Benutzerin:Leserättin/Igue-Fest

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Iguẹ-Fest

Platte mit der Darstellung eines Oba mit Schlammfischbeinen bei der Opferung eines Leoparden, afrikanischer Gelbguss, 16./17. Jahrhundert aus dem Bestand des British Museum
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Die Tradition, den „Head“ zu ehren wurde von den Edo seit jeher praktiziert. Ọba Ewuare soll während seiner mehr als dreißigjährigen Herrschaft über das Königreich Benin das jährliche Iguẹ-Fest als staatliches Ritual eingeführt haben.[1][2] Mündlich überliefert ist die Legende, wonach Ewuare vor seiner Herrschaft eine Zeit im Exil verbrachte. Während seiner Wanderschaft schlief er eines Nachts unter einem Baum und fand am Morgen einen Leoparden über sich auf einem Ast. Ewuare hielt den Leoparden für ein Zeichen künftigen Glücks und schwor, dass er, sollte er jemals König (Ọba) werden, seinem „Head“ („Haupt“), in der Vorstellung der Edo dem Ort seines Glücks und seiner Macht, jedes Jahr einen Leoparden opfern würde. Der Leopard steht demnach für die Zeit vor der Thronbesteigung Ewuares. Die Opferung wurde von da an bei der Krönung eines Ọbas und beim jährlichen Iguẹ-Fest durchgeführt. In bildlichen Darstellungen zu diesem Ritual wird der Ọba oft mit Schlammfischbeinen dargestellt, wodurch er mit Olokun, dem Gott der großen Gewässer und Quelle allen irdischen Reichtums, symbolisch identifiziert wird.[3]

Das Iguẹ-Fest gehörte so zu den zentralen „Staatskulten“ im Königreich Benin, die, wie der Afrikawissenschaftler Leonhard Harding betonte, nicht mit europäischen Herrschergeburtstagen oder Thronjubiläen vergleichbar sind. Mit dem Iguẹ-Fest und anderen Ritualen sollten in erster Linie die „Kraft“ des Herrschers erneuert und für das nächste Jahr gestärkt werden. „Kraft“ bezog sich dabei nicht nur auf die physische Kraft und Gesundheit des Ọba, sondern auch auf seine Fähigkeit, zum Wohle des Volkes an die übernatürlichen Kräfte, an die königlichen Ahnen, die Geister und Götter appellieren und die Ordnung des Universums aufrecht erhalten zu können. Durch die Verehrung der königlichen Ahnen durch den Ọba und die gesamte Führungsschicht des Reiches wurde die Kontinuität der Herrschaft gefeiert und von allen besiegelt. Während der Zeremonie wurde ein magischer Trank auf verschiedene Körperteile des Ọba aufgetragen und mit der königlichen Macht besonders assoziierte Tiere wurden geopfert: der Leopard, Fischadler, Kühe und Ziegen. Auch Menschen wurden geopfert.[4]

Für die Zeremonie zentral war die Vorstellung des „Heads“ (Uhunmour, Kopf). Dieser galt als der Sitz des Urteils, des Willens und der meisten Sinne und wurde mit dem Glück im Leben eines Menschen gleichgesetzt. Der charakteristische Ritus bestand darin, den „Head“ zu „segnen“, ihm zunächst für das Überleben und Wohlergehen zu danken und ihn dann um weitere Gunst zu bitten. Das Wohlergehen des gesamten Volkes hing vom „Head“ des Ọba ab. Nachdem sein „Head“ während des Iguẹ-Fests erneuert wurde, schickte der Ọba wiederum seine eigenen Priester aus, um die „Heads“ der Chiefs zu segnen, über die er herrschte.[5]

[6]

Oba Eweka II., um 1920, in Festkleidung

Das Fest wurde im Königreich Benin von den Kriegerkönigen des 15. und 16. Jahrhunderts bis zu den Königen des 18. und 19. Jahrhunderts gefeiert. In dieser Zeit änderte sich das Wesen des Königtums. Die Ọbas wurden immer mehr zu zu Gefangenen des Zeremoniells.[7] Ihre eigentliche Befehlsgewalt war im 19. Jahrhundert nur noch begrenzt, die wahre Macht lag bei den verschiedenen Funktionsträgern. In den 1890er Jahren bemühte sich der Leiter der Operationen für die Protektoratsverwaltung Ralph Moor darum, Ọba Ovanramwen dazu zu bewegen, das 1892 mit Henry Lionel Galway vereinbarte Handelsabkommen entsprechend der Vorstellungen der Briten einzuhalten. Ovonramwen entzog sich wiederholt Treffen mit Moor, indem er auf Zeremonien verwies, während deren Durchführung keine Europäer anwesend sein dürften. Während Moors längerer Abwesenheit im Jahr 1896 beschloss sein Stellvertreter James Phillips Im November 1896 den Ọba in Benin City zu besuchen, um über das Handelsabkommen zu sprechen. Auch diesmal griff Ovonramwen wieder auf die bewährte Taktik zurück und ließ Phillips mitteilen, ihn einen Monat später, nach Ende des Iguẹ-Fests, zu empfangen. Als Philipp sich von dieser Nachricht nicht abhalten ließ, setzten sich einige der Chiefs über die Wünsche des Ọbas hinweg und überfielen Philipp und seine Begleitung am 4. Januar 1897 und töteten sie. Dies führte im Februar 1897 zur sogenannten britischen Strafexpedition nach Benin, womit die Herrschaft des damaligen Ọba Ovonramwen endete.[8]

1914 wurde die Monarchie wiederhergestellt und Ọba Eweka II. bestieg den Thron. Er nahm die Rituale, wozu auch das Iguẹ-Fest gehörte, in verkürzter Form wieder auf. Unter seinem Sohn und Nachfolger Ọba Akenzua II. wurden die Rituale auf einen zweiwöchigen Zeitraum im Dezember zusammengelegt, um die Schulferien zu Weihnachten und die damit verbundenen Festlichkeiten zu nutzen. Iguẹ wird nun als Sammelbegriff für diese festliche Phase verwendet, die nicht mehr nur das ursprüngliche Iguẹ-Ritual umfasst. Während des Biafra-Krieges von 1967 bis 1970 wurden die Festlichkeiten eher privat als öffentlich zelebriert. Ọba Erediauwa, Sohn und Nachfolger von Akenzua II., verlegte sie wieder ins Freie und erweiterte sie um gemeindeübergreifende Ringkämpfe und Ekpo-Maskenfeste. Heute wird die kulturelle Bedeutung des Fests, nicht die religiöse, hervorgehoben. Auch Edo, die Christen oder Muslime sind, feiern das Iguẹ-Fest.[7][9]

Moderner Ablauf

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Das Iguẹ-Fest besteht heute aus mehreren Ritualen, die über einen Zeitraum von elf Tagen jeweils im Dezember während der Weihnachtsferien durchgeführt werden. Zu den Ritualen gehören Tanz, Musik, Gesang, Beschwörungen und Zaubersprüche, die an historische Taten der Vorfahren und Ereignisse erinnern. Sie sollen die Menschen an ihre staatsbürgerlichen Pflichten erinnern. An jedem Tag werden die Zeremonien vom königlichen Spaßmacher Akharowan, der eine weiße Mütze und eine Handtasche trägt, eingeleitet und angekündigt:[10][11][12]

  1. Zwei Ahnenaltäre des Oba, 1936
    Otue-UgierhỌba ist eine Begrüßungszeremonie, bei der alle Chiefs zusammenkommen und dem Ọba ihre Ehrerbietung erweisen. Die Chiefs tanzen in Begleitung ihrer jeweiligen Tanzgruppen zum Palast, um dem „Umogun“, das heißt dem Ọba, der in seinem vollen traditionellen Perlengewand gekleidet ist, zu huldigen und für sein langes Verbleiben auf dem Thron zu beten. Die Chiefs tragen dabei zeremonielle weiße Kleidung, die den Oberkörper frei lässt. Um den Hals und an den Händen tragen sie Perlen. Die eigentliche Zeremonie wird in Ugha ErhỌba durchgeführt, das ist der große ummauerte Hof, in dem die Gedenkaltäre für die früheren Ọbas aufgestellt sind. Nacheinander, entsprechend ihres Rangs, vom geringsten zum höchsten, tritt jede Chiefgruppe vor, um vor dem Ọba, der vor dem Altar seines Vaters sitzt, niederzuknien und ihm zu huldigen. Nur der Oliha, der den Ọba einsetzt, kniet nicht nieder. Dann, beginnend mit den wichtigsten Chiefs, schickt der Ọba ihnen Kolanüsse und Palmwein. Auf diese Weise wird öffentlich der relative Rang der verschiedenen Titelträger demonstriert. Die Zeremonie ist auf „staatlicher Ebene“ ein Spiegel der alltäglichen häuslichen Zeremonie, die in Benin Gastgeber bei Besuchen ihrer Freunde durchführen. Bei Otue ist der Ọba der Gastgeber und das Königreich sein Heim.
  2. Statue des Oba Akenzua II. mit Zeremonialschwert Eben, gegenüber Königspalast in Benin-City
    Am Tag darauf findet die Ehrung der königlichen Vorfahren, Ugie-ErhỌba, statt. Der Ọba vollzieht die Zeremonie am Schrein früherer Ọbas. Auch bei dieser Zeremonie bekräftigen die Chiefs ihre Loyalität gegenüber dem Ọba und bitten um seine Gunst. Im Rahmen dieser Zeremonie verleiht der Ọba den Titel Chief an loyale und verdiente Bürger und den Erbtitel an ihre Nachfolger. Die Chiefs führen einzeln den königlichen Tanz namens „Asaigbaide“ mit dem „Eben“ (Zeremonienschwert) auf. Das Publikum begleitet dies im Allgemeinen mit „Eyare, eyare...“-Gesängen, während der jeweilige Chief mit dem „Eben“ Konturen in der Luft erzeugt. Zu dieser Zeremonie gehört auch ein Tanz, den die sieben Königsmacher („Uzama Nihiron“), ein Erbadel, der seit dem 14. Jahrhundert besteht, und Eghavbonore aufführen. Dabei stellen sie die historischen Ereignisse nach, die zum Tod von Iyase Emuze im 14. Jahrhundert zu Zeit des Ọba Ohen führten. Jeder Chief deutet mit seiner linken Hand fragend auf den Ọba, der auf dem „Agba“, dem königlichen Schemel, sitzt. Der Ọba antwortet ihm mit einem Zeichen der rechten Hand.
  3. Ugie-Iron ist eine Nachstellung des Sieges des Ọba über die Stadtoberhäupter und bezieht sich auf die Rebellion von Ogiamien während der Wiederherstellung des Königtums in der Person von Prinz Oranmiyan aus Ile-Ife. Bei dieser nicht-öffentlichen Zeremonie führen der Ọba und die Repräsentanten der Königsmacher, ein Scheingefecht durch. Die rebellische Gruppe, die in Rot, dem Symbol des Krieges gekleidet ist und mit Speeren und Schilden ausgestattet ist, fordert den Ọba heraus, indem sie ihm ihre hohen Hüte, Oro genannt, zeigen. Der Ọba stimmt dem Kampf zu, indem er sein eigenes ? zeigt, das mit Perlen bestickt ist. Der Kampf beginnt mit dem Blasen der aus Elefantenstoßzähnen gemachten Hörner. Dreimal greifen die Uzama den treuen Edogun mit seiner mit Pfeil, Bogen, Schilden, Speeren und Gewehren bewaffnete Truppe an. Beim vierten Angriff werden sie zurückgeschlagen. Daraufhin wird dem Ọba der Sieg verkündet. Die Uzama knien nieder und werden vom Ọba als Zeichen der Freundschaft mit Kolanüssen und Palmwein beschenkt. Die königliche Macht ist damit wieder gesichert.
  4. Otue-IguỌba ist die zweite Begrüßungszeremonie und gleicht der ersten.
  5. Denkmal von Oba ? und seinen Dienern (spezifizieren). Rechts mit Eben, auf Königsplatz in Benin City
    Iguẹ-Inene, Emobo, IguivbiỌba und Iguẹ-Edohia sind verschiedene Zeremonien, die an historische Ereignisse in der Geschichte Benins anknüpfen und dem Volk die Möglichkeit geben sollen, den „Osanobua“ (den obersten Gott) um den Schutz des Lebens des Ọba und ihres Lebens sowie um Frieden und Wohlstand im Land zu bitten. Dabei stellt IguivbiỌba (?) den Höhepunkt des Fests darf, denn es ist eine Hommage an den aktuellen Ọba und insbesondere an sein „Head“. Der Kopf des Ọba wird mittels mehrerer Riten gereinigt. Für die Chiefs ist die Zeremonie eine weitere Gelegenheit, ihre Loyalität auf spektakuläre Weise zu bekräftigen. Der Anführer der Gruppe geht zunächst unter einer dicken Stange hindurch und tanzt dann auf den Ọba zu, der auf seinem Trhon sitzt und prachtvoll in einem aus Korallenperlen gewebten Kostüm gekleidet ist, bevor er als Zeichen des Respekts das Eben senkrecht zu einer Pirouette in die Höhe wirft. Je besser er seine Fähigkeit demonstriert, das „Eben spielen“ zu können, desto mehr bezeugt er seine körperliche und moralische Stärke und Macht. Mit erneuter Göttlichkeit erhebt sich der Ọba, der bis dahin passiv geblieben ist, von seinem Thron und tanzt viermal um die ihm zu Ehren geopferten Tiere. Zuletzt wirft er das Eben als Hommage auf seinen eigenen Thron. Dies stellt den Höhepunkt des Festivals dar und ist der Moment des Wandels zwischen dem zu Ende gehenden und dem kommenden Jahr. Drei Tage nachdem der Ọba sein Iguẹ-Fest gefeiert hat, feiert das Volk von Benin das seine in ihren Haushalten.[2]
  6. Bei der letzten Zeremonie, Ugie Ewere, das fünf Tage nach Iguẹ gefeiert wird, sind Jugendliche die Akteure. Die Zeremonie geht auf Ọba Ewuare zurück, der am gleichen Tag seine beiden Söhne verlor. Daraufhin heiratete er eine Frau namens Ubi, die sich als störrisch und feindselig erwies, so dass sie in ihr Vaterhaus zurückkehren musste. Stattdessen heiratete Ewuare dann deren Schwester, die Ewere hieß, die schließlich einen Sohn bekam. Dies wurde von Ewuare als Zeichen des Glücks gedeutet. Das „Ebe-Ewere“ (Glücksblatt), dass den gleichen Namen wie seine Frau trug, wurde für ihn so zum Zeichen des Glücks. Im Laufe der Zeit wurde Ubi zum Synonym für böse Geister und andere schlechte Dinge, während Ewere Glück und göttliche Gunst verkörperte.[2] Bereits um vier oder fünf Uhr morgens ziehen am am Ugie-Ewere-Tag die Jugendliche und Kinder in Gruppen los, um die Vertreibung des bösen Geistes (Ubi) durch die Mägde Ọbas nachzustellen. Während dieses Reinigungsrituals tragen sie Feuerfackeln, um das Land von allem Bösen zu befreien. Auf dem Rückweg vom Stadtrand von Benin, gegen sechs oder sieben Uhr morgens, führen sie einen Tanz auf, um das „Ebe-Ewere“ zu pflücken. Sie tanzen und singen das „Ebe-Ewere“-Lied in verschiedenen Haushalten und segnen die Menschen mit dem „Ewere-Blatt“, wofür sich diese mit etwas Geld als Zeichen der Wertschätzung bedanken.

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Einzelnachweise

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  1. Paula Girshick Ben Amos: The art of Benin. 2., überarbeitete Auflage. British Museum Press, London 1995, S. 103.
  2. a b c Itan Edo. In: Digital Benin. Abgerufen am 2. Mai 2024.
  3. Paula Girshick Ben Amos: The art of Benin. 2., überarbeitete Auflage. British Museum Press, London 1995, S. 30.
  4. Leonhard Harding: Das Königreich Benin. Geschichte – Kultur – Wirtschaft. Oldenbourg, München 2010, ISBN 978-3-486-85298-1, S. 191–193, doi:10.1524/9783486852981.
  5. R. E. Bradbury: Ezomo's Ikegobo and the Benin Cult of the Hand. In: Benin studies. Oxford University Press, London 1973, S. 251–270, hier S. 263 (Erstausgabe: 1961).
  6. Leonhard Harding: Das Königreich Benin. Geschichte – Kultur – Wirtschaft. Oldenbourg, München 2010, ISBN 978-3-486-85298-1, S. 49–50, doi:10.1524/9783486852981.
  7. a b Joseph Nevadomsky: The Benin Kingdom: Rituals of Kinship and Their Social Meanings. In: African Study Monographs. Band 14, Nr. 2, August 1993, ISSN 0285-1601, S. 65–77, doi:10.14989/68107.
  8. Alan F. C. Ryder: Benin and the Europeans. 1485-1897. Longmans, London 1969, S. 286–288.
  9. Alemma-Ozuiruva Alui: There’ nothing fetish about Igue Festival — Chief David Edebiri. In: Guardian Nigeria. 28. Januar 2018, abgerufen am 2. Mai 2024 (amerikanisches Englisch).
  10. Robert E. Bradbury: Divine Kingship in Benin. In: Nigeria Magazine. Band 62, 1959, S. 186–207.
  11. Osakue Stevenson Omoera: Igue Ceremony as a Theatrical Performance: An Appraisal. In: Studies of Tribes and Tribals. Band 6, Nr. 2, Dezember 2008, ISSN 0972-639X, S. 111–115, doi:10.1080/0972639X.2008.11886584.
  12. Georgiana Wierre-Gore: Le festival d'Igue. Danses, parades et Hiérarchies au Royaume du Bénin. In: Alain Montandon (Hrsg.): Sociopoétique de la danse. Anthropos, Paris 1998, ISBN 978-2-7178-3633-2, S. 27–38.