. Ebenso geraten beide letztlich durch eine Dummheit ihrer Besitzer in fremde Hände (Sumurrud wird entführt, nachdem Alischar ihre Warnung nicht beherzigt hat; Maryam wird von ihrem Herrn Nur al-Din Ali in betrunkenem Zustand verkauft).

Das Narrativ, dass ein Sklavenhändler bzw. ein Besitzer sein Sklavenmädchen mitbestimmen lässt, an wen sie verkauft wird, findet sich in weiteren der Geschichten aus Tausendundeiner Nacht, so in Die Sklavin Sumurrud und Alischar (ANE 82) und Die Sklavin Sitt al-Milah und Nur al-Din Ali (ANE 341).

  • Joseph-Charles Mardrus: The Book of the Thousand Nights and One Night, 1989, 4 Bände, Band 3, S. 294-339.
  • Enno Littmann: Die Erzählungen aus den tausendundein Nächten, Karl Insel Verlag, Frankfurt 1968 (Erstausgabe 1922–1928), 6 Bände (Kalkutta-II-Edition), Band 5, 624-757.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b Ulrich Marzolph, Richard van Leeuwen und Hassan Wassouf: The Arabian Nights Encyclopedia, ABC-Clio, Santa Barbara 2004, S. 98.
  2. Die Wiedergabe der Handlung folgt der Darlegung in: Enno Littmann: Die Erzählungen aus den tausendundein Nächten, Karl Insel Verlag, Frankfurt 1968, Band 5, 624-757.
  3. Ulrich Marzolph, Richard van Leeuwen und Hassan Wassouf: The Arabian Nights Encyclopedia, ABC-Clio, Santa Barbara 2004, S. 780.
  4. Enno Littmann: Die Erzählungen aus den tausendundein Nächten, Karl Insel Verlag, Frankfurt 1968, Band 5, 624-757.