Benutzerin:Emma7stern/Das Eisenwalzwerk

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Das Eisenwalzwerk (Adolph Menzel)
Das Eisenwalzwerk
Adolph Menzel, 1872–1875
Öl auf Leinwand
158 × 254 cm
Alte Nationalgalerie Berlin
Vorlage:Infobox Gemälde/Wartung/Museum

Das Eisenwalzwerk ist ein Gemälde von Adolph Menzel. - modernes Thema auf der Ebene der Historienmalerei

Bildbeschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das großformatige Gemälde stellt in realistischer Ausführung mehrere Fertigungsphasen des Produktionsprozess von Eisenbahnschienen in einem Hüttenwerk des 19. Jahrhunderts dar. Die Herstellung begann mit dem Puddelverfahren, bei dem das Roheisen in einem Schweißofen auf 1200 bis 1300 Grad erhitzt und teigig gemacht wurde. Durch einen Dampfhammer zum Block geschmiedet, brachte man es in einem Vorwärmofen auf die zum Wälzprozess notwendige Temperatur. Als weißglühende Luppe wurde es durch Walzgerüste gepresst, das Halbwerk mittels Hebelstangen zurück- oder weitergereicht und so in mehreren Arbeitsgängen zu länglichen Formen gewalzt, bis sie die gewünschte Gestalt einer Schienenlänge angenommen hatten. Nicht allein die Darstellung, auch Aufbau und Komposition des Bildes empfinden diesen Prozess nach.[1]

Innerhalb einer weiträumigen Werkhalle steht zentral durch Form und Farbe eine Gruppe von sechs Arbeitern an einem Vorwalzgerüst, die einen weißglühenden, funkensprühenden Eisenblock befördern. Zwei von ihnen, im Profil dargestellt, führen das Werkstück auf einem Plateauwagen an die Walze heran, um „durch Hochdrängen der Deichsel des Handwagens die 'Luppe' unter die Walze gleiten zu machen“.[2] Mit Sperrzangen unterstützen weitere Hüttenwerker den Vorgang. Ein in Rückenansicht und damit im Schatten der strahlenden Glut dargestellter Arbeiter drückt die Zange um den Block, breitbeinig, mit vorgeschobenem Unterkörper, zurückgehaltenem Oberkörper und ausholenden Armen entsteht eine „herrlich gespannte, inhaltlich bedingte Körperkurve“.[3] Ihm gegenüber und in Vorderansicht hält ein Arbeiter mit hocherhobenem Arm eine weitgeöffnete Zange zum Zupacken bereit. Sein aufmerksam angespanntes Gesicht ist vom Glutschein rot ausgeleuchetet, im Mundwinkel steckt ihm eine Pfeife. Hinter ihm, ebenfalls im roten Licht und gleichsam von den Schenkeln der Zange umrahmt, schaut ein fünfter Arbeiter auf das Geschehen. Im Vordergrund, dem Betrachter am nächsten, steht ein weiterer Walzwerker bereit mit einer Zange zuzupacken, er ist im Profil und mit einer Schrittbewegung dargestellt.

Jenseits des Walzgerüstes, in der rechten Bildmitte, stehen Männer abwartend, das geformte Werkstück in Empfang zu nehmen und mittels der von der Dachkonstruktion an beweglichen Ketten herabhängenden Hebestangen „den Vorigen wiederum zuzuschieben behufs weiterer Wiederholungen desselben Verfahrens [...] bis zu schließlich vollendeter Umwandlung der Luppe in die fertige Eisenbahnschiene.“[2] Wie ein Strang schließen sich der Hauptgruppe in schräg links ausgerichteter Perspektive ein zweites und drittes Vorwalzwerk an, an denen ein Vielzahl von Arbeitern an unterschiedlichen Stufen des Produktionsprozesses beteiligt sind. Flächenformal zusammengefasst wird die Szene durch ein großes Schwungrad im Hintergrund. Die rechte Bildseite wird von einem massiven Kran, an dem sich Arbeiter zuschaffen machen, überragt, im Hintergrund löst sich eine Werkgruppe im Zwielicht auf.

In der vorderen linken Bildseite ist ein Mann dargestellt, der, vorn über gebeugt, einen zweirädrigen Plateauwagen mit einem schwach glühenden, quadratischen Rohling zieht. Auf derselben Seite im Hintergrund bedienen im Feuerschein verschwimmende Hüttenwerker einen Puddelofen. Rechts davon steht in rückwärtiger Profilansicht ein Mann, der schon durch Kleidung und Kopfbedeckung von den Arbeitern unterschieden, in Ruhestellung, mit hinter dem Rücken zusammengelegten Händen und dem Blick zur Decke einen deutlichen Kontrast zur sonst vorherrschenden Betriebsamkeit bildet. Menzel bezeichnete ihn in seiner Bildbeschreibung als Dirigent des Eisenwalzwerks.

Eine weitere Komponente des Gemäldes ist der bevorstehende Schichtwechsel, angezeigt durch drei sich waschende Arbeiter mit freiem Oberkörper, die am linken Bildrand im einfallenden, fahlen Tageslicht stehen, und eine Gruppe am rechten Vordergrund, die im Schatten des ersten Walzgerüsts eine Mahlzeit zu sich nimmt. Es wird „Mittagsbrod verzehrt, das ein junges Mädchen im Korbe gebracht hat.“[2]

Von dem leicht erleuchteten Gesicht des aus dem Bild schauenden Mädchens in der rechten unteren Ecke über den feuerglühenden Eisenstrang, die erleuchteten Gesichter und Arme der Arbeiter entlang der Deichselstange, über das Schwungrad in die hinteren diffusen Winkel der Fabrikhalle durchzieht eine kräftige Diagonale das Bild, mit der Menzel eine charakteristische Raumeinteilung erreicht.[4] Die Lichtführung hingegen schafft zwei waagerechte Bildzonen: das in gelb-rot gehaltene warme Zentrum in den unteren zwei Dritteln, mit Menschen und Aktivität gefüllt, und das von blau-grau-grün Farbtönen beherrschte obere Bilddrittel der rauchig-dunstigen Hallendachkonstruktion. Verbunden sind sie durch das Überspringen der Töne: „Einerseits modelliert das kalte Tageslicht, von links kommend, die im Schatten des Glutlichtes liegenden Partien, andererseits reißen warme Lichtspritzer Teile des Maschinengestänges aus dem kühlen Dunst des oberen Bildraums.“[5]


Titel und Provenience[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Moderne Cyklopen

1875 Adolph von Liebermann, im Oktober desselben Jahres von der Nationalgalerie in Berlin erworben.

Ausstellungen: in Berlin: 1876 (Akademie-Ausstellung), 1885, 1886, 1895, 1906, 1976 (Moderne Cyklopen. 100 Jahre „Eisenwalzwerk“ von Adolph Menzel), 1980, 1987

außerhalb Berlin: Paris 1878 (Weltausstellung), München 1879 (Internationale Kunstausstellung), Paris 1885 (Exposition des Oevres de Adolphe Menzel, Pavillon de la Ville de Paris), Wien 1896,

Entstehung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Gemälde wurde von Menzel ab 1872 geschaffen und im Februar 1875 fertiggestellt. Es gilt damit als an der Schwelle zu seinem Spätwerk entstanden und als ein Höhepunkt in seiner Malerei.

Vorbedingungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

der Prozess der Industrialisierung in Deutschland, Fortschrittsglaube, Konfrontation mit der sozialen Frage, Weltwirtschaftskrise 1873, „zu einer Zeit, da Bismarck die industriellen Unternehmerinteressen zur Erhaltung der internationalen Konkurrenzfähigkeit förderte und eine Humanisierung der industriellen Arbeitswelt verweigert wurde. Menzels Eisenwalzwerk thematisierte als erstes Gemälde in der deutschen Kunst diese 'soziale Frage'.“ [6]

1844: Zeichnung Menzels der technischen Anlage in einer Stärkefabrik

1869 ein äußerer Anlass zur Beschäftigung mit Industriemotiven war de3r Auftrag zu einem Jubiläumsblatt zum fünfzigjährigen Bestehen der Heckmannschen Metallfabrik in Berlin: Deckfarbenbild, geschmückt in allegorischem Dekor sind zwei Produktionsszenen dargestellt;

als Quellen dienten:

  • Eurgen Napoleon Neureuther: Gemälde der Maschinenfabrik und Gießerei Klett & Co. von 1858
  • James Sharples: Eisenhütte von 1844-1847, sowie dazugehörige graphische Blätter

unmittelbarer Anstoß durch Paul Meyerheim: Lebensgeschichte einer Lokomotive




Vereinigte Königs- und Laurahütte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]


Schöpferischer Prozess[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1872 hielt sich Menzel mehrere Wochen in Königshütte auf, es entstand eine umfangreiche gezeichnete Dokumentation von Raumansichten, Maschinenteilen und Figurenstudien;

die Studien ergänzte Menzel später in Berliner Fabriken

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Idealisierung der Industriearbeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stellungnahme zur sozialen Frage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Triptychon zur deutschen Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rezeption des Gemäldes in Peter Weiss: Die Ästhetik des Widerstands, S. 353 - 361[7] [8]

Beschreibung und Deutung des Gemäldes im Zusammenhang zunächst mit den Gedanken des Ich-Erzählers zur Kultur der Arbeiter und der Faszination, die diese Darstellung ausstrahlt. Mit der weiteren Betrachtung entwickelt er eine Kritik an der Festschreibung der Zustände durch das Bild: „waren die Männer, mit ihren zerfurchten Gesichtern und den vor der Glut zusammengekniffnen Aufgen, ihren um die Werkzeuge geballten Fäusten, doch losgelöst worden von den gesellschaftlichen Kenntnissen, Dokumentationen und Organisationen (... Ich sah,) wen Menzels Meisterschaft vors bewundernde Publikim gestellt hatte, den deutschen Arbeitsmann aus Bismarcks und Wilhelms Reich, unangefochten vom Kommunistischen Manifest, in seiner einzigen Befugnis, wacker und treu zu sein.“[9]

Das Gemälde symbolisiert vielmehr die Expansion des industriellen Imperialismus, Peter Weiss setzt es zu zwei weiteren Bildern Menzels zu einem Triptychon der neueren deutschen Geschichte ins Verhältnis:

in der Ausstellung der Nationalgalerie ist es flankiert von den Gemälden Abreise König Wilhelms I. zur Armee am 31. Juli 1870 (Öl auf Leinwand, 1871, 63 × 78 cm, Alte Nationalgalerie)

Linker Teil des Triptychon zur deutschen Geschichte, das der Ich-Erzähler in der Anordnung der drei Gemälde Menzels in der Nationalgalerie erkennt, es stellt den Auftakt zum deutsch-französischen Krieg 1870 dar: „Links das Ereignis, von dem es hieß, der Herzschlag der Nation käme darin zum Ausdruck.“[10]

und Das Ballsouper (Öl auf Leinwand, 1878, 71 × 90 cm, Alte Nationalgalerie)

Rechter Teil des Triptychon zur deutschen Geschichte, das der Ich-Erzähler in der Anordnung der drei Gemälde Menzels in der Nationalgalerie erkennt: „ Auf der einen Seite die begeisterte Begrüßung des Kriegs, die Erziehung zum Bückling, zum Speichellecken, auf der andern Seite die Verherrlichung schwülstiger Pracht. In der Mitte härteste Schufterei, um denen zur Rechten und Linken den Reichtum zu schaffen. (...) Das zentrale Stück mit den Männern in ledernen Schürzen, schwere Stangen und Zangen schwingend, wies den ganzen Betrug auf, der an der Arbeiterklasse begangen wurde.“[11]




Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Konrad Kaiser: Adolph Menzels Eisenwalzwerk, Veröffentlichung der Deutschen Akademie der Künste, Henschelverlag Berlin 1953, Lizenz-Nr. 414 235/12/53 (ohne ISBN)
  • Claude Keisch und Marie Ursula Riemann-Reyher (Hrsg.): Adolph Menzel 1815-1905). Das Labyrinth der Wirklichkeit, Nationalgalerie und Kupferstichkabinett Staatliche Museen zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz, ISBN 3-7701-3960-7
  • Christiane Zangs: Die künstlerische Entwicklung und das Werk Menzels im Spiegel der zeitgenössischen Kritik, Dissertation an der Fakultät für Philosophie der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen 1987, Aachen, Mainz 1992, ISBN 3-925714-51-0

Sammlung weiterer Bilder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]


Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Konrad Kaiser: Adolph Menzels Eisenwalzwerk, Veröffentlichung der Deutschen Akademie der Künste, Henschelverlag Berlin 1953, S. 14.
  2. a b c Handschrift von Adolph Menzel im Archiv der Nationalgalerie, Berlin
  3. Konrad Kaiser: Adolph Menzels Eisenwalzwerk, Veröffentlichung der Deutschen Akademie der Künste, Henschelverlag Berlin 1953, S. 14.
  4. German History in Documents and Images (GHDI): Adolph Menzel, Eisenwalzwerk (Moderne Cyklopen) (1875), abgerufen am 8. März 2012
  5. Konrad Kaiser: Adolph Menzels Eisenwalzwerk, Veröffentlichung der Deutschen Akademie der Künste, Henschelverlag Berlin 1953, S. 16.
  6. Claude Keisch und Marie Ursula Riemann-Reyher (Hrsg.): Adolph Menzel 1815-1905). Das Labyrinth der Wirklichkeit, S. 286
  7. Peter Weiss: Die Ästhetik des Widerstands. Band I bis III. Frankfurt (Main) 1988, ISBN 3-518-11501-4; hier Band I S. 353-361
  8. Nana Badenberg: Die „Ästhetik“ und ihre Kunstwerke. Eine Inventur. In: Alexander Honold, Ulrich Schreiber (Hrsg.): Die Bilderwelt des Peter Weiss. Hamburg 1995, ISBN 3-88619-227-X
  9. AedW I, S. 355
  10. Nana Badenberg: Die „Ästhetik“ und ihre Kunstwerke. Eine Inventur. In: Alexander Honold, Ulrich Schreiber (Hrsg.): Die Bilderwelt des Peter Weiss. Hamburg 1995, ISBN 3-88619-227-X, S. 203
  11. AedW I, S. 356; Nana Badenberg: Kommentiertes Verzeichnis. S. 203