Denosumab

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Denosumab
Masse/Länge Primärstruktur 146 kDa
Bezeichner
Externe IDs
Arzneistoffangaben
ATC-Code M05BX04
Wirkstoffklasse Monoklonaler Antikörper

Denosumab (vorgesehener Handelsname Prolia®) ist ein humaner monoklonaler Antikörper, der im Knochenstoffwechsel die Effekte von Osteoprotegerin (OPG) imitiert. Er bindet mit sehr hoher Affinität an RANKL und hemmt so dessen Interaktion mit RANK. Insofern ist Denosumab ein IgG2-anti-RANKL-Antikörper. [1]

Wirkweise

Schon seit längerem ist bekannt, dass die regelmäßige Erneuerung der Knochenmatrix auf einem komplexen Zusammenspiel spezieller Knochenzellen beruht: Neben Osteoklasten (verantwortlich für Knochenabbau) und Osteoblasten (verantwortlich für Knochenaufbau) spielen auch Osteozyten und so genannte „Lining cells“ eine Rolle. Für deren unterschiedliche Aktivitäten besteht eine fein abgestimmte Koordination. Diese Koordination erfordert ausgeklügelte intrazelluläre Kommunikationspfade, die die Übertragung des Kopplungssignals erklären.

Neuere Erkenntnisse im Verständnis der Knochenbiologie führten auf die Spur eines – von den Osteoblasten gebildeten – Proteins, des so genannten Receptor Activator of Nuclear Factor Kappa B Ligand (RANKL), der als Signalüberträger von Osteoblasten zu Osteoklasten gilt. RANKL bindet an seinen auf der Oberfläche von Präosteoklasten lokalisierten Rezeptor RANK, einem Mitglied der Tumornekrose(TNF-)Familie, wandelt die Vorläuferzellen in Osteoklasten um und erhöht damit die Aktivität und das Überleben der für die Knochenresorption verantwortlichen Zellen. RANKL stellt demzufolge den primären Mediator von Knochenabbau dar. Knochenabbau führt langfristig zu Osteoporose. [2]

Um seinen Effekt zu modulieren und die physiologische Balance aufrecht zu erhalten, sezernieren die Osteoblasten ein weiteres Protein – das Osteoprotegerin (OPG), das als „Abfang“-Rezeptor agiert. OPG bindet an RANKL, hindert ihn dadurch, mit RANK zu interagieren und steuert so Intensität und Dauer der RANKL-induzierten Osteoklastenfunktion.

Die Entschlüsselung dieses RANK/RANKL/OPG-Pfades, an der das amerikanische Biotech-Unternehmen Amgen zusammen mit anderen wissenschaftlichen Labors seit Mitte der 1990er Jahre gearbeitet hat, war wegweisend für die Entwicklung eines klinisch einsetzbaren RANKL-Inhibitors: Denosumab, ein humaner monoklonaler IgG2-anti-RANKL-Antikörper, der die Effekte von OPG imitiert. Im Gegensatz zu OPG ist Denosumab hochselektiv, d.h. der Antikörper bindet nicht an andere Vertreter der TNF-Familie und ermöglicht dadurch die spezifische Inhibierung der RANKL-Aktivität. Ein wichtiger Vorteil der Antikörper-Gabe liegt zudem darin, dass es – anders als bei dem früher zur RANKL-Hemmung diskutierten rekombinanten OPG – nicht zu einer Immunsensibilisierung gegen OPG kommt.[3]

Therapeutischer Einsatz

  • Behandlung von Osteoporose bei Frauen in der Postmenopause mit erhöhtem Risiko für Knochenbrüche
  • Behandlung von Osteoporose bei Männern, verursacht durch Hormontherapie bei Prostatakrebs

Da die kritische Signalbahn RANKL/RANK bei allen mit Knochenverlust assoziierten Krankheiten besteht, wird Denosumab neben der postmenopausalen möglicherweise auch bei der männlichen Osteoporose, dem steroid-induzierten Knochenabbau, der rheumatoiden Arthritis und nicht zuletzt bei Knochenmetastasen einsetzbar sein.

In zwei multizentrischen doppel-blinden randomisierten Placebo-kontrollierten Studien wurde Denosumab (60 mg alle sechs Monate subkutan injiziert) inzwischen bezüglich der Minderung osteoporotischer Frakturen überprüft. Bei 734 Männern (mittlere 75,3 Jahre) unter Anti-Androgen-Therapie wegen eines Prostata-Krebses zeigte sich nach zwei Jahren ein Anstieg der Knochendichte um 5,6% im Vergleich zu einer Knochendichteminderung um 1,0% in der Placebo-Gruppe. Es traten in 1,5 % Wirbelkörperfrakturen auf, im Vergleich zu 3,9% in der Placebogruppe (Relative Risikoreduktion 62 %)[4] . Die zweite Studie („FREEDOM Trial“) umfaßte 7868 Frauen nach der Menopause zwischen 60 und 69 Jahren mit Osteoporose. Eine Wirbelkörperfraktur trat binnen 36 Monaten bei 2,3 % auf, in der Placebo-Gruppe bei 7,2 % (Relative Risikoreduktion 68%). Oberschenkelschaftbrüche traten bei 0,7% versus 1,2% in der Placebo-Gruppe auf (Relative Risikoreduktion 40%)[5].
Das Risiko eines Knochenbruchs konnte in beiden Studien somit in der gleichen Größenordnung gesenkt werden wie bei Zoledronat und Teriparatid, und etwas mehr als bei den oralen Aminobisphosphonaten.

Zulassungsstatus

Der Zulassungsantrag für Denosumab wurde von der amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) im Oktober 2009 abgelehnt. [6] Die FDA fordert für eine spätere Zulassung weitere Informationen. Wahrscheinlich wird dies 2010 erfolgen.Ungeachtet dessen erteilte das Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP) der European Medicines Agency (EMEA), also der europäischen Zulassungsbehörde, eine "Positive Opinion for Denosumab". In der Regel bedeutet eine solche positive Empfehlung eine Zulassung in wenigen Monaten in Europa, da sich die Europäischen Behörden so gut wie immer an diese Empfehlung halten. [7] [8]

Risiken

Laut EMEA sind die häufigsten Nebenwirkungen [7]: Harnwegsinfektionen, obere Atemwegsinfektionen, grauer Star, Verstopfung, Ausschlag, Ischias und Gelenkschmerzen.
In einer kleineren Studie wurde zwar ein erhöhtes Risiko für Krebserkrankungen und für schwere Infektionen gefunden, dies war jedoch statistisch nicht signifikant.[9] Der Freedom-Trial von Cummings et al.[5] mit Frauen, die an Osteoporose leiden, zeigte signifikant höhere Raten von Ekzemen und von Krankenhauseinweisungen wegen Hautinfektionen. Ein möglicher Zusammenhang besteht darin, dass RANKL als Ziel von Denosumab auch auf Immunzellen exprimiert wird, die Bedeutung von RANKL dort jedoch bisher nicht bekannt ist.[10]

Sonstiges

Die Herstellung von monoklonalen Antikörpern ist sehr kostspielig. Daher werden die Kosten für die Behandlung mit Denosumab sehr viel höher sein als bei den jetzigen Standardmedikamenten.
Schätzungen von Sanford C. Bernstein & Co gehen davon aus, das 2015 der Umsatz die 5 Milliarden Dollar Grenze erreichen wird. [11]

Einzelnachweise

  1. [1], Preisinger E, RANK/RANK-Ligand/OPG:Ein neuer Therapieansatz in der Osteoporosebehandlung, Journal für Mineralstoffwechsel 2007; 14 (4): 144-145
  2. [2], Denosumab bei postmenopausalen Frauen mit Osteoporose, Medknowledge
  3. [3], HomePage www.amgen.com, RANK Ligand VPK
  4. Smith M.R. et al.: Denosumab in men receiving androgen-deprivation therapy for prostate cancer. New England Journal of Medicine 2009; 361 (8): 745 - 755
  5. a b Cummings S. R. et al.: Denosumab for prevention of fractures in postmenopausal woman with osteoporosis. New England Journal of Medicine 2009; 361 (8): 756 - 765
  6. [4], New York Times - F.D.A. Says No to an Amgen Bone Drug
  7. a b [5], Pressemitteilung der EMEA vom 18. Dezember 2009 (PDF)
  8. Amgen Receives CHMP Positive Opinion for Prolia(TM) (Denosumab) in the European Union, Pressemitteilung vom 18. Dezember 2009
  9. McClung MR, Lewiecki EM, Cohen SB et al.: Denosumab in postmenopausal women with low bone mineral density. New England Journal of Medicine 2006; 354 (8): 821-31, PMID 16495394
  10. Khosla S.:Increasing options for the treatment of osteoporosis. New England Journal of Medicine 2009; 361 (8): 818-820, PMID 19671654
  11. Jacob Goldstein: Analysts React to FDA Panel: 'It Wasn’t a Perfect Day for Amgen' In: The Wall Street Journal, August 14, 2009