Bratmobile

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Bratmobile

Bratmobile (1994)
Allgemeine Informationen
Herkunft Olympia (Vereinigte Staaten)
Genre(s) Punk
Gründung 1991, 1998
Auflösung 1994, 2003
Letzte Besetzung
Gesang
Allison Wolfe
Schlagzeug
Molly Neuman
Gitarre
Erin Smith

Bratmobile war eine US-amerikanische Punkgruppe aus der Riot-Grrrl-Bewegung der 1990er Jahre. Das Trio fand 1991 in Olympia zusammen. Die Frauenband wurde nicht zuletzt für ihre feministischen Texte bekannt. Von 2003 an waren Bratmobile nicht mehr aktiv; 2023 kündigten sie einen Auftritt beim Mosswood Meltdown Festival an.[1]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gemeinsam mit Bikini Kill waren Bratmobile Proponentinnen der Riot-Grrrl-Revolution der frühen 1990er und wirkten im Umfeld von Gruppen wie Autoclave, Heavens to Betsy, Brownstein’s Excuse 17 und Sleater-Kinney.[2] In der Zusammensetzung Allison Wolfe (Gesang), Molly Neuman (Schlagzeug) und Erin Smith (Gitarre) debütierten sie bei der International Pop Underground Convention, einem Independent Musikfestival in Olympia – in der Erinnerung von Allison Wolfe am Valentinstag 1991.[3] Bratmobiles erste LP, Pottymouth, erschien 1993, der BBC-Auftritt im Juli desselben Jahres wurde ein Jahr später als Peel Session veröffentlicht. Die Bandmitglieder gingen eine Zeit lang getrennte Wege in unterschiedlichen anderen Formationen, bis sie sich im März 1999 wieder zusammentaten, um als Vorgruppe von Sleater-Kinney zu spielen. Das Album Ladies, Women, and Girls kam im Herbst 2000 heraus, zwei Jahre später das dritte und bislang letzte Album.

Der Autor und Musikjournalist Greil Marcus attestierte der Band anlässlich des Erscheinens von Pottymouth „fun and experience“ und kam zu dem Schluss, weniger seien es die einzelnen Nummern, die im Gedächtnis blieben, als vielmehr „the thrill of making“, der ihnen allen eigen sei, sowie Humor und Unflätigkeit.[4]

The Real Janelle war eine Abrechnung mit Ben Weasel und dem Screeching-Weasel-Song Janelle. Auf Basis der Surf-Rock-Elemente, welche die Gitarristin einbrachte, spielte die Sängerin mit Rock-’n’-Roll-Tropen: So wurde Kritik an Weasels überholten Denkschemata in eine tanzbare „Hymne“ gepackt. Dies nahm man als Weiterentwicklung der „hibbeligen Agitation“ von Pottymouth wahr.[5]

Bratmobile habe in den Neunzigern einige der „wildesten und witzigsten“ Singles herausgebracht, urteilte die Musikzeitschrift Rolling Stone retrospektiv und meinte damit Titel wie Cool Schmool, Queenie oder Kiss and Ride. Vom Debütalbum Pottymouth wurden die Nummern P.R.D.C.T. (“Punk Rock Dream Come True”) und die als „gender-flipped bash“ charakterisierte Coverversion von Cherry Bomb (The Runaways) hervorgehoben.[6]

Auf dem Hamburger Webradiosender ByteFM hieß es, als sich das Erscheinen von Ladies, Women and Girls (VÖ 24. Oktober 2000) zum zwanzigsten Mal jährte, Bratmobile habe mit dieser LP „eines des besten Riot-Grrrl-Alben gemacht“. Als Beispiel herausgegriffen wurde der Song Gimme Brains, in welchem die Bandfrauen „mit Handclaps und Lo-Fi-Rotz“ Hirn einforderten.[7]

Für den Musiker Thurston Moore (Sonic Youth) wiederum ist und bleibt The Peel Session das herausragende Album von Bratmobile: Die drei Studioalben seien „hep“ auf ihre Weise, aber auf seinem, Moores, Favoriten seien die Musikerinnen „alive + frantik in a very punked + telling way“; über Make Me Miss America meinte Moore in der Zeitschrift Artforum zudem, das Lied sei „schön und heldenhaft“.[8]

Bandname[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neuman und Wolfe, die das Zine Girls Germs herausgaben und dort unter anderem Interviews mit Bands wie Calamity Jane oder 7 Year Bitch publizierten, planten, selbst eine Band zu gründen: Diese sollte Musik und Feminismus verbinden. Nachdem sie Batman (1989) von Tim Burton gesehen hatten, kamen sie (über das „Batmobile“) auf „Bratmobile“, womit sie als Superheldinnen-Paar auftreten würden.[9]

Das englische Nomen brat heißt so viel wie Fratz, Gör; Merriam-Webster definiert den Ausdruck als “an ill-mannered annoying child, an ill-mannered immature person” (ein nerviges Kind / eine unreife Person mit schlechtem Benehmen).

Diskografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Alben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1993: Pottymouth (LP/CD/CS, Kill Rock Stars)
  • 1994: The Real Janelle (LPEP/CDEP, Kill Rock Stars)
  • 1994: The Peel Session (Livealbum CDEP, Strange Fruit)
  • 2000: Ladies, Women and Girls (CD/LP, Lookout! Records)
  • 2002: Girls Get Busy (CD/LP, Lookout! Records)

Singles und Split-Singles[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1992: Kiss & Ride (Single, Homestead Records)
  • mit Tiger Trap (4-Letter Words)
  • mit Heavens to Betsy (K Records)
  • mit Brainiac (12X12)
  • mit Veronica Lake (Simple Machines)

Unselbständige Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Kill Rock Stars (Kompilation, CD/LP, Kill Rock Stars)
  • A Wonderful Treat (Kompilation Cassette)
  • The Embassy Tapes (Cassette)
  • Throw (Kompilation CD, Yoyo Recordings)
  • International Pop Underground (Live LP/CD/CS, K Records)
  • Neapolitan Metropolitan (Boxed 7" Set, Simple Machines)
  • Teen Beat 100 (Kompilation 7", Teen Beat)
  • Julep (Kompilation LP/CD, Yo Yo)
  • Wakefield Vol. 2 (V/A CD Boxed Set, Teen Beat)
  • Plea for Peace Take Action (Kompilation CD, Sub City)
  • Boys Lie (Kompilation CD, Lookout! Records)
  • Yo Yo A Go Go 1999 (Kompilation CD, Yoyo Recordings)
  • Lookout! Freakout Episode 2 (Kompilation CD, Lookout! Records)
  • Songs for Cassavetes (Kompilation CD, Better Looking Records)
  • Lookout! Freakout Episode 3 (CD, Lookout! Records)
  • Turn-On Tune-In Lookout! (DVD, Lookout! Records)

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Computerspiel Gone Home (2013) verwendete Musik von Bratmobile (sowie von Heavens to Betsy) als Sound.[10]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Maria Raha: So Many Cowards and So Little Time: Bratmobile. In: Maria Raha: Cinderella’s Big Score. Women of the Punk and Indie Underground. Berkeley, Seal Press, 2005, S. 209–215.
  • Sara Marcus: Come Out and Play with Me. Bratmobile Begins. In: Sara Marcus: Girls to the Front: The True Story of the Riot Grrrl Revolution. New York, HarperCollins, 2010, S. 55–75.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Bratmobile announce First Public Performance in Over 20 Years • Punk Rock Theory. 24. Februar 2023, abgerufen am 14. Juni 2023 (englisch).
  2. Sasha Frere-Jones: Sister Saviors. In: The New Yorker. 12. Januar 2015, ISSN 0028-792X (newyorker.com [abgerufen am 14. Juni 2023]).
  3. Music – Allison Wolfe. Abgerufen am 14. Juni 2023 (amerikanisches Englisch).
  4. Greil Marcus’ Real Life Rock. Abgerufen am 14. Juni 2023 (amerikanisches Englisch).
  5. Bratmobile’s “The Real Janelle” sparked a dialogue with the pop-punk community. 18. April 2014, abgerufen am 15. Juni 2023 (englisch).
  6. Rob Sheffield: Riot Grrrl Album Guide. In: Rolling Stone. 27. März 2020, abgerufen am 14. Juni 2023 (amerikanisches Englisch).
  7. „Gimme Brains“: 20 Jahre „Ladies, Women And Girls“ von Bratmobile –. In: ByteFM Blog – News und Rezensionen aus unserer Redaktion. 24. Oktober 2020, abgerufen am 14. Juni 2023 (deutsch).
  8. Thurston Moore’s Real Life Rock. Abgerufen am 14. Juni 2023 (amerikanisches Englisch).
  9. Sara Marcus, Girls to the Front: The True Story of the Riot Grrrl Revolution, (siehe Literatur), S. 60.
  10. Malaena Taylor: Riot grrrl. In: The Wiley Blackwell Encyclopedia of Gender and Sexuality Studies, 2016, DOI:10.1002/9781118663219.wbegss230.