Chromatische Fantasie und Fuge (Bach)

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Die Chromatische Fantasie und Fuge BWV 903 ist ein Werk für Klavier bzw. Cembalo von Johann Sebastian Bach. Die genaue Entstehungszeit ist unbekannt, die älteste Abschrift wird mit 1730 datiert. Das Stück gehört zu den bedeutendsten Werken Bachs und galt schon zu seiner Zeit als ein Meisterwerk des Komponisten.

Entstehung

Die Chromatische Fantasie und Fuge BWV 903 existiert nur in Abschriften, das Autograph ist verloren. Die älteste dieser Abschriften, die aus dem Schülerkreis Bachs stammen, wurde um 1730 gefertigt. Die verschiedenen Abschriften der Schüler Bachs weichen in vielen Kleinigkeiten voneinander ab, die Anlage des Ganzen ist allerdings erkennbar. Der Charakter des Stückes, sein expressiver, aufgewühlter Stil, untypisch für die Werke der Leipziger Zeit, weist allerdings ein Jahrzehnt zurück in die Zeit der „gärenden Köthener Umbruchswerke“ (Walther Siegmund-Schultze). Zum Stil dieser Umbruchswerke passt es auch, dass Bach vor allem in der Fantasie den ganzen durch die wohltemperierte Stimmung neu gewonnenen tonalen Raum abschreitet, besonders auffällig an einer Stelle, an welcher er ein As enharmonisch in ein Gis umdeutet, was bei einer früheren Stimmung undenkbar gewesen wäre, da es entsetzlich falsch geklungen hätte.

Rezeption

Das Werk gehört zu den absoluten Höhepunkten in Bachs Schaffen für Tasteninstrumente und steht in der Popularität bei Spielern und Hörern gleichberechtigt neben der Toccata und Fuge d-Moll BWV 565 für Orgel. Diese beiden Werke zu vergleichen liegt auch deshalb nahe, weil sowohl die Toccata als auch die Fantasie musikalische Formen sind, in denen die Improvisationskunst des Komponisten im Vordergrund steht. Beide Werke sind Musterbeispiele dafür, dass Bach ein Meister dieser Improvisationskunst gewesen ist.

Schon die Zeitgenossen schätzten das Werk als eines von ausnahmehafter Art und Bedeutung. Der Sohn des Komponisten, Wilhelm Friedemann Bach, der selbst ein ausgezeichneter Improvisator war, meinte, das Werk „bleibe schön in alle saecula“, es würde gelten, solange überhaupt musiziert würde. Der erste Biograph Bachs, Johann Nikolaus Forkel, schreibt über das Werk: „Unendliche Mühe habe ich mir gegeben, noch ein Stück dieser Art von Bach aufzufinden. Aber vergeblich. Diese Fantasie ist einzig und hat nie ihresgleichen gehabt.“ Unter Pianisten galt die Chromatische Fantasie und Fuge schon vor der historischen Bach-Renaissance mit dem Cembalo als ein glänzendes Virtuosenstück. Franz Liszt, der wahrscheinlich erfolgreichste Konzertpianist des 19. Jahrhunderts, nahm das Werk in seine Konzertprogramme auf, der junge Johannes Brahms pflegte, als er noch als Klaviervirtuose reiste, mit ihr seine Programme zu eröffnen. Die Wirkungsgeschichte des Stückes hing stark von den verschiedenen Ausgaben ab, die im 19. Jahrhundert erschienen. Die Orgelbearbeitung durch Max Reger spiegelt am deutlichsten die Interpretationsweise der Spätromantik wider.