Corroboratio

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Die Corroboratio (von lat. cor-roboro: stärken, kräftigen) dient in mittelalterlichen Urkunden der Beglaubigung des Schriftstücks und seines Inhalts.[1]

Corroboratio aus einer Schenkungs­urkunde Heinrichs IV. zugunsten seiner Gemahlin, der Königin Bertha (1074): Et ut haec nostra regalis traditio nulla insidiantium machinatione labefactari possit, hanc cartam inde conscribi iussimus, quam, ut infra videtur, nostra manu propria corroboratam et nostri sigilli impressione insignitam omnis generationis tam futurae quam praesentis noticiae relinquimus. (D H.IV. 269)
Corroboratio aus einer Urkunde Heinrichs IV., in der er der bischöflichen Kirche zu Speyer eine Schenkung macht (1102): Et ut hec nostre traditionis et constitutionis imperalis auctoritas stabilis et inconvulsa omni evo permaneat, hanc cartam inde conscriptam manu propria corroborantes sigilli nostri impressione iussimus insigniri. (D H.IV. 475; wörtlich auch in D H.IV. 474, der Text ist aus der Urkunde D H.III. 171 Heinrichs III. für das Speyerer Domkapitel von 1046 übernommen.)

Sie bildet die letzte Formel des Kontextes vor dem Eschatokoll, das die abschließenden Protokollformeln der Urkunde enthält. In der Corroboratio werden die Beglaubigungsmittel aufgezählt, zum Beispiel Zeugen, Unterschriften oder Siegel. Bisweilen wird auch der verantwortliche Notar genannt. Außerdem findet sich in der Corroboratio eine Bezeichnung für die Urkunde, entweder nach den äußeren Merkmalen (z. B. scriptum, carta, pagina) oder nach der Art des Rechtsgeschäfts (z. B. praeceptum, privilegium, concessio, traditio), bisweilen auch in einer Verbindung beider Elemente.

Die Corroboratio findet sich schon in Urkunden des 6. Jahrhunderts z. B. bei Papst Gregor dem Großen.[2]

Die Kanzleien der weltlichen und geistlichen Höfe verwendeten häufig einen sehr schematischen Aufbau der Corroboratio mit vielfach wiederkehrenden Formulierungen.[3][4][5][6]

Ein beispielhafter Text für eine Corroboratio (aus einer Urkunde Kaiser Heinrichs II.):[7]

„Et ut haec nostrae traditionis auctoritas stabilis et inconvulsa permaneat, hanc praecepti paginam inde conscriptam manu propria roborantes sigilli nostri inpressione insigniri iussimus.“

„Und um der Autorität dieser unserer Übertragung feste und unerschütterliche Dauer zu verleihen, haben wir befohlen, diese durch unsere eigene Hand bekräftigte Urkunde durch das Eindrücken unseres Siegels zu unterzeichnen.“

Ob eine solche Bekräftigungsformel Bestandteil einer Urkunde wurde, war u.a. von ihrem Inhalt abhängig. In der Kanzlei Kaiser Friedrichs II. wurde die Corroboratio bei z.B. bei Privilegien immer eingefügt, bei Mandaten dagegen konnte sie meistens fehlen.[8] Ähnliches lässt sich auch für die Urkunden der Bischöfe von Meißen feststellen.[9] In päpstlichen Urkunden ist die Corroboratio eher selten zu finden.[10]

Literatur

  • Bernd Schneidmüller: Corroboratio. In: Lexikon des Mittelalters (LexMA). Band 3. Artemis & Winkler, München/Zürich 1986, ISBN 3-7608-8903-4, Sp. 281 f.
  • Christine Ganslmayr: Formulierungsmuster in der Corroboratio Freiburger Urkunden des 13. Jahrhunderts. In: Mechthild Habermann (Hrsg.): Textsortentypologien und Textallianzen des 13. und 14. Jahrhunderts, Berlin [u.a.] 2011, S. 353–418 ( Berliner sprachwissenschaftliche Studien, 22)
  • Sebastian Gleixner: Sprachrohr kaiserlichen Willens: Die Kanzlei Kaiser Friedrichs II, 1226–1236. Böhlau, Köln 2006, ISBN 978-3-412-03906-6.
  • Thomas Ludwig: Die Urkunden der Bischöfe von Meißen. Diplomatische Untersuchungen zum 10.–13. Jahrhundert. Böhlau, Köln 2006, ISBN 978-3-412-25905-1.
  • Ute K. Boonen: Die mittelniederländische Urkundensprache in Privaturkunden des 13. und 14. Jahrhunderts. Waxmann, Münster 2010, ISBN 978-3-830-97330-0.
  • Stefan Ruhnke: Papsturkunden des Mittelalters und ihre Bedeutung für den Historiker. GRIN, München 2008, ISBN 978-3-638-90805-4.
  • Leo Santifaller: Liber diurnus (= Päpste und Papsttum. Band 10. Hrsg. Harald Zimmermann). Hiersemann, Stuttgart 1976, ISBN 978-3-777-27612-0.

Anmerkungen

  1. Horst Enzensberger: Formularaufbau von Urkunden, Universität Bamberg
  2. Leo Santifaller: Liber diurnus, Hrsg. Harald Zimmermann, Reihe Päpste und Papsttum, Band 10, S. 29
  3. Sebastian Gleixner: Sprachrohr kaiserlichen Willens: Die Kanzlei Kaiser Friedrichs II, 1226-1236, S. 431ff
  4. Ludwig Bittner: Die Lehre von den völkerrechtlichen Vertragsurkunden, S. 130
  5. Thomas Ludwig: Die Urkunden der Bischöfe von Meißen, S. 221
  6. Ute K. Boonen: Die mittelniederländische Urkundensprache in Privaturkunden des 13. und 14. Jahrhunderts, S. 37
  7. Haus der Bayerischen Geschichte: Der Aufbau einer Urkunde an einem Beispiel Kaiser Heinrichs II.
  8. Sebastian Gleixner: Sprachrohr kaiserlichen Willens: Die Kanzlei Kaiser Friedrichs II, 1226-1236, S. 431
  9. Thomas Ludwig: Die Urkunden der Bischöfe von Meißen, S. 220
  10. Stefan Ruhnke: Papsturkunden des Mittelalters und ihre Bedeutung für den Historiker, S. 5