Diskussion:Biophilie/Archiv/1

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Definition

Kritik an der momentanen Definition

--Stefan B. Link 10:51, 19. Sep. 2010 (CEST) schreibt: Momantan steht im Artikel hinter dem Lemma:

In seinem Werk Anatomie der menschlichen Destruktivität definiert Fromm Biophilie als die leidenschaftliche Liebe zum Leben und allem Lebendigen; sie ist der Wunsch, das Wachstum zu fördern, ob es sich nun um einen Menschen, ein Tier, eine Pflanze, eine Idee oder eine soziale Gruppe handelt.

Ich habe im Register des Buches unter "Biophilie" nachgesehen, es wird dafür auf die Seiten 371 und 411 verwiesen. Doch dort wird Biophilie nur als "Liebe zum Leben" definiert. Jjkorff hat (siehe Versionsgeschichte 18:11, 12. Jan. 2007) dieses Zitat eingestellt bzw. ergänzt, aber keine Quellenangabe hinterlassen. Soweit ich weiß, äußert sich Fromm in anderen seiner Bücher besser zum Begriff Biophilie. Das sollte eingearbeitet werden.--Stefan B. Link 11:07, 19. Sep. 2010 (CEST)

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Notwendigkeit für eine Neu-Definition

--Stefan B. Link 08:47, 25. Sep. 2010 (CEST) Momentan wird so definiert: : Biophilie (altgr. bios ‚Leben‘ und philia ‚Liebe‘, wörtlich „Liebe zum Leben“) ist ein charakterologischer Grundbegriff in der Analytischen Sozialpsychologie von Erich Fromm, der die "Liebe zum Lebendigen" als Grundorientierung der Charakterstruktur eines Menschen meint. Gegensatz ist die Nekrophilie als "Liebe zum Toten", zum Leblosen und Mechanischen."

Aber für Erich Fromm ist Biophilie gleichermaßen auch der grundlegende Wertbegriff, den er im Rahmen seiner Aufsätze und Gedanken zur Ethik einführt - und dem natürlich in seinem sozialpsychologischen Gedankensystem auch eine Charakterstruktur entspricht, weil Fromm psychoanalytisch denkt: bei Fromm ergibt sich das Handeln (Moral, Ethik) aus einer Charakterstruktur: eben einer primär biophilen oder primär nekrophilen.<ref>Siehe Erich Fromm, Die Seele des Menschen, Deutscher Taschenbuch Verlag 1990(3), ISBN 3-423-15039-4, Seite 47: "Die meisten Menschen sind individuell ausgeprägte Mischungen von nekrophilen und biophilen Orientierungen, und es kommt darauf an, welche der beiden Tendenzen dominiert. </ref> Hierfür folgende Belegstellen:

  1. "Die biophile Ethik hat ihr eigenes Prinzip des Guten und Bösen. Gut ist alles, was dem Leben dient, böse ist alles, was dem Tod dient. Gut ist die >>Ehrfucht vor dem Leben<<, alles, was dem Leben, dem Wachstum, der Entfaltung dient. Böse ist ist alles, was das Leben erstickt, es einengt und in Stücke zerlegt."<ref>Siehe Erich Fromm, Die Seele des Menschen, Deutscher Taschenbuch Verlag 1990(3), ISBN 3-423-15039-4, Seite 46</ref>
  2. "Das Wertsystem, das dem in diesem Buch vertretenen Standpunkt entspricht, gründet sich auf Albert Schweitzers >>Ehrfrucht vor dem Leben<<. Wertvoll oder gut ist danach alles, was zu einer besseren Entfaltung der spezifisch menschlichen Fähigkeiten beiträgt und was das Leben fördert. Negativ oder schlecht ist alles, was das Leben erstickt und das Tätigsein des Menschen lähmt."<ref>Siehe Erich Fromm, Die Revolution der Hoffnung. Für eine Humanisierung der Technik, 1987, Deutscher Taschenbuch Verlag 1987, ISBN 3-423-15035-1, Seite 110</ref>
  3. Christian Müller nennt im Kapitel "Ehrfurcht vor dem Willen zum Leben und das Prinzip der Biophilie", Seite 178, in seinem Buch (Dissertation - siehe hier) "Albert Schweitzers Weltanschauungsphilosophie und Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben" noch weitere Belege:
    1. Erich Fromm: Die Seele des Menschen – ihre Fähigkeit zum Guten und zum Bösen, S. 45 f.
    2. Erich Fromm: Die Revolution der Hoffnung – für eine Humanisierung der Technik, S. 110 f.,
    3. Erich Fromm: Haben oder Sein, S. 153 ff.
    4. Erich Fromm: Die Kunst des Liebens, S. 57.

Neu-Vorschlag:

Biophilie (altgr. bios ‚Leben‘ und philia ‚Liebe‘, wörtlich „Liebe zum Leben“) ist die Handlungsgrundgesinnung (Ethos), Leben in all seinen Dimensionen (ökologischen, sozialen, psychischen, intellektuellen...) zu erhalten und zu entfalten. Dem sachlichen Begriff nach als "Ehrfurcht vor dem Leben" hat Albert Schweitzer den Begriff in die Ethik eingeführt <ref>So Erich Fromm: "Gut ist die >>Ehrfurcht vor dem Leben<< [...]. Es ist dies die Hauptthese Alber Schweitzers, der in seinen Schriften wie auch in seiner Person einer der großen Repräsentanten der Liebe zum Leben war." (Erich Fromm, Die Seele des Menschen, Seite 46)</ref> und "Erich Fromm in die philosophisch-psychologische Sprache"<ref>Rupert Lay, Ethik für Manager, Econ-Verlag 1989, ISBN 3-430-15916-4, Seite 62</ref>.
--Stefan B. Link 10:43, 25. Sep. 2010 (CEST)
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Neu-Gliederung des Artikels

--Stefan B. Link 10:43, 25. Sep. 2010 (CEST) schreibt: Mittlerweile fand der Begriff Eingang in die Unternehmensethik und Führungsethik: man googele mal "Biophilie-Postulat" oder "Biophilie". Deshalb sollte man den Artikel neu gliedern, Vorschlag:

  1. Der Begriff in der Ethik Alber Schweitzers
  2. Der Begriff in der Sozialpsychologie Erich Fromms
  3. Der Begriff in der Ethik Rupert Lays--Stefan B. Link 10:44, 25. Sep. 2010 (CEST)
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Fehlerhafter Artikel

Neor Future (Diskussion) 18:02, 26. Mai 2012 (CEST) Ich habe jetzt keine Zeit den Artikel zu ändern: aber ein paar Anmerkungen: Der Begriff der Biopihlie und der biophilen Ethik geht auf Erich Fromm zurück und zwar auf die Schrift "Die Seele des Menschen" (1964). Über Rupert Lay kenne ich mich nicht aus, aber eine Quelle von 1989 zu zitieren und zu sagen er hätte den Begriff eingeführt, scheint mir ziemlich komisch (wenn Erich Fromm schon 1964 den Begriff benutzt). Albert Schweitzer hat den Begriff auch nicht eingeführt, sondern Erich Fromm bezieht sich bei seiner eigenen charakterologischen Kennzeichnung der Biopihlie auf die Person Albert Schweitzer. Der Begriff Biophilie ist aber nicht einfach mit 'Ehrfurcht vor dem Leben' identisch. Neor Future (Diskussion) 18:02, 26. Mai 2012 (CEST)

--Stefan B. Link (Diskussion) 13:14, 20. Jul. 2013 (CEST) schreibt:

  1. Also erst einmal steht dieser Diskussionspunkt an erster Stelle, obgleich dieser Punkt zeitlich später geschrieben wurde als die folgenden Kritikpunkte.
  2. Dann wird doch klar gesagt, dass der Begriff von Albert Schweitzer als "Ehrfurcht vor dem Leben" in die Ethik eingeführt wurde und von Erich Fromm in die philosophisch-psychologische Sprache. Rupert Lay hat das Wort "Biophilie" für die Ethik klarer definiert als Schweitzer den Begriff "Ehrfurcht vor dem Leben", und Fromm hat den Begriff sozialpsychologisch eingeführt, aber nicht in für eine ethische Theorie. Sozialpsychologie ist noch keine Ethik, obgleich in der Sozialpsychologie ethische Aussagen vorkommen - so wie in einer Sozialpsychologie auch ökonomische Aussage vorkommen, aber eine Sozialpsychologie noch keine Ökonomie (Volkswirtschaftslehre) ist.

Die Kritik ist sachlich wohl unbegründet. --Stefan B. Link (Diskussion) 13:14, 20. Jul. 2013 (CEST)

--Neor Future 22:06, 4. Aug. 2013 (CEST) Ich finde der Artikel in seiner jetzt überarbeiteten Form hat nicht an Richtigkeit gewonnen. Albert Schweitzer hat nicht den Begriff der Biophilie in die Ethik eingeführt, sondern spricht von einer Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben. Albert Schweitzer spricht soweit ich weiß an keiner(!) Stelle von dem Begriff Biophilie. Der Artikel suggeriert fälschlicherweise, dass Albert Schweitzer den Begriff eingeführt hätte, was er aber nicht hat. Wer etwas anderes behauptet möge mir das bitte mit Quellenangabe belegen, wo genau Schweitzer von Biophilie schreibt, aber ich habe alles, auch die unbekannten Werke von Schweitzer gelesen, und den Begriff selbst benutzt Schweitzer nicht. Wohl mag er auch von Liebe zum Leben sprechen, aber das ist eben nicht der Zentralbegriff seiner Ethik. Erich Fromm bezieht sich mit dem Prinzip der biophilen Ethik zwar auf Albert Schweitzer, aber die ethischen Konzepte von Fromm und Schweitzer unterscheiden sich in wesentlichen Punkten. Zentral bei Schweitzer ist eben nicht die Liebe zum Leben sondern die Ehrfurcht vor dem Leben. Das ist ein entscheidender Unterschied, weil er eine stärker religiöse Komponente beeinhaltet. Es mag zwar richtig sein Albert Schweitzer zu erwähnen, weil seine Ethik in der Tat Fromms Ethik befruchtet hat, aber was den Begriff der Biophilie angeht, um den es hier geht, ist es eben Fromm, der den Begriff als Begriff eingeführt hat. Dann zu dem Punkt, das Prinzip der biophilen Ethik wäre nicht in eine ethische Theorie eingebettet. Diese These halte ich für unhaltbar. Wohl ist das Werk 'Die Seele des Menschen' eines, dass von Fromms psychoanalytischen Theorien und Erkenntnissen handelt. Aber Fromm hat 1947 ein ganzes Buch zu Psychoanalyse und Ethik geschrieben, in dem er noch eine 'humanistische Ethik' vertritt. Diese Ethik wird eben als Ethik von verschiedenen Ethikern diskutiert, sie wird als Ethik ernst genommen (vgl. Ernst Tugendhats Vorlesungen über EThik, Rainer Funk - der im übrigen ein ganzes Buch über seine Ethik geschrieben hat - ebenso wie eine ganze orthodox-marxistische Theorieschule die Erich Fromm in Bezug auf seine Ethik kritisiert hat) und es ist klar, dass auch der Begriff der biophilen Ethik nicht etwa hier heraus fällt, sondern durchaus eine ethische Theorie beinhaltet, selbst wenn sie von Fromm nicht weiter expliziert wird, die an die humanistische Ethik anschließt und sie erweitert. Im Vorwort zu 'Die Seele des Menschen' erklärt Fromm, dass er hier das „Problem der ethischen Normen“ weiter verfolgen und sich speziell „mit dem Wesen des Bösen und mit der Wahl zwischen Gut und Böse“ beschäftigen wolle (S. 162 nach der Gesamtausgabe). Ich erachte es als falsch, den Begriff der biophilen Ethik losgelöst von Fromms von generellen ethischen Konzeption zu betrachten. Der Artikel insgesamt gewichtet m. E. Rubert Lay bei dem Begriff der Biophilie viel zu stark. Rupert Lay hat den Begriff von Fromm bloß aufgenommen und verengt diesen Begriff zudem völlig auf den Menschen (das spiegelt sich fatalerweise im ganzen Artikel wieder), was dem Anspruch von Albert Schweitzer und Erich Fromm, sich auf alles Leben zu beziehen, überhaupt nicht gerecht wird. (Vgl etwa wenn Lay als 'Biophilie-Postulat schreibt:„Handle stets so, daß du das personale (!) Leben in deiner Person als auch in der Person eines jeden anderen Menschen (!) eher mehrst denn minderst.“ Albert SChweitzer hat sein Prinzip der Ehrfurcht vor dem Leben nicht nur auf personales Leben bezogen, sondern eben auf alles lebendige und damit eine Kritik am ethischen Anthropozentrismus geübt. Lay fällt ganz offensichtlich dahinter zurück und verkennt damit m. E. das wesentliche am Prinzip der biophilen Ethik, so wie auch der Artikel in seiner gegenwärtigen Form. --Neor Future (Diskussion) 22:06, 4. Aug. 2013 (CEST) - - - - - -
Zur Begründung dieses Bausteines siehe den neuen Punkt "Neufassung des Artikels".

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@Neor Future

Stefan B. Link schreibt: Lieber Neor Future, Deine mehrpunktige Kritik will ich in ihren Einzelkritik-Punkten benennen und ihnen entgegnen, damit man geordneter diskutieren kann.
Für meine Entgegnung deiner Argumentation verweise und zitiere ich aus einer Dissertation über Albert Schweitzer, deren Verlinkung ich auch im Artikel neu vorgenommen habe. Siehe hier:

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Zur Begründung dieses Bausteines siehe den neuen Punkt "Neufassung des Artikels".

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A. Schweitzer: "Ehrfucht vor dem Leben" sei nicht "Biophilie"

1) Neor Futur schreibt:

Albert Schweitzer hat nicht den Begriff der Biophilie in die Ethik eingeführt, sondern spricht von einer Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben. Albert Schweitzer spricht soweit ich weiß an keiner(!) Stelle von dem Begriff Biophilie. Der Artikel suggeriert fälschlicherweise, dass Albert Schweitzer den Begriff eingeführt hätte, was er aber nicht hat. Wer etwas anderes behauptet möge mir das bitte mit Quellenangabe belegen, wo genau Schweitzer von Biophilie schreibt, aber ich habe alles, auch die unbekannten Werke von Schweitzer gelesen, und den Begriff selbst benutzt Schweitzer nicht. Wohl mag er auch von Liebe zum Leben sprechen, aber das ist eben nicht der Zentralbegriff seiner Ethik.
Stefan B. Link antwortet: Lieber Neor Futur, 1. ich gebe dir eine zweiseitige Passage aus der angegebenen Dissartation (Seiten 178-180) wieder mit Zitaten von Albert Schweitzer, in denen er begriffsinhaltlich ganz genau von Biophilie spricht, so dass ich dir - wie du gefordert hast - das "mit Quellenangabe belegen" kann. Die Zahlen in Klammern verweisen auf Seitenzahlen von Büchern Schweitzers, die du der verlinkten Dissertation selbst entnehmen kannst, denn ich will mir sonstige Schreibarbeiten ersparen. 2. Du kennst den Unterschied von Wort und Begriff. Derselbe Begriff kann mit zwei unterschiedlichen Worten ausgedrückt bzw. bedeutet werden, z. B. "aufschütten" und "aufhäufeln". Die beiden unterschiedlichen Worte sind Synonyme, weil sie dasselbe bedeuten. So ist auch der Begriff "Liebe zum Leben" ausgedrückt in der Wortfolge "Ehrfucht vor dem Leben" und dem Wort "Biophilie". Und das sei jetzt ganz konkret belegt. Die jetzt folgende Textpassage wortwörtlich wiedergegeben und mit Einrückung und Fettdruck gekennzeichnet.
Doch bevor wir diesem Pfad (Selbstvervollkommnungs- und Hingabeethik) der Schweitzer’schen Ethik nachgehen, müssen wir zuvor noch bestimmen, welches Grundprinzip der Sittlichkeit die Ehrfurcht vor dem Leben (das Fundament der Ethik) dem Menschen an die Hand gibt.(425) Gesucht ist also eine Leitlinie, ein Maßstab, nach welchem man menschliches Tun auf seinen sittlichen Gehalt hin zu überprüfen vermag.(426) Diese Richtlinie wird uns gemäß Schweitzers Ausführungen von der Gesinnung der Ehrfurcht vor dem Leben dargebracht und sie besteht in nichts anderem als im Grundsatz der Biophilie. Schweitzer selbst verwendet diesen Begriff nicht (höchstens in seiner deutschen Form als „Liebe zum Leben“), erst durch den Psychoanalytiker und Philosophen Erich Fromm erhält dieser Ausdruck terminologischen Charakter. [...] Sowohl an dieser Stelle als auch im Kontext anderer Bücher(428) bezieht sich Fromm explizit auf Schweitzers Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben und bezeichnet Schweitzer als großen Vertreter biophilen Denkens. Um die tatsächliche große Nähe der Fromm’schen und der Schweitzer’schen Ausführungen zu demonstrieren, sehen wir uns nun einige Erläuterungen Schweitzers zu dem von ihm formulierten Grundprinzip des Sittlichen an – wir werden schnell feststellen, wie stark Erich Fromm vom Denken Albert Schweitzers zehren konnte. Schweitzer formuliert das aus der Ehrfurcht vor dem Leben herrührende Grundprinzip des Sittlichen wie folgt:
„Die Ehrfurcht vor dem Leben gibt mir das Grundprinzip des Sittlichen ein, daß das Gute in dem Erhalten, Fördern und Steigern von Leben besteht und daß Vernichten, Schädigen und Hemmen von Leben böse ist.“(429)
„Ethik besteht also darin, daß ich die Nötigung erlebe, allem Willen zum Leben die gleiche Ehrfurcht vor dem Leben entgegenzubringen wie dem eigenen. Damit ist das denknotwendige Grundprinzip des Sittlichen gegeben. Gut ist, Leben erhalten und Leben fördern; böse ist, Leben vernichten und Leben hemmen.“(430)
„Zugleich erlebt der denkend gewordene Mensch die Nötigung, allem Willen zum Leben die gleiche Ehrfurcht vor dem Leben entgegenzubringen wie dem eigenen. Er erlebt das andere Leben in dem seinen. Als gut gilt ihm: Leben erhalten, Leben fördern, entwickelbares Leben auf seinen höchsten Wert zu bringen; als böse: Leben vernichten, Leben schädigen, entwickelbares Leben niederhalten. Dies ist das denknotwendige, absolute Grundprinzip des Sittlichen.“(431)
„Gut ist: Leben erhalten und fördern; schlecht ist: Leben hemmen und zerstören.“(432)
„Unmöglich daher, bei der Auffassung der Ethik als einer Vielheit von für sich begründbaren und gegeneinander abwägbaren Geboten, Pflichten und Tugenden stehenzubleiben. Die Erkenntnis zwingt sich uns auf, daß alles Ethische auf ein einziges Grundprinzip des Ethischen, das der höchsten Erhaltung von Leben zurückgeht. ... Dieses Grundprinzip höchster Erhaltung von Leben in jedem Sinne und möglichst zu verwirklichen: Dies ist Ethik.“(433)
Die Ehrfurcht vor dem Willen zum Leben führt letztlich, so meint Schweitzer, dazu, dass der Mensch Leben als Leben einen gleichsam gegen Unendlich gehenden Wert zuspricht(434), woraus sich schließlich konsequent und „denknotwendig“ das Grundprinzip des Sittlichen(435) ergibt, nämlich das Prinzip der Biophilie. Aus Sicht lebensliebenden (biophilen) Denkens ist all das Handeln als gut zu bezeichnen, das Leben in all seinen Facetten zu erhalten, zu entfalten und zu befördern trachtet. Böse wiederum ist das Tun, welches Leben hemmt, vermindert oder gar zerstört.
Soweit die Textpassage mit den von dir geforderten Belegen.
Mir ist unerklärlich, dass du bei deiner Kritik begriffsinhaltich nicht identifizierst, sondern auf dasselbe Wort abhebst. Ob ich "Biophilie" sage oder "Ehrfurcht vor dem Leben" oder "Liebe zum Leben" ist doch einerlei. Denn begrifflich wird aus der Sache auch kein Unterschied, wenn man diesen Begriff wie SChweitzer im religiösen Kontext verwendet oder wie Fromm im humanistisch-agnostischen. Außerdem ist Fromm so wenig atheistisch wie Buddhisten es sind. Fromm lässt die mystische Erfahrung (Gotteserfahrung) ausdrücklich gelten (ich will aus Zeitgründen jetzt keine Textbelege anführen) - jedoch in einem streng negativ-theologischen Sinn: personale Gottesvorstellungen schließt Fromm aus und lehnt jede Prädizierung dieser Erfahrung mit "Weiterleben" oder "unsterblicher Seele" ab - so dass diese Erfahrung mit nichts aus der weltlichen Erfahrung identifiziert wird. Eben: Jeder mögliche Begriff vom Göttlichen ist diesem gegenüber viel mehr falsch (viel mehr unähnlich) als richtig (angemessen, ähnlich), denn alle Begriffe, die wir haben können, sind aus unserer weltlichen Anschauung, also zeitlich, räumlich, psychisch ..., und Gott ist nichts Weltliches (Zeitliches, Räumliches, Psycho-Ähnliches wie Verstand, Willen, Denken, Emotionen ...)--Stefan B. Link (Diskussion) 00:38, 22. Dez. 2013 (CET)
Dein Zitat widerlegt sich doch selbst: "Schweitzer selbst verwendet diesen Begriff [sc. Biophilie] nicht [!!] (höchstens in seiner deutschen Form als „Liebe zum Leben“), erst durch den Psychoanalytiker und Philosophen Erich Fromm erhält dieser Ausdruck terminologischen Charakter. [...]Um die tatsächliche große Nähe [!!] der Fromm’schen und der Schweitzer’schen Ausführungen zu demonstrieren.." Ich kenne diese Dissertation schon. Müller schreibt doch selber, dass eine 'Nähe' besteht und demnach keine Identität. Es ist eine Interpretationsfrage, ob wirklich eine solche Identität besteht, wozu man sowohl das Werk von Schweitzer als auch das von Fromm kennen muss. So wie ich Schweitzer lese, meint Ehrfurcht vor dem Leben letztlich eine Ehrfurcht vor dem lebendigen Willen Gottes, der das Universum durchfließt, und Erich Fromm bezieht sich dagegen auf die weltliche Struktur des Lebens. Es einfach auszudrücken, wie es im jetzigen Artikel steht: "Den Begriff [sc. Biophilie] hat Albert Schweitzer als "Ehrfurcht vor dem Leben" in die Ethik eingeführt", ist einfach falsch. Man kann auch nicht sagen: Der Begriff Apfel wurde von XY als Birne in der Wissenschaft eingeführt - ist ja beides Obst. Man kann konstatieren, dass eine Nähe zwischen den Begriffen Biophilie und Ehrfurcht vor dem Leben besteht, aber eine Identität zu behaupten, ist eine fragwürdige Interpretation, die auch dein vermeintlich so stichhaltiges Zitat nicht begründen kann.Neor Future (Diskussion) 21:20, 3. Feb. 2014 (CET) Schweitzer versteht auch unter Liebe etwas anderes als Fromm. So meint er, gebe uns „die Ethik der Liebe [..] nur unser Verhalten zu den anderen, nicht auch gegen uns selbst ein[.]“ (Gesammelte Werke Bd. 5, 158) während für Fromm die Selbstliebe ein zentraler und wesentlicher Bestandteil der Liebe insgesamt ist.
--Stefan B. Link (Diskussion) 09:58, 5. Feb. 2014 (CET) schreibt. Lieber Neor Future, zunächst meine Hochachtung für dein Wissen über Biophilie und dein spezifisches Eingehen auf meine Argumente. Das wird zu einer Verbesserung des Artikels führen bezüglich einer differenzierten Einordnung der Begriffsgeschichte von "Biophilie". Und du beziehst dich bei deinem Argumentieren auf meine Aussagen, was die Diskussion erleichtert, danke. Auf keinen Fall will ich ob deiner Wissenensaussage, die Dissertation von Christian Müller zu kennen, an meiner Sicht zum Begriff festhalten. Sobald du sagt, du habest auf ein Argument von mir schon hinreichend argumentativ geantwortet, will ich nicht weiter argumentativ insistieren, denn du kennst dich scheinbar in der Materie besser aus als ich, weshalb ich mich in der Sache leichter irren könnte als du und ich bei dir die Sache in guten Händen weiß.
Ich schlage um der Übersichtlichkeit unserer Diskussion vor, dass du wieder einrückend zu jeder argumentativen Entgegnung von mir antwortest.
Vielleicht liegen wir aber gar nicht in den Furmulierungen so weit auseinander, wenn du den Artikle einmal umschreibst, so wie du es für sachlich richtig hältst. Vielleicht, wie ich unten schreibe, kann ich deine modifizierten Aussagen ja akzeptieren. Denn so ins Detail, wie ich es hier jetzt tue, will ich nicht gehen, weil das dem Artikel nicht gut tut und ich dazu keine Zeit habe, ihn auf diesem differenzierten Niveau umzuformulieren. Aber nun zu deinen Entgegnungen und zu meinen diesbezüglichen Entgegnungen.
Du schreibst: "Dein Zitat widerlegt sich doch selbst." Ich wende dagegen ein:
  1. Bei deinem Belegzitat über meinen anscheinenden Selbstwiderspruch zitierst du nicht den vorherigen Satz aus der Dissertation von Müller, den ich oben schon wiedergab, gerade um meine Sichtweise zu begründen: Dieser Satz lautet: "... bestimmen, welches Grundprinzip der Sittlichkeit die Ehrfurcht vor dem Leben [...] dem Menschen an die Hand gibt. Gesucht ist also eine Leitlinie, ein Maßstab [...]. Diese Richtlinie wird uns gemäß Schweitzers Ausführungen von der Gesinnung der Ehrfurcht vor dem Leben dargebracht und sie besteht in nichts anderem als im Grundsatz der Biophilie. "Bestehen in nichts anderem" besagt eine Identität, hier: die von "Ehrfucht vor dem Leben" und "Biophilie".
  2. Du liest im Zitat doch: "Schweitzer selbst verwendet diesen Begriff [sc. Biophilie] nicht (höchstens in seiner deutschen Form als „Liebe zum Leben“)". Also: SChweitzer verwendet diesen Begriff [sc. Biophilie] in seiner deutschen Form als „Liebe zum Leben“. Also Identität. Natürlich verwendet er das Wort nicht, das Wort "Biophilie", aber dem Begriff nach verwendet er es doch, nämlich: Entfaltung des Lebens, Erhaltung des Lebens, Leben nicht beschädigen oder zerstören, sondern eben gar fördern in all seinen Seins-Dimensionen, was man (siehe oben) wortwörtlich belegen kann.
Du schreibst: "So wie ich Schweitzer lese, meint Ehrfurcht vor dem Leben letztlich eine Ehrfurcht vor dem lebendigen Willen Gottes, der das Universum durchfließt, und Erich Fromm bezieht sich dagegen auf die weltliche Struktur des Lebens. Ich antworte:
  1. Wenn "Ehrfurcht vor dem Leben" dasselbe bei Schweitzer meinte wie "Ehrfucht vor dem lebendigen Willen Gottes", bestünde keine Begriffsidentität. Gebe ich dir zu. Ob die religiösen Zusätze bei Schweitzer den Begriffsunterschied ausmachen, beantworte ich mit Nein, weil der Gottesglaube im ethischen Anspruch keine Differenz setzt zur rein humanistischen Ausgestaltung bei Fromm. Diesbezügliche TExtstellen dürften bei Schweitzer nicht zu finden sein, weil SChweitzer nicht wie damals die meisten katholischen Theologen meinte, dass der Gottesglaube spezifische Gebote kenne, der in rein moralischen Ethiken nicht gölten. Etwas anderes ist die Frage in der Gnadentheologie Schweitzers: Kann man alle moralischen Gebote zwar vernünftige einsehen, aber im Handeln erst im Glauben ohne Korruption (Ambivalenz) verwirklichen? Ich kenne SChweitzers SChrift über Paulus als Mystiker, der im 7. Kapitel des Römerbriefes meint: Wir sähen zwar die Bedeutung des Gesetzes, könnten das Gesetz als vernünftig (sinnvoll) einsehen, aber im Handeln gerate uns diese gute Erkenntnis zum bösen, sündigen Handeln, weil wir aufgrund der Sünde Adams (Handeln aus Angst) Schädliches bewirkten statt des Guten, obgleich wir das Gute einsähen. Das ist SChweitzer-Exegese, Interpretation der Ethik SChweitzers. Ich will die Sache hier nicht so weit treiben. Ich habe darüber (Römerbrief, 7. und 8. Kapitel, psychologisch interpretiert, nicht heilsgeschichtlich, wie sonst weit und breit; war die erste deutsche psychologische Bearbeitung der beiden Kapitel) wissenschaftlich gearbeitet - das ist aber 25 Jahre her. Du kennst die momentane Forschungslage. Ich nicht. Und du bist selbstkritisch deiner Ansicht gegenüber. Ich respektierte das dann ohne weitere Diskussionen. Du musst nur die TExtstellen finden, die bei SChweitzer die Identität von "Ehrfurcht vor dem Leben" und "Ehrfucht vor dem lebendigen Willen Gottes" aussagt. Ich bestreite keineswegs, dass die "Ehrfurcht vor Gott" (=vor seinem Willen) sich durchs Moralischsein ausdrückt, also ausdrückt in der "Ehrfurcht vor dem Leben". Das ist theologisch christlich allgemein. Die Liebe zu Gott drückt sich in der Liebe zum Nächsten aus. Aber christlich allgemeine Lehre ist auch: Die Liebe zu Gott ist nicht identisch mit der Liebe zum Nächsten, sie ist im Kern etwas anderes, weil man Gottes Leben durchs Moralischsein nicht mehr entfalten kann, sehr wohl aber die Liebe zum Menschen, die identisch ist mit dem Moralischsein ihm gegenüber: Das Gesetz besteht christlich in der Liebe zum Nächsten. Die Liebe zu Gott besteht in nichts anderem als in der Anerkenntnis, dass er existiert, also im Glauben. "Liebe zu Gott" und "Glaube an Gott" ist theologisch streng identisch.
  2. Ich verweise auch darauf, dass "Ehrfucht vor dem Leben/Biophilie" in einem mystischen Kontext bei Schweitzer steht und andermal bei Fromm in einem rein humanistischen. Und da könnte man vermeinen, das sei ein wesentlicher Unterschied, der eine Gleichsetzung nicht rechtfertige. Ich sage dagegen, dass Fromm auch von einer "X-Erfahrung" spricht, sie mit "Satori" (mystische Erfahrung) identifiziert und der X-Erfahrung (Satori) jede Personalität abspricht und sie eher als "Wahrnehmung der Einheit der Welt, der Einheit allen Lebens" interpretiert. Da gibt es auch von dieser Hinsicht her eine Identität der beiden Begriffe. DAs ist aber Fromm-Exegese. Ich will die Sache hier nicht so weit treiben. Du bist selbstkritisch deiner Ansicht gegenüber und verantwortest diesbezüglich beabsichtigte Änderungen. Ich respektierte das dann ohne weitere Diskussionen.
Du schreibst: "Man kann auch nicht sagen: Der Begriff Apfel wurde von XY als Birne in der Wissenschaft eingeführt - ist ja beides Obst." Ich wende dagegen ein:
  • Genau im argumentativ-stichhaltig sein wollenden Vergleichspunkt versagt dein Vergleich. Ich sage nämlich vergleichsweise so: Der Wildapfel, Urform des Apfels malus pumila (Zwergapfel) und malus sylvestris (Holzapfel) ist genetisch bis auf 99,9999 % identisch mit den heutigen Kulturäpfeln. Du hättest Recht, sagtest du: "Man kann auch nicht sagen: Der Begriff Schimpanse wurde von XY als Mensch in der Wissenschaft eingeführt - sind ja beides Hominidae, Menschenaffen." Mensch und Schimpanse sind genetisch 99% identisch. Dennoch identifiziert sie keiner, ich auch nicht. Aber der Begriffsunterschied, die Begriffsmerkmale von "Ehrfucht vor dem Leben" und "Biophilie" sind im Kern (im Wesentlichen) identisch, weshalb ich beide Begriffe identifiziere. Beide sagen nämlich im Wesentlichen aus: Entfaltung des Lebens, Erhaltung des Lebens, Leben nicht beschädigen oder zerstören, sondern eben gar fördern in all ihren Seins-Dimensionen, was man (siehe oben) wortwörtlich belegen kann. --Stefan B. Link (Diskussion) 12:51, 5. Feb. 2014 (CET)

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Zur Begründung dieses Bausteines siehe den neuen Punkt "Neufassung des Artikels".

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"Biophilie" sei von Fromm eingeführt, nicht von Schweitzer

2) Neor Futur schreibt:

Erich Fromm bezieht sich mit dem Prinzip der biophilen Ethik zwar auf Albert Schweitzer, aber die ethischen Konzepte von Fromm und Schweitzer unterscheiden sich in wesentlichen Punkten. Zentral bei Schweitzer ist eben nicht die Liebe zum Leben sondern die Ehrfurcht vor dem Leben. Das ist ein entscheidender Unterschied, weil er eine stärker religiöse Komponente beeinhaltet. Es mag zwar richtig sein Albert Schweitzer zu erwähnen, weil seine Ethik in der Tat Fromms Ethik befruchtet hat, aber was den Begriff der Biophilie angeht, um den es hier geht, ist es eben Fromm, der den Begriff als Begriff eingeführt hat.
Stefan B. Link antwortet: Lieber Neor Futur, dass die Ethik von Fromm und Schweitzer sich unterscheiden, bestreite ich nicht. Aber sie unterscheiden sich nicht nur in vielem, vielleicht unterscheiden sie sich sogar im Wesentlichen nicht, aber entscheidend ist: sie sind auch ähnlich - und zwar genau im Begriff der Biophilie bzw. der Liebe zum Leben, der Ehrfurcht vor dem Leben. Ich vermute, du siehst nur die unterschiedliche Verwendung von Worten, nicht ihre Synonymität. Und deshalb hat sehr wohl SChweitzer zwar nicht das Wort "Biophilie" eingeführt, sondern aber sehr wohl den Begriff "Biophilie" mit der Wortfolge "Ehrfurcht vor dem Leben" bzw. "Liebe zum Leben" (ist doch auch die Übersetzung von "Bio-Philie"). Was dieser Begriff nach SChweitzer bedeutet, habe ich im Zitat aus der Dissertation von Christian Müller im vorherigen Punkt gesagt.--Stefan B. Link (Diskussion) 00:49, 22. Dez. 2013 (CET)
Die Begriffe sind nicht synonym!! Siehe zum obigen Punkt. Du widersprichst dir doch im selben Satz: wie können die Begriffe, die in die jeweiligen Ethiken eingebunden sind, dasselbe bedeuten, wenn du zugibst, dass sich die Ethik von Fromm und Schweitzer unterscheiden? Die jeweilige Formulierung des Prinzips der Ethiken ist dasselbe, aber die Begriffe bedeuten etwas unterschiedliches und auch die Ethiken haben unterschiedliche Richtungen.Neor Future (Diskussion) 21:20, 3. Feb. 2014 (CET)
--Stefan B. Link (Diskussion) 12:53, 5. Feb. 2014 (CET) schreibt: Stimmt nicht, siehe oben.--Stefan B. Link (Diskussion) 12:53, 5. Feb. 2014 (CET)

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Zur Begründung dieses Bausteines siehe den neuen Punkt "Neufassung des Artikels".

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Fromms Biophilie-Prinzip sei sehr wohl in eine ethische Theorie eingebettet

3) Neor Futur schreibt:

Dann zu dem Punkt, das Prinzip der biophilen Ethik wäre nicht in eine ethische Theorie eingebettet. Diese These halte ich für unhaltbar. Wohl ist das Werk 'Die Seele des Menschen' eines, dass von Fromms psychoanalytischen Theorien und Erkenntnissen handelt. Aber Fromm hat 1947 ein ganzes Buch zu Psychoanalyse und Ethik geschrieben, in dem er noch eine 'humanistische Ethik' vertritt. Diese Ethik wird eben als Ethik von verschiedenen Ethikern diskutiert, sie wird als Ethik ernst genommen (vgl. Ernst Tugendhats Vorlesungen über EThik, Rainer Funk - der im übrigen ein ganzes Buch über seine Ethik geschrieben hat - ebenso wie eine ganze orthodox-marxistische Theorieschule die Erich Fromm in Bezug auf seine Ethik kritisiert hat) und es ist klar, dass auch der Begriff der biophilen Ethik nicht etwa hier heraus fällt, sondern durchaus eine ethische Theorie beinhaltet, selbst wenn sie von Fromm nicht weiter expliziert wird, die an die humanistische Ethik anschließt und sie erweitert. Im Vorwort zu 'Die Seele des Menschen' erklärt Fromm, dass er hier das „Problem der ethischen Normen“ weiter verfolgen und sich speziell „mit dem Wesen des Bösen und mit der Wahl zwischen Gut und Böse“ beschäftigen wolle (S. 162 nach der Gesamtausgabe). Ich erachte es als falsch, den Begriff der biophilen Ethik losgelöst von Fromms von generellen ethischen Konzeption zu betrachten.
Stefan B. Link antwortet: Lieber Neor Futur, mir liegen die beiden von dir angegebenen Bücher vor. Zunächst einmal ist folgendes zu unterscheiden:
  1. Eine Theorie über moralisches Handeln nennt man Ethik.
  2. Eine Ethik beinhaltet drei wesentliche Sachverhalte: a) Bestimmung des ethischen Grundprinzips (Höchstes Gut), b) Begründung des ethischen Grundprinzips und c) normative Entfaltung des Grundprinzips hin auf Maximen des Sozialen, Wirtschaftlichen, Medizinischen ...
  3. Themen wie "Freiheit", "Gewissen", "Glück", "Sinn" ... sind für eine Theorie über moralisches Handeln unabdingbar, denn sie sind Präliminarien ihrer, sachlich also Voraussetzungen für moralisches Handeln. Diese Themen werden in einer "allgemeinen Ethik/anthropologische Ethik" abgehandelt im Unterschied zur "normativen Ethik". Die systematisch-begriffliche Abgrenzung ist nicht einheitlich: protestantische Ethiken teilen anders ein als katholische, und philosophische Ethiken ziehen hier auch begrifflich anders und ähnlich die Grenze.
Fromm behandelt in beiden von dir genannten Büchern nur Themen einer anthropologischen Ethik, also grundbegriffliche Voraussetzungen für eine Theorie der Ethik als "normativer Ethik". Konkret: In "Psychoanalyse und Ethik" spricht er nur im 4. Kapitel von Selbstsucht, Selbstliebe, Gewissen, Glück, sittliche Kräfte, und in "Die Seele des Menschen" spricht Fromm nur im 6. Kapitel von Freiheit. Alle anderen Kapitel in den beiden Büchern behandeln Themen, die der philosophischen Anthropologie zugeordnet werden und nicht einer anthropologischen Ethik bzw. ethischen Anthropologie. Was Fromm in den beiden von mir angegebenen Kapiteln schreibt, ist bis aufs Biophilie-Prinzip nichts, was in einer normativen Ethik abgehandelt wird. Deshalb sage ich: Das Prinzip der biophilen Ethik hat Fromm nicht in eine ethische Theorie eingebettet. Ich weiß nicht, welche Ethiker bzw. Philosophen das Biophilie-Prinzip in eine konkrete (umfassende) ethischen Theorie eingebettet haben. Ich kenne hierzu nur die ethischen Bücher von Rupert Lay. Damit das jeder erkennt, sollte man im Artikel darauf näher eingehen. Ich habe das aus Zeitgründen noch nicht gemacht, aber auf die entsprechende Literatur von Lay verwiesen. Ich sehe in der nächsten Zeit nochmals in den Quellenangaben nach und füge noch im Punkt "Literatur" einiges bei.--Stefan B. Link (Diskussion) 01:28, 22. Dez. 2013 (CET)
Das mag deine persönliche Meinung sein, spiegelt aber nicht den Stand der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Erich Fromm wieder. Ich verweise hier nur auf 2 Stellen. Ersten Prof Dr. Burkhard Bierhoff: Das Unbehagen im Konsumismus. Kapitel Ethik und Lebensgestaltung. "Im Falle Fromms werden tugendethische, handlungsethische und verantwortungsethische Aspekte in einer biophilen Ethik verbunden, die charakterologisch fundiert ist und auf dem Eros, der Lebens- und Liebeskraft des Menschen, gründet [...] Es ist das Verdienst von Erich Fromm, daß er die Tugendethik charakterologisch erneuert hat, auch im Sinne einer normativen Ethik, die die Frage beantwortet: 'Was soll ich tun?'"
http://u.jimdo.com/www63/p/sbad3bc10ce5ecd04/download/mf9eb3052c8c6356e/1381598216/09.pdf?px-hash=b38994b7b447896b24618138d7232abc06f124c6&px-time=1391456897
Zweitens: Ernst Tugendhat, Vorlesungen über Ethik, Vierzehnte Vorlesung: "Fromm schließt sich in PE auch explizit an Aristoteles an (40). Auch Fromms Ethik versteht sich als eine Charakterlehre (69 ff.), und auch Fromm sieht die ethische Grundfrage in der Frage nach dem Glück (21 ff.)."Neor Future (Diskussion) 21:20, 3. Feb. 2014 (CET)
--Stefan B. Link (Diskussion) 13:23, 5. Feb. 2014 (CET) Du schreibst: "Das mag deine persönliche Meinung sein, spiegelt aber nicht den Stand der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Erich Fromm wieder." Ich antworte:
Es mag auch meine persönliche Meinung sein, jedoch richtet die sich aber in dieser Frage nach belegbaren Meinungen, sie darf nach Wikipedia-Richtlinien hier nur keine Theorienfindung sein. Wie gesagt, mein "wissenschaftlicher" Forschungsstand ist 25 Jahre her. Ich nehme von dir zur Kenntnis, es gäbe diesbezüglich "neue wissenschaftlichen Erkenntnisse". Und die sollen meiner Aussage widersprechen? Der von dir zitierte TExt von Professor Bierhoff ist nicht zugänglich (der Link funtioniert nicht), so dass ich seine Behauptung in ihrer Begrüngung nicht nachvollziehen kann. Ich vermute, dass in diesem TExt von Professor Bierhoff keine Begründung gegeben wird, sondern seine Aussagen über die Frommschen ethischen Ausführungen schematisch ist. Fromm liefert keine ausgearbeitete ethische Theorie, sondern Präliminarien ihrer, Ausblicke auf eine konkrete biophilie Ethik. Fromm ist keine Fach-Ethiker, kein Philosoph, der eine Ethik vorlegt - so wenig etwa wie Karl R. Popper zwar wichtige Aussagen zur Ethik macht, zu einer Ethik, die wissenschaftlich sein will, aber er selbst hat eine solche nicht ausgearbeitet. Lay hat das in zwei Bücher (Buchtitel: "Ethik für Wirtschaft und Politik" und "Ethik für Manager"): eine Ethik vorgelegt mit dem Biophilie-Postulat als Grundprinzip. Du sagst viel weiter oben fast am Anfang unserer Diskussion, du hättest die ethischen SChriften von Rupert Lay nicht gelesen. Mach das mal, damit klar wird, was eine normative Ethik ist und was nur Präliminarien.--Stefan B. Link (Diskussion) 13:23, 5. Feb. 2014 (CET)

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Zur Begründung dieses Bausteines siehe den neuen Punkt "Neufassung des Artikels".

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R. Lays Ethik sei im Artikel viel zu stark gewichtet

4) Neor Futur schreibt:

"Der Artikel insgesamt gewichtet m. E. Rubert Lay bei dem Begriff der Biophilie viel zu stark. Rupert Lay hat den Begriff von Fromm bloß aufgenommen und verengt diesen Begriff zudem völlig auf den Menschen (das spiegelt sich fatalerweise im ganzen Artikel wieder), was dem Anspruch von Albert Schweitzer und Erich Fromm, sich auf alles Leben zu beziehen, überhaupt nicht gerecht wird. (Vgl etwa wenn Lay als 'Biophilie-Postulat schreibt:„Handle stets so, daß du das personale (!) Leben in deiner Person als auch in der Person eines jeden anderen Menschen (!) eher mehrst denn minderst.“ Albert SChweitzer hat sein Prinzip der Ehrfurcht vor dem Leben nicht nur auf personales Leben bezogen, sondern eben auf alles lebendige und damit eine Kritik am ethischen Anthropozentrismus geübt. Lay fällt ganz offensichtlich dahinter zurück und verkennt damit m. E. das wesentliche am Prinzip der biophilen Ethik, so wie auch der Artikel in seiner gegenwärtigen Form."
Stefan B. Link antwortet: Lieber Neor Futur, sowohl Fromm als auch Lay sind der Meinung, dass auch Tiere Lebensrechte haben, also ein Handeln ihnen gegenüber moralisch zu rechtfertigt ist. Beide kümmern sich jedoch nicht um eine Tierethik. Beide beschränken sich aufs Menschlich-Soziale. Dass beide keine anthropronzentrische Ethik vertreten, sieht man besonders bei Lay, wenn er ethisch konkret ausführt, dass die menschliche Kulturwelt die Naturwelt zu beachten, zu berücksichtigen hat, anderes sonst zerstörerische Krisen für die Kulturwelt entstehen. Lay, du und ich sind uns (mit Kant) bewusste, dass keine Ethik zu begründen ist mit dem Hinweis, man schädige sich selbst, wenn man nicht das Wohlergehen anderer beachte. Mit diesem sozialen Faktum ist Ethik nicht zu begründen. Man soll ja nicht moralisch handeln, weil man sich sonst selbst schaden würde. Man soll moralisch handeln, weil man sonst anderen schadet - auch wenn man sich dabei nicht schadete, wenn man unmoralisch anderen gegenüber handelte. Auch in der Begründung der Ethik darf man Ursachen nicht mit Folgen verwechseln. Aber ich weiß von Lay persönlich, dass er die Schöpfung im Prinzip an sich achtet. Er erzählte einmal, dass es ihn als Kind befremdete, als ein Kamerad Blumen abriss einfach nur so. Lay weiß um die Ehrfucht vor allem Lebendigen, auch um die Ehrfucht vor der unbelebten Schöpfung. Sie zu achten und naturwissenschaftlich zu erkennen, ist ihm eine Begegnung mit Gott, denn der Kosmos ist für ihn ein Ausdruck Gottes (panentheistisch, nicht pantheistisch). Aber Lay führt solches in seiner Ethik nicht ausdrücklich aus. Aber zu sagen, weil Lay dies nicht ausführt, sondern das Biophilie-Prinzip nur für das Menschlich-Soziale einführt, sei dies ein Rückfall in den ethischen Antropozentrismus, ließe sich nur rechtfertigbar sagen, wenn bei Lay Äußerungen zu finden wären wie: Menschen dürfen die Naturwelt ohne Rücksicht ausbeuten zur Mehrung ihres Lebens, Menschen dürfen Tiere zur Nahrung nehmen. Liegt bei dir ein Fehlschluss vor der Art: Man erwähnt B nicht, also gibt es B nicht.--Stefan B. Link Siehe den Diskussionsabschnitt "Neufassung des Artikels"(Diskussion) 02:13, 22. Dez. 2013 (CET)
Erstens: Unter Anthropozentrismus versteht man ja gerade, dass man denkt, dass Tiere usw. nicht erwähnungsbedürftig sind. INsofern schließt es sehr wohl aus, wenn man mit keinem Wort Tiere oder Pflanzen erwähnt, dass man eine nicht-anthropozentrische SIchtweise hat. Darüber hinaus: wie kann man den Satz im Artikel in seiner gegenwärtigen Form denn nicht-anthropozentrisch lesen? "Unter Biophilie [...] versteht man das Ethos (Handlungsgrundgesinnung), das Leben von Menschen [!!] in all seinen Dimensionen (physisch, psychisch, sozial, musisch [!], sittlich...) zu erhalten und zu entfalten." Das trifft weder das Verständnis von Schweitzer und Fromm und ist insofern einfach eine völlig falsche Darstellung des Begriffs Biophilie.Neor Future (Diskussion) 21:20, 3. Feb. 2014 (CET)
--Stefan B. Link (Diskussion) 14:21, 5. Feb. 2014 (CET) schreibt: Du fragst: "Wie kann man den Satz im Artikel in seiner gegenwärtigen Form denn nicht-anthropozentrisch lesen? "Unter Biophilie [...] versteht man das Ethos (Handlungsgrundgesinnung), das Leben von Menschen [!!] in all seinen Dimensionen (physisch, psychisch, sozial, musisch [!], sittlich...) zu erhalten und zu entfalten."
Ich antworte: Indem man nicht sagt "Unter Biophilie [...] versteht man das Ethos (Handlungsgrundgesinnung), nur das Leben von Menschen [!!] in all seinen Dimensionen (physisch, psychisch, sozial, musisch [!], sittlich...) zu erhalten und zu entfalten." WEnn etwas nicht ausgeschlossen wird (hier durch "nur"), heißt das nicht, dass es nicht auch für andere Seins-Bereiche gölte. Man äußert sich halt nur nicht zu einer weiteren Begriffsausdehnung. Ich sagte bereits: Liegt bei dir ein Fehlschluss vor der Art "an erwähnt B nicht, also gibt es B nicht"?
Und als vegan lebender Mensch sage ich: man kann sein moralisches Bewusstsein nur verletzen, wenn man Tiere isst. Man isst solange Tiere ohne moralische Skrupel, solange man erstens verdrängt, "dass Tiere auch Menschen sind", will sagen: sie haben ein intensives Bewusstsein von sich selbst im Unterschied zu anderen Tieren und der Natur (sie haben davon nur kein begriffliches Bewusstsein mit der Mölichkeit, darüber eine Theorie zu machen), sie haben intensive Gefühle, nehmen so stark Ängste und SChmerzen wahr wie wir Menschen. Und zweitens isst man Tiere mit moralischem REcht, solange man fälschlich meint, sich rein pflanzlich zu ernähren sei gesundheitsschädlich. Es ist nicht gesundheitsschädlich. Aber Schweitzer dachte, man müsse Tieren essen - aus gesundheitlichen Gründen. Schweitzer denkt hier typisch evangelisch: Es gäbe manche Gebote, aber man werde ihnen gegenüber notwendig schuldig, weil man aus verantwortungsethischen Gründen anderes handeln müsse. Erst kurz vor seinem Lebensende wurde Schweitzer Vegetarier. Einen solchen Hiatus halte ich für moralisch und theologisch für Unsinn. Selbst Gott könnte nichts fordern, was zu halten unsinnig wäre (Gottes SChöpfung beinhaltet keinen Widerspruch zur Vernunft,auch der Wille Gottes nicht. Wenn du Theologie bist, weißt du das aus dem Studium der Fundamentaltheologie). Außerdem ist "Gottes moralischer Wille" nur eine theologische Umschreibung von "moralischer Forderung", also vernunft-praktischer Erkenntnis. Wenn du Theologe bist, weißt du das aus dem Studium der Moraltheologie.
Ich will keine Lay- und keine SChweitzer-Exegese betreiben. WEnn du denkst, dein argumentativer Wissensstand widerlegten tatsächlich die Aussagen im Artikel, dann modifiziere sie entsprechend. Du müsstest sehr differenziert vorgehen. Vielleicht machte ich dann eine neue Diskussionsrunde auf gegenüber den dann modifizierten neuen Aussagen im Artikle. Ich vermute aber, deine modifizierenden Formulierungen könnte ich akzeptieren oder aus Zeitgründen - wie du jetzt, so schreibst du ganz zu Anfang unserer Diskussion - nicht diskutieren wollen.
Und ich sage: Die Biophilie schließt die Achtung vor allem Lebendigen ein, das kann man begrifflich bei Fromm belegen. Und wenn es nötig wird und ich argumentativ kämpfen will, dann werde ich alle meine Lay-SChriften und alle von Lay bei YOU-Tube erhältlichen Videos daraufhin durchsehen. Ich erinnere jedenfalls Lays Bemerkung, dass er nicht mal eine Blume am Wegrand einfach umtrete oder abreiße, nur weil sie ohne Bewusstsein lebt, und er risse keine Blume ab, um ihre Schönheit in ihrer Existenz nicht zu vernichten. Und Lay argumentiert hier nicht mit "Respekt vor der Schöpfung Gottes". Er argumentiert hier rein irdisch-biophil - obgleich Lay Mönch ist (Jesuit) und natürlich seinen Gottesglauben im Moralisch-Sein ausdrückt - und er sagt: ein religiöser Mensch könne natürlich das Biophilie-Postulat als Schöpfungsoffenbarung verstehen (das moralische Bewusstsein ist natürlich von Gott geschaffen wie Computer, Autos, Erdbeben, Sonnenfinsternis... auch. Alles Leidhafte ist von Gott geschaffen und alle Technikprodukte deshalb, weil sie ohne Gott nichts wären, nicht wären, es gäbe sie in keinem Seins-Punkte - das heißt es ja, dass Gott alles geschaffen hat: in allem, was etwas in seinem Sein, seiner Existenz betrifft). --Stefan B. Link (Diskussion) 14:21, 5. Feb. 2014 (CET)

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Zur Begründung dieses Bausteines siehe den neuen Punkt "Neufassung des Artikels".

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